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Eliane
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Beiträge: 823



Beitrag02.04.2020 11:30

von Eliane
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Die Sache mit den Zahlen ist - mal wieder - etwas komplexer als es auf den ersten Blick aussieht. Ich versuche es mal an einem Beispiel zu erklären:

Ein Patient, sagen wir ein älterer Mann, hat eine schwere Herzinsuffizienz. Die Ärzte geben ihm noch etwa ein Jahr, bevor sein Herz endgültig versagt. Nun erkrankt dieser Patient an einer Lungenentzündung infolge von COVID19. Für den Körper bedeutet das: Die Lunge kann das Blut nicht mehr ausreichend oxygenieren (mit Sauerstoff versorgen). Damit die Organe genug Sauerstoff bekommen, steigert das Herz seine Pumpleistung. Jedenfalls so gut es noch kann, es ist ja ohnehin schon angegriffen. Aufgrund dieser Überlastung kommt es zum Herzversagen, der Patient stirbt, und zwar nicht erst ein Jahr später, wie prognostiziert, sondern jetzt.

Die Frage ist: Woran ist der Patient gestorben? Es war nicht direkt die Lungenentzündung, aber ohne COVID19 wäre er nicht zu diesem Zeitpunkt gestorben. Die Funktion unseres Körpers beruht nun mal auf dem Zusammenspiel der Organe, wenn eines davon nicht mehr funktioniert, hat das immer auch Auswirkungen auf andere.

Anderes Beispiel (anderes Virus): Es stirbt auch kein Patient direkt an AIDS. Das HI-Virus setzt lediglich das Immunsystem außer Kraft, aber daran allein stirbt man nicht. Aber durch das Versagen des Immunsystems können andere Krankheiten (seien es Infektionskrankheiten oder Tumorerkrankungen) im Körper ausbreiten, und an denen stirbt der Patient. Trotzdem zählt man ihn als AIDS-Toten, wie ich meine, korrekterweise.

Natürlich sollte man niemanden als COVID-Opfer zählen, der eben zufällig COVID19 hat und an einem Treppensturz stirbt. Es sei denn, um ganz spitzfindig zu werden, ihm ist auf der Treppe aufgrund Sauerstoffmangels schwindelig geworden - zählt das jetzt oder nicht? Ihr seht das Problem.

Ich denke (und hoffe), dass die Zahlen anhand der Patientenakten später noch gründlicher analysiert werden, als das im Augenblick der Fall ist. In einer ordentlich gemachten Studie berücksichtigt man nämlich immer "disease-related" und "non-disease-related deaths". Ich halte es auch für wichtig, dass diese Analyse durchgeführt wird, um präzisere Voraussagen machen zu können und die Gegenmaßnahmen entsprechend besser anpassen zu können (auch in puncto Lockerung der Sicherheitsmaßnahmen). Was ich nicht weiß, ist, ob zum jetztigen Zeitpunkt a) das Datenmaterial überhaupt schon in ausreichender Menge zur Analyse zur Verfügung steht und b) ob dafür im Moment überhaupt jemand Zeit hat. Die Leute in den Krankenhäusern sicherlich eher nicht.

Und: Selbstverständlich sollte man in den Medien versuchen, sich möglichst präzise auszudrücken. In diesem Zusammenhang: Ich persönlich fände es auch wichtig, im Nachhinein zu analysieren, ob sich statistisch an der Mortalität anderer Erkrankungen (bei Nicht-COVID-Patienten) während der Krise etwas geändert hat. Daraus könnte man Maßnahmen ableiten, wie man in Krisensituationen die Versorgung der indirekt von der Epidemie betroffenen Patienten besser regelt.


@ Veith: Danke Dir. Nein, manche Wunden heilen nie ganz, und diese wird es sicherlich nie. Aber ich lebe damit weiter, und das ist in Ordnung so. Man ist stärker, als man glaubt ...
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nebenfluss
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Beitrag02.04.2020 14:36

von nebenfluss
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von nebenfluss
V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
BTW stirbt auch niemand an Corona, sondern an COVID19, der davon hervorgerufen möglichen Erkrankung. Das mag sich jetzt spitzfindig anhören, aber ich finde, gerade die offiziellen Medien sollten da ein bisschen exakter sein.

Ja, das fällt mir mittlerweile - gerade im Fernsehen - auch auf. Wenn man sich dann noch etwas biologisch nach-gebildet hat und nun weiß, dass Coronavirus nur ein Oberbegriff ist und dies nur eine neue Variante davon ... ich finde, das sagt einiges darüber aus, welche Intelligenz und Aufmerksamkeit man dem Zuschauer so zutraut. Als wäre es eine Zumutung, wenigstens die beiden Begriffe Sars-CoV-2 und Covid-19 zu lernen.
Auffällig finde ich auch die ständige Floskel, die Dunkelziffer "sei unbekannt". Crazy shit, denk ich dann sarkastisch, jetzt schlägt's aber dreizehn. Eine unbekannte Dunkelziffer, das ist ja unerhört.
(falls also jemand eine gute Glosse über die dunkle Dunkelziffer in der Dunkelheit im Netz findet, bitte umgehend Link an mich).

Allerdings möchte ich hier kein Journalisten-Bashing betreiben. Immerhin war ich selbst einige Jahre in der Branche unterwegs. Vielleicht schaffe ich es - auch als Antwort auf Eliane - meine  (weniger sarkastische) Einschätzung dazu abzugeben, wie "Corona" da so wirkt. Dafür brauche ich aber noch etwas Zeit.


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Abari
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Beitrag02.04.2020 14:59

von Abari
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von Abari
@ Eliane: Das sehe ich mit der Zählweise ganz genauso, wobei kein Beispiel trefflicher sein könnte als HIV. Ich will nichts pushen oder vergleichen; das steht mir mit meinem geringen Wissen gar nicht zu. Aber ich traue den Ärzten schon zu, unterscheiden zu können, ob jemand an den Folgen einer bestimmten Infektion gestorben ist oder an Krebs oder dem Alter.

Vielleicht wird da gerade viel vermengt und Zahlen drastiziert. Grenzfälle wird es immer geben, Hypes auch. Aber die meisten gehen doch mit viel Bedacht und Umsicht vor und jenen wage ich nicht vorzuwerfen, dass sie ihre Arbeit nicht richtig machen.


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Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

LG
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nebenfluss
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Beitrag02.04.2020 15:23

von nebenfluss
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von nebenfluss
BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Mich befremdet das, um von der Tragik der Situation abzulenken, über die Zählweise von Toten nachgedacht wird. Ich kenne viele Hochrisikopatienten. Es macht schon einen Unterschied, ob ihnen noch 5-10 Jahre geschenkt werden, oder nicht.


BlueNote, da ich das gerade erst las: Von der Tragik der Situation abzulenken, war nicht meine Absicht. Dass die real ist (auch als Szenario für Deutschland), ergibt sich ja schon aus der medizinischen Situation in Italien, Spanien, Frankreich, New York und zunehmend auch Großbritannien.
Nur werden diese Zahlen eben ständig kolportiert, und da darf man - finde ich - sich schon darüber austauschen, wie sie zustandekommen.


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sleepless_lives
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Beitrag02.04.2020 21:03

von sleepless_lives
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von sleepless_lives
nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Nur werden diese Zahlen eben ständig kolportiert, und da darf man - finde ich - sich schon darüber austauschen, wie sie zustandekommen.

Natürlich, aber seltsamerweise gehen die Spekulationen immer nur in eine Richtung, dass die wirkliche Zahl niedriger sei, und damit wird oft suggeriert, dass die Lage nicht so schlimm sei. Und diese Überlegungen sind immer nur einen Schritt davon entfernt, nahezulegen, dass die Betroffenen sowieso gestorben wären. Ebenso fehlgeleitet wie der Vergleich mit der Grippe oder anderen Erkrankungen. Die verschwinden ja nicht, Covid-19 kommt einfach hinzu. Und @V.K.B.: Es hat doch einen Grund, wenn zum Beispiel in Bergamo die Toten nicht mehr bestattet werden können wegen ihrer großen Zahl. Die sterben doch nicht plötzlich alle auf einmal mit Covid-19, sondern an Covid-19..


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Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

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firstoffertio
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Beitrag02.04.2020 22:42

von firstoffertio
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Ich les hier schon lange mit.
Und hatte auch schon überlegt, ob es in bestimmten Fallen sinnvoll wäre, zu unterscheiden zwischen am oder mit dem Coronavirus gestorben.
hier wird immer angegeben, wie viele verstorbene Patienten eine "underlying health condition" hatten.

Beunruhigend finde ich, dass das Virus so häufig in Altersheimen und Krankenhäusern auftaucht. Heute wird hier berichtet, dass in einem Altersheim 100 Personen infiziert sind. Die Mehrzahl Personal.
Auch ein Viertel der bestätigten Fälle im Land sind Personen, die im Gesundheitsbereich arbeiten. Für ca. 60 % von ihnen wurde aber angegeben, dass ihre Ansteckung "community related" sei, also nicht aus "contact with another confirmed case" resultierte.
Was das aber heißt, weiß ich nicht. Dass Mitarbeiter im Krankenhaus sich gegenseitig anstecken, bevor sie getestet werden?
Sind Institutionen wie Krankenhaus, Altersheim Brutstätten? Und verbreiten sie gar über Mitarbeiter das Virus nach außen?
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nebenfluss
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Beitrag03.04.2020 01:09

von nebenfluss
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@firstoffertio:
Ich habe vergangene Woche mit zwei Krankenschwestern aus dem Freundeskreis gesprochen, eine aus Hessen (Intensivstation), eine aus Bayern (Ambulanz). Beide sagten, dass sie zwar bisher relativ wenige Covid-19-Patienten hätten, aber sich schon Ärzte bei ihnen angesteckt haben und teilweise ausfallen. Die Versorgung mit Schutzkleidung scheint völlig ungenügend zu sein, obwohl das Tragen eines Mundschutzes mittlerweile Pflicht ist. Diese Masken werden mehrfach benutzt und über Nacht desinfiziert, obwohl sie eigentlich für einmaligem Gebrauch gedacht sind. Es muss improvisiert werden, so gut es eben geht, und die Nachrichten bestätigen das auch. So haben z. B. nach Aussage des Sportherstellers Decathlon mehrere europäische Kliniken, darunter deutsche, angefragt, ob sie deren Lagerbestände an Full-Face-Schnorchelmasken bekommen könnten.


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Eliane
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Beitrag03.04.2020 10:34

von Eliane
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Kommt dazu, dass die Menschen, die in Krankenhäusern liegen oder in Pflegeheimen untergebracht sind, häufig ohnehin bereits ein geschwächtes Immunsystem haben und sich daher leichter Infektionen aller Art einfangen.

Außerdem erfordert die Pflege von kranken und/oder alten Menschen engen Körperkontakt, da ist nix mit 1,5 m Abstand. Wenn dann noch die Schutzkleidung fehlt (und seien wir ehrlich, in z.B. einer Ambulanz ist es normalerweise auch nicht üblich, Schutzkleidung zu tragen, da muss jetzt erst mal ein Umdenken stattfinden, ganz unabhängig von der Versorgung), infiziert sich das Personal zuallererst. Da aber Ärzt*innen und Krankenpfleger*innen immer viele Patient*innen versorgen, können sie, wenn sie unbemerkt infiziert sind, das Virus auf alle diese Patient*innen übertragen.

Ein so ansteckendes Virus wie SARS-CoV-2 verbreitet sich da natürlich wie ein Buschfeuer. Außerdem zählen von den Menschen in Pflegeheimen und Krankenhäusern außergewöhnlich viele zur Risikogruppe, was zu allem Übel auch noch schwere Verläufe wahrscheinlicher macht.

Ich würde trotzdem Krankenhäuser und Altenheime nicht als "Brutstätten" bezeichnen, das klingt so, als wäre das von irgendwem beabsichtigt, seien es Menschen oder das Virus selber. Erstere beabsichtigen das sicher nicht, Letzteres könnte es nicht mal, denn es denkt ja nicht. Es ist nur einfach so, dass sich in diesen Einrichtungen aufgrund o.g. Parameter quasi natürlicherweise eine Häufung von Fällen ergibt. Genausowenig passiert hier eine absichtliche Verbreitung nach außen. Allerdings ist es natürlich so, dass infizierte Mitarbeiter auch Außenstehende infizieren können, klar. Nur: Was sollte man dagegen tun? Allen im Gesundheitswesen Beschäftigten den Kontakt mit ihren Familien und das Einkaufengehen pauschal verbieten? Ist ja auch keine Lösung und bei dem, was diese Leute gerade leisten, mehr als unfair.

"community related" im Gegensatz zu "contact with another confirmed case" bedeutet, dass die Ansteckung nicht durch einen bekannten Fall erfolgt ist, sondern - tja, irgendwo halt, wo man es nicht nachvollziehen kann. Dass also die Mitarbeiter sich nicht in der Klinik angesteckt haben, sondern bei normalen sozialen Kontakten. Wie das allerdings festgestellt worden sein soll, weiß ich nicht (es gibt zwar Wege, wie man anhand genetischer Eigenschaften verfolgen kann, von welcher Kontaktperson ein Virus bei einer bestimmten Person stammt, aber dafür hat glaube ich momentan niemand Zeit und Ressourcen) und finde die Aussage auch etwas gewagt.
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poetnick
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Beitrag03.04.2020 14:40

von poetnick
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Empfehlung

von poetnick
Habe ebenfalls bis hierhin mitgelesen.


sleepless lives schrieb:

Zitat:
Natürlich, aber seltsamerweise gehen die Spekulationen immer nur in eine Richtung, dass die wirkliche Zahl niedriger sei, und damit wird oft suggeriert, dass die Lage nicht so schlimm sei. Und diese Überlegungen sind immer nur einen Schritt davon entfernt, nahezulegen, dass die Betroffenen sowieso gestorben wären. Ebenso fehlgeleitet wie der Vergleich mit der Grippe oder anderen Erkrankungen. Die verschwinden ja nicht, Covid-19 kommt einfach hinzu. Und @V.K.B.: Es hat doch einen Grund, wenn zum Beispiel in Bergamo die Toten nicht mehr bestattet werden können wegen ihrer großen Zahl. Die sterben doch nicht plötzlich alle auf einmal mit Covid-19, sondern an Covid-19..


Da möchte ich zustimmen. Allein schon die Beobachtung des Phänomens gibt doch ein geändertes Bild zu dem einer 'normalen' Influenza-Saison her;
Infektiosität, Todesraten, Überlastung der Systeme.

Dazu braucht es m.E. keinen erbsenzählerischen Body Count mit teils abstrusen Beispielen möglicher Komorbiditäten.

Vielleicht mal zum Nachgehen; hier ein Artikel aus der 'Welt'.

https://www.welt.de/gesundheit/article206994667/Corona-Die-Argumente-der-Zweifler-im-Faktencheck.html


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Eliane
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Beitrag03.04.2020 19:25

von Eliane
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poetnick hat Folgendes geschrieben:

Da möchte ich zustimmen. Allein schon die Beobachtung des Phänomens gibt doch ein geändertes Bild zu dem einer 'normalen' Influenza-Saison her;
Infektiosität, Todesraten, Überlastung der Systeme.

Dazu braucht es m.E. keinen erbsenzählerischen Body Count mit teils abstrusen Beispielen möglicher Komorbiditäten.

Vielleicht mal zum Nachgehen; hier ein Artikel aus der 'Welt'.

https://www.welt.de/gesundheit/article206994667/Corona-Die-Argumente-der-Zweifler-im-Faktencheck.html


Danke für den Artikel, ich habe ihn gerade gelesen und, ehrlich gesagt, sehe ich mich dadurch gerade bestätigt in meiner Argumentation von oben: Denn wenn niemand einen "erbsenzählerischen Body Count" erhebt, macht man es denen, die Verschwörungstheorien und Verharmlosungen in die Runde werfen, noch einfacher, und genau das lese ich aus diesem Artikel. Wir brauchen harte, saubere Daten, um zu belegen, dass die Maßnahmen gegen die Seuche gerechtfertigt sind. Die Beispiele - an den Haaren herbeigezogen war übrigens nur das mit der Treppe, die anderen sind realitätsnah - dienen der Verdeutlichung, wie schwierig es ist und welcher Mühe es bedarf, solche sauberen Daten zu gewinnen.

Natürlich ist die reine Beobachtung der Situation wichtig, erstens, weil dadurch (wie im Artikel gut beschrieben) das Virus überhaupt erst auffiel, zweitens, weil ohne die Beobachtungen der an verschiedenen Orten der Welt eskalierenden Situation in der Bevölkerung keinerlei Verständnis für Schutzmaßnahmen vorhanden wäre. Denkt mal zurück, so an die Zeit kurz vor Fasnacht: Hättet ihr euch damals vorstellen können, dass wir einen guten Monat später alle zuhause sitzen würden und die Anzahl nachgewiesener Infektionen allein in Deutschland bei knapp 80.000 ist, mit mehr als 1000 Todesfällen (Stand 3.4.)? Dabei waren Ende Februar/Anfang März die ersten Fälle in Deutschland aufgetreten, es war klar, dass das Virus sich weltweit verbreitet, wie ansteckend es ist und dass es gefährlicher ist als eine normale Influenza. Von der wissenschaftlichen Seite her war absehbar, worauf das hinauslaufen könnte und nun leider ist. Hätte aber um Karneval herum jemand Grenzschließungen, Quarantäne für Einreisende und Social Distancing verlangt, wäre er als Panikmacher gebrandmarkt und niedergeschrien worden. Es ist traurig, dass erst so viele Menschen sterben mussten, bevor der Warnschuss endlich gehört wurde, erst, als es eigentlich schon keine Warnung mehr war - und dass genau deswegen wahrscheinlich noch viel mehr Menschen schwer erkranken und etliche davon sterben werden.

Und auch, wenn jetzt langsam die Letzten endlich kapieren, was da gerade passiert, weil es weltweit zu sehen ist, brauchen wir eine wissenschaftliche Analyse, die sich eben nicht auf die reine Beobachtung des Offensichtlichen beschränkt. Denn nur auf diese Weise können wir herausfinden, was wir dem Virus entgegensetzen können und auf welche Weise: Kenne deinen Feind. Die Komorbiditäten der am schwersten betroffenen Patient*innen sind ein existenzieller Teil dieser Analyse, denn diese Daten zeigen auf, welche Gruppen am meisten gefährdet sind, und zwar deutlich präziser als "Menschen über 70 mit Vorerkrankungen". Sie helfen auch einzelnen Patienten weiter, zum Beispiel, indem man allein schon anhand der Risikofaktoren erkennen kann, welche Patienten man lieber früher als später ins Krankenhaus bringen sollte und auf welche sich anbahnenden Komplikationen die behandelnden Ärzt*innen besonders achten müssen.

Daher: Ja, die Erbsenzählerei muss sein.

Nebenbei: Erbsenzähler ist für Biolog*innen seit 1900 ein Kompliment, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Gregor_Mendel
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poetnick
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Beitrag03.04.2020 20:56

von poetnick
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von poetnick
Hallo Eliane,

die Bemerkung zur 'Erbsenzählerei' bezog sich keineswegs auf die wissenschaftlich Erfassung vorliegender Erkrankungsfälle/Todesfälle, oder die Durchführung möglichst vieler Tests zu einer umfassenden Einschätzung und Prävention.

Die Diskussion war es, die mir stellenweise einen haarspalterischen Eindruck vermittelte:

Eliane schrieb:

Zitat:
Die Frage ist: Woran ist der Patient gestorben? Es war nicht direkt die Lungenentzündung, aber ohne COVID19 wäre er nicht zu diesem Zeitpunkt gestorben. Die Funktion unseres Körpers beruht nun mal auf dem Zusammenspiel der Organe, wenn eines davon nicht mehr funktioniert, hat das immer auch Auswirkungen auf andere.


Für mich geht dabei verloren, (soll keine persönliche Unterstellung, oder gar ein Vorwurf sein), dass eine spekulativ angenommene Lebenszeit von x Jahren, doch die gesamte restliche Lebenszeit dieses Menschen darstellt; wie kurz oder lang sie ohne Covid-19 auch immer gewesen wäre. Da setzte ich den Punkt.


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Eliane
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Beitrag03.04.2020 22:03

von Eliane
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Hallo poetnick,

ich hätte einen Smiley unter meinen Post setzen sollen - Mendel war tatsächlich das Erste, was mir zum Wort "Erbsenzählen" einfiel, und ich habe mich darüber amüsiert. Deswegen taucht es in meinem Post so oft auf, und, weil es für mich am besten verdeutlicht hat, was ich wichtig fand. Also: Keine Sorge, ich hab's nicht als Vorwurf gesehen.

Leider verstehe ich nicht genau, was Du damit meinst:

poetnick hat Folgendes geschrieben:
Für mich geht dabei verloren, (soll keine persönliche Unterstellung, oder gar ein Vorwurf sein), dass eine spekulativ angenommene Lebenszeit von x Jahren, doch die gesamte restliche Lebenszeit dieses Menschen darstellt; wie kurz oder lang sie ohne Covid-19 auch immer gewesen wäre. Da setzte ich den Punkt.


Meinst Du (das ist jetzt ebenfalls keine Unterstellung oder so, sondern nur eine Verständnisfrage), dass, wenn die verbliebene Lebenszeit nur noch kurz gewesen wäre, es keine Rolle spielt, woran der Patient stirbt?

Falls das so ist, würde ich antworten: Das mag möglicherweise in manchen Fällen (ich würde es nicht pauschalisieren wollen), aus Patientensicht stimmen. Aber eben nicht aus wissenschaftlicher - wenn man mehr über die Erkrankung erfahren möchte, muss man die Kausalitäten kennen. Die sind sowohl für die medizinische als auch die statistische Betrachtung entscheidend.

Oder habe ich Dich total missverstanden?
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firstoffertio
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Beitrag03.04.2020 22:39

von firstoffertio
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Buch

von firstoffertio
Eliane hat Folgendes geschrieben:


Ich würde trotzdem Krankenhäuser und Altenheime nicht als "Brutstätten" bezeichnen, das klingt so, als wäre das von irgendwem beabsichtigt, seien es Menschen oder das Virus selber.

So war's natürlich nicht gemeint.

"community related" im Gegensatz zu "contact with another confirmed case" bedeutet, dass die Ansteckung nicht durch einen bekannten Fall erfolgt ist, sondern - tja, irgendwo halt, wo man es nicht nachvollziehen kann. Dass also die Mitarbeiter sich nicht in der Klinik angesteckt haben, sondern bei normalen sozialen Kontakten. Wie das allerdings festgestellt worden sein soll, weiß ich nicht (es gibt zwar Wege, wie man anhand genetischer Eigenschaften verfolgen kann, von welcher Kontaktperson ein Virus bei einer bestimmten Person stammt, aber dafür hat glaube ich momentan niemand Zeit und Ressourcen) und finde die Aussage auch etwas gewagt.


Ich würde auch gerne wissen, wie genau das gemeint ist  und festgestellt wird. Aber manche Infos bekommt man nicht.
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Beitrag03.04.2020 22:43

von firstoffertio
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Hier noch ein Artikel zur Frage, wie Todesfälle gezählt werden, und die Probleme damit:

https://www.bbc.com/future/article/20200401-coronavirus-why-death-and-mortality-rates-differ
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poetnick
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Beitrag03.04.2020 23:23

von poetnick
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Hallo Eliane,


Eliane schrieb:

Zitat:
Meinst Du (das ist jetzt ebenfalls keine Unterstellung oder so, sondern nur eine Verständnisfrage), dass, wenn die verbliebene Lebenszeit nur noch kurz gewesen wäre, es keine Rolle spielt, woran der Patient stirbt?


Ganz und gar nicht. Es spielt, unabhängig einer mutmaßlichen Lebensspanne eine Rolle;
d. h. natürlich alles einzusetzen, dass dieser Fall möglichst nicht eintritt. Und wenn er denn eintritt, ihn zu erfassen und mit dem zu benennen, was ursächlich/auslösend dafür war.


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Eliane
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Beitrag03.04.2020 23:46

von Eliane
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Ah. Jetzt habe ich's verstanden. Dann sind wir glaube ich gar nicht so weit voneinander entfernt. Was ich ursprünglich meinte, war nämlich, dass es manchmal gar nicht die eine Todesursache gibt, sondern dass einfach mehrere Faktoren zusammenspielen und das dann tödlich ist. Und dass COVID-19 dann eben einer dieser Faktoren sein kann - vielleicht zwar nicht die direkte Todesursache, aber in der Summe eben doch kausal.

Dass man selbstverständlich die Patient*innen bestmöglich behandelt, setze ich voraus - allerdings sieht man ja leider im Moment, dass das an den Hotspots oft nicht mehr möglich ist und die Ärzt*innen schreckliche Entscheidungen treffen müssen ...
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Thomas74
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Beitrag04.04.2020 10:16

von Thomas74
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von Thomas74
Zitat:
Es hat doch einen Grund, wenn zum Beispiel in Bergamo die Toten nicht mehr bestattet werden können wegen ihrer großen Zahl.


Doch, das hat einen ganz weltlichen Grund. Die Corona-Toten werden verbrannt. Da das aber in der Region nicht so weit verbreitet ist, wie Erdbestattungen, geraten die wenigen Krematorien an ihre Kapazitätsgrenzen. Daher auch die Kolonnen von Armeefahrzeugen, die die Toten in andere Krematorien transportieren.


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Abari
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Beitrag04.04.2020 14:35

von Abari
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von Abari
In meinen Augen verdiente es der Thread schon eine Weile, in "Fragen und Diskussionen" verschoben zu werden. Er ist inhaltlich längst aus dem SmallTalk abgekoppelt und übersteigt den schon lange. Was hier verhandelt wird, ist nicht unbedingt geeignet, allen Gästen unter die Nase gerieben zu werden. Ich denke dabei besonders an Eliane... die sehr ehrlich über ihre persönlichen Erfahrungen schrieb.

Was denkt Ihr?


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LG
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Beitrag04.04.2020 18:24

von nebenfluss
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Ich denke, dass es generell Elianes Entscheidung ist, was sie an Persönlichem hier postet oder nicht. Wenn der Hinweis, dass dieser Faden auch ohne Anmeldung eingesehen kann, an dieser Entscheidung etwas ändert, wäre ich auch für Verschiebung in einen geschützteren Bereich. Dass der Faden schon lange inhaltlich kein SmallTalk ist, liegt ja auf der Hand.

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Beitrag05.04.2020 04:46

von V.K.B.
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Empfehlung

von V.K.B.
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Und @V.K.B.: Es hat doch einen Grund, wenn zum Beispiel in Bergamo die Toten nicht mehr bestattet werden können wegen ihrer großen Zahl. Die sterben doch nicht plötzlich alle auf einmal mit Covid-19, sondern an Covid-19..
Nur um das eben klarzustellen: Was anderes habe ich auch nie behauptet, bzw den Grund nie in Frage gestellt. Sondern nur vermutet, dass lediglich Tote mit Coronavirus gezählt werden. Was das RKI mittlerweile bestätigt hat.
Oder um provokant zu antworten: Doch, die sterben plötzlich alle mit Coronavirus, denn nur das wird gezählt. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass sie nicht an Covid-19 sterben würden. Das eine schließt das andere ja nicht aus.
Was soll diese Strohmannargumentation? Verharmlosen bzw die Gefährlichkeit des Virus anzweifeln wollte ich hier bestimmt nicht, sondern mich nur für eine genauere Zählung aussprechen, damit die Zahlen auch vergleichbar und verwendbar sind.


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Merlinor
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Beitrag05.04.2020 15:39

von Merlinor
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Hm ...

Es geht nicht darum, an Covid-19 alleine zu sterben. Das passiert auch, ist aber wohl eher selten. Die Erkrankung ist gefährlich, doch nicht grundsätzlich tödlich.

Wenn man aber - wie ich - schwere Vorerkrankungen hat, muss man damit rechnen, dass einem das Virus sozusagen als "i-Tüpfelchen" mittels Covid-19 den Rest gibt. Ich leide (neben anderem) an Herzinsuffizienz, COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) und einem als Folge einer Krebserkrankung generell geschwächten Körper. Ich muss deshalb sehr ernsthaft befürchten, dass ich eine Infektion mit dem Virus nicht überstehen würde.

Ich fürchte darüber hinaus, dass in Kürze auch das deutsche Gesundheitswesen durch die exponentiell wachsende Infektionszahlen überfordert sein wird. Es ist zwar gelungen, die Ansteckungsrate zu verlangsamen, doch jetzt kommen wir allmählich in die höherzahligen Bereiche. Ob die vorhandenen Intensivbetten und Beatmungsgeräte dann ausreichen werden, halte ich nicht für garantiert. Aber ich lasse mich überraschen. Jedenfalls werden bereits jetzt Patienten zwischen den Kliniken verschoben, um die jeweils erforderlichen Plätze frei zu bekommen.

Allmählich erkennen die Verantwortlichen aber auch, was der totale Shutdown der Weltwirtschaft für drastische Auswirkungen hat und es wird hinter den Kulissen intensiv über Szenarien nachgedacht, die Wirtschaft demnächst wieder einigermaßen ins Laufen zu kriegen. Die Chinesen haben - ganz rigoros - einfach mal den Virus für "besiegt" erklärt und ihre Leute wieder an die Arbeit geschickt. In den westlichen Staaten wird das nicht so leicht gehen. Aber demnächst wird man über Wege nachdenken müssen, denn wenn man das nicht tut, werden ganze Volkswirtschaften in Kürze einfach zusammenbrechen.

In ärmeren Ländern ist das vermutlich sogar unausweichlich. Wenn eine Näherin in Sri Lanka keine Hemden für den Markt der ersten Welt mehr nähen kann, hat eine ganze Familie nichts mehr zu essen. Ein soziales Netz existiert dort nicht. Indien kämpft gerade mit dem Problem, dass Millionen Wanderarbeiter zu Fuß aus den Zentren in ihre heimatlichen Dörfer fliehen, weil sie sonst verhungern würden. Lange werden solche Staaten den totalen Shutdown der Weltwirtschaft nicht mehr aushalten können. Ich fürchte, dass wir bald vor bewegenden Bildern von Hunger und Leid in der "dritten" Welt stehen werden. Ich kann nur hoffen, dass wir uns dann besinnen und beherzt Hilfe leisten werden. Allerdings plagen mich daran Zweifel, wenn ich sehe, dass wir es im Moment noch nicht einmal fertig bringen, uns um das Schicksal der Menschen in den Flüchtlingslagern innerhalb der EU-Grenzen zu kümmern.  

In der ersten Welt werden wir das womöglich sogar überstehen, doch die Schäden sind schon jetzt nicht mehr bezifferbar und wenn wir das zu lange dehnen, wird selbst das reiche Deutschland in eine nicht mehr zu bewältigend Krise fallen. Italien hat bereits angekündigt, dass es voraussichtlich ohne Hilfen aus Europa wirtschaftlich nicht bestehen wird. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass ein Zusammenbruch der Weltwirtschaft dank Armut und Hunger am Ende ungleich mehr Todesopfer fordern könnte, als die Erkrankungen selbst. Es ist eine Gratwanderung.

Wir treten langsam in den ernsten Abschnitt der Krise ein. Der noch verbreitete Glaube, dass wir diese Dinge einfach "aussitzen" können, wird demnächst einer großen Ernüchterung weichen, fürchte ich. Im Augenblick habe ich den Eindruck, dass zumindest in Deutschland die Verantwortlichen besonnen zu Werke gehen, wofür ich sehr dankbar bin. Was schlechte Führung diesbezüglich sogar in einem reichen Industriestaat anrichten kann, erleben wir gerade in den USA.

LG Merlinor


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„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

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V.K.B.
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Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag05.04.2020 16:05

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Buch

von V.K.B.
Wer es noch nicht gesehen: Das maiLab Video zur Corona-Krise und den Schutzmaßnahmen. Sehr aufschlussreich, aber auch sehr ernüchternd. Ja, wir werden wohl noch eine Menge Geduld brauchen.

https://www.youtube.com/watch?v=3z0gnXgK8Do


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Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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