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[Lebendiger Dialog] Selbstmittleid

 
 
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MadeInHeaven
Geschlecht:weiblichErklärbär
M

Alter: 41
Beiträge: 1
Wohnort: Stadtlohn


M
Beitrag30.04.2012 14:09
[Lebendiger Dialog] Selbstmittleid
von MadeInHeaven
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier ein kleiner Auszug aus einer der vielen Geschichten, die mir im Kopf herumschwirren.
Ein Streit. Ich hoffe, ich habe es geschafft, die Dynamik dieses Gespräches zu vermitteln.
Ich bin mir mit den Verhältnis zwischen Dialog und erklärendem Text nicht sicher (70% zu 30%), aber ich habs einfach so runtergeschrieben. Ich hoffe ihr verzeiht mir.


Larwynn blieb in der Tür stehen und beobachtete, wie Yeluu den letzten ihrer unzähligen Zöpfe öffnete, ihr dunkelbraunes, leicht gewelltes Haar hing nun in voller Länge ungehindert herunter, berührte fast den Boden und erschien wie ein glänzender Schleier. Er lehnte sich in den Rahmen, verschrank die Arme ineinander und sah Yeluu dabei zu, wie sie ihr Haar mit ihren langen Fingern durchkämmte.
Erst einige Augenblicke später sah sie ihn in der teilweise stark verstaubten Oberfläche des Spiegels und drehte sich zu ihm herum.   
"Was willst du?" fragte sie unverblümt.
Larwynn stieß sich vom Türrahmen ab und ging ein paar Schritte auf sie zu: "Das steht dir gut. Du solltest die Haare öfters so tragen."
Yeluu schaute ihn skeptisch an. "Ich hab dich gefragt, was du willst", wiederholte sie, nun mit mehr Nachdruck in ihrer Stimme.
"Jetzt auch noch der Werwolf", begann Larwynn. "Nicht, dass es mir um dieses Monster leid tut. Es geht mir vielmehr um die Ereignisse drumherum", er schaute zu dem schlafenden Mädchen auf dem Bett. "Immer, wenn jemand stirbt ist sie Schuld!"
Yeluu verdrehte die Augen. "Jetzt fängst du schon wieder damit an. Lass es sein, Larwynn. Ich will das nicht hören", sagte sie erbost.
"Das solltest du aber!" preschte Larwynn hervor. Er ging einen Schritt Richtung Bett, doch Yeluu stellte sich zwischen ihn und das Mädchen.
 "Bleib weg von ihr!", sagte sie barsch.
Larwynn kam der Aufforderung nach. Er lächelte sogar, doch Yeluu wusste, dass dieses Lächeln nichts freundliches an sich hatte. Im Gegenteil, Larwynn lächelte meist nur, wenn  er wütend war.
"Sie kann nichts dafür", versuchte sie schließlich zu erklären. "Es passiert nur aus dem Wunsch heraus, uns zu beschützen."
Sie schaute zu dem schlafenden Mädchen und unterbrach so den Augenkontakt zu Larwynn. Als sie weiter sprach mischte sich ein Ton in ihre Stimme, der sich unheimlich traurig anhörte, ihre Stimme glich nur einem Flüstern: "Es geschieht nur, weil sie uns beschützen möchte, vor dem, was uns hier auflauert und angreift. Sie macht das nicht mit Absicht. Sie ist nur ein Kind, das nicht weiß, wie es mit seiner Magie umgehen soll."
Als sie ihn wieder ansah, konnte er erkennen, wie eine Träne über die Wange rollte.
"Oh, ich verstehe", entgegnete Larwynn genervt. "Yeluu, die kleine Hexe, die damals die Dorfscheune in Flammen aufgehen ließ und verstoßen wurde, weil das Feld unter ihr verdorrte!"
Yeluu schaute ihn wütend an, ihr Blick loderte vor Zorn, aber auch vor Schmerz und Trauer.
"Du weißt nicht, was ich damals durchgemacht habe!" fauchte sie.
Larwynn schüttelte den Kopf: "Nein, das weiß ich nicht. Aber ich weiß, was es heißt Schmerzen zu erleiden. Ich sage nicht, dass meine Vergangenheit leichter oder schwerer zu ertragen war als deine. Aber ich habe gelernt mit den Erinnerungen umzugehen."
Als er weiter sprach, zeigte er auf das Mädchen: "Sie ist gefährlich und du willst das nur nicht wahrhaben, weil du dich in ihr wieder siehst. Aber das ist falsch. Das darfst du nicht. Sie hat rein gar nichts mit dir gemein. Sie ist nicht wie du!"
"Doch das ist sie", konterte Yeluu. "Sie erfährt genau das, was mein Leben im schlechten Sinne geprägt hat. Sie ist alleine mit ihrer Trauer und ihrem Schmerz, mit ihrer Magie, mit allem. Und ich will nicht, dass sie am gleichen Ende anlangt wie ich. Verstehst du das nicht?"
Anstatt zu antworten, stellte Larwynn kurzerhand eine Gegenfrage: "Erinnerst du dich daran, was ich dir damals gesagt habe?"
Yeluu sah ihn ungläubig an. Das Glitzern in ihren Augen verblasste, Larwynn konnte sehen, wie die letzten Tränen versiegten.
"Selbstmitleid zerfrisst einen Menschen, Yeluu Belinea. Es macht ihn blind und taub, bis nur noch eine stumpfe Hülle zurück bleibt. Ich habe dir damals geraten, dein Schicksal so anzunehmen, wie es ist. Aber stattdessen tust du seit Jahren nichts anderes, als dich zu verkriechen und das Gift wirken zu lassen. Und welchen Wink gibt das Schicksal dir? Es stellt dir ein Kind zur Seite. Ein Kind von dem du glaubst, dass es genauso verletzlich ist, wie du es damals warst. Und nur weil du mittlerweile so blind und taub bist, wie ich es vorausgesagt habe, siehst du die Gefahr nicht, die von ihm ausgeht."
"Und seit wann kümmert es dich, was mit anderen geschieht? Lass mich in Frieden - ", sie stockte. "Lass uns zufrieden. Ein für alle Mal."
Er ging einen Schritt auf sie zu und packte sie am Arm. Yeluu wich unter der schnellen, unvorhersehbaren Bewegung zurück, doch Larwynn hielt ihr Handgelenk fest umpackt.
"Dieses Kind ist ein Fluch. Hörst du! Ich will nicht, dass – " versuchte er es erneut. Aber Yeluu unterbrach ihn: "Was willst du?"
Der Groll in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Doch dieses Mal antwortete Larwynn ihr nicht.
Er war ihrer Stimmungsschwankungen überdrüssig, Yeluu sprang in ihren Gemütszuständen von Freude zu Trauer, von Empörung zu Verständnis, von Reue zu Wut und das innerhalb von Sekunden, davon einmal abgesehen, dass sie einem Steinblock glich, wenn es darum ging, nicht zu hören oder zu verstehen, was sie nicht hören oder verstehen wollte.
Yeluu schaute ihn einige Sekunden an, Larwynn konnte in ihren Augen sehen, wie sich ihre Stimmung erneut veränderte, nur dieses Mal konnte er nicht vorher erahnen, was es sein würde.
"Ich versuche dich zu vergessen", begann sie. "Seit damals versuche ich nicht immer unentwegt an dich denken zu müssen. Aber ganz gleich was ich auch tu, es will mir nicht gelingen. Im Gegenteil! Das Schicksal führt uns immer wieder zusammen, so wie hier. Und jedes Mal, wenn wir uns irgendwo begegnen, brennst du mir mein Leid mit deiner ganz eigenen Art dich anderen Menschen gegenüber zu verhalten, aufs Neue ins Herz. Du bist ein Fluch Larwynn, mein ganz persönlicher Fluch, sonst niemand hier."
Selbstmitleid.
"Und jetzt geh endlich", sagte sie abschließend und wich einen Schritt weiter zurück, um den Abstand zwischen ihnen zu vergrößern.
Larwynn schaute einen Moment in ihre grünen Augen. Sie würde ihre Meinung nicht ändern.
Also drehte er sich um und machte Kehrt. Auch, wenn es ihm einige unschöne Erfahrungen eingebracht hatte, auf die er lieber verzichtet hätte, mittlerweile wusste er einzuschätzen, wann es sich zu kämpfen lohnte und wann es besser war, den Rückzug anzutreten.
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