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palomina Leseratte
Beiträge: 197
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22.01.2013 23:54 mondsüchtig von palomina
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mondsüchtig
nur kontur und schatten, so treibst du über allem,
sichelschale, spürst das pochen an den schläfen auf,
findest mein verlangen, mein hoffen, beben, bangen.
eingeholt von dir, in deinem rund geborgen,
still geworden, möcht ich ruhen.
weiter flirrt verwirrtes sirren in die irre, zu dir hin.
das vibrieren, sich verlieren an den einen traum
frisst mich innen, zerrt von außen, nimmt den atem,
lässt mir keinen raum.
Weitere Werke von palomina:
_________________ Es ist schon Gras gewachsen
über unsren Himmel.
An manchen Stellen ist es blau
und gleich daneben ausgebrannt.
(palo 2011) |
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Perry Exposéadler
P Alter: 71 Beiträge: 2509
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P 26.01.2013 20:18 hallo palomina, von Perry
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der Mond als Gefühlkondensat hat eine große Tradition in der Lyrik,
dass er das Pochen an (in?) den Schläfen aufspürt, ist jedenfalls neu.
Der Begriff "Sichelschale" liest sich interessant, dürfte aber einen Keramiker vor einige Probleme stellen.
Damit höre ich aber schnell wieder auf mit dem Bekritteln, denn dein Text ist stilistisch durchaus ansprechend gestaltet. Ich für meinen Teil würde höchstens die Klangwiederholungen etwas reduzierter einsetzen, aber das ist Geschmackssache.
LG
Perry
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palomina Leseratte
Beiträge: 197
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27.01.2013 10:35
von palomina
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Hi Perry,
Zitat: | der Mond als Gefühlkondensat hat eine große Tradition in der Lyrik, |
ja eben darum "sichelschale" und auch eine Zweischneidigkeit, das weiblich bergende der Schale (tatsächlich so gesehen, also liegend nicht aufgestellt als Sichel), andererseits schneidend, erntend, "einholend". Und da ist jemand reif, geerntet zu werden.
Aber du hast natürlich Recht mit der Sichelschale, dass das nicht wirklich ineinander geht. Was hältst du von "sichel/schale" als Vexierbildchen sozusagen?
"an/in den Schläfen", tja, wie mans macht, ists verkehrt, bei einem anderen Gedicht wurde "in den Schläfen" kritisiert. Ich denke eigentlich, dass beides geht.
Den Einwand bezüglich der Klangwiederholungen kann ich gut nachvollziehen. Aber, wie beschreibt man dieses irre, sirre , wirre... Gefühl, das eigentlich unbeschreiblich ist? Dieses Zuviel sollte hier schon zum Ausdruck kommen, vielleicht hab ich aber ein wenig übertrieben .
Vielen herzlichen Dank für deine Rückmeldung, schönen Sonntag und
liebe Grüße, palo
_________________ Es ist schon Gras gewachsen
über unsren Himmel.
An manchen Stellen ist es blau
und gleich daneben ausgebrannt.
(palo 2011) |
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Angst Scheinheiliger
A Alter: 33 Beiträge: 1571
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A 27.01.2013 13:07 Re: mondsüchtig von Angst
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Hallo palomina
palomina hat Folgendes geschrieben: | weiter flirrt verwirrtes sirren in die irre, zu dir hin.
das vibrieren, sich verlieren an den einen traum
frisst mich innen, zerrt von außen, nimmt den atem,
lässt mir keinen raum. |
Diese zweite Strophe finde ich ganz grosse Klasse. Wenn ich das lese, stolpere ich beinahe über meine eigene Zunge. Schön auch, wie das "zu dir hin" im ersten Vers einen kleinen "Ruhepunkt" markiert. Dann geht's aber wieder voll weiter! Ja, dieses Zerren von überall her spüre ich richtig. Den Kontrast zwischen den beiden Strophen find ich auch gelungen. Hier ist nichts mehr von der ersehnten Ruhe zu spüren.
_________________ »Das Paradox ist die Leidenschaft des Gedankens.«
— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48. |
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Perry Exposéadler
P Alter: 71 Beiträge: 2509
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Aranka Bücherwurm
A
Beiträge: 3106 Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A 27.01.2013 15:44
von Aranka
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Hallo Palomina,
ich bin bei diesem Gedicht hin und hergerissen zwischen JA und NEIN. Zwischen GENAU SO und ETWAS ZU VIEL.
„mondsüchtig“ eben, was ist da schon das rechte Maß.
Aber mach ich es mal der Reihe nach und etwas detaillierter:
Zitat: | nur kontur und schatten, so treibst du über allem,
sichelschale, spürst das pochen an den schläfen auf, |
Das finde ich als Eingangszeilen sehr gelungen. Sie umreißen die Zwiespältigkeit und Wirkkraft des guten alten Mondes wunderbar: Kontur /Schatten, über allem, Sichel und Schale (finde die Idee mit der Vexierwirkung gut! sichel/schale). Und er ist tätig, er „sucht auf“. Auch das finde ich gut.
Zitat: | findest mein verlangen, mein hoffen, beben, bangen. |
Hier ist so eine Zeile, wo sich ein wenig mein Nackenhaar kräuselt. Da hämmert mir der Text etwas viel zu aufdringlich ins Ohr. Waren doch die Zeilen davor in ihrer subtilen Sprechweise viel eindringlicher.
Schon das „und“, was Perry da eingeschoben hat, erzielt rhythmisch eine wohltuende Nuance. Obwohl ich auch generell über genau diese Wortansammlung (verlangen/hoffen/beben/bangen) nachdenken würde, hat was von Bittlitaneien der kath. Kirche an sich.
Zitat: | eingeholt von dir, in deinem rund geborgen,
still geworden, möcht ich ruhen. |
Es sind die Wortwahlen, die mich in dieser Häufigkeit irritieren: „geborgen“ „möcht ich ruhen“. Auch hier hat es ein wenig gebetsartigen Anklang.
„eingeholt von dir in deinem rund“ ohne das „geborgen“ finde ich eine sehr schöne bildhafte und eigenständige Formulierung. Das „geborgen“ verändert das Ganze direkt. „werde ich still, könnte ich ruhen“ So formuliert entsteht ein anderer, etwas festerer Ton. Nun bin ich aber nicht sicher, ob du nicht genau den Ton, den ich in deinen Zeilen aufspüre, auch beabsichtigt hast, dann vergiss meine ganzen Anmerkungen.
Zitat: | weiter flirrt verwirrtes sirren in die irre, zu dir hin.
das vibrieren, sich verlieren an den einen traum
frisst mich innen, zerrt von außen, nimmt den atem,
lässt mir keinen raum. |
Hier habe ich keine Probleme mit dem Wort- und Klangspiel, mit dem du die ersten zwei Zeilen eben auch ins Flirren bringst. Ich erkenne es als bewusstes und passendes Stilmittel.
Außerdem sorgt ein guter Rhythmus, gezielt gesetzte Zäsuren in den letzten zwei Zeilen für die nötige Festigkeit, die auch hier zum Inhalt passen.
Zitat: | findest mein verlangen, mein hoffen, beben, bangen.
eingeholt von dir, in deinem rund geborgen,
still geworden, möcht ich ruhen. |
Es sind also nur diese drei Zeilen, bei denen es bei mir ein wenig grummelt.
Ansonsten gefällt mir dein Gedicht gut. Gerne gelesen.
Liebe Sonntagsgrüße Aranka
_________________ "Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)
„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke) |
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palomina Leseratte
Beiträge: 197
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28.01.2013 07:57
von palomina
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Hi Scheinheilige,
danke für dein detailliertes Feedback vor allem zur zweiten Strophe. Jaaa, genau so hatte ich mir das vorgestellt; schön, wie du auch das Hineinstolpern (auch der Zunge) inklusive markiertem Anhaltepunkt (beim LD) beschreibst. Soweit scheint mein Konzept wenigstens in S2 aufgegangen.
Danke dir und liebe Grüße, palo
_____________________________________
Hi nochmal Perry,
interessante Abwandlung, gefällt mir auch, klingt aber schon mehr nach Perry . Mir ist halt eine Mondschale die treibt (statt zu stehen) lieber, weil bewegt und unberechenbar für LI; "Aufspüren" ist schon eine sonderbare Tätigkeit für den Mond, in meinem Kopf hab ich aber schon ein Bild dazu, ein Abtasten mit Lichtfingern, weshalb mir auch "an den Schläfen" ein bisschen besser passt. Das Auffangen (in der Schale) hat natürlich auch was, da würde man aber den Mond eher unterm Bett erwarten, oder? In jedem Fall danke herzlich fürs Hineinfühlen und die gelungene Abwandlung.
Liebe Grüße, palo
_________________________________________
Hi Aranka,
ja natürlich, ich kann dein Grummeln bezüglich der genannten drei Verse sehr gut verstehen, genau so "gebetsmühlenartig" hatte ich mir das schon vorgestellt, sich so ein bisschen autosuggestiv in eine "Ruhe hineinreden" wollen, auch als Gegenbewegung zum nachfolgenden "Flirren-Sirren". Das heißt natürlich nicht, dass es nicht dennoch zuviel ist.
Ich könnt es mir schon auch so vorstellen:
nur kontur und schatten, so treibst du über allem,
sichel/schale, spürst das pochen an den schläfen auf,
findest mein verlangen, mein hoffen, beben, bangen.
eingeholt von dir, in deinem rund geborgen,
still geworden, möcht ich ruhen.
Obwohl ich "bergen" ansich für ein wunderschönes Verb halte und ich auch die Assonanz von geborgen - geworden sehr mag.
Vielen herzlichen Dank fürs intensive Einfühlen und Mitteilen deiner Gedanken.
Liebe Grüße, palo
_________________ Es ist schon Gras gewachsen
über unsren Himmel.
An manchen Stellen ist es blau
und gleich daneben ausgebrannt.
(palo 2011) |
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