offene Gedanken...

[kayusmaximus]

Neulich war es wieder soweit. Der Wind peitschte das Kühle Nass gegen die Fensterscheiben, die Temperaturen sanken auf ein winterliches Niveau zurück und man fühlte sich in den eigenen vier Wänden gefangen. Zu allem Überfluss klopfte es auch noch an der Tür und mein alter Freund Herr Langeweile trat herein. Was also tun, als Single Mann, wenn man zu Hause sitzt und nicht recht weiß was man mit seiner Zeit anfangen soll?

Die tägliche Dosis Sport hatte ich schon eingenommen, mein aktuelles Buch eine Stunde zuvor beendet und was Schreiben anging, so war ich nicht gerade von der Muse geküsst. Gut dass es da ja noch diese kleine schwarze Box gibt, die es einem ermöglicht per Knopfdruck in fremde Welten einzutauchen und für ein paar Stunden die Abenteuer anderer zu entdecken.
Nur leider musste ich wieder feststellen dass, wann immer ich felsenfest davon überzeugt bin, dass das Niveau im deutschen Fernsehen nicht mehr sinken kann, mich RTL2, VOX und Kabel1 eines besseren belehren. Frauentausch, Mein neuer Job, die Auswanderer, Big Brother…die Liste der Retortensendungen die täglich durch unsere Wohnzimmer flimmern, ist scheinbar ein endlose Schleife der Volksverdummung.

Anyway, wie dem auch sei… müßig darüber nachzudenken, da ja scheinbar die Quoten stimmen und die Leute eben gerne das Leben der Anderen begaffen.

Mir selbst blieb nichts anderes übrig, als mein Fernsehprogramm selbst zu gestalten. So trotzte ich Wind und Wetter, meiner mangelnden Entschlussfreudigkeit sowie den gebrochenen Deutschkenntnissen des Videothekenangestellten und schnappte mir den erst besten Film der mir in die Hände fiel.
Ein Fantasie Abenteuer mit fiesen Ganoven, wahren Helden und jeder Menge Spannung, wurde auf der Verpackung versprochen. Genau das Richtige für einen verregneten Mittwochabend vor dem Fernseher.
„Seit wann können Hähne eigentlich Eier legen?“ sprach ich laut vor mich hin, da gerade ein Federvieh mit langen Schwanzfedern und einem roten Kamm, über die Buchstaben T, O, B und S stolziert war und zwischen das B und das S, ein Ei legte, aus dem ein I schlüpfte. Hm, die Evolution macht scheinbar nicht einmal vor der Emanzipation halt.

Der Film startete, nur wenige Sekunden später, mit einem Trinkgelage in einer mittelalterlich eingerichteten Festhalle. Da gab es Wikinger die rauften und sauften, sangen und klangen, mit ihren Heldentaten prahlten und den Frauen an die Brüste grabschten. „Ha ha, wie ein ganz normaler Samstag wenn ich mit den Jungs unterwegs bin.“ amüsierte ich mich selbst.
Gelockt von all dem Lärm erschien aber in der nächsten Szene ein riesiges Monster. Hässlich und eklig, wie Monster nun mal so sind, stürzte es sich auch schon direkt auf die hilflos betrunkenen Wikinger und fing an einen nach dem anderen auf bestialische Art und Weise zu töten. Da wurden Menschen enthauptet, zertreten, verstümmelt oder einfach wie ein Stück Papier in der Mitte zerrissen. Mittendrin, statt nur dabei, die eifrig filmenden Kameras, die wohl nur durch ein Wunder, von dem umherspritzenden Blut verschont blieben.

Ich drückte die Pause Taste und hielt für einen Moment inne. „Ab wie viel Jahren war dieser Film noch einmal?“ fragte ich mich und fing an die DVD Hülle zu durchsuchen. „Huch, der ist ja ab 12, ganz schön heftig für einen Kinderfilm. Nun ja, in Zeiten von Gewaltverherrlichenden Videospielen, ist die jüngere Generation wohl schon recht abgehärtet.“ Eine andere Erklärung fiel mir hierzu nicht ein.

Weiter ging es mit großer Trauer und Bestürztheit des Wikingervolkes. Alle Hoffnung schien verloren, bis schließlich doch noch, der lang ersehnte Superheld auftauchte. Ein Prachtexemplar von einem Helden war er. Groß, hübsch, mit Muskeln bepackt, fürchtete er weder Tod noch Teufel und befreite schließlich das arme Wikingerdorf von dem monströsen Peiniger. Als Dank wurde er selbst zum König berufen und heiratete die hübsche Tochter des alten Gebieters, in die er sich natürlich bereits bei Ankunft verliebt hatte. Glücklich und zufrieden feierte das frische Paar nun ihre Hochzeit und als es langsam Nacht wurde, begaben sie sich in ihr Schlafgemach und fingen an ihre Gelüste füreinander zu stillen. Kaum lagen die beiden da auf dem Bett, kaum hatte der Superheld den ersten Knopf ihrer Bluse geöffnet geschah folgendes: Es geschah nichts, also zumindest nichts sichtbares. Denn plötzlich wurde das Bild dunkel, die romantische Musik leiser und nichts war mehr von den beiden zu sehen. Der nächste Morgen war gekommen, die beiden lagen noch immer eng umschlungen im Bett, aber von dem Akt der Liebe fehlte nach wie vor jede Spur.

Wieder musste ich den Film anhalten. „Moment mal,“ dachte ich, „fällt das nur mir auf? Vor ein paar Szenen wurden hunderte Menschen vor laufenden Kameras verstümmelt und hier ist ein Paar, welches gerade leidenschaftlich die Liebe frönt, aber es wird nicht gezeigt.“
Komisch, ist denn das Austauschen von Zärtlichkeiten, das erregte Verlangen der Lust, etwas von dem wir unsere Kinder schützen müssen? Versteht mich bitte nicht falsch, ich spreche hier keinesfalls von Pornografie. Schließlich ist Pornografie auch nur ein Ausdruck der Gewalt und der Unterdrückung der Frau, in einer männerdominierten Gesellschaft. Klar müssen wir unsere Kinder davor schützen, aber Sex kann man doch auch anders darstellen. Keine Angst, der König hätte bestimmt nicht seine Angebetete, in allen nur erdenkbaren Stellungen durchgenommen und sich dann in ihrem Gesicht ergossen. Etwas nackte Haut, ein Busen, die Lustverzerrten Gesichter der Liebenden, das alles hätte doch schon vollkommen ausgereicht um die Schönheit und Sinnlichkeit des Liebesspiels zu zeigen.

Aber nein, scheinbar gibt es da eine Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien und die entscheidet, was für unsere Kinder in Ordnung ist zu sehen und was nicht. Genau in dieser Prüfstelle sitzt also jemand, der es vollkommen O.K. findet, auf der einen Seite Leid, Schmerz und Gewalt zu zeigen, auf der anderen Seite jedoch jedes bisschen nackte Haut sofort verdammt, herausschneidet oder einfach den Jugendschutzindex erhöht.

Ist Sex denn wirklich so ein böser Akt, den der Teufel auf die Erde gebracht hat und vor dem wir uns alle gegenseitig schützen müssen?

Dabei müssen wir gar nicht so weit in die Ferne schweifen. Schaltet man tagsüber seinen Fernseher ein, so erlebt man bereits in den frühen Morgenstunden erste Anzeichen von Gewalt. Ein Krimi, bei dem eine Leiche aus dem Wasser gezogen wird, eine Schlägerei in einer Bar…, so beginnt für gewöhnlich ein ganz normaler Tag im deutschen Fernsehen. Nachmittags nimmt die Gewalt dann deutlich zu, nun fließt schon Blut bei den Schlägereien und der ein oder andere Nebendarsteller wird erschossen. Gegen Abend ist Gewalt gar nicht mehr wegzudenken. Schießereien wo man nur hin zappt, Verletzte, Tote, die gesamte Palette der Gewalt wird herausgefahren und endet schließlich mit dem ein oder anderen Horrorstreifen der zu später Stunde ausgestrahlt wird. Auf nackte Haut, Brüste oder das ein oder andere Schäferstündchen, wartet man oft bis spät in die Nacht.

Natürlich werden wir heutzutage an jeder Straßenecke von einem halb nackten Supermodel angelacht und insgesamt wird Sex auch viel liberaler betrachtet als noch vor einigen Jahren. Ich verstehe jedoch nicht, wieso eine Sache wie Gewalt mittlerweile als natürlich hingenommen wird, die natürlichste Sache der Welt jedoch weiterhin verpönt bleibt.

Nun ja, den Film habe ich noch zu Ende geschaut und auch wenn es kein besonders guter Streifen war, so hat er mich trotzdem zum Nachdenken gebracht. Nicht über die flache Handlung des Filmes sondern viel mehr über ein alltägliches Thema dass, wenn man es genauer betrachtet, eigentlich gar nicht so alltäglich sein sollte…

[Fahrender Gaukler]

Hallo kayusmaximus!

Hat mir gut gefallen, dein Text, und an manchen Stellen sprichst du mir aus der Seele. So zum Beispiel mit dem Fernsehprogramm. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wer sich so einen Müll freiwillig rein zieht. Das einzige, dass noch nerviger ist, sind die ständigen Clips über Handy-Bildchen und Klingeltöne in Verbindung mit dem JAMBA Spar-Abo. grr Aber ich schweife ab.

Viel auszusetzen hab' ich nicht. Der Stil passt, Humor ist auch drin, und die ganze Sache regt zum Nachdenken an. Da wäre allerdings eine Sache, bei der ich mich über deine Intention im Unklaren befinde.

[yt]

Moin,

vom selbigen eierlegenden Hahn gibt es Erik der Wikinger, frei ab 12.
(Dürfte bekannt sein.)
Der Film beschreibt selbst noch etwas exakter deine Gedanken, die große Langeweile die auch damals schon die Wikinger dazu trieb zu Rauben, zu Morden, ...

Ich entdecke da nette Parallelitäten


Anmerkung zum fahrenden Gaukler, (leider etwas offtopic)
hier nur ein Beipiel:

[lupus]

hallo!

nun, der Text liest sich wie ein etwas ausformulierter Kommentar "aus fremder Feder" in einer Zeitung oder einer Wochenendbeilage. Gesellschaftkritische Haltung wird literarisch etwas verfeinert. Idee gut, inhaltlich halte ich es wie immer bei Zeitungartikeln: unkommentierte zur Kenntinsnahme. Solltest Du Interesse daran haben, einige Kleingkeiten auszubessern (Rechtschreibung las ich, mir scheint, da ist das eine oder andere passiert, aber nicht aus Faulheit, sondern halt einfach so):