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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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11.12.2019 23:21 Auktoriale Einschübe im Historischen Roman von Papiertiger
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Hallo,
ich ertappe mich dabei, dass ich immer mal wieder auktoriale Einschübe fabriziere bei ansonsten überwiegend personaler (mehrere Perspektiven) Erzählweise.
Ich mache das, um z.B. bestimmte historische, politische usw. Zusammenhänge zu erläutern. Das ist distanziert, m.E. aber für das bessere Verständnis des Lesers wichtig.
Ich möchte auch nicht alles in Dialoge packen oder Zufälligkeiten (hat gehört/gelesen etc.) überstrapazieren.
Wie seht ihr das vor dem Hintergrund des Genres?
Danke und viele Grüße
Dirk
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Willebroer Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5448 Wohnort: OWL
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11.12.2019 23:49
von Willebroer
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Kommt natürlich drauf an, wie du einsteigst. Also nicht zu spät mit Erklärungen rüberkommen, damit die Leser nicht überrascht sind. Ansonsten finde ich kurze oder anschauliche knackige Erklärungen besser als unnötiges Versteckspiel.
Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, jedes Kapitel mit einer kurzen Bestandsaufnahme zu beginnen. Idealerweise etwas pointiert formuliert (wenn dir das liegt) und vielleicht mit Zusammenhängen, die nicht gleich auf der Hand liegen und nicht nach Geschichtsbuch klingen.
Könnte sogar effektvoll sein, immer mal einen Ausblick auf andere Orte zu bieten, z. B. schildern, was gerade 2.000 oder 10.000 km entfernt passiert (ohne wirklich abzuschweifen).
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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12.12.2019 00:00
von Papiertiger
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Manchmal lege ich sogar in einem Dialog ein, zwei Sätze dazwischen, die das von einer Figur Gesagte einordnen. Selten, aber es kommt vor.
Oder zu Beginn einer Szene, wo der Ort präsentiert wird.
Angeblich ist auktorial ja unmodern, aber ich finde, dass man damit gut bestimmte Sachen auf den Punkt bringen kann. Wie gesagt vor dem Hintergrund des Genres und dosiert eingesetzt, sodass es den Fluss nicht stört.
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Nicki Bücherwurm
Alter: 68 Beiträge: 3611 Wohnort: Mönchengladbach
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12.12.2019 00:10
von Nicki
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Zitat: | Ich mache das, um z.B. bestimmte historische, politische usw. Zusammenhänge zu erläutern. |
Ich finde es schwierig.
Eine Erklärung der realistischen historischen Gegebenheiten richtet sich normalerweise an den Leser, der diese nicht kennt. Der Wissende liest im besten Fall darüber hinweg, kann sich allerdings auch darüber ärgern, weil du ihm dieses Hintergrundwissen nicht zutraust. Wer generell im Historiengenre zu Hause ist, braucht keine Erklärung. Und das wenige Außergewöhnliche oder die Mitteilung von Zeit oder Setting kann man in die Geschichte selbst, z. B. in Dialogen unterbringen, ohne dass der Leser es als Infodump wahrnimmt.
Erklärung mitten im Dialog würden mich als Leser auf jeden Fall aus dem Lesefluss reißen.
_________________ MfG
Nicki
"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Henry Ford
"Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." A.Einstein
*Sommerblues* September 2017 Eisermann Verlag
*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
*Silvesterliebe* 30. November 2018 Eisermann Verlag
*Gestohlene Jahre* Work in Progress |
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Willebroer Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5448 Wohnort: OWL
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12.12.2019 00:23
von Willebroer
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Papiertiger hat Folgendes geschrieben: | Manchmal lege ich sogar in einem Dialog ein, zwei Sätze dazwischen, die das von einer Figur Gesagte einordnen. Selten, aber es kommt vor. |
Da rate ich zur Vorsicht, damit du nicht den Dialog erklärst. Im Idealfall hast du zwei Erzählebenen: die eigentliche Handlung auch aus persönlicher Sicht der Beteiligten und den Erzähler, der auch gerne als solcher erkennbar sein darf, evt. nicht als Erklärer, sondern mehr als Kommentator.
Wenn du jetzt die persönliche Ebene in eher sachlichem Stil hältst und die auktoriale Seite eher etwas launig, dürfte sich das gut ergänzen.
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Maunzilla Exposéadler
Beiträge: 2840
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12.12.2019 09:13
von Maunzilla
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Auf ständige Perspektivenwechsel würde ich verzichten.
Erklären sollte man dem Leser möglichst gar nichts. Wir leben im Zeitalter des Internets, und Leser von Büchern zählen normalerweise nicht zu den dümmsten Zeitgenossen. Es wirkt auf mich jedenfalls ermüdend und zuweilen auch etwas überheblich, wenn ich das Gefühl habe, der Autor halte mich für dumm oder ungebildet und müsse mir Dinge erklären, die ich schon weiß, oder selber nachschauen kann.
Allerdings gilt das Gesagte nur für Historienromane, nicht für Kostümromane. Denn letztere richten sich an ein anderes Publikum.
_________________ "Im Internet weiß keiner, daß du eine Katze bist." =^.^= |
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Taranisa Bücherwurm
Alter: 54 Beiträge: 3227 Wohnort: Frankenberg/Eder
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12.12.2019 12:00
von Taranisa
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Ein Roman soll ja in erster Linie gut unterhalten, begeistern, zum Nachdenken anregen. Ein historischer Roman ist jedoch kein Geschichtsbuch. Vor dem Hintergrund lasse ich die zum Verständnis wichtigen geschichtlichen Informationen in die Handlung, die Dialoge oder Gedanken (sofern es nicht aufgesetzt wirkt) einfließen. Manchmal reicht auch ein Detail als Hinweis, oder der Hintergrund der Szene (z.B. lästert das Volk bei der Hinrichtung französischer Adeliger, dass A jetzt sein Besitz in B oder seine Tat bei C auch nichts mehr nutzt).
Um jetzt konkret etwas raten zu können, müsste ich deinen Text kennen.
Ich lasse gerne Dinge einfließen, die "nebenbei" mit beliebten Irrtümern über die Epoche aufräumen. Aber auch hier achte ich darauf, dass es nicht "schulmeisterlich" wirkt.
_________________ Henkersweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/18
Die Ehre des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 12/20
Spielweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/21
Das Gegengift des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 11/22
Der Stab der Seherin, Burgenwelt Verlag, Herbst 2024 |
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Papiertiger Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 125 Wohnort: Paderborn
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12.12.2019 14:16
von Papiertiger
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Ich denke, dass auch hier die Dosis das Gift macht.
Grundsätzlich halte ich nichts von Dogmatismus - klar, der personale Erzähler ist aktuell das Paradigma, dem die meisten hinterherhecheln. "Show, don´t tell!" lautet die Maxime. Weiß ich.
Dem schließe ich mich auch im Prinzip an, aber ich finde, dass man das nicht zu puristisch sehen sollte. Warum nicht hin und wieder eine Erläuterung, mal was auf den Punkt bringen, Hintergrundinfos schnell reinwerfen, wenn sie wichtig sind? Das geht nicht bei streng personaler Erzählweise, es sei denn man bemüht Zufälligkeiten - dass jemand was gehört oder gelesen hat oder erzählt bekommt. Natürlich kann man das hin und wieder machen, aber alles, was wichtig ist, in Dialogen unterjubeln, wirkt auch schnell gestelzt. Sowas sollte man nicht überstrapazieren, finde ich.
Im Dialog etwas als Erzähler zu erläutern, sehe ich mittlerweile auch kritisch. Das kann in der Tat aus dem Gespräch reißen, da schließe ich mich an und werde das ändern - was nicht so schwer ist in fast allen Fällen.
Dass bei auktorialen Einschüben ein Perspektivenwechsel stattfindet, ist dieser Erzählweise ja immanent und insofern kein handwerklicher Fehler. Der allwissende Erzähler fährt ja gerade mal mit der einen Kamera durch die Gegend, dann mit der anderen, dann guckt er in den Schädel, dann in den nächsten, um später Dinge zu erhellen, die außerhalb des Erfahrungshorizonts aller Beteiligten liegen.
Ich denke auch nicht, dass ein Leser parallel Wikipedia lesen muss, nur damit er Dinge kapiert, die wichtig sind. Und sicher, Leser von Histo sind es gewohnt, dass komplexere Zusammenhänge eine Relevanz haben, aber deshalb ist ja noch nicht alles automatisch Allgemeinwissen für diese Klientel.
Demnächst werde ich mir mal Bücher von Follett und Schätzing schnappen und gucken, wie die das machen. Gerade bei Follett meine ich, dass der auch mal - speziell zu Beginn einer Szene oder eines Kapitels - auktoriale Einschübe macht. Kurz und knackig, nicht in epischer Breite.
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Willebroer Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5448 Wohnort: OWL
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12.12.2019 14:23
von Willebroer
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Eigentlich gilt auch hier: Was man gut macht, das darf man auch.
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