Kinderreime bis zum Abwinken

[davidmuc]

Sehr witzig und kustvoll, wie so oft ein Werk zum aufheben,  Tula


Alexandriner sind sehr verbreitet bei den Franzosen und -ösinnen. Nicht erst seit Baudelaire.
Auch heute noch z.B. bei Michel Houellebecq. Das Frz. reimt, wie Engl. fast immer auf betonte Silben.
(Hier allerdings in abab statt aabb)

off Topic : Der Anfang von "Fin De parcours"



Ende des Weges
Was hilfts, wenn man sich stresst. Auch ich werde gelebt,  
den Wolken zugesehen haben, und den Leut.
Beteiligt war ich kaum. Und hab auch nichts erstrebt,
und kannte doch die Welt, bereu es keinen Deut.

Besonders Nachmittags, gab es Momente: Die
Konfiguration               der Gartenmöbel hatt       
ich ganz genau gekannt : unschuldig war ich nie,
kannte den Supermarkt, die Wege durch die Stadt...


À quoi bon s'agiter? J'aurai vécu quand même
Et j'aurai observé les nuages et les gens
J'ai peu participé, j'ai tout connu quand même
Surtout l'après-midi, il y a eu des moments.

La configuration des meubles de jardin
Je l'ai très bien connue, à défaut d'innocence;
...
 usw. (es folgen fast zwei Seiten Vierzeiler) Ein kleiner Ausschnitt (Gesammelte Gedichte, Dumont S.292)

[Reimeschreiberin]

Knut kickte seinen Ball, der rollte viel zu weit.
Da lief er hinterher, zum Ausruh'n keine Zeit.
Um ihn die ganzen Leut, sie schauten fröhlich zu.
Zum Glück trug Knut dabei die guten Fußballschuh.

Der Ball rollte vom Feld und dann den Weg entlang.
Knut rannte hinterher, ihm ward es langsam bang.
Der Ball rollte vorbei an Karlas Schneiderei
und dann zur Klippe hin. Da tönte laut ein Schrei.

Dann war es wieder still, es säuselte der Wind,
das Meer lag ruhig und grau, es blökte fern ein Rind.
Verschollen blieb der Ball, und auch der arme Knut.
Sein Weg endete jäh. Wer weiß, wo er nun ruht.

[davidmuc]

Wär nicht beim 0-0 ein Teil des Fußballschuhs,
des Fußballschuhs, des Schuhs:  an jenem Schussballfuß,
der traf zum 0-1, nach all den schweren Fights,
des Fußballschuhs im Sturm: Im Sturm der fairen Schweiz,

Wär also nicht der Fuß, und hätt kein Schuh gezielt,
ich hätte garantiert nicht weiter zugeschielt.

[menetekel]

O göttergleiche Schweiz, das war ein schöner Fight!
Hast highgelighted viel, gekämpft wie eine Maid,
der man das Wurstbrot stiehlt, stattdessen Dinkel gibt,
obwohl sie protestiert und Tiere glühend liebt.

[Michel]

Wollte nur kurz vermelden, dass ich weiter mitlese, mich kräftig amüsiere, dass mir aber zu Fußball gerade nicht viel einfällt. I'll be back.

[menetekel]

Mir eigentlich auch nicht, Michel ...

[Reimeschreiberin]

Geht mir ebenso

[Michel]

Okay, ich versuch's.

O Göttergleicher Wahn, was war das für ein Schuss …
Dass Müller bei EMs auch stets verziehen muss!
No Penalty today, zu Null fahren sie heim -
und ich hab das  TV erneut für mich allein.

[davidmuc]

Ballade von der Unzulänglichkeit des jogischen Strebens

Der Mensch lebt durch den Kopf. Der Kopf, der denkt sich frei   
Und köpft er mit dem Kopf - ein Tor, er fängt sich drei.
Weil stets ein andrer Mensch uneingeschränkter köpft,
am Schluss sind Kopf und Mensch nur leer, gekränkt, erschöpft.

[poetnick]

Und überHaupt

Es springt im Grass die Jugend, Länder zarter Flaum,
beschwingt von Kehlen die, an sich vom gleichen Baum
als Clan vereint im Taumel, reich, doch öfter klamm,
nun grölen temporär, Hurra - zurück zum Stamm!

So bunt die jungen elf, gesalbt mit Kosmo-Gel
gelingt ein Regenbogen, draußen schlägt er fehl
und streckt sich farbenblind, zu einer öden Bahn,
die Stämme johlen weiter, Fußball heißt das Garn.

Wenn freudig alles funkt, wars nicht der Götter Plan,
fast einsam warnt der Spötter, zweisam mit Jens Spahn.

[menetekel]

Granatös, Poetnick,
und der passende Schlusspunkt all des "jogischen Strebens" (köstlich!).
Meine Nachbarin ist nach dem Rausfall sofort hinausgestürmt, um ihre Deutschlandfähnchen vom Auto zu fetzen.

Ab heute denken wir jedenfalls ein wenig  brexischer als früher,   und
wenden uns empört der "neuen Nibelungenstrophe" zu.
Sie fügt sich aus zwei männlichen Reimpaaren zusammen, die wiederum aus jambischen Sechshebern bestehen, deren Mittelzäsur durch zwei unbetonte Silben verdeutlicht wird.

Eine rein rhetorische Frage

Ist denn in deutschen Landen / versandet aller Sang,
der gestern noch in Wembley / als Hoffnungsruf erklang?
Und falls er nicht entschlafen / warum bleibt jeder stumm,
der Dienstag froh geschmettert / im Ball-Delirium?

[Michel]

Ist denn in deutschen Landen / versandet aller Sang,
der gestern noch im WZ / des Nachbarn schief erklang?
Heut gibt er nur den Stummen /  mit Blicken, rot und hohl.
der andre Nachbar hustet. / Der war in Wembley wohl.

[davidmuc]

Was gestern in der Wohnung / des Nachbarn schief erklang?
Ein Monster, das den Nachbarn mit spitzem Kiefer schlang!
Schon huscht es durch den Hausflur, in seinem Bauch drin ist
bestimmt der vierte Nachbar - ob du gleich auch drin bist?

da bimmelt schon die Klingel, sie tönt im Klingelschrank:
Das Monster kotzt den Nachbarn, es war der Schlingel krank,
und kotzt die ganzen Nachbarn, ich aber rase gleich,
dass ich ihm zwei Tabletten, nebst einem Glase reich.

Es  meint: Du hast ja Nachbarn, da macht mein Magen Schluss,
weshalb nun jeder Nachbar drei Kreuze schlagen muss,
holt alle in die Küche, spielt mit Herrn Kröner Schach,
Die andern Nachbarn feiern, das war ein schöner Krach!

[Justadreamer]

Die einst so stillen Mauern verbreiten diesen Klang
der im kratz´gen Timbre des Alten, Fiesen schwang.
Er sprach zu mir im Hausflur: "Es war zwar nur ein Mal,
doch Piano nachts um Achte, das ist die reinste Qual!"


Drum spiel ich jetzt ganz leise auf dem Klavierophon
Doch fehlt im Gegenzuge der mir erwies´ne Lohn.
Vor´m Fernseh quäkt der Alte, stets durch die Wand und Nacht
Am Dienstag gab´s zur Strafe des Ludwigs Nummer Acht.

[Justadreamer]

PS: Der Nachbar ist erfunden - zum Glück!
Beethovens 8e Sinfonie müsste auch noch für Klavier umgeschrieben werden...

Immer wieder schön, hier reinzulesen!

[Reimeschreiberin]

Neulich in meiner Wohnung da trug sich dieses zu:
Es kamen neue Nachbarn mit einem Kakadu.
Der schrie den ganzen Tag lang nach einer lieben Frau.
Was taten da die Nachbarn? Du denkst es dir, genau.

Nun schrien derer zweie gleich hinter meiner Wand,
so laut, dass ich daneben rein gar nichts mehr verstand.
Da holte ich zum Trotze einen Pistolenkrebs.
Der übertönt sie locker, doch lärmte es hier stets.

Die ganzen andern Nachbarn gingen dagegen vor.
Weg sind nun alle Tiere, es bleiben Wanzen nur.
In meinen beiden Ohren wütet der Tinitus
so grell wie tausend Bohrer, das ist kein Hochgenuss.

[davidmuc]

Ach je, die liebe Wohnung: War alles Staub und Tand
Jetzt ist es wie Belohnung. Lang war ich taub  und stand.
Und besser, ich verschweige, was so mein Besen schluckt
Vermeide so, schwer feige, dass wer beim Lesen spuckt.

[Reimeschreiberin]

Gar doppelt* und geschüttelt, das ist ja wohl der Hit.
Bei doppelt und geschüttelt, da mach ich gerne mit.
In doppelt mach ich nachher einen Espresso mir,
geschüttelt nicht gerührt einen Martini dir.
 

Ein doppelt gereimtes und dann noch geschütteltes Gedicht bekomme ich leider nicht hin. Da fallen mir ein doppelter Espresso und ein geschüttelter Martini vermutlich leichter.

* doppelt gereimt in einem Vers ist gemeint

[Fridolin]

Mit doppelt geschütteltem Espresso oder Martini kann ich nicht dienen, aber wie wäre es mit Bier, passt ja auch besser zu Fußballübertragungen, auch wenn wir nicht mehr dabei sind.

Es soff der Hasen-Fritze begeistert Ganter Bier,
bekam durch Phrasen Hitze, er hat wie Panther Gier.
Die Kinder hießen Fratze und fuhren Binder-Car,
doch Platz für Friesen hat’se die feine Kinder-Bar.

[davidmuc]

Grüße an den geschätzten Kollegen! Und Dankeschön, Reimeschreiberin, für die Getränke!

Mein Bier, Dein Bier

Was Dein Bier und was mein Bier,
was man nicht ändern kann.
Du zeigtest nicht dein Bein mir.
Gut, ich erkenn dann an:
Mein Bier wird niemals dein Bier,
wenn ichs nicht kann, dann En-
de: Klebte nur am Bein dir,
weil ich kein‘ Andern kenn.

[Michel]

Es soff der Hasen-Fritze begeistert Ganter Bier
und rief: Freiburg ist Spitze, denn Ganter braut allhier!
Er parkt die beiden Fratze dort an der Kinder-Bar,
die Frau auf der Matratze - und soff sich durch bis Lahr.

[Tula]

Fußball-Abend

Im Sessel warme Eier / im Kühlschrank kühles Bier.
Kein Hund geht auf die Leier / den warf ich vor die Tür.
Im Bettchen bei der Katze / ein Seidenhemd verbirgt
das Weib auf der Matratze / die Schlaftablette wirkt.

Schnell noch ein Lied gesungen / dann pfeift der Schiri an.
Der Ball wird abgerungen / der Ball verliert den Mann ...
Ein Schrei! Die Ränge toben / es fiel der erste Schuss.
Der Puls springt steil nach oben / weil der doch drin sein muss!

Bald saust der Ball ins Leere / bald kullert er ins Aus.
Man streckt im Kampf um Ehre / auch gern das Bein heraus.
Das Spiel geht wieder weiter /  die Kurve grölt im Chor.
Der Gegner ist gescheiter / er schießt das Ding ins Tor.

Die Mannschaft stürmt verwegen / die Zeit verfliegt im Nu.
Die andern halten gegen / und schlagen plötzlich zu!
Die Mannschaft zeigt Courage / fast ist das Spiel vorbei.
Der Feind setzt auf Massage ... / ein Konter – jetzt sinds‘s drei!

Der Schiri hat Erbarmen / und pfeift das Drama ab.
Man liegt sich in den Armen / man wünscht sich selbst ins Grab.
Zwei Stunden Analyse / der Kühlschrank schließlich leer.
Dann siegt die Zirbeldrüse / der Traum heut‘ Nacht wird schwer …