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Mronda Gänsefüßchen
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Beiträge: 17
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M 07.03.2011 14:51 Begegnungen in einem Pariser Vorstadtpark von Mronda
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Mittwoch ist ein schulfreier Tag in Frankreich, ein Tag der Entspannung für die gestressten Kinder, der auch zur sportlichen und musischen Bildung dienen soll. Doch die meisten Familien sind froh, wenn sie überhaupt eine zuverlässige Person gefunden haben, welche sich den ganzen Tag um den Nachwuchs kümmert. Ich war eine von diesen Personen, Au-Pair-Mädchen, mindestens dreizehn Stunden an einem Stück für einen vierjährigen Jungen da sein, die Rolle eines nichtvorhandenen Familienmitgliedes zu übernehmen.
Ich war froh, wenn der ermüdende Vormittag schon mal überstanden war, nach einem halbherzigen Mittagsschlaf erwarteten wir einen Spielkameraden, was mich sehr erleichterte, denn zwei Kinder sind amüsanter als ein chronisch gelangweiltes Einzelkind, welches sich in dieser Erwachsenenwelt verloren und unverstanden fühlte.
Der gleichaltrige Freund aus der Schulklasse wurde von seiner Mutter pünktlich abgeliefert. Selbst wenn Franzosen für ihre Unpünktlichkeit bekannt sind, trifft dies selten für Mütter ein, besonders wenn ein kleines Kind irgendwo gratis betreut werden kann…
Die beiden vierjährigen Jungs beschlossen sofort mit imaginären Pistolen herum zu ballern und dabei albern zu kichern. Diese geistreiche Tätigkeit war mir beim Anorak anziehen sehr hinderlich, die Sonne schien und ich wollte unbedingt raus in den Park mit den beiden. Das kleine Mietshaus kam mir im Laufe des Tages immer enger und staubiger vor. Diesen goldenen Oktobernachmittag mit seinen leuchtenden Herbstfarben musste man irgendwie genießen.
Irgendwann hatten die Jungs ihre bunten Jacken an, an jeder Hand einen aufgedrehten, kleinen Kerl, mit Trinktütchen, Stofftaschentüchern und Keksen bewaffnet, am linken Handgelen einen in die Haut schneidenden Plastikbeutel mit Sandspielsachen, zockelten wir Hundehaufen ausweichend auf dem Asphaltweg los.
Wir waren nicht die einzigen, die noch ein paar Sonnenstrahlen abbekommen wollten. Der Park war voll mit Kindern unterschiedlichsten Alters und den dazu gehörigen Müttern, Vätern und Nounous.
Eine Dame saß gelangweilt mit verschränkten Armen und übereinander geschlagenen Beinen weit zurück gelehnt auf einer Bank und beobachtete mit starrem Blick ihr Kind. Eine Sitzgelegenheit weiter hockten zwei junge Mütter und unterhielten sich angeregt, sie waren umgeben von Taschen, Tüten und zwei Kindersportwagen mit unzufrieden quengelnden Babys. Dann war da noch ein mit krausem Haar und unrasiertem Gesicht, den Bauch in die Sonne gestreckt, beobachtete er schmunzelnd wie sich seine drei Töchter lautstark im Sand balgten und dabei allerlei Sandburgen und halsbrecherisch tief gebuddelte Löcher zerstörten.
Ich fragte mich ernsthaft, warum sich manche Damen mit hohen Absatzschuhen im Sandkasten herum quälten. Wenn deren kleines Kind im Sand nun mal nicht reibungslos spielte, wie es das Beste für Mutti gewesen wäre, und nach ihr rief, weil es Sandkörner im Auge hatte oder sein Lutscher plötzlich so paniert und fremdartig aussah. Dann tapste sie los, die Absätze versunken im Sand und der Minirock war beim Kind trösten sehr hinderlich. Sowieso hätte sie am liebsten überhaupt keinen Schmutz en ihren mit Lack und goldigen Ringen geschmückten Händen gehabt… Ob sie frisch geschieden war und ihr Kind allein erziehen musste, dabei jeden Moment ihres Lebens für eine eventuelle Begegnung mit einem zukünftigen Partner nutzen wollte? Oder ob sie sich und dem Rest der Welt einfach ihre Weiblichkeit selbst als Mutter beweisen wollte?
Meine beiden Schützlinge und ich suchten uns ein Plätzchen, wo ich auch ein bisschen Sonne abbekommen konnte, denn ich spürte ziemlich schnell, wie die klamme Kälte des Spielsandes durch meinen Jeanshosenboden kroch.
Es bedurfte gar keiner großartigen Animierleistung meinerseits, denn die Jungs waren schnell mit Feuereifer dabei, ihre Spielsachen auszupacken. Jeder bemächtigte sich eines Miniaturfahrzeuges und sie schoben laut brummend, den Oberkörper nach vorn gebeugt, auf die Autos gestützt, das Hinterteil in die Höhe gestreckt, in wilden Kurven über die Spielfläche.
Im Augenwinkel beobachtete ich, wie eine Mutter ihr plärrendes Baby mit Keksen zu beruhigen versuchte. Die Parktauben schienen an den Lärm gewöhnt zu sein. Die grauen Vögel suchten ohne Unterlass die Umgebung der Sitzbänke nach Krümeln ab. Der sandige Boden hatte manchmal ein eigenartiges Muster, welches hunderte von Taubenkrallen abgedrückt hatten.
Im Allgemeinen frieren Kinder während sie spielen nicht so schnell. Wenn ich genauso durch den Sand getobt wäre wie sie, wäre mit bestimmt auch wärmer gewesen. Aber weil Kinder immer etwas trinken wollen, gehen sie auch irgendwann Pippi machen. So suchten wir das chronisch unsauberer Toilettenhäuschen auf. Nachdem alle T-Shirts, Pullover, Latzhosen und Jacken wieder am richtigen Platz und sinngemäß verschlossen waren, ergab es sich, dass wir drei Fangen spielten. Die beiden Jungs eilten los, rutschten beinahe auf fauligen Blättern aus und versteckten sich in der Damentoilette. Ich hüpfte hinterher und sie krischen vor Freude und Aufregung als ich sie entdeckt hatte. Die Kleinen flitzten um die Ecke und flüchteten in die Toilette auf der anderen Seite. So ging das eine ganze Weile, die Kinder hatten ihren Spaß und ich wärmte mich dabei wieder auf. Doch irgendwann waren wir auch dieses Spiels müde und kehrten in den Sandkasten zurück.
Mittlerweile hatte eine größere Kindergartengruppe den Spielplatz bevölkert. In Zweierreihen waren sie mit ihren Betreuern einmarschiert und hatten sich auf dem Klettergerüst und der Rutsche breit gemacht. Die Kinder jener Gruppe waren etwa so alt wie meine Schützlinge und so konnten sie sich gemeinsam auf den rutschigen Eisenstangen amüsieren. Die Betreuer, junge Studenten, mit wenig Motivation bei ihrer Arbeit, gaben darauf Acht, dass niemand dieser bunten Rasselband einen Schaden nehme.
Ein Student konnte es sich nicht verkneifen, seinen vermeintlichen Charme an mir auszuprobieren, seine Schildmütze verkehrt herum auf seinen Kopf aufgeschraubt, gab er wild Kaugummi kauend allerhand Unsinn von sich. Ein kleines Mädchen mit dunklen Augen und schwarzen Lockenkopf, auf der obersten Stange des Klettergerüsts sitzend, lachte unsere dumme Konversation aus. Dabei stellte ich mir eine weitere Frage, ob kleine, junge Menschen nicht mit einer gewissen natürlichen Intelligenz geboren werden, welche im Heranwachsen hormongesteuert verloren geht? Heute noch betrachte ich die verzweifelten Graffitis auf Parkbänken und Spielplätzen von gelangweilten Jugendlichen mit zermürbender Sehnsucht nach ‚Liebe‘, riesige Erwartungen gefolgt von abgrundtiefen Enttäuschungen…
Die Kindergartenbrigade rückte bald wieder ab und meine beiden Jungs wandten sich wieder ihren Lastwagen zu.
Doch plötzlich entschieden sich meine Helden, woanders zu spielen. Ihre kleinen Hände beeilten sich und packten alles Nötige ein. Sie hatten sich entschieden, mit dem Monsieur dort drüben zu spielen und liefen quer über den Sandkasten.
Als verantwortungsvolle Aufpasserin musste ich meinen letzten sonnigen Platz aufgeben und mit jenen Herrn genauer ansehen. Dort angelangt konnte ich die Kleinen mit einem dritten Jungen ihrer Altersgruppe gemeinsam ins Spiel vertieft erblicken. Da waren auf einmal drei vor sich hin brummende Wesen mit merkwürdiger Fortbewegungsweise am Spielen. Sie lärmten, ahmten quietschende Bremsgeräusch nach und beluden Lastwagen mit Sand. Sie spielten auf einer fein säuberlich, von Erwachsenenhand eingerichteten Miniaturlandschaft mit Straßen, Kreuzungen, Garagen und Abgrenzungen.
Der Herr und Meister dieses Werkes saß daneben, mit gutem Schuhwerk und hellem Mantel gekleidet und lächelte schüchtern als er mit einen guten Tag wünschte.
Er käme oft am Mittwochnachmittag mit seinen Sohn in den Park und spiele mit ihm, um ihn kennen zu lernen, erklärte er unverwandt. Sein Sohn, der dritte Wusel, parkte gerade einen Plastikdampfer in eine Lochgarage.
Wir, der Herr und ich, unterhielten uns über Musik und über die anderen Leute im Park und spielten mit den Kindern. Zwischendurch kam der Betreuer der Kindergartengruppe noch einmal herbeigeeilt und gab mir breit grinsend ein Stück Papier, auf dem er seine Telefonnummer geschrieben hatte, was meinem neuen Gesprächspartner offensichtlich missfiel.
Der Nachmittag war fortgeschritten und die Sonne stand bereits tief. Die wärmenden Strahlen waren hinter den Wohnhäusern versteckt und es wurde unangenehm kühl. Die Kinder kümmerten sich darum nicht weiter, aber Monsieur und ich beschlossen, so wie alle anderen Erwachsenen auch, allmählich nach Hause zu gehen und den Park den Tauben zu überlassen. Wir bemühten uns, sämtliches Sandspielzeug so vollständig wie möglich wieder einzusammeln, wobei die Kinder nicht sehr hilfsbereit waren. Die hatten nämlich ihre Arme aus den Jackenärmeln heraus gezogen und wedelten kichernd mit den leeren Stoffhüllen um sich herum.
Bevor sich unsere Wege trennten, überließ mit auch Monsieur seine Telefonnummer, mit der Begründung, dass er sich an meiner Musik interessiere.
Angerufen und mit ihm gesprochen hatte ich dann erst drei Wochen später. Vorher bin ich immer auf einen Anrufbeantworter gestoßen und ich wollte nicht mit meinem etwas holperigen Französisch auf ein Tonband sprechen.
Dann aber trafen wir uns, beschlossen, uns öfter zu sehen und irgendwann sind wir bis heute zusammen geblieben…
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Nicki Bücherwurm
Alter: 68 Beiträge: 3611 Wohnort: Mönchengladbach
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08.03.2011 00:40 Re: Begegnungen in einem Pariser Vorstadtpark von Nicki
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Hallo Mronda
ich bin selbst noch ein Neuling in Sachen Schreiben, aber ich versuche mal an Hand von zwei Beispielen darzustellen, was ich an deinem Text nicht so gut fand.
Du scheinst ein Fan von "Bandwurmsätzen" zu sein, das Problem bei diesen ist oft: Wenn man nicht gut aufpasst, hat man am Ende des Satzes schon vergessen, was der Anfang sagen wollte.
Zitat: | Ich war froh, wenn der ermüdende Vormittag schon mal überstanden war, nach einem halbherzigen Mittagsschlaf erwarteten wir einen Spielkameraden, was mich sehr erleichterte, denn zwei Kinder sind amüsanter als ein chronisch gelangweiltes Einzelkind, welches sich in dieser Erwachsenenwelt verloren und unverstanden fühlte. |
Zitat: | Irgendwann hatten die Jungs ihre bunten Jacken an, an jeder Hand einen aufgedrehten, kleinen Kerl, mit Trinktütchen, Stofftaschentüchern und Keksen bewaffnet, am linken Handgelen einen in die Haut schneidenden Plastikbeutel mit Sandspielsachen, zockelten wir Hundehaufen ausweichend auf dem Asphaltweg los. |
Und am Ende hätte ich mir ein Highlight gewünscht, nicht so wie:
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Zitat: | Dann aber trafen wir uns, beschlossen, uns öfter zu sehen und irgendwann sind wir bis heute zusammen geblieben… | [/quote]
Ich würde die ganze Geschichte auch noch ein wenig straffen.
MfG
Nicki
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Mronda Gänsefüßchen
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Beiträge: 17
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Beka Exposéadler
Beiträge: 2374
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08.03.2011 12:43
von Beka
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Hallo Mronda,
Du fängst ganz wunderbar die Stimmung auf den Spielplatz ein.
Als ich Deinen Text gelesen habe, habe ich drei Kreuze geschlagen, dass meine Kids aus dem Alter draußen sind. , es war genau so.
Ein paar Sätze sind wirklich zu lang und manche "Schnörkel" können auch weg :
Zitat: | Dabei stellte ich mir eine weitere Frage, ob kleine, junge Menschen nicht mit einer gewissen natürlichen Intelligenz geboren werden,... |
Ich würde das 'kleine, junge' weglassen. Es werden wohl kaum große, alte Menschen geboren
Und irgendwie bleibt Dein"Monsieur" sehr blass, er ist doch wichtig.
Da täten eine paar Eigenschaften /Beschreibungen gut ( und dafür eine paar Kinderszenen kürzen)
Das Ende würde ich mir auch etwas "peppiger" wünschen.
Dass sie mehrfach anruft und immer nur den AB dran hat, da kann man doch was daraus machen?
Zitat: |
Bevor sich unsere Wege trennten, überließ mit auch Monsieur seine Telefonnummer, mit der Begründung, dass er sich an meiner Musik interessiere.
dass er an meiner Musik interessiert sei
oder
dass er sich für meine Musik interessiere
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Zitat: |
Angerufen und mit ihm gesprochen hatte ich dann erst drei Wochen später
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Angerufen hat sie schon vorher, aber ihn nicht erreicht.
Viele Grüße
Beka
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Mronda Gänsefüßchen
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