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palomina Leseratte
Beiträge: 197
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04.01.2013 11:49 Disharmonische Schwingung von palomina
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Disharmonische Schwingung
Wie aufgespannt, die Haut, am knöchernen Rahmen,
Membran, die schon bei leichtem Luftzug schwingt,
verharre ich, als ob mich etwas zwingt.
Und alles summt verhalten deinen Namen.
Dir wurde ich, so scheints, zum unliebsamen
Relikt, das abzulegen nicht gelingt.
Doch wenn du mich nur fast berührst, durchdringt
ein jähes Beben meinen Körper, klingt,
nervös verstimmt, noch lange fort nach innen.
Begehren, schamgedämmt, verebbt und schwillt,
verstummt nie ganz; ich kann ihm nicht entrinnen.
Dich mit mir auszusprechen nicht gewillt,
entlässt du mich in nebuloses Sinnen,
das unvermutet plötzlich schmerzlaut schrillt.
Weitere Werke von palomina:
_________________ Es ist schon Gras gewachsen
über unsren Himmel.
An manchen Stellen ist es blau
und gleich daneben ausgebrannt.
(palo 2011) |
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Marie-Pascale Wortedrechsler
M Alter: 62 Beiträge: 50 Wohnort: Kreis Lörrach
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M 04.01.2013 20:53 Re: Disharmonische Schwingung von Marie-Pascale
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palomina hat Folgendes geschrieben: | Wie aufgespannt, die Haut, am knöchernen Rahmen |
Hm, schon sehr tragisch, der gesamte Ausdruck ... Fast zu viel. Passt das noch in unsre Zeit?
Nachvollziehbar in jedem Fall, wenn man die entsprechende Situation kennt.
Lieber Gruß,
Marie-Pascale
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palomina Leseratte
Beiträge: 197
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05.01.2013 10:53
von palomina
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Hi Marie-Pascale,
ja, da ist wohl jemand ziemlich durch den Wind ; eine Folter der besonderen Art, solange man nicht loslassen kann.
Zeitgemäß oder nicht? Eine Geschichte, die sich wieder- und wieder - wiederholt, wenn Liebe/Leidenschaft einseitig und kein klarer Schlußsstrich gezogen wird.
Lieber Grüß zurück, palo
_________________ Es ist schon Gras gewachsen
über unsren Himmel.
An manchen Stellen ist es blau
und gleich daneben ausgebrannt.
(palo 2011) |
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appo Leseratte
Beiträge: 111 Wohnort: Bremen
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05.01.2013 14:28
von appo
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Hallo Marie-Pascale,
ein sprachlich und sprechrhythmisch sehr schön und sorgfältig angelegtes Gedicht, das seine Schönheit erst beim lauten Lesen entfaltet. Auch die durchaus ungewöhnlichen Reime gefallen mir.
Zitat: | Wie aufgespannt, die Haut, am knöchernen Rahmen,
Membran, die schon bei leichtem Luftzug schwingt, | Das hier, finde ich, klingt wie eine Beschreibung einer Trommel (irisch oder indianisch). Gut!
Zitat: | Wie aufgespannt, die Haut, am knöchernen Rahmen, |
Wieso fasst du die Haut mit Kommas ein? Das ist nicht nötig, denke ich und würde sie streichen.
Zitat: | Begehren, schamgedämmt, verebbt und schwillt, | Interessant, wie es dir gelingt, das Begehren durch die folgenden Bilder - aus meiner Sicht - sexuell aufzuladen. Und zwar sowohl aus weiblicher als auch aus männlicher Sicht. Bei zweiten Lesen merke ich, dass sich die von dir angebotenen Bilder auch anders deuten lassen...
Ein schönes Gedicht über eine erkaltete Liebe und die Unfähigkeit des lyrischen "Du", loszulassen. Es ist so fein gearbeitet, dass ich es, um alles zu verstehen, öfter lesen musste. Das habe ich gern getan.
lg.
appo
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Aranka Bücherwurm
A
Beiträge: 3106 Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A 05.01.2013 18:11
von Aranka
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Hallo palomina,
ein Sonett, dass mich noch eine Weile beschäftigen und auch in den Bann ziehen wird. Inhaltlich gut gesetzte vieldeutige Bilder und formal gut gemacht. Gekonnte unauffällige Reime. Gefällt mir in der Ausführung sehr.
Liebe Grüße Aranka
_________________ "Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)
„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke) |
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Lupo Eselsohr
Beiträge: 364 Wohnort: Pegnesien
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05.01.2013 20:18 Am Boden zerstört von Lupo
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Wie einen unbrauchbaren Regenschirm lässt der "Du" die "Ich" achtlos liegen. Keinen Gedanken verschwendet "er" darauf, ob es nicht noch mehr zu sagen gäbe als "das war's".
Millionenfach so geschehen und immer wieder! Das Besondere und Ergreifende in diesem Fall ist die Art der Reflexion. Die Entlassene kann das Ende der Beziehung nicht fassen. Sie will klammern, erkennt das Aussichtslose in dem Versuch, mit Gefühlsäußerungen die gewesene Harmonie aufrecht zu erhalten, und will es dennoch nicht wahr haben. "Wie kann es sein, dass meine fortdauernden Schwingungen keine Resonanz mehr auslösen?" Und so vibriert sie weiter, schämt sich deswegen, bekommt sich aber weder mental geschweige denn sachlich in den Griff. Ihr Sinnieren führt zu keiner Lösung und bleibt im Nebel. Eruptive Schreie tragen ihren Schmerz nach außen.
Liebe Palomina, Du führst meinen Geschlechtsgenossen eindringlich vor Augen, was sie wegen des Fehlens einer Antenne für solche Sendungen nicht empfinden können.
Doch Deine ausgesuchten Worte treffen zielgenau den Spalt einer nicht gänzlich verriegelten Männerseele.
Einzig die Anfangszeile sperrt sich meinen Rhythmusansprüchen, weil sich "knöchernen" nicht glatt zwischen die anderen Silben einfügen lässt.
Wie findest Du folgenden Versuch:
"Nur aufgespannte Haut noch trägt mein Knochenrahmen,
welke Membran, die in der Zugluft schwingt.
So harre ich, als ob ... "?
Taschentuch? Lupo.
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palomina Leseratte
Beiträge: 197
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06.01.2013 10:08
von palomina
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Hallo Appo,
ich fühle mich mal in deinem Kommi angesprochen, obwohl du ihn an Marie-Pascale richtest (ein Versehen?) und bedanke miich herzlich fürs achtsame Einfühlen und die insgesamt sehr gute Bewertung.
Du hast ganz recht, dass die Kommata vor und nach "die Haut" nicht zwingend notwendig sind. Ich sehe das als Einschub, die das "aufgespannt - am knöchernen Rahmen" etwas hinauszögert - dehnt, noch mehr spannt, könnte man sagen. Und ich mag die kurzen Pausen, die sich beim Lesen daraus ergeben.
Es freut mich, dass du dir die Mühe mehrmaligen Lesens gemacht und so mehrere Bildebenen erahnen konntest.
Ich denke doch, dass LD (bis zu einem gewissen Grad loslässt) "entlässt zu nebulosem Sinnen", es aber nicht ausspricht, sich feige drum herumdrückt, wodurch LI das Loslassen wesentlich erschwert wird...
Danke schön für deinen Kommi und
liebe Grüße, palo
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P.S.: Ich muss hier leider unterbechen und euch, Aranka und Lupo, auf später vertrösten. Fürs Erste ein dickes DANKE an euch!
_________________ Es ist schon Gras gewachsen
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(palo 2011) |
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appo Leseratte
Beiträge: 111 Wohnort: Bremen
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06.01.2013 10:22 Tschuldigung von appo
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Moin Palo,
da bin ich wohl mit den Namen durcheinander gekommen. Ich meinte natürlich dich.
Gruß
appo
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palomina Leseratte
Beiträge: 197
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06.01.2013 13:46
von palomina
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Kein Problem, appo
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Hi Aranka,
dein Kommi freut mich ganz besonders.
Zitat: | ein Sonett, dass mich noch eine Weile beschäftigen und auch in den Bann ziehen wird. |
Es gibt kaum etwas, das ich lieber hören würde, zudem aus deinem berufenen Mund, wie ich aus vielen vorhergehenden Kommentaren weiß.
Herzlichen Dank dafür, ich freue mich, wenn du noch öfter hier reinschaust.
Liebe Grüße, palo
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Hi Lupo,
auch für deine empathischen Zeilen. Ein bisschen musste ich grinsen, mit welcher Sicherheit du LI als weiblich LD als männlich titulierst. Könnte gut sein, dass du damit in der Mehrzahl der Fälle richtig liegst, aber ganz undenkbar wäre die umgekehrte Situation wohl auch nicht, oder
Ansonsten mag ich, wie du die Klangkörperskizze zum farbigen Gemälde ausgestaltest; hast du wunderbar gemacht!
Und ich gebe dir vollkommen Recht: im ersten Vers widersetzt sich "knöchernen" stur dem vorherrschenden Rhythmus. Nach meinem Empfinden ist dieser metrische "Ausreißer" hier aber völlig dem Inhalt verhaftet. Mir würde etwas Entscheidendes fehlen, wenn alles glatt (harmonisch) liefe, der Bruch spitzt den knöchernen Rahmen in meinen Ohren schmerzhaft zu, deshalb möchte ich darauf nicht verzichten. Auch möchte ich "die Haut" Subjekt bleiben lassen, weil sich dadurch für mich das Bild eines Schlaginstruments (etwa Trommel) viel unmittelbarer entwickelt und für das in Spannung versetzte LI insgesamt eingesetzt werden kann.
Welke Membran passt daher für mich gar nicht. (<--> Spannung)
Danke fürs Taschentuch, ich werds weiterreichen
Liebe Grüße, palo
_________________ Es ist schon Gras gewachsen
über unsren Himmel.
An manchen Stellen ist es blau
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(palo 2011) |
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