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Autor |
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Taugenichts Reißwolf
Alter: 38 Beiträge: 1201
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21.03.2008 23:23 Ein Stück von der Wahrheit von Taugenichts
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Ein Stück von der Wahrheit
Wahrheit.
Wahrheit ist ein schwieriges Thema.
Es gibt nicht viel davon,
aber viel das so erscheint.
Man stelle sich einen endlos langen Flur vor,
zu dessen Boden alle geschändeten Frauen
aller Zeiten liegen.
Von Blut und Sperma befleckt,
vom Kot erzwungener Penetrationen,
von Tränen,
heissen, lauten, gedachten, ungeweinten
und sehr wahr geweinten Tränen.
Voll vom grauenvollen Gewimmer
der Gewalt der Menscheit,
der endlosen Agonie der Brutalität.
Und mitten darin ein junges Mädchen
mit einem Teddybären in den Armen
und einem Tagebuch zu seinen Füssen,
das wegen dem ersten Freund,
der es verlassen hat, weint.
Wenn man erkennt,
dass das Leid des kleinen Mädchens
zwar weniger wiegt,
doch nicht weniger intensiv ist,
als das der Unendlichkeit,-
ich denke,
dann hat man so ein kleines Stück in der Hand.
Von der Wahrheit.
Weitere Werke von Taugenichts:
_________________ Hellseherei existiert nicht. Die Leute glauben mir mein Geschwätz nur, weil ich einen schwarzen Smoking trage. |
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18339
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08.04.2008 20:16 Re: Ein Stück von der Wahrheit von MosesBob
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Hallo Taugenichts!
Was für ein Bild! Wie ein Albtraum, der Blut, Galle und Knochen in die Realität kotzt. Sehr stark!
Taugenichts hat Folgendes geschrieben: | das wegen dem ersten Freund |
wegen des ersten Freundes
Beste Grüße,
Martin
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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Taugenichts Reißwolf
Alter: 38 Beiträge: 1201
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08.04.2008 22:22
von Taugenichts
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Freut mich, dass doch noch ein Kommentar kommt!
Ist ja ein sehr unkonventionelles Gedicht, wenn man es so nenne kann. Bei diesem hätte ich damit sogar selbst Probleme, ein Gedanke, in kurzer, prosaischer Art und Weise notiert...
aber freut mich, dass er wirkt. Sehr.
_________________ Hellseherei existiert nicht. Die Leute glauben mir mein Geschwätz nur, weil ich einen schwarzen Smoking trage. |
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Firilion Eselsohr
F
Beiträge: 316
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F 09.04.2008 00:46
von Firilion
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Ich würde gerne wesentlich mehr Gedichte hier interpretieren, kritisieren oder einfach nur meine Gedanken dazu preisgeben, aber leider fehlt mir teilweise einfach die Zeit, zum anderen ist die Flut an täglich neuen Gedichten ziemlich hoch.
So gesehen müsste ich die letzten 2 Wochen noch nacharbeiten und wäre dann um 2 neue Wochen im Rückstand. Ich mag keine Kommentare zu Gedichten abgeben, die sich mir nicht öffnen und mit denen ich nicht zu der Überzeugung gelange, sie für mich persönlich erfasst zu haben. Qualitätsanspruch nennt man dies wohl.
Manche Gedichte hier muss man einfach mehrfach lesen, wirken lassen, warten, noch einmal lesen. Gut, dieses hier nicht! Es wirkt direkt und hart, wie eine Abrißbirne, die auf eine alte Backsteinmauer kracht.
Dieses bedrückende, beklemmende Bild, welches bei dem Versuch einer Visualisierung des Geschriebenen entsteht, ist während jeder Zeile so omnipräsent, das man es nur schwerlich verdrängen kann, auch nachdem man das Gedicht gelesen hat. Bedrückend? Beklemmend? Nein, das reicht wahrscheinlich, nein das reicht ganz sicher nicht!
Und dies ist der Ort, an dem Wahrheit liegt, an dem man sie spüren kann. Ein Ort, dessen Oberflächlichkeit in Blut und Schmerz und Schreien getaucht wurde, von einem Tränenmeer hinfortgespült wurde und mitten in diesem Meer aus Leid etrinkt der Leser und muss sich selbst kritisch fragen, ob er je Wahrheit gespürt hat. Wahrheit nicht als bloßes Wort, nicht als Glaube, sondern als handfeste Emotion, als etwas, das er mit seinem ganzen Körper und seiner Seele erfasst, das er greifen kann, begreifen kann.
An diesem unwirklichen Ort, fern alle Menschlichkeit können wir uns einen der sehnlichsten Wünsche unseres Zusammenlebens erfüllen, inmitten von Leichen, Kot, Blut, Sperma und Schmerz befriedigen wir unseren Drang nach Wahrheit. Welch ein widerlicher, perverser Gedanke, man erschrickt vor sich selbst und wacht auf. Schweißgebadet, angsterfüllt, in der Dunkelheit seiner - zum Glück - endlichen Wände. Man blickt verstört durch sein Schlafzimmer und bemerkt, das man seine Hände zu einer Schale geformt hat - wie man Wasser aus einem Brunnen schöpfen würde - und die Handflächen sind leicht angefeuchtet, was im Dunkeln durch das Licht des Mondes wie glitzernde Fragmente schimmert. Man reißt seinen Kopf hoch, immer noch verwirrt und ist sich doch gewiß, das man für einen unendlichen Augenblick die Wahrheit gehalten hat, bevor sie sich verflüchtigte.
Wahrheit hat viele Gesichter, die meisten davon sind Lügen. Wahrheit ist einsam und nur schwer zu finden. Wahrheit zu erleben gelingt in Ausnahmesituationen, beim Tanz am Rande des Abgrundes. Wenn keine Rationalität mehr die Lüge schützt, sondern reine Emotion zur Wahrheit zwingt. Wenn die Fassade bröckelt, weil eine Abrißbirne gegen sie kracht und am Ende nur ein wenig zerlaufenes Rouge geblieben ist, das uns blosstellt. Wenn man sich dieser reinen Emotion bewußt wird, dann erkennt man die Wahrheit. Dazu ist der Grad des Leidens nicht entscheidend, sondern seine Intensität.
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