Alltagsgestank

[Heribert]

Acht Stunden Dienst unter dem Rumpf einer Boeing, in einem beheizten Dienst-Opel im Februar, im unbeheizten Hangar 3, Überlassener Bereich nach §9 Luftsicherheitsgesetz – und keine Ablöse.

Ich muss mal. Eine Streife soll kommen um mich abzulösen; die Wachablöse, damit ich scheißen kann.

Drüben steht der Araber. Er bewacht die Boeing seiner arabischen Airline, seines Sultans, und ich bewache den Araber, damit der nicht hinauf aufs Vorfeld läuft. Ihm fehlt dazu der passende Ausweis. Also bewache ich den Araber, der bewacht die Boeing, und ich hoffe auf eine Wachablöse, weil mich ein großer Wurstwurm drückt. Denn der will raus. Unbewacht, ohne Ausweis.

Ich funke also die Einsatzleitung an und sage, dass ich mal raus muss; darf ja meinen Platz nicht verlassen.
„Steht gerade keiner zur Verfügung“, sagt der Kerl am anderen Ende. Soll mich etwas gedulden, er schickt Formann vorbei. „Gut, was solls“, sage ich und lasse einen fahren.

Drüben sitzt jetzt der Araber in seinem Wach-Auto, einem schwarzen Geländewagen – und pennt. Sein Schädel klebt an der Kopflehne und ihm steht der Mund offen. Und ich weiß nicht mehr wie ich sitzen soll.

Ich hatte gestern Bratkartoffeln, mit Leberwurst (mitgebraten), Kapern (mitgebraten) und überall Zwiebeln; dazu roten Wein. Und heute Morgen gabs ein hartes Ei mit Senf (scharf), Brot mit Currypaste bestrichen (scharf), Oliven und polnische Würste.
Jetzt ist alles durchgerutscht, nachgerutscht, hat sich alles verdichtet und drückt verdammt. Ich kann mich gar nicht auf mein Hörbuch konzentrieren.

Ich furze um Druck abzubauen. Hier ein Püpsi, da ein Pupsi, dort eine Bö, und zwischenzeitlich sturmartige Darm-Blizzards. Ich verlasse den Dienst-Opel nicht; zu kalt draußen und alles würde schlimmer. Ein Klo, ich brauche ein Klo, denke ich und furze. Es ist heiß in der Hose. Dickwandige, siedende Gasblasen.

Há! Der Lotsenwagen!
Jetzt kommt also Formann; er soll das Auto auf der Markierung vor dem Flieger abstellen und muss etwa hundert Meter zu mir herüberlaufen. Dienstanweisung. Ich steige schon mal aus.

Aber was ist das! Die Müllern! Die schöne Müllerin! Aber ich dachte...
Verfroren kommt sie angetippelt, hat die Arme fest vor dem Busen verschränkt und hält den Kragen ihres Dienstmantels über der Nase verschlossen.
Ich habe doch nicht ahnen können... Ich dachte, der Formann...
- Hoffentlich hat die Schnupfen!

„Hallo, brauchst ´ne Ablöse?“
„(...)“
„Motor läuft? Hast eingeheizt?“
„(...)“
„Saukalt, was?“
Sie schiebt sich an mir vorbei und lässt ihren tollen Hintern auf den Fahrersitz fallen; schließt die Tür.

Öffnet die Tür und steigt wieder aus. Hat ihr Näschen wieder in den Kragen gesteckt, ist fahl im Gesicht; die Augen schielen etwas nach außen und sie stützt sich erschöpft auf den Kotflügel.
Der Araber drüben ist aufgewacht und ist aus dem Wagen gestiegen. Er gähnt, streckt seine Arme in die Luft, streckt seinen Rücken und dehnt seine Nackenmuskulatur. Und winkt dann freundlich herüber.

[Catalano]

Hey, hat mir sehr gut gefallen. Dieser Sprachgebrauch macht mir immer Lust, eine Geschichte zu lesen.

Die sprachlichen Spielereien, die du dir raus genommen hast, finde ich gelungen.

Aber nur für das bessere Verständnis:

Hat der Kerl mit der Müllerin im Opel ne Nummer geschoben, obwohl er wie verrückt kacken musste? Oder ist sie sofort wieder nach draußen gehuscht, weil es im Wagen so nach abgestandenen Fürzen roch?

[Jack Burns]

Hart an der Grenze zur Infantilität.
Die routinierte Schreibe rettet es dann. Den "Wurstwurm" kann ich aber echt nicht ab.
Ansonsten ist es schon lustig. Irgendwie.

Ich habe nicht gelesen, dass eine Nummer geschoben würde. Wäre auch angesichts des Wurstwurms eine unglaubwürdige Wendung.
Und die Dame möchte ich kennen lernen, bei der in diesem Auto ein erotisches Verlangen erglühen würde.

Gruß
Jack

[Catalano]

Ich dachte, die hätten eventuell ne Nummer geschoben, weil sie sich danach erschöpft an den Kotflügel stützt. Kann aber auch am Gestank gelegen haben.