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Autor Nachricht
Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag04.02.2024 23:36

von Jenni
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Ich überarbeite auch gerade, in eigentlich jeder freien Minute.
Mir macht überarbeiten inzwischen richtig Spaß - was hauptsächlich wohl daran liegt, dass ich endlich verstanden habe, was das überhaupt bedeutet, "überarbeiten". Eigentlich wusste ich die ganze Zeit nicht wirklich, was ich da tun muss, mein Überarbeiten war hauptsächlich sprachliche Überarbeitung, ansonsten unsystematisch und gefühlt wenig zielführend. Hinterher war ich nie sicher, ob meine Änderungen überhaupt Verbesserung bedeuten. Embarassed
Jetzt habe ich mir einige Theorie dazu angeeignet und hatte einen Erkenntnismoment insbesondere durch die im amerikanischen gebräuchliche Unterscheidung zwischen "Revision" und "Editing". Und für "Revision", den Teil, der mir immer so unfassbar blieb, habe ich jetzt einen Plan, was ich mir konkret anschauen muss, und zwar im ersten Schritt durch wiederholtes Lesen mit Fokus jeweils auf ein bestimmtes Thema. Dann mache ich mir beim Lesen eine Liste, welche Aspekte davon Bearbeitung benötigen und übersetze die anschließend in konkrete To-Do's für die einzelnen Szenen. Auf diese Weise habe ich jetzt auch das Gefühl, das Feedback meiner Testleserinnen viel besser zu verstehen, in den Gesamtzusammenhang einordnen zu können, und wirklich Gewinn daraus zu ziehen.
Heute habe ich die Kapitel noch mal am Stück gelesen, die ich im Laufe der letzten Woche überarbeitet habe, und mir kommen sie deutlich stärker vor als vorher. Vor allem aber bin ich mir sicher, dass ich mich in die richtige Richtung bewege, weil mir bewusst ist, was ich mit den Änderungen überhaupt erreichen möchte.

Zur Kapitellänge, bei mir schwankt die auch mitunter stark. Für die Überarbeitung allerdings habe ich die Kapitel in die einzelnen Szenen auseinandergebaut (und strukturiere das inzwischen schon gleich beim Schreiben so), und da stelle ich fest, die Szenenlänge schwankt nicht so extrem. Und wenn eine Szene doch mal deutlich abweicht, ist mir das eigentlich schon ein Warnzeichen, mir zumindest noch mal genauer anzuschauen, ob die rund ist.
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Globo85
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Beitrag05.02.2024 09:52

von Globo85
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Schöner Faden.

Das was Jenni schreibt, kann ich für mich so in der Art definitiv unterschreiben.

Bin eine ganze Zeitlang ziemlich hilflos immer wieder übers Manuskript, hab Wörter ausgetauscht, Sätze umformuliert, hier und da "auf gut Glück" was geändert und kam einfach nicht voran, weil ich eben auch nicht so genau wusste, wo es eig. hingehen soll.

Diese Unterscheidung "Revision" und "Editinig" (insb. line editing, am Ende ist 95% von dem, was ich hier im Forum sehe/mache/bekomme line editing) lief mir dann auch über den Weg und ich hab gemerkt, dass ich einen Plan und ein Ziel brauche für die Überarbeitung.

Ich gehe mittlerweile ganz ähnlich vor wie Jenni. Bei mir war das Stichwort "reverse outline" der Augenöffner. Wenn der Erstentwurf steht, wird mindestens eine kapitelweise Zusammenfassung des Entwurfs gemacht (für mich wesentlich besser hat eine szenenweise Zusammenfassung funktioniert). Dann hat man seinen Roman in Miniaturformat vor sich. Dann kann man wesentlich besser (quasi arc für arc) die Geschichte screenen, feststellen, wo man Änderungen braucht/streichen/verschieben kann. Sich damit eine "ToDo" Liste fertigen, den Entwurf überarbeiten und REPEAT drücken.

Kapitellänge schwankt bei mir auch, zwischen 2.000 und 4.000 Wörtern, wobei der Durchschnitt bei 2.500 liegt. Hält sich jetzt noch in Grenzen, aber auf Szenenebene schwankt es tatsächlich viel weniger und auch hier kann ich nur sagen, spiegelt Jennis Erfahrung sich auch in meinen Eindrücken. Weicht eine Szene längenmäßig enorm von den anderen ab, fällt mir beim Überarbeiten häufig auf, dass an der Szene grundsätzlich was nicht stimmt.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag11.02.2024 16:03

von Jenni
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Beginnend heute gibt es bei Writing Excuses (dem Podcast, an dem ursprünglich u.a. Brandon Sanderson beteiligt war) eine dreiteilige Miniserie zum Thema Überarbeitung (Revision). Heutiges Thema: Länge des Romans, sprich wann ist ein Roman zu kurz oder zu lang, und mit welchen Mitteln kann man die Länge (eigentlich: das Tempo!) variieren.
Wie immer hörenswert, sofern man des Englischen einigermaßen mächtig ist.

Falls nicht: Auch beim (deutschsprachigen) Zeilenschlinger-Podcast ging es diese Woche ums Überarbeiten. Der ist nicht ganz so auf den Punkt wie die Writing Excuses, ein paar gute Denkanstöße bekommt man aber auch da.
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F.J.G.
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Beitrag11.02.2024 17:34

von F.J.G.
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Hey Jenni,

wie grenzgenial ist das denn! Vielen lieben Dank für den Podcast-Tipp! Habe ihn gleich gefolgt und bin schon sehr gespannt.

LG
F


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Drakenheim
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Beitrag11.02.2024 19:08

von Drakenheim
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F.J.G. hat Folgendes geschrieben:
Wenn der Erstentwurf steht, wird mindestens eine kapitelweise Zusammenfassung des Entwurfs gemacht (für mich wesentlich besser hat eine szenenweise Zusammenfassung funktioniert). Dann hat man seinen Roman in Miniaturformat vor sich. Dann kann man wesentlich besser (quasi arc für arc) die Geschichte screenen, feststellen, wo man Änderungen braucht/streichen/verschieben kann. Sich damit eine "ToDo" Liste fertigen, den Entwurf überarbeiten und REPEAT drücken.

 Daumen hoch² Hey Super! An den Punkt möchte ich auch noch kommen. Diesen Monat.

Jenni hat Folgendes geschrieben:
Jetzt habe ich mir einige Theorie dazu angeeignet und hatte einen Erkenntnismoment insbesondere durch die im amerikanischen gebräuchliche Unterscheidung zwischen "Revision" und "Editing". Und für "Revision", den Teil, der mir immer so unfassbar blieb, habe ich jetzt einen Plan, was ich mir konkret anschauen muss, und zwar im ersten Schritt durch wiederholtes Lesen mit Fokus jeweils auf ein bestimmtes Thema.

Globo85 hat Folgendes geschrieben:
Diese Unterscheidung "Revision" und "Editinig" (insb. line editing, am Ende ist 95% von dem, was ich hier im Forum sehe/mache/bekomme line editing) lief mir dann auch über den Weg und ich hab gemerkt, dass ich einen Plan und ein Ziel brauche für die Überarbeitung.


Ich habe noch so viel zu lernen. ohh
Was genau bedeuten Revision und Editing, und was macht ihr konkret, wenn ich fragen darf?
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F.J.G.
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Beitrag11.02.2024 19:49

von F.J.G.
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Hallo Drakenheim!

Wo hast du denn, wenn ich fragen darf, das Zitat in deinem Posting von 18.08 Uhr gefunden? Von mir, wie angezeigt, stammt diese Aussage mit Sicherheit nicht …

LG
F


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Drakenheim
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Beitrag11.02.2024 20:25

von Drakenheim
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Höh? Was zum...? Wie...? Ok, der Button "zitieren" ist hat bei mir interessante Effekte. Ich setze die eckigen Klammern doch lieber wieder selbst.

Ich habe dir ganz off-Topic hierzu gratulieren wollen:

F.J.G, aber jetzt wirklich aus seinem Beitrag. hat Folgendes geschrieben:
Ladies and Gentlemen,

ich freue mir gerade den Allerwertesten ab, weil ich soeben mein bereits begonnenes und 10.000 Wörter zählendes Herzensprojekt komplett bis zum Ende durchgeplottet habe!

Daumen hoch² Daumen hoch² Daumen hoch²

Jetzt heißt es: Schreiben. Uff! Mr. Green


Und ich bitte um Verzeihung, Nina, für das erneute Off-Topic. In diesem Faden melde ich mich das nächste Mal, wenn ich selber überarbeite. Ich schwöre! rotwerd
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sleepless_lives
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Beitrag24.02.2024 16:22

von sleepless_lives
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Die vorangehenden Beiträge wurden aus einem anderen Faden abgetrennt.

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Struwwelpeter
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Beiträge: 157



Beitrag24.02.2024 16:35

von Struwwelpeter
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Ich habe auch längere Zeit alles von vorne bis hinten durchgelesen und überarbeitet. Bis ich Sol Stein las und mir dann zuerst Gedanken darüber machte, welches Kapitel / welche Szene am meisten Schwierigkeiten birgt. Jetzt mache ich mir immer eine Liste mit den Stellen, die zuerst geändert werden müssen. Falls dann dadurch Änderungen am Rest entstehen, muss man die natürlich auch vornehmen.
Manchmal habe ich mir auch Schwerpunkte gesetzt, die ich im gesamten Manuskript nachbessern wollte, etwa Dialoge. Das lag vor allem daran, dass man beim Erstling verdammt viel „falsch" macht und dann aufwendig nachbessern muss. Lernprozess.

Alles noch einmal lesen und überarbeiten, das mache ich am Ende dennoch ein letztes Mal. Um zu schauen, ob alles sitzt.

Ich kann von mir behaupten, fertig mit der Überarbeitung des aktuellen Projekts zu sein. Auch schön. :)


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Jenni
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Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag24.02.2024 18:40

von Jenni
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Oh, ist das jetzt auf einmal mein Thread. Und Globos! Mitgefangen ...
Gut, dann besprechen wir hier wie man es macht, mit dem Überarbeiten voran zu kommen. (Und ich darf endlich Drakenheims Frage beantworten. 🙈) Finde ich gut, denn so ein Austausch hätte mir als Anfängerin viel Zeit gespart.

Ausgelernt habe ich aber überhaupt nicht (werde ich auch nie) und bin außerdem der Meinung, es gibt keine eine richtige Methode. Das heißt, ich teile gerne, was ich mir dazu angeeignet habe und wie ich das im Moment angehe. Und ich lese gerne, wie es Andere machen, um mir daraus auch wieder alles rauszupicken, was mir einleuchtet und für mich funktioniert.
Empfehlung von Büchern, Blogs und Podcasts, die euch etwas nützliches beigebracht haben, sind hier ebenfalls erlaubt und erwünscht. Betrachten wir es als gemeinsame Methodensammlung.

Drakenheim hat Folgendes geschrieben:
Was genau bedeuten Revision und Editing, und was macht ihr konkret, wenn ich fragen darf?

In dieser Unterscheidung (oder wie ich das jedenfalls verstehe) bezieht sich Revision auf das große Ganze (Dinge wie Struktur, Spannung, Charakterentwicklung), und Editing auf solche Änderungen auf der einzelnen Seite oder im einzelnen Satz, wie Grammatik, Satzbau, Wortwahl. Wie Globo ja auch schon bemerkte das, wobei man in der Textarbeit im Forum viel Unterstützung bekommen kann. Und auch das, was Andreas Eschbach mit seinem "10-Punkte-Text-ÜV" sehr gründlich lehrt (der das übrigens auch als die letzte Etappe der Überarbeitung bezeichnet).
Der Punkt ist (und darauf zielt auch die Methode von Sol Stein ab, die Struwwelpeter erwähnt), dass es nichts bringt, dieses sprachlich-stilistische Überarbeiten anzugehen, bevor die Geschichte als Ganzes funktioniert, sprich: immer vom Großen zum Kleinen vorgehen. (Wobei ich selbst einer dieser Menschen bin, die beim Schreiben schon ständig an der Sprache feilen, das lasse ich mir auch nicht abgewöhnen.)
Und wie viel man da zu tun hat, das hängt auch davon ab, wie sehr man beim Schreiben geplant hat oder darauf losgeschrieben.

Was ich also konkret momentan mache, was den Teil Revision anbelangt (ein Mischmasch aus verschiedensten Lernquellen und wie gesagt, das ist jetzt meine persönliche aktuelle Herangehensweise, die weder die "Richtige" ist, noch in Stein gemeißelt).
Zuerst (nach den von Stephen King verordneten sechs Wochen, in denen das Manuskript nicht angeschaut wird) schaue ich mir wie gesagt durch wiederholtes Lesen  bestimmte Aspekte an und notiere, wo ich Änderungsbedarf erkenne. Manches davon kann man sicher wie von Globo empfohlen auch gut oder sogar besser anhand einer Outline untersuchen (was ich als nächstes ausprobieren werde). Das Wichtige ist: nicht zu viel auf einmal sondern mit Fokus.

Konkret sind das aktuell bei mir folgende Aspekte auf Story-Ebene:
- Struktur (inkl. Spannung, Tempo, Erzählstimme, Glaubwürdigkeit, Rückblenden ...)
- Thema (Fokus und Konsistenz dessen, Erkenntniswachstum)
- ggfs.: Subplots (gibt es die, wie stehen sie in Beziehung miteinander, spiegeln sie das Thema wieder, evtl. hilft es sich die Struktur jeweils getrennt anzuschauen)
- ggfs: Setting (insbesondere bei Fantasy, Science Fiction, Historischem wichtig, aber in gewissem Maße wohl auch sonst)
- ggfs.: Genre (ob und welche/s Genre/s, Konsistenz dessen, wo werden Konventionen erfüllt oder gebrochen ...)
- Hauptfiguren (jede für sich: Konsistenz des Charakters, Motivation, Ziel, Lernkurve ...)
- Nebenfiguren (haben die alle einen Zweck für die Story, könnte man manche streichen oder zusammenfassen, besteht dort noch Potenzial was das Thema anbelangt ...)
- Beziehungen der Hauptfiguren untereinander (und ggfs. zu wichtigen Nebenfiguren)
- Informationsfluss (werden Informationen interessant und zum richtigen Zeitpunkt vermittelt - an der Stelle helfen Testlesys wirklich ganz massiv weiter <3)
- ggfs: Konsistenz der "Magie"/Technik, bei Fantasy oder Science Fiction

Danach schaue ich mir Szenen und Dialoge an.
Zur Struktur einer Szene gibt es sehr viele unterschiedliche Modelle. Ganz anschaulich auf der Seite "Writes with Tools" zusammengefasst in einem "Master Scene Structure Tool", das sehr viele dieser Modelle farbig markiert in einer "Übersicht" zusammenfasst. Interessant, was man alles berücksichtigen kann. Auf englisch, aber ich würde eh nicht empfehlen, sich daran abzuarbeiten, nur zur Anschauung. wink

Was ich mir zu den Szenen auf jeden Fall anschaue (wofür ich das Manuskript in Szenen statt Kapitel strukturiere):
- Hat jede Szene einen Zweck (für mich eine hilfreiche Stütze dabei: Emotion? Information? Spannung?)
- Hat jeder wichtige Charakter ein Ziel und enthält die Szene Konflikt?
- Findet innerhalb der Szene eine Veränderung statt?
- Beginnt die Szene im richtigen Moment und wird Setting und Zeit schnell vermittelt?
- Enthält die Szene kein Info-Dumping?
- Ist der Übergang zur nächsten Szene nahtlos?

Nur bei Szenen, die mir (oder meinen Testlesys) nicht zu funktionieren scheinen, schaue ich mir dann konkreter die Struktur an, und auch das mit einem im Vergleich zu dem oben verlinkten sehr vereinfachten Modell.

Und die Dialoge. Ich liste mal meine Liste hilfreicher Aspekte auf, ebenfalls aus verschiedenen Quellen zusammengeschustert. Aber auch hier: Manches davon bedenke ich eher global, nur in Dialogen, die mir nicht stimmig scheinen, dann konkreter.
- Keine reale Sprache sondern Abbild realer Sprache
- Kontext: Details nicht ausbuchstabieren sondern Bezüge schaffen
- Machtdynamiken: nicht alle Figuren sprechen gleich viel, manche nicht, manche unterbrechen andere …
- Dialog-Tags: möglichst wenig, zurückhaltend, ausdrucksstark, Adverbien vermeiden
- Mikroaktionen / Körpersprache zur Orientierung und Strukturierung
- Lesbarkeit: Formatierung, Satzlänge, Nachvollziehbarkeit
- Intention des Autors (Spannung/Emotion/Motivation)
- Intention des Prota (Spannung/Emotion/Motivation)
- Konflikt
- Details statt Allgemeinplätze und Phrasen
- Entscheidende Momente: Welche Antworten würden die Szene in eine andere Richtung lenken?

Bedenkenswert noch im Zusammenhang mit der Betrachtung der Hauptfiguren: deren Sprechgewohnheiten
⁃ Wortschatz: Häufig verwendete Wörter, Fluchwörter, Fremdwörter, Kontext, Formulierung, Ausdrucksweise, Phrasen
⁃ Hintergrund und resultierender gesellschaftl. Standpunkt
⁃ Bildung
⁃ Interaktion mit der Welt (zurückhaltend, gesprächig …)
⁃ Attitüde (cool, gleichgültig, engagiert …)
⁃ Emotion (Bsp. immer verärgert)
⁃ Empathie
⁃ Schnelles oder langsames Denken
⁃ Selbstbewusstsein

Okay, das war jetzt viel. Aber für mich ist das alles kann und nicht muss. Und vielleicht ist das ein oder andere hilfreiche für die eine oder den anderen darunter. smile

Und ich freue mich zu erfahren, wie es Andere angehen, die vielleicht auch schon mehr Erfahrung damit haben als ich. Außer es stimmt, dass es ein Anfängerproblem ist, und später braucht man vieles davon vielleicht nicht mehr bewusst.
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hobbes
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Moderatorin

Beiträge: 4299

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
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Beitrag24.02.2024 20:11

von hobbes
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Shocked

Hätte ich so eine Liste, ich würde nie wieder irgendwas überarbeiten. So unterschiedlich ist die Welt.

Ich kann gar nicht so genau sagen, wie ich Texte überarbeite. Ich lese sie, bemerke, dass sich etwas nicht stimmig anfühlt, ich ändere es.
 Laughing

So eine methodische Herangehensweise habe ich dabei am ehesten noch bei Konsistenz-Prüfungen. Beim Krähenjungen spielen zum Beispiel die Jahreszeiten eine Rolle, also habe ich einen Durchgang darauf geachtet. Oder das Alter der Figuren - wo wird es erwähnt und passt am Ende alles zusammen.


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Walex
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Beiträge: 64
Wohnort: Südwestdeutschland


Beitrag24.02.2024 20:46

von Walex
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@ Jenni:
Coole Liste - da stecken ja wirklich viele Details drin und es klingt alles sehr schlüssig. Danke dafür!

Einiges davon habe ich mir im Laufe der Zeit auch schon angeeignet, werde dies aber noch um ein paar Punkt ergänzen müssen, wie es scheint Wink.

Allerdings versuche ich, möglichst vieles von den Strukturfragen (also die Story, die Charaktere etc.) bereits vorher, beim Plotten, zu berücksichtigen. Das heißt, es braucht immer eine ganze Weile, bis ich mit einem Buch beginne und dafür stecke ich ein bisschen weniger Zeit in die Überarbeitung, die aber natürlich trotzdem noch sein muss.


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Jenni
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Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag24.02.2024 22:27

von Jenni
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Shocked

Hätte ich so eine Liste, ich würde nie wieder irgendwas überarbeiten. So unterschiedlich ist die Welt.

Ich kann gar nicht so genau sagen, wie ich Texte überarbeite. Ich lese sie, bemerke, dass sich etwas nicht stimmig anfühlt, ich ändere es.
 Laughing

So eine methodische Herangehensweise habe ich dabei am ehesten noch bei Konsistenz-Prüfungen. Beim Krähenjungen spielen zum Beispiel die Jahreszeiten eine Rolle, also habe ich einen Durchgang darauf geachtet. Oder das Alter der Figuren - wo wird es erwähnt und passt am Ende alles zusammen.

Dann vergiss mal die Liste ganz schnell wieder, damit sie dich nicht vom Überarbeiten abhält. Laughing
Dir glaube ich das ja auch alles. Aber mir ging es da halt immer eher so: lesen, irgendwas stimmt nicht, aber was, und vor allem was kann ich dagegen tun.
Ich glaube ja auch, dass man mit zunehmender Erfahrung ganz viel dessen intuitiv erledigt. Aber mir hat meine Liste sehr geholfen, mir ein paar grundsätzliche Dinge bewusst zu machen, an denen ich bisher immer wieder gescheitert bin.

@Walex, das glaube ich auch: Mehr planen ist weniger überarbeiten. Wenn man sich beim Schreiben gerne treiben lässt, braucht man vielleicht hinterher etwas mehr System. Oder sehr viel Intuition.
So gesehen kann man viele dieser Themen ja auch 1:1 mit in die Planung nehmen.
Ich glaube, so ein Drittel Planung, ein Drittel Intuition und ein Drittel Revision ist am Ende für mich eine gute Mischung.
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sleepless_lives
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Beitrag25.02.2024 03:26

von sleepless_lives
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Ich kann gar nicht so genau sagen, wie ich Texte überarbeite. Ich lese sie, bemerke, dass sich etwas nicht stimmig anfühlt, ich ändere es.

Ungefähr genauso gut strukturiert ist auch meine Überarbeitungsmethode. Manchmal fallen mir allerdings irgendwo unterwegs Dinge ein, die geändert werden müssen. Einfach so. Vieles, das ich überarbeite, wird von den Figuren in der Erzählung gleich wieder rückgängig gemacht. Sie ließen nicht alles mit sich machen, meinen sie dann, und ich sei offensichtlich selbst überarbeitet.


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Beitrag25.02.2024 17:48

von sleepless_lives
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Was ich eigentlich noch explizit thematisieren wollte, dann aber der nächtlichen Stunde geschuldet übergangen habe, ist der im vorigen Post angedeutete Widerstand gegen die Überarbeitung. Nicht gegen den notwendigen Arbeitsschritt auf dem Weg zu einem brauchbaren Manuskript, sondern aufgrund der Geburt des Zweifels aus der unscharfen Grenze zwischen dem Verbessern eines Textes und dem kompletten Ruinieren. Systematische Vorgehensweisen mögen da helfen, der Gefahr der Verunstaltung Herr oder Frau zu werden, aber so sicher bin ich mir da auch nicht. Während des Schreibens habe ich zumindest das meiste im Kopf präsent, bin also in der Erzählung. Beim Überarbeiten blicke ich von außen darauf, aber nicht - und das ist entscheidend - aus der Perspektive und mit den (mangelnden) Kenntnissen der zukünftigen Leser:innen. Es ist sozusagen, die schlechteste von allen Welten. Was also können meine Kriterien sein, um in die richtige Richtung zu gehen und die Gruben links und rechts am Weg zu vermeiden?

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Jenni
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Beitrag25.02.2024 22:35

von Jenni
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sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Was ich eigentlich noch explizit thematisieren wollte, dann aber der nächtlichen Stunde geschuldet übergangen habe, ist der im vorigen Post angedeutete Widerstand gegen die Überarbeitung. Nicht gegen den notwendigen Arbeitsschritt auf dem Weg zu einem brauchbaren Manuskript, sondern aufgrund der Geburt des Zweifels aus der unscharfen Grenze zwischen dem Verbessern eines Textes und dem kompletten Ruinieren. Systematische Vorgehensweisen mögen da helfen, der Gefahr der Verunstaltung Herr oder Frau zu werden, aber so sicher bin ich mir da auch nicht. Während des Schreibens habe ich zumindest das meiste im Kopf präsent, bin also in der Erzählung. Beim Überarbeiten blicke ich von außen darauf, aber nicht - und das ist entscheidend - aus der Perspektive und mit den (mangelnden) Kenntnissen der zukünftigen Leser:innen. Es ist sozusagen, die schlechteste von allen Welten. Was also können meine Kriterien sein, um in die richtige Richtung zu gehen und die Gruben links und rechts am Weg zu vermeiden?

Ich bin froh, dass du selbst noch mal in diese Richtung spezifizierst. Denn so ähnliche Fragen hätte ich zu deinem nächtlichen Post gehabt, dessen Aussage ich aus zwei Gründen zweifelhaft finde. Erstens gehe ich allein schon wegen deines Theater-Hintergrundes davon aus, dass du ein bewusstes Empfinden für Struktur und Pacing einer Erzählung hast. Zweitens hast du schon an vielen meiner Texte sehr konkrete Kritik geübt, die ich Punkten meiner Liste zuordnen könnte, z.B. zur Konsistenz von Figuren, zum thematischen Fokus der Erzählung, oder zur Orientierung Lesys zum Beginn einer Szene.
Allerdings stimme ich zu, dass es weitaus schwieriger ist, die Schwächen eines eigenen Textes ebenso zu konkret zu benennen. Die gleiche Erfahrung habe ich auch gemacht. Und das eben die Frage: Wie macht man es denn dann?
Ich habe festgestellt, dass mir ein strukturelles Herangehen dabei hilft. Also beispielsweise den Text isoliert auf ein konkretes Thema hin zu lesen. Oder um dem nachzugehen, was das vage Gefühl, eine Szene funktioniere nicht, auslösen könnte.

Meine Liste halte ich nicht für der Weisheit letzten Schluss, habe ich oft genug betont (und ich verstehe auch, dass so manche Künstlerseele Listen per se unsexy findet). Aber ich habe mir in letzter Zeit einfach sehr viele Ideen zu diesem Thema angelesen und -gehört, und diese Liste ist eine Sammlung dessen, was davon mir persönlich weitergeholfen hat. Geteilt in der Hoffnung, dass manches davon anderen Schreibenden ebenso hilft und ihren Weg vielleicht abkürzt.
Und ich fände sehr schön, wenn Andere ebenfalls teilen könnten, was ihnen dabei hilft, sich den eigenen Texten in der Überarbeitung zu nähern. Denn der Rat, zu lesen und zu ändern, was sich falsch anfühlt - mir hat der nicht geholfen, sondern mich nur immer mehr verunsichert. Wieso sind die sich dabei alle so sicher, und ich schwimme, habe ich mich da immer gewundert, und dann eigentlich auch aufgegeben und den Text liegen gelassen, etwas Neues angefangen. Das systematische Herangehen gibt mir zum ersten Mal das Gefühl, wirklich meinen Text zu verbessern, und dass sich das lohnt. Feedback von außen braucht man natürlich trotzdem, aber auch das fällt mir so leichter einzuordnen und in konkrete Maßnahmen zu übersetzen.
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Taranisa
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Beitrag26.02.2024 09:11

von Taranisa
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Ich nehme etwas Arbeit vorweg, indem ich ausgiebig plotte. Dabei habe ich den Spannungsbogen und die Charakterentwicklung im Blick, was nicht heißt, dass ich später -nachdem ich Rückmeldungen erhielt- vor Korrekturen bewahrt bin. Stichwort: Betriebsblindheit.

Beim aktuellen Projekt muss alles etwas schneller gehen, das länger Liegenlassen konnte ich mir nicht leisten und gab es bereits nach einer ersten Ü-Runde zum Testlesen frei. Jetzt arbeite ich das Manuskript gründlich durch und notiere mir Dinge, die mir nachträglich u.a. auch durch die Rückmeldungen auffallen. Auf diese achte ich bei der nächsten Runde speziell.

Ich gehe bei den Ü-Runden immer von Anfang bis Ende vor, dann fällt mir eher auf, ob z.B. das Wissen der Charaktere zum Handlungszeitraum passt, und ändere, was mir auffällt. Listen zum Thema schaute ich mir auch schon an (vom Groben zum Feinen), aber meist halte ich mich nicht daran, liegt vielleicht am ausgiebigen Plotten.


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Die Ehre des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 12/20
Spielweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/21
Das Gegengift des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 11/22
Der Stab der Seherin, Burgenwelt Verlag, Herbst 2024
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Globo85
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Beitrag26.02.2024 10:39

von Globo85
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Der Liste von Jenni hab ich nicht mehr viel hinzuzufügen, ganz ähnlich handhabe ich das (mittlerweile) auch.

Die für mich wichtigsten Aussagen, die ich explizit noch einmal unterstreichen will:

Jenni hat Folgendes geschrieben:
bin außerdem der Meinung, es gibt keine eine richtige Methode.

Jedes Schriftstelly muss so schreiben, wie er/sie es für richtig hält und wies am besten für sie/ihn funktioniert und gleiches gilt natürlich auch fürs Überarbeiten.

Ohne Struktur habe ich mich in der Überarbeitung beinahe verloren und ein Projekt beinahe eingestampft, weil ich nicht weitergekommen bin und es sich nicht "richtig" angefühlt hat. Mit dem Finden der für mich funktionierenden Überarbeitungsmethode bin ich dann doch noch bei dem für mich besten Ergebnis angelangt.

Jenni hat Folgendes geschrieben:
vom Großen zum Kleinen vorgehen

Funktioniert für mich ebenfalls am besten, weil es jede Menge Frust erspart. Musste ich aber auch unterwegs lernen. Natürlich kann man auch beim Arbeiten "am Großen" ein paar "kleine Dinge" erledigen, sozusagen on the fly. Aber meine Erfahrung ist: Es lenkt ab und unterliegt immer der Gefahr, dass es nicht von Dauer ist. Ich arbeite häufiger mit Leuten hier an Exposés und da wird das (mMn.) manchmal ziemlich deutlich. Das Exposé stellt die maximale Komprimierung des Werkes dar und dort merkt man manchmal, dass etwas storyübergreifend noch nicht rund ist/nicht passt, weil man eben jetzt diesen rausgezoomten Blick hat. Wenn ich auf Zeilenebene an meinem Text arbeite, sehe ich dieses "Komplettbild" vielleicht nicht. Und dann stelle ich (bei der Exposéarbeit, also häufig – vor allem bei Neuautorys – dem letzten Schritt) vielleicht fest, dass etwas Grundsätzliches geändert werden muss. Und da merke ich häufig (auch bei mir) maximale Unlust, "nochmal" in einen Text einzugreifen, der auf Mikroebene "fertig" bearbeitet ist, aber eben auf Makroebene noch Probleme hat.

Jenni hat Folgendes geschrieben:
ich verstehe auch, dass so manche Künstlerseele Listen per se unsexy findet

Da hat bei mir in den letzten 3 Jahren, seit ich hier im Forum bin, auch ein augenöffnender Prozess stattgefunden. Diese Mischung aus Handwerk und Kreativität beim Schreiben ist wirklich schwer zu fassen und dieses "Konfliktfeld" war mit vorher schlicht nicht bewusst. Und das wird natürlich von jedem/jeder unterschiedlich wahrgenommen oder angerührt (also die Handwerkskreativitätsmischung). Auch insofern kann es da natürlich keine allgemeingültigen Aussagen/Regeln/Listen/… geben.

Jenni hat Folgendes geschrieben:
Geteilt in der Hoffnung, dass manches davon anderen Schreibenden ebenso hilft und ihren Weg vielleicht abkürzt.

Mir hätte es vor drei Jahren massiv geholfen. Aber da musste ich auch erst mal "das Handwerk" für die Mikroebene lernen, nur gibt es dafür gefühlt viel mehr Quellen und es ist auch (mMn.) das was hier im Forum am meisten "gelehrt/praktiziert" wird. Für das Handwerkzeug auf Makro-/Storyebene müsste man eben immer den ganzen Roman kennen.
Insofern: Von mir ein großes Dankeschön für diesen Faden. Ist natürlich auch völlig subjektiv, aber ich finde das überhaupt nicht "langweilig", wie das Thema ja in einem anderen Faden bezeichnet wurde.

Jenni hat Folgendes geschrieben:
Denn der Rat, zu lesen und zu ändern, was sich falsch anfühlt - mir hat der nicht geholfen, sondern mich nur immer mehr verunsichert. Wieso sind die sich dabei alle so sicher, und ich schwimme, habe ich mich da immer gewundert, und dann eigentlich auch aufgegeben und den Text liegen gelassen, etwas Neues angefangen. Das systematische Herangehen gibt mir zum ersten Mal das Gefühl, wirklich meinen Text zu verbessern, und dass sich das lohnt.

Das ist natürlich maximal subjektiv. Aber ich kann diese Zeilen von dir nur zu 100% unterschrieben. Ganz genauso ging/geht es mir auch.

Und abschließend noch hierzu:
Jenni hat Folgendes geschrieben:
Und ich fände sehr schön, wenn Andere ebenfalls teilen könnten, was ihnen dabei hilft, sich den eigenen Texten in der Überarbeitung zu nähern.

Bei mir hat das Stichwort reverse outline zum Durchbruch geführt. In Zukunft wird mein Schaffens–/Überarbeitungsprozess also wie folgt aussehen (bis er sich wieder ändert):
  • Plotten
  • Rohfassung schreiben
  • Wenn der Erstentwurf wirklich beendet ist, also wirklich alle Kapitel geschrieben sind (Nicht: "Ach das eine Kapitel fehlt noch, aber das schreib ich später, da hab ich keine Lust gerade, ich fange lieber mal mit dem Überarbeiten an.") wird eine reverse outline erstellt. Bedeutet: Das gesamte Manuskript wird in Szenen unterteilt (Szenen funktionieren für mich besser, weil Kapitel teilweise zu groß sind für den Schritt, spannender "Seitenfaden": Was ist eine Szene?). Es wird eine Tabelle/Liste erstellt, in die alle Szenen eingetragen werden, also nicht die ganzen, sondern der "Name" und eine kurze Beschreibung, was da passiert. (Da ich ein Listenfetischist bin, erweitere ich diese Liste auch noch um Sachen wie "auftretende Personen/erwähnte Personen/Wortzahl/Infodump/Wandel/Zweck der Szene" ect.). Mit einer solchen Szenenliste hat man einen guten Überblick auf der Makroebene.
  • Manuskript für mindestens 4 Wochen "ruhen" lassen.
  • Erste Lesung: Komplettes Manuskript so schnell wie möglich lesen, damit man wieder alles präsent hat. Ohne Notizen, ohne irgenwdas aufzuschreiben zu markieren und vor allen Dingen ohne etwas zu ändern.
  • Zweite Lesung: Kapitel für Kapitel bzw. Szene für Szene. Alles was nicht passt/geändert werden soll (inhaltlich, sprich entsprechend der von Jenni erstellten Listen) wird in die Szenenliste als eine Art "ToDo" eingetragen. Da kann dann stehen "einkürzen"/"Streichen"/"Ausbauen mit mehr Infos zu XYZ"/"Storyline wird später nicht mehr aufgegriffen, hier entsprechend anpassen"/"Charakter hat am Ende blaue Augen, hier entsprechend ändern"/Foreshadowing einbauen ect.
  • Die ToDo Liste der Änderungen abarbeiten.
  • Repeat ab Schritt 3
  • Wenn ich das Gefühl habe, dass das Manuskript inhaltlich rund ist, steige ich ins "line editing" ein
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Maunzilla
Exposéadler


Beiträge: 2840



Beitrag26.02.2024 12:24

von Maunzilla
Antworten mit Zitat

Das klingt nach einer sehr zielführenden, wenngleich extrem langweiligen und unkreativen Arbeit. Macht so das Schreiben noch Spaß?
Für ich mich wäre das nichts.


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Globo85
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 38
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Beitrag26.02.2024 12:34

von Globo85
Antworten mit Zitat

Zitat:
Macht so das Schreiben noch Spaß?

Es geht ja hier ums Überarbeiten, nicht ums Schreiben.

Wenn du mit "das Schreiben" den gesamten Prozess der Buchentstehung meinst, dann meine ich, dass es (so zumindest meine bescheidene Erfahrung) wenig Tätigkeiten/Prozesse im Leben gibt, bei denen jeder Aspekt Spaß macht, was auch immer "Spaß machen" in diesem Zusammenhang genau bedeutet.

Da ich (und ich spreche nat. nur für mich) bei meinem Projekt den Versuch einer Veröffentlichung (mit dem Ziel, eine möglichst große Leserschaft zu erreichen) starten will, empfinde ich die Notwendigkeit des Überarbeitens schlicht als gegeben.

"Spaß" macht es mir insofern, als dass ich es sehr befriedigend empfinde, Fortschritte zu machen, die ich (beim Überarbeiten) ohne diese Methodik eben gerade nicht gemacht habe (wie schon geschrieben).

Dass diese Arbeit nicht kreativ ist (wobei sie es nat. werden kann, wenn man sich Wege überlegen muss, wie man konkret ändern will), habe zumindest ich ja auch schon geschrieben.

"Extrem langweilig" ist nat. subjektiv. Ich fände es z.B. extrem langweilig, meine Zeit bloß damit zu verbringen, polemische Forenposts zu verfassen, die niemanden weiterbringen. Aber es gibt sicher auch Leute, die daran große Freude/Befriedigung oder auch Ablenkung von anderem finden.

Das wäre wiederum für mich nichts. Insofern (und wie schon geschrieben): Jedy wie es will.
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Klemens_Fitte
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Beiträge: 2941
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Beitrag26.02.2024 13:05

von Klemens_Fitte
Antworten mit Zitat

Globo85 hat Folgendes geschrieben:
Ich fände es z.B. extrem langweilig, meine Zeit bloß damit zu verbringen, polemische Forenposts zu verfassen, die niemanden weiterbringen. Aber es gibt sicher auch Leute, die daran große Freude/Befriedigung oder auch Ablenkung von anderem finden.


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Struwwelpeter
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Beitrag26.02.2024 13:09

von Struwwelpeter
Antworten mit Zitat

Jenni hat Folgendes geschrieben:

Und ich fände sehr schön, wenn Andere ebenfalls teilen könnten, was ihnen dabei hilft, sich den eigenen Texten in der Überarbeitung zu nähern. Denn der Rat, zu lesen und zu ändern, was sich falsch anfühlt - mir hat der nicht geholfen, sondern mich nur immer mehr verunsichert. Wieso sind die sich dabei alle so sicher, und ich schwimme, habe ich mich da immer gewundert,

Ich bin der Meinung, dass man sich dem Schreiben auf einer Meta-Ebene annähern muss, um seine Überarbeitungsmethode zu finden. Erst nachdem ich mich theoretisch über das Schreiben als Handwerk belesen habe, konnte ich gezielt überarbeiten. Und musste teilweise sehr viel nacharbeiten oder ein ganzes Manuskript in die Tonne werfen. Ich habe bei Webseiten angefangen, mich natürlich hier im Forum belesen und schlussendlich Sol Stein gelesen. Jetzt fühle ich mich für jedes Manuskript gewappnet und kann schon vorher besser schreiben, um weniger überarbeiten zu müssen. Und das obwohl ich schon immer viel gelesen habe, Lehrerin bin (also Schületexte bewerte, auch kreative), Deutsch studiert habe, dabei auch Literaturwissenschaft und Werke allein „analysiert" habe, um herauszufinden, wo es bei mir hakt. Das alles hat mir persönlich nicht gereicht.
Natürlich macht Übung den Meister, aber das praktische Herumwerkeln am Text ohne Plan hat mir nichts gebracht.
So unkreativ ist Überarbeiten auch nicht. Plotten ist ja auch pure Kreativität. Schreiben bedeutet auch immer, sich hinzusetzen und motorisch zu tippen / den Stift zu halten. Nur weil es mühsam sein kann, muss es nicht langweilig sein. Langweilig wird es, wenn man nicht voran kommt, das Gefühl hat, zu verschlimmbessern etc. Seitdem ich einen Plan habe, ist das Überarbeiten kurzweiliger geworden, weil ich weiß, was ich tue.
Eine weitere Liste gibt's von mir nicht. Das wäre dann bald redundant. Je nach eigenem Schwerpunkt, kann die Liste variieren. Manches ist von vornherein nahezu perfekt, anderes überarbeitet man dann irgendwann zum fünften Mal.
Mir hilft es immer, das Manuskript an einem bestimmten Punkt auszudrucken. Was einem dann alles auffällt. Außerdem kann man es so gemütlich lesen.


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