18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Mein Einstand: der Anfang von "Im Auge der Kamera"


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Orkania
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 39
Beiträge: 16
Wohnort: Schweiz


Beitrag13.01.2015 15:52
Mein Einstand: der Anfang von "Im Auge der Kamera"
von Orkania
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier ist also der Anfang meines ersten Romans. Er heißt "Im Auge der Kamera" und ist ein Mysterykrimi mit Gruselelementen und Humor.

Bei den vielen doppelten s bitte ich schon vorab um Entschuldigung. Ich habe eine Schweizer Tastatur auf der es kein sz gibt. Also muss ich alles nachträglich verbessern (was mir auch erst seit Anfang des Jahres mit meinem neuen Schreibprogramm angezeigt wird). Daher ist dieser Roman noch echt "schweizerisch".


Woche I

Montag

Als Erich Hermans seinen Dienst antrat, dämmerte es bereits. Es war nach zwei Wochen Urlaub der erste Arbeitstag für den Nachtwächter. Bereits seit Jahren arbeitete Erich hier in der bekannten Agentur und sorgte nachts für die Sicherheit des alten Gebäudes. Es war eine schöne Villa, in der die Agentur ihren Hauptsitz hatte, sorgfältig renoviert und hergerichtet. Sogar die Stuckverzierungen und Dachschindeln wurden unter großem Aufwand erhalten. Das Innere des Gebäudes war wesentlich funktionaler, aber auch hier wurde viel Wert auf ein passendes Ambiente gelegt. Jedes mal, wenn Erich das Haus sah, freute er sich, hier zu arbeiten. Es war sehr viel schöner als ein großes Warenhaus oder ein Riesendiscounter.
Die Empfangsdame telefonierte angeregt. „Nein, der Herr Werner ist im Urlaub auf Teneriffa. Er kommt erst nächste Woche wieder!“ Sie lachte über irgendetwas und winkte Erich nur halbherzig zu. Schnell trug er sich in das Personalbuch ein und schloss sein kleines Überwachungsbüro auf. Um 8 Uhr am Abend waren die meisten Angestellten schon gegangen. Bei einem Blick ins Verzeichnis sah er, dass sich bereits über die Hälfte ausgetragen hatte. Nur im zweiten Stock schienen noch ein paar Büros an einem Großauftrag zu arbeiten. Erich legte seinen Gürtel mit der Taschenlampe und der mobilen Telefoneinheit um und fuhr den Computer hoch. Dann rief er in der Sicherheitsfirma an und bestätigte seinen Dienstantritt. Die Empfangsdame würde bis nach 8 Uhr bleiben und beim Verlassen des Gebäudes die Eingangstür absperren. Danach würden die restlichen Angestellten durch die Tiefgarage mit ihrem eigenen Schlüssel hinausfahren oder Erich bitten, die Tür noch einmal zu öffnen. Das kam selten vor, da die meisten vorher das Haus verließen.
Er hatte nun zwei Stunden Zeit, um Aufnahmen der gestrigen Nacht noch einmal durchzusehen und dann auf einer externen Festplatte abzuspeichern. Früher hatte er die Videobänder in das Archiv im Keller getragen, aber heute benutzte man ja für all das einen PC. Erich hatte extra eine Schulung besucht und war sogar über ein Wochenende zu einem Crash-Kurs nach Hamburg gefahren. Das hatte sich bezahlt gemacht, denn er kam mit dem Programm sehr gut zurecht. Sogar seine Urlaubsfilmchen hatte er zu Hause am heimischen Computer ein wenig bearbeiten können. Er öffnete das Programm und lud die Video- Dateien des gestrigen Tages. Er überflog flüchtig das Protokoll mit den Einträgen seiner Urlaubsvertretung. Alles schien bestens gelaufen zu sein.
 
Kurz nach Mitternacht machte Erich Pause. Er kontrollierte noch einmal, ob der Computer die Übertragungen der Kameras aufzeichnete und schloss dann hinter sich die Tür ab. Seine Pause machte er am liebsten in der Angestelltenküche, um nicht die ganze Zeit in dem engen Zimmer zu sitzen. Bevor er nach oben ging, benutzte er das kleine WC gegenüber. Dort war ein kleines Fenster, das ein wenig gekippt war. Es war zwar vergittert, aber Erich schloss es dennoch. Er mochte keine Fenster unten offen lassen, wenn er oben am Tisch saß und Kaffee schlürfte.
Erich nahm die Treppe nach oben, er benutzte nie den Fahrstuhl. Natürlich rief er ihn mehrmals während seiner Schicht und kontrollierte die Fahrstuhlkabine, aber er fuhr nicht damit. Obwohl alles einwandfrei funktionierte, hatte er Angst stecken zu bleiben. Er war ja ganz allein im Gebäude. Auch wenn er in der Lage wäre, den Wartungsdienst anzurufen, kämen die ohne Schlüssel nicht ins Gebäude. Man müsste daher auch die Sicherheitsfirma anrufen, für die er arbeitete, oder den Chef der Agentur, der sein Auftraggeber und Ansprechpartner war. Beides wäre ihm einfach zu peinlich. Mal ganz davon abgesehen, dass er vielleicht eine Abmahnung riskierte.
Er stieg die Treppen hinauf und schnaufte ein wenig. Er musste abnehmen. Hoffentlich warteten oben keine Naschereien auf ihn. Denn er würde schweren Herzens verzichten müssen. Im ersten Stock kontrollierte er die Kamera im Treppenhaus und wartete auf das rote Auge. Dann winkte er. Am Ende der Schicht sah er sich immer nochmal die Aufzeichnungen an und dann schmunzelte er jedes Mal über diese kleine Angewohnheit.

Im nächsten Moment erstarrte er. Was war das? Er hatte etwas gehört! Er lauschte einen Moment angestrengt. Das klang doch nach Schritten im Flur, schwere und schnelle Schritte, polternd, taumelnd. War noch jemand im Büro?
Er hatte doch heute bereits zwei Rundgänge gemacht und alle Büros überprüft und auf seinen Kontrollgängen war ihm nichts und niemand aufgefallen. Hatte er ein geöffnetes Fenster übersehen? Oder war jemand über den Balkon eingestiegen? Eher unwahrscheinlich.
Langsam zog er die schwere Taschenlampe aus dem Gürtel. Seines Wissens nach war das Haus leer. Erich zögerte nicht lang. Er öffnete die Tür zum Flur. Das Geräusch kam von hinten. Da war tatsächlich jemand, er stöhnte. Erich überlegte kurz, dann ging er mit drei schnellen leisen Schritten den Flur hinunter bis zur Theke. Die Türen zu den Büros auf der rechten Seite waren geschlossen, die Angestellten hatten sich ausgetragen. Hier war niemand mehr.
Erich warf einen schnellen Blick hinter die Theke und drehte sich dann um. Er hatte hier aus dem hinteren Teil des Flures die Geräusche gehört, aber hier war niemand. Der starke Lichtkegel der Taschenlampe erleuchtete die Wände. Nichts.
Erich trat hinter die Theke und schaltete den Hauptlichtschalter für die gesamte Etage an. Sekunden später flammten alle Deckenlampen auf. Nun war es taghell. Erich kontrollierte nacheinander alle Büroräume, den Abstellraum und die Toiletten. Er war sich sicher, etwas gehört zu haben. Langsam schritt er noch einmal den Flur auf und ab. Die schwere Lampe wog er in der Hand.
Sein Blick fiel auf einen gläsernen Rahmen mit einem abstrakten Gemälde rechts von ihm. Es hing ein wenig schief. Er streckte die Hand aus, korrigierte das Bild vorsichtig und lauschte dabei angestrengt. Aber er hörte nichts mehr. Auf dem Weg nach oben in die Küche hatte er ein ungutes Gefühl. Vergeblich versuchte er es abzuschütteln.

Früher hätte er seine Frau angerufen. Sie ging nie vor Mitternacht ins Bett und irgendwann hatten sie sich dieses Ritual angewöhnt. Er rief sie kurz an, um Gute Nacht zu sagen, und sie wünschte ihm Guten Appetit. Beide hatten oft herzlich darüber gelacht. Jetzt nach ihrem Tod waren seine „Mittagspausen“ plötzlich ziemlich lang. Erich ließ sich in der Küche auf einen Stuhl sinken. Was war nur mit ihm los? Ein Nachtwächter hatte keine Angst im Dunkeln! Warum war er so angespannt?
Er hatte zwei Wochen Urlaub hinter sich. Mit einem Freund war er zum Angeln an die Mecklenburger Seenplatte gefahren und hatte sich richtig gut erholt. Und jetzt schmerzte sein Nacken vor lauter Anspannung und er sah ständig über die Schulter. Erich atmete tief durch. Seit dem Tod seiner Frau hatte er häufig unter Alpträumen gelitten und war schweißgebadet aufgewacht. Er hatte damals seinen Hausarzt um Rat gefragt und weil er keine Pillen schlucken wollte, hatte der Arzt ihm Atemübungen empfohlen, um sich vor dem Einschlafen besser zu entspannen und nach einem Alptraum wieder zu beruhigen.
Erich begann also mit einer Atemübung. Er spürte, wie sich sein Herzschlag wieder verlangsamte. Die Härchen im Nacken standen ihm auch nicht mehr zu Berge. Sehr gut. Er fuhr sich mit der Hand über das verschwitzte Gesicht. Vielleicht sollte er das Fenster öffnen und ein wenig frische Luft hereinlassen. Mit der kühlen Abendluft und den Atemübungen ging es ihm schnell wieder besser. Wahrscheinlich hatte er eine Maus gehört und jetzt ging seine Phantasie mit ihm durch. Zum Glück waren nur in den Fluren Kameras und nicht in den Büros und Aufenthaltsräumen. Dann konnte ihn niemand beobachten.
Er beschloss, die Pause ausfallen zu lassen und gleich seinen Dienst fortzusetzen. Also rückte er den Stuhl wieder an seinen Platz, schloss das Fenster und ging zurück ins Treppenhaus. Als er im ersten Stock an der Tür vorbeiging, schaute er nicht noch einmal zur Kamera hoch, sondern lief schnell weiter nach unten. Er ging in seinem Überwachungsraum an seinen Platz und kontrollierte alle Monitore, Türen und Fenster sowie die Alarmanlage. Er war allein im Haus. Niemand hatte versucht es zu betreten. Alles war wieder ruhig.
Erich notierte im Protokoll trotzdem den außergewöhnlichen Kontrollgang und machte einen Vermerk für seinen Chef, den er sorgfältig in den Computer tippte und per Intranet an die Assistentin der beiden Partner schickte. „Geräusche im 1. Stock – keine besonderen Vorkommnisse. Mäuse?“

Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1735



Beitrag13.01.2015 18:56
Re: Mein Einstand: der Anfang von "Im Auge der Kamera"
von Stefanie
Antworten mit Zitat

Hallo Orkania,
der Romananfang gefällt mir und macht mich neugierig, wie es weitergeht.

Allerdings machst du oft durch zuviel unnötige Informationen die gut aufgebaute Spannung wieder kaputt. Gerade am Anfang, wenn du den Leser in die Geschichte reinziehen willst, würde ich Informationen auf das Nötigste beschränken. Ein paar Andeutungen, damit die Ereignisse verständlich sind, aber keine umständlichen Erklärungen. So bekommt die Geschichte mehr Tempo.

ZB würde ich die Informationen über das Haus mit "die liebevoll restaurierte Villa" zusammenfassen. So weiß der Leser, dass das Haus alt, aber schön und sorgfältig hergerichtet ist.

Dass er im Urlaub war, kann man auch zeigen, indem die Empfangsdame ihn mit Wie wars im Urlaub begrüßt, dann aber ans Telefon geht. (Show, don´t tell). So weiß man auch gleich, dass er schon länger da arbeitet.

Die ganzen Details, wer wann wie das Haus verlässt, würde ich häppchenweise über den weiteren Roman verteilen, am Anfang ist das zu viel.

Es reicht zu wissen, dass er Angst im Aufzug hat, die rationalen Gründe dahinter nehmen eher Spannung.

Insgesamt kürzen, kürzen, kürzen!


Orkania hat Folgendes geschrieben:


Woche I

Montag

Als Erich Hermans seinen Dienst antrat, dämmerte es bereits. Es war nach zwei Wochen Urlaub der erste Arbeitstag für den Nachtwächter. Bereits seit Jahren arbeitete Erich hier in der bekannten Agentur und sorgte nachts für die Sicherheit des alten Gebäudes. Es war eine schöne Villa, in der die Agentur ihren Hauptsitz hatte, sorgfältig renoviert und hergerichtet. Sogar die Stuckverzierungen und Dachschindeln wurden unter großem Aufwand erhalten.
aufwendig renovierten Villa.
Das Innere des Gebäudes war wesentlich funktionaler, aber auch hier wurde viel Wert auf ein passendes Ambiente gelegt. Jedes mal, wenn Erich das Haus sah, freute er sich, hier zu arbeiten. Es war sehr viel schöner als ein großes Warenhaus oder ein Riesendiscounter.
Die Empfangsdame telefonierte angeregt. „Nein, der Herr Werner ist im Urlaub auf Teneriffa. Er kommt erst nächste Woche wieder!“ Sie lachte über irgendetwas und winkte Erich nur halbherzig zu. Schnell trug er sich in das Personalbuch ein und schloss sein kleines Überwachungsbüro auf. Um 8 Uhr am Abend waren die meisten Angestellten schon gegangen. Bei einem Blick ins Verzeichnis sah er, dass sich bereits über die Hälfte ausgetragen hatte. Nur im zweiten Stock schienen noch ein paar Büros an einem Großauftrag zu arbeiten. Erich legte seinen Gürtel mit der Taschenlampe und der mobilen Telefoneinheit um und fuhr den Computer hoch. Dann rief er in der Sicherheitsfirma an und bestätigte seinen Dienstantritt. Die Empfangsdame würde bis nach 8 Uhr bleiben und beim Verlassen des Gebäudes die Eingangstür absperren. Danach würden die restlichen Angestellten durch die Tiefgarage mit ihrem eigenen Schlüssel hinausfahren oder Erich bitten, die Tür noch einmal zu öffnen. Das kam selten vor, da die meisten vorher das Haus verließen.
Er hatte nun zwei Stunden Zeit, um Aufnahmen der gestrigen Nacht noch einmal durchzusehen und dann auf einer externen Festplatte abzuspeichern. Früher hatte er die Videobänder in das Archiv im Keller getragen, aber heute benutzte man ja für all das einen PC. Erich hatte extra eine Schulung besucht und war sogar über ein Wochenende zu einem Crash-Kurs nach Hamburg gefahren. Das hatte sich bezahlt gemacht, denn er kam mit dem Programm sehr gut zurecht. Sogar seine Urlaubsfilmchen hatte er zu Hause am heimischen Computer ein wenig bearbeiten können. Er öffnete das Programm und lud die Video- Dateien des gestrigen Tages. Er überflog flüchtig das Protokoll mit den Einträgen seiner Urlaubsvertretung. Alles schien bestens gelaufen zu sein.
 
Kurz nach Mitternacht machte Erich Pause. Er kontrollierte noch einmal, ob der Computer die Übertragungen der Kameras aufzeichnete und schloss dann hinter sich die Tür ab. Seine Pause machte er am liebsten in der Angestelltenküche, um nicht die ganze Zeit in dem engen Zimmer zu sitzen. Bevor er nach oben ging, benutzte er das kleine WC gegenüber. Dort war ein kleines Fenster, das ein wenig gekippt war. Es war zwar vergittert, aber Erich schloss es dennoch. Er mochte keine Fenster unten offen lassen, wenn er oben am Tisch saß und Kaffee schlürfte.
Erich nahm die Treppe nach oben, er benutzte nie den Fahrstuhl. Natürlich rief er ihn mehrmals während seiner Schicht und kontrollierte die Fahrstuhlkabine, aber er fuhr nicht damit. Obwohl alles einwandfrei funktionierte, hatte er Angst stecken zu bleiben. Er war ja ganz allein im Gebäude. Auch wenn er in der Lage wäre, den Wartungsdienst anzurufen, kämen die ohne Schlüssel nicht ins Gebäude. Man müsste daher auch die Sicherheitsfirma anrufen, für die er arbeitete, oder den Chef der Agentur, der sein Auftraggeber und Ansprechpartner war. Beides wäre ihm einfach zu peinlich. Mal ganz davon abgesehen, dass er vielleicht eine Abmahnung riskierte.
Er stieg die Treppen hinauf und schnaufte ein wenig. Er musste abnehmen. Hoffentlich warteten oben keine Naschereien auf ihn. Denn er würde schweren Herzens verzichten müssen. Im ersten Stock kontrollierte er die Kamera im Treppenhaus und wartete auf das rote Auge. Dann winkte er. Am Ende der Schicht sah er sich immer nochmal die Aufzeichnungen an und dann schmunzelte er jedes Mal über diese kleine Angewohnheit.

Im nächsten Moment erstarrte er. Was war das? Er hatte etwas gehört! Er lauschte einen Moment angestrengt. Das klang doch nach Schritten im Flur, schwere und schnelle Schritte, polternd, taumelnd. War noch jemand im Büro?
Er hatte doch heute bereits zwei Rundgänge gemacht und alle Büros überprüft und auf seinen Kontrollgängen war ihm nichts und niemand aufgefallen. Hatte er ein geöffnetes Fenster übersehen? Oder war jemand über den Balkon eingestiegen? Eher unwahrscheinlich.
Langsam zog er die schwere Taschenlampe aus dem Gürtel. Seines Wissens nach war das Haus leer. Erich zögerte nicht lang. Er öffnete die Tür zum Flur. Das Geräusch kam von hinten. Da war tatsächlich jemand, er stöhnte. Erich überlegte kurz, dann ging er mit drei schnellen leisen Schritten den Flur hinunter bis zur Theke. Die Türen zu den Büros auf der rechten Seite waren geschlossen, die Angestellten hatten sich ausgetragen. Hier war niemand mehr.
Erich warf einen schnellen Blick hinter die Theke und drehte sich dann um. Er hatte hier aus dem hinteren Teil des Flures die Geräusche gehört, aber hier war niemand. Der starke Lichtkegel der Taschenlampe erleuchtete die Wände. Nichts.
Erich trat hinter die Theke und schaltete den Hauptlichtschalter für die gesamte Etage an. Sekunden später flammten alle Deckenlampen auf. Nun war es taghell. Erich kontrollierte nacheinander alle Büroräume, den Abstellraum und die Toiletten. Er war sich sicher, etwas gehört zu haben. Langsam schritt er noch einmal den Flur auf und ab. Die schwere Lampe wog er in der Hand.
Sein Blick fiel auf einen gläsernen Rahmen mit einem abstrakten Gemälde rechts von ihm. Es hing ein wenig schief. Er streckte die Hand aus, korrigierte das Bild vorsichtig und lauschte dabei angestrengt. Aber er hörte nichts mehr. Auf dem Weg nach oben in die Küche hatte er ein ungutes Gefühl. Vergeblich versuchte er es abzuschütteln.

Früher hätte er seine Frau angerufen. Sie ging nie vor Mitternacht ins Bett und irgendwann hatten sie sich dieses Ritual angewöhnt. Er rief sie kurz an, um Gute Nacht zu sagen, und sie wünschte ihm Guten Appetit. Beide hatten oft herzlich darüber gelacht. Jetzt nach ihrem Tod waren seine „Mittagspausen“ plötzlich ziemlich lang. Erich ließ sich in der Küche auf einen Stuhl sinken. Was war nur mit ihm los? Ein Nachtwächter hatte keine Angst im Dunkeln! Warum war er so angespannt?
Er hatte zwei Wochen Urlaub hinter sich. Mit einem Freund war er zum Angeln an die Mecklenburger Seenplatte gefahren und hatte sich richtig gut erholt. Und jetzt schmerzte sein Nacken vor lauter Anspannung und er sah ständig über die Schulter. Erich atmete tief durch
. Seit dem Tod seiner Frau hatte er häufig unter Alpträumen gelitten und war schweißgebadet aufgewacht. Er hatte damals seinen Hausarzt um Rat gefragt und weil er keine Pillen schlucken wollte, hatte der Arzt ihm Atemübungen empfohlen, um sich vor dem Einschlafen besser zu entspannen und nach einem Alptraum wieder zu beruhigen.
Erich begann also mit einer Atemübung. Er spürte, wie sich sein Herzschlag wieder verlangsamte. Die Härchen im Nacken standen ihm auch nicht mehr zu Berge. Sehr gut. Er fuhr sich mit der Hand über das verschwitzte Gesicht. Vielleicht sollte er das Fenster öffnen und ein wenig frische Luft hereinlassen. Mit der kühlen Abendluft und den Atemübungen ging es ihm schnell wieder besser. Wahrscheinlich hatte er eine Maus gehört und jetzt ging seine Phantasie mit ihm durch. Zum Glück waren nur in den Fluren Kameras und nicht in den Büros und Aufenthaltsräumen. Dann konnte ihn niemand beobachten.
Er beschloss, die Pause ausfallen zu lassen und gleich seinen Dienst fortzusetzen. Also rückte er den Stuhl wieder an seinen Platz, schloss das Fenster und ging zurück ins Treppenhaus. Als er im ersten Stock an der Tür vorbeiging, schaute er nicht noch einmal zur Kamera hoch, sondern lief schnell weiter nach unten. Er ging in seinem Überwachungsraum an seinen Platz und kontrollierte alle Monitore, Türen und Fenster sowie die Alarmanlage. Er war allein im Haus. Niemand hatte versucht es zu betreten. Alles war wieder ruhig.
Erich notierte im Protokoll trotzdem den außergewöhnlichen Kontrollgang und machte einen Vermerk für seinen Chef, den er sorgfältig in den Computer tippte und per Intranet an die Assistentin der beiden Partner schickte. „Geräusche im 1. Stock – keine besonderen Vorkommnisse. Mäuse?“


Auch im Rest lässt sich eine Menge kürzen, aber dazu müssen Sätze umgestellt werden.

Ach ja, und lass die nächste Leseprobe mit einem Cliffhänger enden! Wink
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Papa Schlumpf
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 64
Beiträge: 373
Wohnort: Friedersdorf


Beitrag13.01.2015 19:48

von Papa Schlumpf
Antworten mit Zitat

Hallo, Orkania,
ich will nur einen Eindruck da lassen. Ich habe den Romananfang gern gelesen, und es ist ein Anfang. Freilich kommt er etwas behäbig daher, deshalb findet der Vorschlag, das Stück etwas zu kürzen, meine Zustimmung. Du kannst sicher auch eine Reihe Füllwörter streichen. Und - mein kleines Hobby - Du solltest versuchen, den Einsatz von Hilfsverben zu vermindern. Ganz ohne kommt man nicht aus, aber immer, wenn man versucht ist, eine Form von "Haben" oder "Sein" aufs Papier zu bringen (gut, in den Rechner) sollte man sich fragen, ob es nicht eine schönere Formulierung gibt. Meine ich. Musst Du nicht annehmen, es gibt verschiedentlich verschiedene Auffassungen.
Also nochmal, gern gelesen, und man liest sich.
Viele Grüße
P. S.


_________________
Nicht alles, was wir bewirken, haben wir auch gewollt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Orkania
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 39
Beiträge: 16
Wohnort: Schweiz


Beitrag15.01.2015 10:43

von Orkania
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke schon einmal fürs Feedback smile

Zum Kürzen - ja, es könnte bestimmt flotter voran gehen. Ich hab den Anfang umgestellt, als sich die geplante Kurzgeschichte zu einem Roman entwickelte und gründlich überarbeitet. Da ich das Genre gewechselt habe, habe ich mir dann auch mehr "Zeit" genommen. Ich wollte nicht mit der Tür in den Roman fallen (das war unter anderem bei der ersten Version kritisiert worden, daher auch die Bearbeitung).

Generell mag ich Texte mit guten Beschreibungen (nicht zu viele) und zum Beispiel gerade bei der schönen alten Villa möchte ich ein Bild in den Köpfen entstehen lassen. Vielleicht lasse ich mich zu oft hinreissen, danke für den Hinweis!

@Papa Schlumpf: Ich weiss, was du meinst mit den Hilfsverben. Generell mag ich sie auch nicht. Ich orientierte mich trotzdem ein bisschen an deinen Beiträgen, um Kenntnis zu erwerben, wie das aussähe wink Und ich muss sagen, manchmal stört mich der Verlust dieser Krücke. Es passt nicht immer. Und ich glaube auch, meine Zielgruppe fände es... nicht artgerecht lol2 Es ist ja ein Unterhaltungsroman. Aber ja, ich werde darauf achten. Ein frischer Blick tut gut. smile
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1735



Beitrag15.01.2015 12:34

von Stefanie
Antworten mit Zitat

Orkania hat Folgendes geschrieben:
Generell mag ich Texte mit guten Beschreibungen (nicht zu viele) und zum Beispiel gerade bei der schönen alten Villa möchte ich ein Bild in den Köpfen entstehen lassen. Vielleicht lasse ich mich zu oft hinreissen, danke für den Hinweis!


Ist es denn wichtig, dass die Leser genau deine schöne Villa vor Augen haben? Spielen die Dachschindeln oder der Stuck später eine Rolle?
 Mit der genauen Beschreibung haben die Leser deine Villa vor Augen, aber ob sie sie ebenfalls schön finden, ist eine andere Frage.
Wenn du nur andeutest, wie sie aussieht, entsteht im Kopf der Leser eine Villa, die ihnen gefällt. Der Eindruck, dass er in einer schönen Villa arbeitet, wird also besser vermittelt, als wenn du jede Stuckverzierung beschreibst.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
Podcast-Sonderpreis Silberner Sturmschaden


Beitrag15.01.2015 22:42

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Also ich möchte als Leserin die Beschreibung der Villa nicht missen.

Alles, was vorgeschlagen wurde zu streichen, gibt mir einen Eindruck von der Person des Prota.

Ich mag auch kurze Texte, ganz kurze. Aber wenn es längere sind wie ein Roman, dann finde ich es komisch, wenn die unbedingt kurz sein sollen, weil damit Atmosphäre und Einfühlung in die handelnden Personen abhanden kommen Können.

Ich habe das gerne gelesen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
nothingisreal
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3994
Wohnort: unter einer Brücke


Beitrag16.01.2015 12:01

von nothingisreal
Antworten mit Zitat

Hallo okrania,

mir ist etwas anderes aufgefallen. Für mich hört sich das alles a) nach einem Bericht und b) nach einer Charakterbeschreibung.
Du beschreibst zu viele Einzelheiten, die sich wie Aneinanderreihungen anfühlen und dadurch den Lesespaß mindern.

Hier ein Beispiel:
Zitat:

Um 8 Uhr am Abend waren die meisten Angestellten schon gegangen.Schnell Er trug er sich in das Personalbuch ein und schloss sein kleines Überwachungsbüro auf.  Bei einem Blick ins Verzeichnis sah er, dass sich bereits über die Hälfte ausgetragen hatte. Nur im zweiten Stock schienen noch ein paar Büros an einem Großauftrag zu arbeiten. Erich legte seinen Gürtel mit der Taschenlampe und der mobilen Telefoneinheit um und fuhr den Computer hoch. Er knipse den Computer an und Dann rief er in der Sicherheitsfirma an und bestätigte seinen Dienstantritt. Die Empfangsdame würde bis nach 8 Uhr bleiben und beim Verlassen des Gebäudes die Eingangstür absperren. Danach würden die restlichen Angestellten durch die Tiefgarage mit ihrem eigenen Schlüssel hinausfahren oder Erich bitten, die Tür noch einmal zu öffnen. Das kam selten vor, da die meisten vorher das Haus verließen.
[/b]

Bisschen viel gestrichen, aber ich brauche im Moment nicht mehr zu wissen.


_________________
"Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Orkania
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 39
Beiträge: 16
Wohnort: Schweiz


Beitrag17.01.2015 00:14

von Orkania
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Stefanie hat Folgendes geschrieben:
Orkania hat Folgendes geschrieben:
Generell mag ich Texte mit guten Beschreibungen (nicht zu viele) und zum Beispiel gerade bei der schönen alten Villa möchte ich ein Bild in den Köpfen entstehen lassen. Vielleicht lasse ich mich zu oft hinreissen, danke für den Hinweis!


Ist es denn wichtig, dass die Leser genau deine schöne Villa vor Augen haben? Spielen die Dachschindeln oder der Stuck später eine Rolle?
 Mit der genauen Beschreibung haben die Leser deine Villa vor Augen, aber ob sie sie ebenfalls schön finden, ist eine andere Frage.
Wenn du nur andeutest, wie sie aussieht, entsteht im Kopf der Leser eine Villa, die ihnen gefällt. Der Eindruck, dass er in einer schönen Villa arbeitet, wird also besser vermittelt, als wenn du jede Stuckverzierung beschreibst.


Ja, ich finde es schon wichtig. In dem Haus spukt es. Und die Villa soll den Leuten nicht unbedingt gefallen. Sie sollen sie sehen und sie soll ihnen vertraut sein, aber es soll nicht ihr eigenes sein. Es geht mir jetzt nicht in erster Linie um die Schönheit der Villa. Vielleicht kommt das im ersten Teil nicht so raus.

Ja, was firstoffertio über den Prota gesagt hat, ist soweit richtig. Es geht auch oft darum, was er denkt und fühlt. Das ist teilweise seine Innenwelt, die ich mitbeschreibe. Ich habe den allwissenden Erzähler bewusst auf den Prota konzentriert, weil ich die Geistererscheinungen dann plastischer darstellen kann ohne einen ich-erzähler zu brauchen. Ich weiss, das ist ziemlich eigenwillig... Genau wie ich auch das Genre wild gemixt habe, wie mir scheint.

Also nothingisreal hat es gut zusammengefasst, es ist schon irgendwie Bericht und Charakterbeschreibung.

Ich danke euch allen vielmals, das kann ich alles gut gebrauchen. Ich werde mehr auf meine Beschreibungen achten, vielleicht kann ich meinen Stil ja noch ein bisschen mehr herausarbeiten, wenn ich es mehr konzentriere.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Kreativastrophe
Schneckenpost
K


Beiträge: 9



K
Beitrag18.01.2015 20:20

von Kreativastrophe
Antworten mit Zitat

Zitat:
Ja, ich finde es schon wichtig. In dem Haus spukt es. Und die Villa soll den Leuten nicht unbedingt gefallen.


Der Leser kann Dir bis dahin aber nicht folgen. In einem derart zentralen Punkt katastrophal. Wenn das Haus und der Spuk der Aufhänger für die Geschichte sind, solltest Du den Leser entweder gleich mit einem mulmigen Gefühl beim Eingang abliefern, oder das Anwesen zunächst nicht weiter beschreiben. In jedem anderen Fall verfestigst Du mit Deiner positiven Beschreibung eine positive Einstellung zu dem Gebäude und musst den Horror dann später nicht nur einflechten, sondern dem Leser auch verständlich machen, warum Du ihn zunächst aktiv in die Irre geführt hast. Ein guter Grund dafür fällt mir nicht ein. Wenn es dem Leser genau so geht, klappt er das Buch an der Stelle zu.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Einstand
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Ein freundliches "Hallo" ...
von Mademoiselle_Mel
Mademoiselle_Mel Roter Teppich & Check-In 3 26.04.2024 11:58 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Der Glücksritter
von Peter Hort
Peter Hort Werkstatt 0 22.04.2024 20:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Einstand
Der Bandit
von dirkheg
dirkheg Einstand 5 22.04.2024 12:43 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rechtliches / Urheberrecht / Copyright
Nach Vertragsabschluss wird der Verla...
von Mion
Mion Rechtliches / Urheberrecht / Copyright 34 22.04.2024 12:05 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Der rote Teppich hat Flecken - oder t...
von schreiby
schreiby Roter Teppich & Check-In 5 22.04.2024 10:09 Letzten Beitrag anzeigen

BuchBuchBuchBuchEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungBuchEmpfehlung

von Ruth

von MartinD

von Nayeli Irkalla

von spinat.ist.was.anderes

von Schmierfink

von Rike

von Akiragirl

von Einar Inperson

von spinat.ist.was.anderes

von Einar Inperson

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!