Vergehend

[Paco Cienfuegos]

Wie in Stein gemeißelt
strömt noch dein nackter Schatten
kaum vergangen
zwischen den von Hitzeträumen
unter Bettdecken
geplagten Sträuchern  

Aus der halboffenen Stille
        einer verschwommen
                      erloschenen Zimmertür
schleicht sich die verschwiegene
                                niemals geflüsterte  
Einsamkeit verwitweter Katzenaugen
heraus

Im Schlund des Kissens
danach-Geruch
zerknäult
aufgeprallt
wie das Anstarren
von Orangen
die eben gerade
auf Asphalt zerbersten

Totzerriebenene
gedachte Gedanken
verbrennen
in einer Erinnerung
nach fadem Morgenlicht
die sehnsüchtig
           in der Dunkelmaterie
           der Matratze
zwischen Pizzakrümmel  
warmrot ertrinkt

bist du noch
und wer bevor

ich vergehe?

[Gefühlsgier]

Oh, das wirkt ziemlich kraftvoll.
Ein ganz großes Danke für das Wort"Totzerriebenene" - ich mag Wortneuschöpfungen und sammel diese nahezu in meinem Gehirn.

Eine schöne Mehrdeutigkeit am Schluss.


liebe Grüße

[Paco Cienfuegos]

Hallo "Gefühlsgier",

vielen Dank für deine Worte. Es ist ein Gedicht, dass das Gefühl von Vergänglichkeit, Ambivalenz von Begegnung, von emotional sehr intensiver (auch körperlicher) Begegnung, spiegeln soll. Je intensiver, unmittelbarer der Kontakt, umso stärker ist manchmal dieses Gefühl, das uns mit Fragen/Zweifel alleine lässt. Bin froh, wenn das bei dir so ungefähr angekommen ist. Wenn man so schreibt, weiss man ja nie genau, ob man das, was man gedanklich/gefühlsmäßig konstruiert auch "transportieren" kann.

Liebe Grüße

Paco

[Gefühlsgier]

Ja, so ist es auch rübergekommen. You got me at this.

[silesio]

" Es ist ein Gedicht, dass das Gefühl von Vergänglichkeit, Ambivalenz von Begegnung, von emotional sehr intensiver (auch körperlicher) Begegnung, spiegeln soll."
Darin spiegelt sich vieles, sehr vieles, zu vieles wieder, und das empfinde ich als deutlichen Nachteil.
silesio

[crim]

Hi Paco,
interessant. Insofern, dass mich dieser Text motivieren wird mehr von dir zu lesen, obwohl ich auch an ein paar Stellen Bedenken habe. Gerade die Einstiegszeile kommt mir etwas abgegriffen vor, wird dann in der zweiten mit einem eher widersprüchlichen Bild aufgelöst. In Stein gemeißelt bedeutet ja etwas Starres, Bleibendes, dann aber direkt das Strömen des Schattens, also etwas sehr Bewegliches und Flüchtiges. Diese beiden Bilder zu verbinden, halte ich für gelungen, sie selbst sind mir aber an sich allein zu gängig. Insgesamt erschafft dein Gedicht eine Atmosphäre, ja schon die eines Hitzetraums, nur manchmal arbeitest du mir zu sehr mit dem poetischen Basisprogramm: Schatten, Stille, Einsamkeit, Gedanken, Erinnerung, sehnsüchtig, verschwommen, erloschen, zerbersten, verbrennen, ertrinkt. Du mischst das aber wiederum durchaus geschickt, so dass es nicht rein erschlagend wirkt. Die Orangen stechen sehr positiv heraus für mich, Gut! Eine Sache noch: Pizzakrümmel... Ich glaube Krümel schreibt sich mit einem "m" und hier müsste angepasst werden: "zwischen Pizzakrümeln".
Also, ich bin hier insgesamt hin und hergerissen zwischen: Gut und weiß nicht so recht. Wichtigste Erkenntnis: Autor merken, mehr lesen.
LG crim

[Paco Cienfuegos]

Hi Crim,
Danke für die differenzierte Rückmeldung. Und: peinlich, peinlich... klar, es stimmt: Krümel wird natürlich nur mit einem "m" geschrieben. Danke für den Hinweis. Es freut mich, dass ich Dich zumindest etwas neugierig auf weitere Gedichte von mir gemacht habe.

Gruß

Paco

[Gefühlsgier]

Und mir ist es peinlich, dass ich das übersehen habe.
Manchmal bin ich so sehr vom Inhalt eingenommen, dass mir weitere Feinheiten entgehen

[Paco Cienfuegos]

Hi Gefühlsgier,

so, wie du es formulierst, klingt es sehr positiv. Für mich ist es zudem auch sehr schmeichelhaft. Es ist fast schon eine Art Kompliment (weil du sagst, dass die durch das Gedicht erzeugte Atmosphäre so vereinnahmend gewesen sei). Peinlich muss es nur mir sein. Lerne aber immer wieder hinzu.

[I.J. Melodia]

Hi,

also mir gefällt dein Gedicht auch sehr! Die Stimmung, die Gedanken...

Würde crim allerdings mit seinem Einwand bezüglich der Eingangszeile beipflichten. Die restliche Strophe widerspricht dem; ist fließend.

Und - ich kann gar nicht glauben, dass ich so etwas schreibe - mich stören die Pizzakrümel. Sie passen absolut ins Bild, aber das Wort scheint mir nicht "gedichttauglich". Also mehr die Krümel, als die Pizza Krumen schient mir passender; aber ob dann die Pizza noch passt... muss noch mal darüber nachdenken...

lg

[Paco Cienfuegos]

Hi Melodia,

ja... die verdammten Pizzakrüm(m)el, sie scheinen mein Verhängnis zu sein. Aber ja doch (Spass beiseite), die stören mich nun auch... muss eine Lösung finden, danke dir für das wertvolle Feed-back. Die Eingangsstrophe (die ja auch mehrmals thematisiert wurde) ist bewusst so gestaltet: ein widersprüchliches Bild. So was wie die Antinomie (Gegensatzeinheit) menschlicher Existenz in einer Beziehungssituation, die nicht mehr greifbar ist (es vielleicht niemals war), die nur noch diffus erscheint.

Liebe Grüße und einen schönen Rosenmontag

Paco