18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Selbsthilfe -> Sonstige Diskussion
Textarbeit - Inhalt und Form

 
 
Gehe zu Seite 1, 2, 3, 4, 5, 6  Weiter
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Gast







Beitrag26.02.2012 00:46
Textarbeit - Inhalt und Form
von Gast
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Nachdem es jetzt mehrere Fäden/Texte gibt, in denen die Fragen nach

Was ist Textarbeit? Was erwartet der Autor? Was darf er erwarten? Welche Diskussion darf stattfinden und in welchem Umfang darf sie stattfinden? Wo endet Handwerk, wo beginnt es? Was sind Faktoren auf der Sachebene - wo wird es Befindlichkeit des Lesers und hat Befindlichkeit des Lesers etwas mit Textarbeit zu tun?

aufkeimen bis die gesamte Diskussion dominieren - wage ich mir, dies hierher- und herauszuziehen. In der Hoffnung, damit die Diskussion von den Schultern der Texte (und dort aufkommenden Inhaltsfragen) zu nehmen und damit eine grundsätzliche Diskussion aufzuwerfen, die meines Erachtens nicht unwesentlich ist.

Was ist Textarbeit?
Und: Was kann ein Forum leisten und was nicht?

*

Form dient Inhalt.

Das Handwerk, das Autor anwendet ist keine Art Butterförmchen, in das er jeden Inhaltsbrei kippt und fertig. Und wenn wir mal das perfekte Förmchensortiment haben, dann tarar ...

Die Form, die ich wähle, wähle ich, um den einen, meinen Inhalt darzustellen - je nach Inhalt und Zielsetzung, verändert sich die Form. Und wenn ich neuen Inhalt wage, bedarf es dafür potentiell auch neuer Formen. Je nachdem wohin Autor will, muss er über ein gewisses Portfolio an Formen verfügen, an Technik, an Bewusstsein - oder in der Lage sein, sich ganz Neues zu erschaffen.

Letztlich dient Handwerk, das WIE ich schreibe, nur dem WAS. Deswegen kann keine Textarbeit stattfinden, ohne über das WAS zu reden, zu streiten und im Zweifel sich auf die Nase zu hauen.

In einem Verlag im Zuge eines Lektorats ist dieses WAS vorab geklärt. Deswegen ist hier nur noch die Frage: Perfektionierung des WIE mit Ziel auf das WAS.

Auch in vielen festen Autorengruppen gibt es (gezielt oder sich herausbildend) eine gemeinsame Idee über das WAS. Wobei WAS hier nicht allein Handlung meint, sondern eben genau diese Frage: WAS soll es denn werden? WAS soll der Text auslösen/transportieren. Und deswegen herrscht dort auch weit mehr Einigkeit über das WIE.

In einem Forum existieren ungefähr so viele WAS-Vorstellungen wie Mitglieder. Hier die Textarbeit auf das WIE zu reduzieren ist - Entschuldigung - es ist absurd. In einem Forum wird der Leser immer mit seiner persönlichen WAS-Vorstellung an den Text gehen. Wie denn auch sonst? Und genau das wird auch seine Betrachtung des WIE, der Form beeinflussen.

Zur Vermeidung von Missverständnissen nochmals: Das WAS ist nicht der reine Inhalt im Sinne von Handlung - das WAS ist, die Botschaft des Textes. Was will ich erzählen über die Handlung hinaus.

Wozu dient mir die Figur einer Hure?

Zolas Nana
Murakamis Ohrenmodell in Wilde Schafsjagd
Fanny Hill
Pretty Woman
Moravias Römerin
Huren in der Lateinamerkanischen Literatur eines Gabriel García Márque oder einer Isabel Allende
Josephine Mutzenbacher
Joseph Roth 'Das falsche Gewicht'

... und wenn ich jetzt zeitgenössische Literatur lesen würde Rolling Eyes, könnte die Liste sicher um einiges ergänzt werden, auf dem weniger Staub liegt.
Aber auch so wird klar, dass ein Thema (Hure) zutiefst verschieden im WAS ist.

*

Kann jemand, der - ziehen wir eines heraus - Murakamis Hang zur heiligen Hure nicht teilt, kann der Textarbeit leisten?

Folgt man dem, was mehrheitlich im Forum vertreten wird: Nein.

Denn Aussagen wie 'Heilige Huren mögen Männerphantasien sein, die im Altern zunehmen, aber dieserart Frauenfiguren bleiben flach, leer und letztlich eine Art sphärischer Elfe. Nur ohne Glitzer, dafür mit Superohren' sind reine Befindlichkeit und nicht Handwerk.

Das sehe ich anders:

Wenn M eine Ohrenelfe wollte (WAS), dann wüsste er, dass er sie bekommen hat.
Wenn M keine Ohrenelfe wollte, sondern eine vollständige Frauenfigur, wie auch seine Männer vollständig sind (WAS), dann wüsste er, dass er in seiner Figurenzeichnung (und jetzt sind wir im WIE) unvollständig ist.

Als Leser eines Buches bleibt mir da nur das Raten und Rezensionen schreiben.

*

Aber Zurück zum Forum: Verbietet mir das Forum über die Frage der Frauenfigur(en) an sich mich auszulassen, und sei es, dass ich sage: solche Frauenfiguren sind mir unerträglich und damit das WAS abzuklären - dann kommt Autor auch nie zu der Frage: WIE ist mir passiert, dass WAS wrong ist. Oder zu der Bestätigung, den richtigen Weg gegangen zu sein.

NATÜRLICH kann es auch sein, dass Leser nicht lesen können und Unsinn brabbeln. Aber das tun sie beim Handwerk dann auch und da wird erwartet, dass akzeptiert wird, dass jeder seines reinlegt, wie er es sieht. Und Autor groß genug ist zu sortieren.

*

Noch eines -
WAS Diskussionen laufen aus dem Ruder und dann geht es nur noch um bestimmte Ideen/Ideologien/Meinungen/Ansichten.

Das ist eines der Hauptargumente, welches fällt und fiel und immer fallen wird. Denn es ist wahr. Natürlich kann man sich über Krieg, Huren und Nagelpilzbehandlung tausend Seiten schlagen und der arme Text kann gar nichts dafür.

Aber mit Verlaub - das könnte man beim WIE genauso. Es geschieht nur nicht, weil hier eine ungeschriebene Regel gilt. Man redet über den Text und nicht über die Kritik des Vorposters. Man stellt seine Sicht zu Perspektive/Zeitform/Adjektivitis dagegen - und zwar so, dass es dem Autor nützt und der sich aus zwei verschiedenen Perspektiven das Seine zerren kann.

Wenn beim WAS Monsterthreads entstehen, dann weil diese goldene Regel des 'Akzeptiere, was der andere sagt und nimm es als seine Sicht an' nicht eingehalten wird. Sondern es Rede-Gegenrede-Grundsatzdiskussion gibt.

Das hat aber nichts damit zu tun, dass das WAS und auch moralische Ansichten, Wahrnehmungen und Befindlichkeiten keine Textarbeit sind (das sind sie, denn Textarbeit ist weit mehr als Korrekturlesen für lau) - sondern damit, dass beim WAS natürlich die Bandbreite an Meinungen weit höher ist, als beim Handwerk - aber eben auch, dass beim Handwerk wesentlich mehr Toleranz herrscht. Oder halt mehr Klappe halten. lol2
Nach oben
lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3913
Wohnort: wien



Beitrag26.02.2012 02:04

von lupus
Antworten mit Zitat

Na servus! smile extra

ich glaub ich liebe diesen Thread jetzt schon, auch wenn ich nur die Hälfte versteh.

was ich versteh ist:

es hat keinen Sinn, nicht über den Inhalt und die Botschaft (WAS) zu reden. Einverstanden.
es hat keinen Sinn nicht über die Form, das HAndwerk (WIE) zu reden. Einverstanden.

ich glaub ohnehin nicht, dass das machbar ist, außerdem verkäme (oder wäre längst verkommen) das Forum zu einer erweiterten Orthografie- und Grammatik-Korrektur-Anstalt.

Das WAS aber muss dem Autor überlassen bleiben. ES macht keinen Sinn, jemandem klar zu machen, dass man keine grünen Äpfel mag und deshalb soll er rote Birnen daraus machen. Die Frage kann nur sein: welche Botschaft wolltest du vermitteln? Is dir das gelungen? Das kann dann auch unabhängig vom eigenen Geschmack passieren, also möglichst objektiv. Wenn jemand über Fledermäuse schreiben will, soll er das doch machen. In der Buchhandlung hab ich auch nur zwei Möglichkeiten: Thema gefällt oder nicht = Kauf oder nicht. Und das kann ich kommunizieren: Mir gefällt deine Botschaft nicht. Fertig. Über die Botschafft kann man dann wo anders diskutieren. Oder aber immer im ZUsammenhang mit dem Text.

Ich hab keine Ahnung, ob das sinnvoll ist, aber ich geh immer davon aus, dass der Schreiber hier weiß, was er macht (in Bezug auf WIE und auf WAS) und erst einmal versuch ich herauszufinden, ob etwaige Abweichungen vom Standard-WIE nicht gewollt sein könnten. Ich würd auch dem Irving nicht sagen: du Johnny, da sind zuviele Rückblenden in deinem Twisted River, so was macht man nicht und zu viele Namen auf der ersten Seite.

Zitat:
In einem Forum wird der Leser immer mit seiner persönlichen WAS-Vorstellung an den Text gehen. Wie denn auch sonst? Und genau das wird auch seine Betrachtung des WIE, der Form beeinflussen.


und genau das glaub ich nicht. Man kann einen Text, dessen Aussage/Botschaft man nicht goutiert nach objektiven Kriterien (WIE) analysieren, ohne auf das WAS überhaupt einzugehen. (Zumindest auf dem Niveau, auf dem wir uns hier größtenteils bewegen).

Zitat:
Aber Zurück zum Forum: Verbietet mir das Forum über die Frage der Frauenfigur(en) an sich mich auszulassen, und sei es, dass ich sage: solche Frauenfiguren sind mir unerträglich und damit das WAS abzuklären - dann kommt Autor auch nie zu der Frage: WIE ist mir passiert, dass WAS wrong ist. Oder zu der Bestätigung, den richtigen Weg gegangen zu sein.


warum sollte WAS wrong sein, nur weil ich glauben könnt, dass solche Frauenfiguren mir unerträglich sind? Wenn ich solche Frauenfiguren nicht mag, dann kauf ich den Text nicht. wrong is es dann, wenn (möglichst objektiv) die Message versemmelt wurde.

Zitat:
Wenn beim WAS Monsterthreads entstehen, dann weil diese goldene Regel des 'Akzeptiere, was der andere sagt und nimm es als seine Sicht an' nicht eingehalten wird. Sondern es Rede-Gegenrede-Grundsatzdiskussion gibt.


weil es dann eben nicht mehr um den Text geht, sondern um Meinungen.
ein bisserl anders seh ich das bei WIE-Fragen. Ein wichtiger Aspekt hier is das Lernen und man lernt eben nur, wenn einem irgendwer sagt (und nicht nur in den eigenen Texten sondern auch bei den Kommentaren) dass und wo man falsch liegt.

also, wie gesagt .. nicht alles hab ich verstanden, vlt nicht einmal das, von dem ich dachte, ich hätte Smile

lgl


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

-------------------------------------------------------
"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3755



Beitrag26.02.2012 04:49

von Nordlicht
Antworten mit Zitat

Es liegt doch in der Befugnis eines jeden Threaderöffners, die Kritik und Dikussionen zum Text in die Richtung zu lenken, stattfinden zu lassen oder abzuwürgen, die für richtig und wichtig empfunden wird Question

_________________
If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
kskreativ
Geschlecht:weiblichMärchenerzähler
K

Alter: 59
Beiträge: 2232
Wohnort: Ezy sur Eure, France


K
Beitrag26.02.2012 07:13

von kskreativ
Antworten mit Zitat

Oh man, so einen Thread am frühen Morgen zu lesen ... Schließe mich Lupus an, ich glaube die Hälfte habe ich nicht kapiert, aber egal.
Ein Text beinhaltet immer auch eine Aussage, sonst wäre es ja nur eine Aneinanderreihung von Wörtern. Diese Aussage drückt immer, ob bewusst oder unbewusst, auch Beweggründe, Motive oder Ansichten des Autors zum Inhalt seines Textes aus.
Diskutiert man über Bilder, dann nicht nur über die Pinseltechnik und Verwendung von Materialien, sondern auch über die Aussage des Kunstwerkes. So sehe ich das auch bei der Textarbeit.
Schreibe ich eine Geschichte, will ich doch auch wissen, ob das angesprochene Thema, Huren oder Heilige, was auch immer, beim Leser so ankommt, wie ich das beabsichtigt habe.
Schwierig wird es eben nur, wenn diese Textarbeit dann zu einer Schlacht persönlicher Ideologien ausartet. Besonders bei kontroversen Themen, wie eben Prostitution gut zu beobachten.
Wenn ich als Autor diese Art von Brotverdienen als völlig okay empfinde, dieses in meinem Text auch ausdrücke, dann muss ich auch den Gegenwind anderer Meinungen vertragen können.
Das sollte aber immer noch auf sachlicher Ebene stattfinden, was hier im Forum leider nicht immer der Fall ist.
So, und wenn ich jetzt totalen Blödsinn geschrieben habe, ich bin erst beim ersten Kaffee.

LG, Karin


_________________
C'est la vie. oder: Du würdest dich wundern, was man so alles überleben kann.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Gast







Beitrag26.02.2012 08:02

von Gast
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Moin, smile

WAS (Inhalt) ist für mich kein Thema, weil ich der Meinung bin, dass man als Autor grundsätzlich über alles schreiben darf. Wenn es dann Moralisten gibt, denen es nicht gefällt, kann ich damit leben. Das WAS (Botschaft) was über den Inhalt hinaus transportieren soll, ist im WIE begriffen.

Wobei WIE schon eine ganz andere Sache ist. Für mich ist Handwerk wichtig. Das heißt nicht, dass man Regeln nicht brechen darf. Allerdings meine ich, dass Logik und/oder Glaubwürdigkeit (genreabhängig) immer stimmen sollten.

Wenn mir z.B. eine Autorin (weil gerade aktuell) erklären will, dass eine Hure ihren Freier so irre gut kennt, dass sie weiß, mit welcher Absicht er den Klang seiner Stimme färbt, nur weil er sie wöchentlich *** kommt, glaube ich das nicht. Egal wie lange sie versucht mir das schmackhaft zu machen.

Wenn ich einen Text ins Forum stelle, erhoffe ich mir ein breit gefächertes Feedback und dann liegt es an mir, was ich davon nehme und was nicht. Ich brauche weder Überzeugungsarbeit leisten noch muss ich meinen Text verteidigen.

Diese Untereinander-Nebeneinander-Diskussionen sind nervend und helfen dem Autor nicht. Ich diskutiere mir auch gerne nen Wolf – aber nicht in einem Text-Thread. Danke debru für diesen hier.

Nehmen wir mal als Beispiel ein Restaurant.

Bin ich Koch, wünsche ich mir, dass meine Gerichte den Gästen schmecken. Das sie satt und gut gelaunt mein Restaurant verlassen und wiederkommen. Dabei ist es für mich unverzichtbar zu fragen, wie es denn geschmeckt hat. Und ich bin dankbar, wenn man mich darauf aufmerksam macht, dass ich vielleicht in letzter Zeit zu viel Salz verwende.
Alternativ kann ich mein Süppchen am heimischen Herd kochen. Dort kann ich laut tönen: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!

Bin ich Gast und der Koch serviert mir ein Gericht, koste ich hier und da, pikse ins Fleisch, und rühr in der Suppe und stelle fest: Die Kartoffeln sind roh, das Fleisch ist zäh (WIE) ... und grünen Kohl (WAS - Inhalt) mag ich überhaupt nicht. Ich sag’s dem Koch.
Plötzlich springt ein anderer Gast, von dem man weiß, dass er mit dem Koch befreundet ist, auf und erklärt selbstbewusst, warum gerade hier in diesem Gericht das Fleisch so zäh sein muss. Und überhaupt sei grüner Kohl das Trendgemüse (WAS - Botschaft) der Saison.
Und weil es ein bekannter Gast ist, nicken gleich mal ein paar andere Gäste mit.
Was hat der Koch davon? Nichts, er wird entmündigt, weil er nicht zu Wort kommt und weil man ihm, wenn auch lieb gemeint, jede Chance nimmt, sein Rezept zu verbessern.

Was habe ich davon? Das Fleisch ist immer noch zäh und grüner Kohl wird nicht mein Lieblingsgemüse, weil der Koch es nicht geschafft hat, ihn mir wohlschmeckend zu servieren.

Schönen Tag in die Runde
Monika
Nach oben
Gast







Beitrag26.02.2012 10:18

von Gast
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Debruma,

"Form dient Inhalt" ist ein Sätzlein, das man so wohl vor allem in Prosaland hört. Jenseits der Grenze, in Lyristan, heißt das eher "Form ist Inhalt".

Zwei andere Begriffe, die von einander abzugrenzen lohnt, sind "Toleranz" und "Gleichgültigkeit".

Gruß,

Soleatus
Nach oben
derSibirier
Reißwolf
D


Beiträge: 1250



D
Beitrag26.02.2012 11:43

von derSibirier
Antworten mit Zitat

Das Thema ist vorzüglich gewählt, geschätzte debruma.

Was und Wie?
Und was sind vernünftige Kritiken.

Nehmen wir den Hurentext von Inko als Beispiel her.

Das "Was" hat der Autor recht gut umgesetzt, aber dem "Wie" schenkte er wohl weniger Aufmerksamkeit. Es ist recht schwer, über ein Leben zu schreiben, das man selbst nur vom Hören und Sagen her kennt. Es ist wie wenn jemand einen Matrosenroman schreibt, selbst aber noch nie zur See gefahren ist. Der Pappenheimer vom Land klatscht vielleicht, aber Menschen, die an der Küste leben, werden wohl nur den Kopf darüber schütteln.

Und so kommen wir zu den Kritiken:

derSibirier schrieb:
Zitat:
Was weißt du schon vom Hurenvolk?
Nichts, man merkt's.

Ein Blümchenzüchter glaubt's vielleicht.
Tipp: Lasse die Hure eine Hure sein und schreib nicht wie von einer jungen Bankkauffrau, die einen betuchten Kunden betreut.   

Das ist eine konstruktive Kritik.

Daraufhin schrieb  Herr Lupus:
Zitat:

ich steig jetzt gleich aus.
Wem er hier drohte, ist mir ein Rätsel, aber es ist schon amüsant, wenn ein Kritiker seine Kritk mit einer Drohung beginnt.

warum glaubt man eigentlich, dass Literatur ein inhaltliches Wunschkonzert ist? Der Inhalt, nennen wir es das "Was", wurde von mir nicht bemängelt nur das "Wie" Aber das scheint dem Herrn wohl entgangen zu sein. Als ob jeder alles schon erlebt hätte, und du Sib kennst wohl alle Huren dieser Welt und alle Facetten. Ich war zwar noch nie bei einer, mir hat auch nie eine irgendwas auf die Brust geflüstert, aber ich kenn einige, is gar nicht zu vermeiden, wenn man jahrelang in Wien als Student nicht studiert hat. Und wem er das nun erzählt, einschließlich, dass er einmal in Wien als Student nicht studiert hat, ist mir Rätsel, mich interessiert's nicht und dem Autor hilft's bei seiner Textarbeit wohl auch nicht weiter.

Und das was hier steht, IST einer Facette der Realität extrem nahe. Nahe dem "Was" oder dem "Wie"? Das würd mich auch noch interessieren.


Tipp: Zuerst denken und dann schreiben.

Grüße
Sibirier
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
ConfusedSönke
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 43
Beiträge: 298
Wohnort: Ochtendung


Beitrag26.02.2012 11:46

von ConfusedSönke
Antworten mit Zitat

Ich stelle einen Text in der Werkstatt der Kritik anheim.

Das WAS und WIE wird kritisiert. Fakt: Ich habe etwas falsch gemacht.

Kritik zum WIE sagt mir: Ich muss am Handwerk üben.

Kritik am WAS ist schwieriger zu händeln: Lag es doch am WIE? Oder ist das WAS nicht authentisch genug?
Kann ich mit 100% WIE alle WASes in einen glaubwürdigen, spannenden Guß kriegen?

Oder wie oder was oder warum oder weswegen? hmm


_________________
Die Realität ist die Illusion der Phantasielosen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Akiragirl
Geschlecht:weiblichDünnhäuterin

Alter: 33
Beiträge: 3632
Wohnort: Leipzig
Der goldene Spiegel - Prosa DSFo-Sponsor


Beitrag26.02.2012 12:15

von Akiragirl
Antworten mit Zitat

Ich finde, das WAS quasi als Einheit zu betrachten, greift zu kurz.
Das WAS hat sehr viele Facetten:

Erstmal das Thema allgemein - das kann manchen interessieren, manchen auch nicht. Das zu kritisieren finde ich z.B. relativ sinnlos. Also sowas wie "Ich mag keine Texte, in denen alte Leute vorkommen" oder "Fantasy ist doof" (außer man gesteht sein Desinteresse, um die Subjektivität einer Bewertung, z.B. in einem Wettbewerb, zu begründen).

Dann kommt die Bewertung des Themas, da wird es schon schwieriger. Also sagen wir mal beim Thema DDR kann jetzt ein eher positiver oder eher negativer Grundtenor im Text vorherrschen. Da werden die DDR-Kritiker und die Ostalgiker sich nicht einig, weil jeder seine Einstellung zu dem Thema hat und die nunmal nicht der des Autors entsprechen muss. Auch das zu kritisieren ist relativ sinnlos.

Haarig wird es eigentlich nur bei der konkreten Ausgestaltung des Inhalts, bei Widersprüchen, schlichten Unwahrheiten (die auch als solche beweisbar sind), so als wenn jemand über die DDR schreibt und die Leute da mit Euros bezahlen lässt. Sowas ist natürlich immer auch Gegenstand von Kritik.

Eine Kritik zum Inhalt ist auch deshalb so schwierig, weil man als Leser im Zweifel ja gar nicht weiß, wie der Autor sich gedacht hat, wie der Text wirken soll. Ich ziehe das als Beispiel immer gern den Film "Funny Games" von Michael Haneke heran. Da geben Leute dem Film eine schlechte Bewertung, weil er sie wütend gemacht hat; weil sie die DVD nach dem Ansehen mit eigenen Händen zerbrochen haben; weil der Film schlicht ihre Erwartungen so dermaßen gebrochen hat, dass sie aggressiv gegen ihn geworden sind. Aber wenn nun der Regisseur genau das erreichen wollte - dann wäre diese negative Kritik eigentlich schon wieder eine positive?

Solange man nicht weiß, was der Autor für eine Wirkung erzielen wollte, ist inhaltliche Kritik sehr schwer.
Weiß ich dagegen, der Autor wollte mich zu Tränen rühren und ich hab über den Text gelacht - ja, dann ist irgendetwas (inhaltlich) schief gelaufen.


_________________
"Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Gast







Beitrag26.02.2012 12:51

von Gast
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Na lupus,

dann lass uns mal lol2

Zitat:
Das WAS aber muss dem Autor überlassen bleiben.


Natürlich! Es geht nicht darum, was Autor annehmen muss (da gilt: im Zweifel gar nix, wenn's der Kunst dient) - sondern darum, was Kritiker äußern darf. (alles, sage ich, aber da kann mancher gern anderer Meinung sein)

Und, wichtiger: WAS Autor sagen will und was letztlich da steht, dies liegt nicht selten weit auseinander. Auch bei Autoren, die wissen, was sie tun.

Mag sein in Genre Liebesroman ist das alles relativ gediegen und die Diskussion hier für die Katz - aber in Grenzbereichen, seien es literarische oder thematische. Da stellt sich genau diese Frage - nach der Wirkung des Textes auf den Leser.

Wobei mal eines: mag gut sein Autor braucht oder will die Rückmeldung zum WAS nicht, das heißt aber deswegen noch lange nicht, dass Kritiker dazu zu schweigen hätte. Autor kann Kritiker nur dann vorgeben, was er hören will und was nicht, wenn er ihn bezahlt.

Ich verfitze mich schon wieder  Crying or Very sad Entschuldige.

Also nochmal von vorn:

Autor - muss keine Kritik annehmen, aber sehr wohl anhören bzw. ertragen, wenn sein Text Emotion, Aversion und ev. auch Streit auslöst. Er erträgt ja auch, wenn Begeisterungstürme hereinbrechen, weil das Thema so toll ist. (Da hab ich noch nie gehört, man solle sich aufs Handwerk beschränken)

Kritiker - darf sich zu allen Facetten des Textes äußern, muss aber damit leben, das Autor nun mal von grünen Äpfel erzählt, auch wenn Kritiker darauf allergisch ist.

Soweit.

Sind wir uns vielleicht sogar einig?

Jetzt eine Ebene tiefer:

Zitat:
ES macht keinen Sinn, jemandem klar zu machen, dass man keine grünen Äpfel mag und deshalb soll er rote Birnen daraus machen


Gegenthese:
Es  ergibt keinen Sinn, über Optimierung der Wachstumsbedinungen, Schädlingsbekämpfung und Lagerhaltung zu diskutieren, wenn man nicht vorher klärt, ob man denn nun Äpfel oder Birnen gedenkt zu züchten.

(Eines ist richtig: es wird sinnlos, wenn sich folgendes Konstrukt ergibt:

A: ... und die Äpfel ...
K: du solltest besser Birnen, weil ...
A: danke für die Sicht, aber ich will Äpfel ...
K: ja aber du musst Birnen, weil
A: ich will aber Äpfel
K: Birnen
A: Äpfel
K: Birnen
A: Äpfel
K: Birnen
A: Äpfel
K: Birnen
A: ÄPFEL!!!

--> aber solche Szenarien gibt es auch über Fragen des WIE: Darf ein Autor eine eigene Rechtschreibung entwickeln? Oder wie viele Adjektive darf ich aus einem Text streichen, bevor der Autor heult, ich hätte ihm den Text kastriert? Nur weil über das WIE hier weniger gestritten wird, heißt das nicht, dass es am WIE an sich liegt. (Jetzt kann ich mir gerade selber nicht mehr folgen lol2)



*

Grundsätzlich klar, kann man die Botschaft aus der Textdiskussion rausnehmen - vor allem dann, wenn es eben wirklich weg vom Text und hin zu den Grundsatzfragen des Obstanbaus geht.

Aber funktioniert nur bedingt, denn es ist ja der Text, der die Kontroverse auslöst.

Wie soll ich, über die Fragen, die Nabokovs 'Lolita' auslöst diskutieren, wenn ich dabei den Text nicht zitieren und erwähnen darf?

Das hier viele mir wesentlich leichter, wenn ich nen Text hätte, an dem ich WAS und WIE bearbeiten, darstellen und zerfleddern könnte.

Zitat:
Ich würd auch dem Irving nicht sagen: du Johnny, da sind zuviele Rückblenden in deinem Twisted River, so was macht man nicht und zu viele Namen auf der ersten Seite.


Du nicht, ich schon. (Also jetzt rein theoretisch und mal auf die Boller gehauen). Darum geht es. Dass man nicht das eigene Maß als All-Norm aufstellen kann und seine persönliche Sicht von Textarbeit den anderen als Halfter überziehen.

Zitat:
Man kann einen Text, dessen Aussage/Botschaft man nicht goutiert nach objektiven Kriterien (WIE) analysieren, ohne auf das WAS überhaupt einzugehen.


Da hast du sicher Recht. Wobei ich nicht so sehr an objektive Kriterien glaube, aber dies ist ein anderes Fass.

Es gilt aber auch umgekehrt, einen Text, dessen WAS mich einfach begeistert, dem lasse ich im WIE einiges durchgehen.

Gerade die Leser, die dein Thema und vielleicht sogar deine Art zu erzählen nicht mögen, sind die besten Spürhunde dafür, wo dein Text angreifbar ist.

Daraus folgt nicht, das du Texte machen musst, die jenen Gegenlesern gefallen - aber du bekommst Löcher, die zu stopfen sind, viel genauer angezeigt, als von der wohlwollenden Fraktion.

 Rolling Eyes

Ohje. Weites Feld lol2
Nach oben
Gast







Beitrag26.02.2012 12:58

von Gast
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Zitat:
Es liegt doch in der Befugnis eines jeden Threaderöffners, die Kritik und Dikussionen zum Text in die Richtung zu lenken, stattfinden zu lassen oder abzuwürgen, die für richtig und wichtig empfunden wird



 Shocked

Das macht mich jetzt ... nachdenklich, Nordlicht. Und zwar sehr.
Nach oben
kskreativ
Geschlecht:weiblichMärchenerzähler
K

Alter: 59
Beiträge: 2232
Wohnort: Ezy sur Eure, France


K
Beitrag26.02.2012 12:59

von kskreativ
Antworten mit Zitat

Zitat:
Gerade die Leser, die dein Thema und vielleicht sogar deine Art zu erzählen nicht mögen, sind die besten Spürhunde dafür, wo dein Text angreifbar ist.

Das kann ich nur unterschreiben. Wenn gerade Genrefremde Leser dann neben der Kritik auch noch ein Lob aussprechen ist die Sache perfekt.


_________________
C'est la vie. oder: Du würdest dich wundern, was man so alles überleben kann.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Mr. Curiosity
Exposéadler

Alter: 35
Beiträge: 2545
Wohnort: Köln
Der goldene Käfig


Beitrag26.02.2012 13:00

von Mr. Curiosity
Antworten mit Zitat

Zitat:
Solange man nicht weiß, was der Autor für eine Wirkung erzielen wollte, ist inhaltliche Kritik sehr schwer.


Der Autor und was er wohl erreichen wollte, ist ja erstmal unwichtig. Der Text muss es aus sich heraus leisten, eine Stimmung zu vermitteln, bzw. inhaltlich etwas rüberzubringen.
Das Problem liegt eher darin, dass manche Texte eben sehr subtil arbeiten und nicht jeder die entsprechenden Sensoren besitzt, um hinter das Vordergründige zu blicken.
Ich erinnere mich an eine Kritik zu dem Roman "Der Vorleser", in der man den Autor kritisierte, er würde die Schuldfrage zu naiv behandeln. Wer das Buch nicht kennt: Es geht um das Liebesverhältnis zwischen einem 15-jährigen und einer viel älteren ehemaligen KZ-Aufseherin. Er erfährt erst später über ihre Vergangenheit, findet dann auch heraus, dass sie Analphabetin ist und begründet damit ihre "Unmündigkeit", bzw. ihre begrenztes Reflexionsvermögen.
Wie dem auch sei. Als der Rezensent diese naive Sicht kritisierte, bezog er überhaupt nicht die Erzählperspektive ein. Der Roman ist nunmal aus der Ich-Perspektive einer Figur beschrieben, die die Schuld der ehemaligen Geliebten einfach nicht akzeptieren will. Er war quasi sexuell abhängig von ihr, ließ sich manipulieren.
Insofern kann man die naive Sicht nicht wirklich kritisieren. Sie ist gezielt eingesetztes Showing. Nur erkannte das der Kritiker ganz eindeutig nicht, im Gegensatz wiederum zu vielen anderen.
Daher ist es immer eine Gradwanderung, wann man eine Meinung nun ernst nehmen muss und wann nicht.
Früher war ich immer der Meinung, wenn nicht jeder einen Text versteht und ich erklären muss, ist er schlecht. Die Ansicht hat sich im Laufe der Zeit (auch z.B. wenn ich mir Wettbewerbe angesehen habe und die Jury gab ihre Meinung ab) klar relativiert.


_________________


"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."

(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris")
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Gast







Beitrag26.02.2012 13:15

von Gast
pdf-Datei Antworten mit Zitat

sib,

*motzmodus an*

- der Thread ist deswegen hier, um genau von dem Einzeltext wegzukommen. Ich hol mir Maria als Wachhund, wenn irgendjemand anfängt, Texte aus dem Forum hiereinzuzerren.

Das ist den Autoren gegenüber unfair, wenn sie plötzlich als Grundsatzbeispiele für schlechtes WIE oder WAS oder WASAUCHIMMER gelten. Das ist unproduktiv, es vermischen sie die Threads und dient auch dem Versuch das Chaos (was einfach der extrem Komplexität des Themas entspringt) einigermaßen einzudämmen nicht.

*motzmodus aus*

Ich würde mich freuen, wenn du dein Messerchen hier mit wetzt, sib. Gerade weil deine Kritiken (zumindest nach meinem Empfinden) sehr von deiner persönlichen Sicht geprägt sind. (Im WAS und WIE).

Was dir vorgehalten wird - was ich persönlich aber durchaus wertvoll finde, auch wenn ich selten mit dir einer Meinung bin.

***

Verhakt euch mal bitte nicht allzu sehr in mein WAS und WIE - das sind so grobe Einteilungen, die funktionieren nicht in der Feinarbeit. Außerdem habe ich sie mies erklärt. Es war nur der Versuch, so bissl die Richtung vorzugeben.

***

soleatus,

Prosaland vs. Lyristan.

Soso. Na, da muss ich zuerst das Äxtlein schärfen lol2
Folgt.
 Cool
Nach oben
Akiragirl
Geschlecht:weiblichDünnhäuterin

Alter: 33
Beiträge: 3632
Wohnort: Leipzig
Der goldene Spiegel - Prosa DSFo-Sponsor


Beitrag26.02.2012 13:55

von Akiragirl
Antworten mit Zitat

Mr. Curiosity hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Solange man nicht weiß, was der Autor für eine Wirkung erzielen wollte, ist inhaltliche Kritik sehr schwer.


Der Autor und was er wohl erreichen wollte, ist ja erstmal unwichtig. Der Text muss es aus sich heraus leisten, eine Stimmung zu vermitteln, bzw. inhaltlich etwas rüberzubringen.

Aber solange ich nicht weiß, was der Text rüberbringen soll, wie kann ich dann dem Autor Hilfestellung geben?

Auch wenn debruma gebeten hat, konkrete Texte herauszulassen, ich ziehe jetzt einfach mal meine Stachelschweine als Beispiel.
Das Buch geht los; ich möchte als Exposition eine Figur darstellen. Auf eine Weise soll die Figur unsympathisch sein, unverständlich, negativ eben; auf der anderen Seite aber auch (eventuell dadurch?) Interesse wecken. Die Darstellung ist die Ausgangsposition einer Entwicklung.
All das kann der geneigte Kritiker ja erstmal nicht wissen. Wenn nun also jemand (inhaltlich) kritisiert, dass die Figur unsympathisch rüberkommt, dann ist das keine Kritik sondern eher ein Lob.
Empfindet der Kritiker die Figur allerdings als so extrem unsympathisch, dass er dadurch kein Interesse mehr an ihr hat und also das Buch weglegen würde, dann habe ich es übertrieben und nicht das erreicht, was ich erreichen wollte.
Erst, wenn der Kritiker weiß, was ich bewirken wollte (Inhalt), kann er doch einschätzen, inwiefern mir das gelungen ist oder ob beim Leser eben was ganz anderes ankommt.


_________________
"Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Gast







Beitrag26.02.2012 14:49

von Gast
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo debruma,
in der Nacht schon habe ich deinen Faden hier entdeckt. Mein Problem war, dass ich dir nicht so recht folgen konnte, das mag an meiner Müdigkeit gelegen haben. Heute nun sehe ich, wie sich das hier entwickelt  - ganz interessant, aber nicht weniger wirr ... und ich habe das Gefühl, dass mir jemand dein "Eingangsessay" zusammenfassend auf den Punkt bringen muss und dann stelle ich seufzend fest, dass ich wohl selbst dieser Jemand sein werde  Laughing
Ich brauche bestimmt noch eine Zeitlang, um aufzuholen, ich meld mich dann wieder ...
Lorraine
Nach oben
Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3755



Beitrag26.02.2012 15:18

von Nordlicht
Antworten mit Zitat

debruma hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Es liegt doch in der Befugnis eines jeden Threaderöffners, die Kritik und Dikussionen zum Text in die Richtung zu lenken, stattfinden zu lassen oder abzuwürgen, die für richtig und wichtig empfunden wird


 Shocked

Das macht mich jetzt ... nachdenklich, Nordlicht. Und zwar sehr.


Laughing Wieso? Du schreibst doch in deinem Öffnungsthread hier, dass WAS Diskussionen zu Texten noch mehr als WIE Diskussionen dazu tendieren, aus dem Ruder zu laufen. Dem einen User ist das gleich, dann lässt man die Leute halt weiterquatschen, ein anderer hat darauf keine Lust, dann kann man sich entsprechend äußern und ggf die Diskussion in einen andern Bereich des Forums auslagern.

Letztendlich soll und muss es doch die Entscheidung des Threaderöffners sein, was für Textkritik erwünscht ist. Wo die Leute mit ihren Texten hinwollen und was genau sie sich von Textarbeit versprechen, wird von Fall zu Fall schon etwas verschieden sein.


_________________
If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
lady-in-black
Bitte nicht füttern


Beiträge: 1474
Wohnort: Killer Förde
Der goldene Käfig Extrem Süßes!


Beitrag26.02.2012 15:21

von lady-in-black
Antworten mit Zitat

debruma hat Folgendes geschrieben:
Wenn beim WAS Monsterthreads entstehen, dann weil diese goldene Regel des 'Akzeptiere, was der andere sagt und nimm es als seine Sicht an' nicht eingehalten wird. Sondern es Rede-Gegenrede-Grundsatzdiskussion gibt.


Autor stellt einen Text ein, der von einer Fußballmannschaft erzählt, die ein wichtiges Turnier gewinnt.
Autor erzählt dabei immer von 10 Spielern.

Ich bin daher beim Lesen irritiert, denn es fehlt jeglicher Hinweis, was es mit dem 11. Spieler auf sich hat. Wurde er vom Platz gestellt? Wenn ja, warum? Oder was könnte sonst der Grund dafür sein?

Die Handlung gerät für mich dadurch nun ein wenig in den Hintergrund, egal wie gut sie auch geschrieben sein mag. Denn die Fragezeichen in meinen Augen behindern mein Sichtfeld, ich kann den Text nicht mehr lückenlos erkennen.

Was sage ich nun dem Autoren?
Auf jeden Fall würde ich ihm die Frage stellen, ob er evtl. Fußballspielen nur vom Hörensagen kennt, ihm daher vielleicht nicht bekannt war, dass es immer 11 Spieler sein sollten.
Gleichzeitig würde ich ihn selbstverständlich aber auch fragen, ob es evtl. einen bestimmten Grund hatte, warum er nur von 10 Spieler schrieb. Wenn ja, möge er diesen Grund bitte benennen bzw. in den Text dann mit einbauen, weil dieser unlogisch erscheinende Punkt bisher vom Text ablenkt, ihn teilweise sogar unglaubwürdig macht.  

Was ich absolut unpassend empfinde, ist eine dann ggf. einsetzende Diskussion über Fußballregeln.
Oder Diskussionen über Bemerkungen von Kritikern, die gar nicht wussten, dass es eigentlich 11 Spieler sein mussten und daher jede inhaltliche Frage zu diesem - aus ihrer Sicht - grandiosen Text überhaupt nicht verstehen können.    
Oder Diskussionen über die unnötige Pingeligkeit eines Kritikers, weil der sich an einem fehlenden Spieler hochgezogen hat, statt die Feinheiten oder die Aussage des gesamten Textes zu würdigen.

Ich frage mich dann manchmal, wem diese zusätzlichen Diskussionen eigentlich nützen ...  Rolling Eyes
Der Autor hatte es nach der ersten Kritik bereits ganz alleine in der Hand, was er daraus macht.
Entweder konnte er meine Kritik nachvollziehen oder nicht.
Wenn nicht, ist es eigentlich auch nicht länger mein Problem.  Wink


_________________
- Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
- Ich spreche fließend ironisch, auch im sarkastischen Dialekt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden MSN Messenger
Julian
Eselsohr

Alter: 31
Beiträge: 300



Beitrag26.02.2012 15:33
Re: Textarbeit - Inhalt und Form
von Julian
Antworten mit Zitat

debruma hat Folgendes geschrieben:
Was ist Textarbeit?


Die Textarbeit selbst bedeutet für mich zunächst einmal nur, dass eine Person den Text einer anderen Person nicht nur liest, sondern sich auch mit diesem Text beschäftigt. Interessanter wäre für mich die Frage, wo der Unterschied zwischen guter und schlechter Textarbeit liegt.

Gute Textarbeit ist insbesondere bei schlechten Texten von Bedeutung. Gute Textarbeit bedeutet für mich, sich mit dem Text auf vielerlei Ebenen (Inhalt, Sprache, Form, Logik) zu beschäftigen. Die Arbeit am Text selbst sollte dabei im Vordergrund stehen, aber auch die Arbeit an dem Schreibenden selbst - wenn sich betreffende Person zum Beispiel weigert, Kritik anzuerkennen - sollte unter bestimmten Umständen gewährleistet sein, sofern der Kritiker daran Interesse zeigt. Das bedeutet auch, dass ich es nicht für verwerflich halte, als Kritiker auch einmal deutliche Töne von sich zu geben, so denn ein Maß an Konstruktivität ersichtlich ist.

Bei neuen Schreibern ist es für mich i.d.R. sehr wichtig, ihnen nicht nur aufzuzeigen, dass sie einen Fehler gemacht haben, sondern auch dem Kontext, in dem der Fehler steht (also die Beantwortung der Frage, aus welchem Grund es sich dabei um einen Fehler handelt) zu erläutern.

Zitat:
Was erwartet der Autor?


Die Frage, was der Autor erwartet, kann nur der Autor selbst beantworten. Es gibt Autoren, die sich wünschen, dass man sich mit ihren Texten beschäftigt, sie verbessert, ihnen inhaltliche und sprachliche Stützen gibt, aber auch Autoren, die sich wünschen, dass man ihre Texte lobt, so dass ein Prozess der Desillusionierung eintreten kann, wenn der Text nicht gelobt, sondern kritisiert wird.

Einem Autor gegenüber, der Anzeichen einer Desillisionierung ob einer Kritik, mit der er nicht gerechnet hat zeigt, sollte man so arbeiten - so man denn Interesse an einer sinnvollen Arbeit hat -, den geeigneten Weg zwischen der sanften Schiene (um den Autor nicht von dem Schreiben abzuschrecken) und der deutlichen Schiene (um dem Autor zu verdeutlichen, dass er mit seiner Einschätzung, der Text sei gut, falsch liegt) finden. Das Ergebnis dieser Schienen ist die psychologisch-konstrukive Art, mit einem Text als auch mit seinem Ersteller zu arbeiten. Das Mittel, einen deutlichen Ton anzuschlagen, sollte erst dann angewandt werden, wenn man keinen anderen Weg mehr sieht.

Zitat:
Was darf er erwarten?


Ein Autor darf eine Art von Textarbeit erwarten, die sich seinem Verhalten anpasst und im Prinzip auch, dass sich der Kritiker auf allen Ebenen mit dem Text beschäftigt, so sie denn als ein Fehler angesehen werden.

Zitat:
Welche Diskussion darf stattfinden und in welchem Umfang darf sie stattfinden?


Eine Diskussion darf sich sowohl um den Text als auch um die Person, die den Text geschrieben hat, drehen. (s. oben)
Ein Text enthält verschiedene Elemente und ich denke, dass du mit deiner Frage insbesondere auf das Element der Intention des Autoren / Aussage des Textes abzielst. Ich bin der Ansicht, dass das keine Frage ist, die man im Allgemeinen, sondern nur mit dem Fokus auf einen speziellen Text beantworten kann. Im Allgemeinen bin ich der Ansicht, dass es in der Literatur kein Tabu gibt, aber würde man mir beispielsweise einen Text vorsetzen, der die Taten von Adolf Hitler glorifiziert, so kann ich zumindest sagen, dass mir die Aussage des Textes nicht gefällt. Allerdings ist das nur eine Facette des Textes, denn eine fragwürdige Intention des Autoren bedeutet nicht, dass die Sprache oder die Atmosphäre des Textes in Mitleidenschaft gezogen werden müssen. Das sind einfach zwei verschiedene Paar Schuhe. Ein Text ist also nicht schlecht, nur weil er in seiner grundlegenden Aussage keinen guten Eindruck hinterlässt. Die Aussage, ein solcher Text würde mir wegen der Aussage des Autoren nicht gefallen, ist aus literarischer Sicht zu überdenken, aus menschlicher Sicht aber verständlich.

-

So viel erst einmal von mir. Keine vollständige Ansicht, nur ein paar Gedanken, die mir dazu in diesem Moment eingefallen sind.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3913
Wohnort: wien



Beitrag26.02.2012 15:53

von lupus
Antworten mit Zitat

derSibirier hat Folgendes geschrieben:
Das Thema ist vorzüglich gewählt, geschätzte debruma.

immerhin, ein Punkt der Übereinstimmung

ich hab überlegt, wie (und ob) ich auf das hier reagieren soll und ob es eine Möglichkeit gibt, das zu tun, ohne den Faden zu sprengen. Nun, ich will's versuchen, und es einigermaßen vom unten angesprochen Inko-Text zu lösen, darum ersuch ich - wenn ich auf den Inko-Text eingehe - zu versuchen, etwaige allgemeine Überlegungen rauszufiltern und - auch wenn ich'S nicht dazu geschrieben hab - es sind natürlich Überlegungen, keine allgemein gültigen Aussagen:

Nehmen wir den Hurentext von Inko als Beispiel her.

Das "Was" hat der Autor recht gut umgesetzt, aber dem "Wie" schenkte er wohl weniger Aufmerksamkeit. Es ist recht schwer, über ein Leben zu schreiben, das man selbst nur vom Hören und Sagen her kennt. Es ist wie wenn jemand einen Matrosenroman schreibt, selbst aber noch nie zur See gefahren ist. Der Pappenheimer vom Land klatscht vielleicht, aber Menschen, die an der Küste leben, werden wohl nur den Kopf darüber schütteln.

Das ist zwar richtig, aber nicht konsequent durchgedacht, denn das gilt im Umkehrschluss auch für den Leser, zumal, wenn sich als Kritiker geriert:

Es ist wie wenn ein Kritiker einen Text über eine Nebenjob-Hure analysiert, selbst aber keine Ahnung davon hat. Der Full-time-Huren-Kenner klatscht vielleicht zur Kritik, aber Menschen, die die andere Facette auch kennen, werden wohl nur den Kopf darüber schütteln.

das gilt ganz allgemein, bei der Frage nach dem WAS und WIE: bevor man als Kritiker inhaltliche Unglaubwürdigkeiten versucht aufzudecken, sollte man sich vielleicht fragen, ob das entsprechende Wissen gegeben ist.


Und so kommen wir zu den Kritiken:

derSibirier schrieb:
Zitat:
Was weißt du schon vom Hurenvolk?
Nichts, man merkt's.

Ein Blümchenzüchter glaubt's vielleicht.
Tipp: Lasse die Hure eine Hure sein und schreib nicht wie von einer jungen Bankkauffrau, die einen betuchten Kunden betreut.   

Das ist eine konstruktive Kritik.

Über Konstruktivität kann man ganz offensichtlich auch streiten, ich halte einen derartigen Tipp für entbehrlich.

Zunächst einmal die Frage: Was weißt du schon vom Hurenvolk? mit der dazu gehörigen Antwort: Nichts, man merkt's.

Diese Annahme ist zu tiefst anmaßend, nicht nur wird dem Autor Kenntnis abgesprochen sondern implizit transportiert, dass der Kritiker sehr wohl und zwar allumfassende Ahnung habe. Das ist zu bezweifeln, denn ganz offensichtlich sind ihm nicht alle Facetten des Hurenvolkes bekannt, anders lässt sich die Antwort: Nicht's man merkt's nicht erklären. Sollte den Kritiker diese Facette nicht interessieren, dann möge er das doch einfach sagen, aber daraus keinen Tipp machen. Dieser Tipp ist in so fern auch fahrlässig, weil dem Kritiker nicht bekannt sein kann, ob die Anzahl derer, die sich für diese Facette sehr wohl interessieren, nicht größer ist. Weshalb dieser Tipp nicht als konstruktiv Kritik zu bezeichnen ist, sondern eher im Bereich der Anmaßung anzusiedeln ist.

Das gilt im übrigen ganz allgemein: dass nicht jedes Thema interessiert liegt in der Natur der Sache. Daraus aber zu schließen, dass dieses Thema nicht geschrieben werden soll, stellt das eigene Interesse zu sehr in den Mittelpunkt


Daraufhin schrieb  Herr Lupus:
Zitat:

ich steig jetzt gleich aus.
Wem er hier drohte, ist mir ein Rätsel, aber es ist schon amüsant, wenn ein Kritiker seine Kritk mit einer Drohung beginnt.

'ich steig aus' bedeutet: 'ich versteh's nicht'. Aber egal, hat hier nichts zu suchen.

warum glaubt man eigentlich, dass Literatur ein inhaltliches Wunschkonzert ist? Der Inhalt, nennen wir es das "Was", wurde von mir nicht bemängelt nur das "Wie" Aber das scheint dem Herrn wohl entgangen zu sein.

Irrtum: mit der insinuierten Änderung des WIE hätte sich das WAS geändert. Das lässt sich nicht vermeiden. Außerdem ist der Wunsch, eine Prostituierte, die ihre Leistungen im Nebenjob anbietet durch eine Full-time-Hure zu ersetzen sehr wohl eine Änderung des WAS. Wenn sich der Kritiker nicht vorstellen kann, dass eine Prostituierte genau so agiert, liegt es im Verantwortungsbereich des Kritikers sich zu informieren, nicht beim Autor, sich dem Erfahrungsschatz und dem Wissensstand des Lesers anzupassen. Das ist eine Frage der Zielgruppe und diese Überlegung bleibt dem Autor überlassen. Auch das eine grundsätzliche Überlegung.

Als ob jeder alles schon erlebt hätte, und du Sib kennst wohl alle Huren dieser Welt und alle Facetten. Ich war zwar noch nie bei einer, mir hat auch nie eine irgendwas auf die Brust geflüstert, aber ich kenn einige, is gar nicht zu vermeiden, wenn man jahrelang in Wien als Student nicht studiert hat. Und wem er das nun erzählt, einschließlich, dass er einmal in Wien als Student nicht studiert hat, ist mir Rätsel, mich interessiert's nicht und dem Autor hilft's bei seiner Textarbeit wohl auch nicht weiter.

1. es hilft ungefähr genau so viel, wie wenn der Sib uns erzählt, dass er Huren liebt
2. diesen Forum ist nicht nur Arbeitsplattform sonder auch Treffpunkt von Menschen
3. wenn der Sibirier dieses Forum ausschließlich als Arbeitsplattform sehen will und sämtliche persönliche Aussagen verbannt sehen will, dann möge er doch konsequent sein.


Und das was hier steht, IST einer Facette der Realität extrem nahe. Nahe dem "Was" oder dem "Wie"? Das würd mich auch noch interessieren.


siehe oben: beides

Tipp: Zuerst denken und dann schreiben.

Tipp: erspar mir deine konstruktiven Frechheiten

Grüße
Sibirier


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

-------------------------------------------------------
"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Murmel
Geschlecht:weiblichSchlichter und Stänker

Alter: 68
Beiträge: 6367
Wohnort: USA
DSFo-Sponsor


Beitrag26.02.2012 16:31

von Murmel
Antworten mit Zitat

Textarbeit verstehe ich als das WIE zu kritisieren. WIE hat der Autor das WAS umgesetzt. Verstehe ich das WAS? Verstehe ich, was hinter dem WAS steht? Kann ich mich in die Figur hineinfühlen? Kann ich den Text mühelos lesen? Benutzt er einen Holzhammer?

Alles Fragen, die das WIE betreffen. Da hat WAS im ersten Schritt nichts zu suchen.

Dann das WAS. Nehmen wir an, der Autor hat das WAS so umgesetzt, dass ich es verstehe, dann kommen die Fragen: Was will mir der Autor sagen? Was bezweckt er, will er mich unterhalten oder nachdenktlich machen? Damit sind wir zurück beim Credo der Textarbeit:
WIE hat er WAS umgesetzt.

Auch ich mag so manches WAS nicht, das mir im Forum serviert wird, aber ich versuche meine Aversion zu unterdrücken, was mir nicht immer gelingt, das gebe ich zu.

Ansonsten gilt der Unterschied zwischen TextARBEIT und TextKRITIK und einer REZENSION, denn bei den letzteren stellt sich der Autor mit seinem WAS und WIE dem Kritiker.


_________________
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Rufina
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 693



Beitrag26.02.2012 16:40

von Rufina
Antworten mit Zitat

debruma hat Folgendes geschrieben:
Was ist Textarbeit? Was erwartet der Autor? Was darf er erwarten? Welche Diskussion darf stattfinden und in welchem Umfang darf sie stattfinden? Wo endet Handwerk, wo beginnt es? Was sind Faktoren auf der Sachebene - wo wird es Befindlichkeit des Lesers und hat Befindlichkeit des Lesers etwas mit Textarbeit zu tun?


Sachliche Kritik ist für mich,

in Bezug auf das WIE:
- Rechtschreibung
- Zeichensetzung
- Grammatik
- Wortwiederholungen
- Füllwörter
- Satzbau
- Stilmittel
- ausgefeilte Charaktere
- Stimmung

in Bezug auf das WAS:
- Logik
- nachvollziehbare Reihenfolge der Ereignisse
- Glaubwürdigkeit/Recherche
- Originalität


Es ist aber ein Unterschied, ob ich sage: "Diese Situation/diese Personen nehme ich dir so nicht ab." (Glaubwürdigkeit) oder "Diese Situation/diese Person mag es so geben, aber ich finde es blöd, dass es sie gibt bzw. du darüber schreibst." (Political Correctness). Letztere hat für mich nichts in einer Textkritik verloren.

Wenn aber der Autor durch die Kernaussage des Textes anklagt, Partei ergreift, Lösungen für ein Problem anbietet, kurz, wenn er seine Figuren verlässt und eigene politische oder moralische Vorstellungen als Fakten einbringt, dann muss er mit einer Diskussion rechnen, denn dann gibt es eine eindeutige "Moral der Geschicht", die zur Debatte steht.

Wenn ich das nicht will, liegt die Lösung für mich nicht darin, einen Text zu schreiben, der möglichst alle Facetten eines Problems oberflächlich beleuchtet, sondern einen Ausschnitt aus der Sicht der Figur(en) mit möglichst viel Tiefe zu beleuchten. Solange die Figuren und Situationen glaubwürdig sind, gibt es da nichts zu diskutieren. Dann muss ich aber auch "drinnen" bleiben und darf mich nicht über meine Figuren erheben und für den Leser den Schluss ziehen.

Edit: Andererseits müssen sich aber die Kritiker selbst an die Nase packen, die eigene Wertvorstellungen einbringen, obwohl der Text dem Leser genügend Spielraum lässt, indem er einfach eine Situation realitätsnah durch die Figuren darstellt. Die heiklen Themen ziehen hier immer, egal wie über sie geschrieben wurde, einen Rattenschwanz an Diskussion nach sich, während merkwürdigerweise die klaren Moralverstöße wie etwa die unzähligen Morde eher hingenommen werden.


_________________
Noch sind wir zwar keine gefährdete Art, aber es ist nicht so, dass wir nicht oft genug versucht hätten, eine zu werden. (Douglas Adams)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 6 Gehe zu Seite 1, 2, 3, 4, 5, 6  Weiter

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Selbsthilfe -> Sonstige Diskussion
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Formsache und Manuskript / Software und Hilfsmittel
Satzzeichen vor und nach kursivem Wor...
von Golovin
Golovin Formsache und Manuskript / Software und Hilfsmittel 24 27.04.2024 13:45 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rechtschreibung, Grammatik & Co
Semikolon und Apostroph
von Golovin
Golovin Rechtschreibung, Grammatik & Co 13 25.04.2024 22:56 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Profession Schriftsteller (Leid und Lust)
freie Lektoren und Testleser
von Colina
Colina Profession Schriftsteller (Leid und Lust) 22 23.04.2024 22:41 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Verlagsveröffentlichung
SPRINGS OF THE YELLOWSTONE RIVER und ...
von Alfred Wallon
Alfred Wallon Verlagsveröffentlichung 1 22.04.2024 19:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Plot, Handlung und Spannungsaufbau
Gliederung, Strukturierung und zeitli...
von BerndHH
BerndHH Plot, Handlung und Spannungsaufbau 26 20.04.2024 07:10 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlung

von Jocelyn

von Tiefgang

von ConfusedSönke

von Beka

von Piratin

von Minerva

von Schreibmaschine

von Nicki

von madrilena

von poetnick

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!