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Bill, John und Aneas - der Kurzgeschichte erster Teil


 
 
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MR.
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
M


Beiträge: 33
Wohnort: Mainz


M
Beitrag06.09.2009 10:54
Bill, John und Aneas - der Kurzgeschichte erster Teil
von MR.
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo, dies ist der erste Teil einer kürzlich verfassten Kurzgeschichte und die letzte aus meiner "Period Black".
Teil zwei und drei der Kurzgeschichte sind fix und fertig, doch ich wollte erstmal auf eure Resonanz schauen. Teil zwei und drei wären schnell gepostet somit.
Wie auch immer, wünsch ich euch eine gute Unterhaltung und noch nen schönen Sonntag!



Bill, John und Aneas
Bill, John und Aneas trafen sich jeden letzten Freitag im Monat im „Madden Pub“. Sie mochten diese Abende, ohne Frauen, ohne Kinder, ohne die Hetze des Jedentags, und nach ein paar Bieren erschien ihnen die Welt jugendlicher, freier, strahlender. Niemand von ihnen sah den schwarzen Schatten, der unsichtbar auf dem Dielenboden lag.
  Das „Madden“, lag in einer der Seitenstraßen von Dublin, nördlich vom Liffey , nämlich dort, wo die Ziegelsteine der Hauswände schmutzig-rot bis rostig-braun sind,  und die Außenfassaden der Häuser abgerissen dahindämmern. An die Wand gemalte Blockbuchstaben aus der Vergangenheit starren dort schon lange inhaltslos geworden auf den grauen feuchten Straßenbelag und leere farbige Essensdosen stehen vor einer Bretterwand. Hier beginnen Kinder in der Nacht plötzlich zu weinen und man tröstet sie nur selten.
An dem Abend, den wir hier betrachten, waren lediglich Bill, John und Aneas im Pub. Die Rezession stand wie eine große bedrohliche Wolke über dem Land und ehemalige Zuwanderer wanderten wieder ab, und die anderen schauten mit Sorgenfalten im Gesicht in ihre mageren Geldbeutel.
Bill, John  und Aneas standen vor dem Pub und rauchten. Sie hatten wie immer Poker gespielt und machten nun eine Pause. Da lief eine Frau im schwarzen Kleid an ihnen vorbei.
„Wie aus dem Himmel geworfen“, flüsterte Bill zu sich,  ohne zu überlegen.

Die Frau im schwarzen Kleid verlangsamte ihren Schritt, blieb schließlich, drehte sich um und ging
auf den Eingang des „Madden“ zu.
  
Ihr Haar war schwarz, glatt und schulterlang. Sie trug eine Lederjacke mit silbernen dünnen Reißverschlüssen und durch das Muster ihrer Netzstrümpfe konnte man ihre helle Haut sehen. Dunkelgrüne Augen setzten Glanzpunkte in ihrem ovalen Gesicht und auf den ersten Blick konnte man vielleicht an eine Katze denken oder einen Panther.
„Guten Abend“, sagte sie dunkel als sie vor dem Tresen stand. „Ein Pint  Bullmers!“
Der Wirt schaute sie an, musterte sie kurz, dann nickte er. „Ein Bullmers, die Lady“, sagte er und betätigte den glänzenden Zapfhahn für den Cidre.
  Aneas kam von der Toilette, lächelte die Frau in Schwarz kurz an, und setzte sich wieder an den Pokertisch. Bill und John kehrten zurück.
„Neue Runde, Jungs!“, sagte Aneas und legte zwei Geldstücke in die Mitte des runden Spieltisches. „Macht eure  Einsätze“, sagte er, dann mischte er die Karten.  
Die Frau schaute in den Spiegel, der hinter dem Tresen hing, und in dem man fast den ganzen Raum übersehen konnte. Sie betrachtete still die Gesichter der drei Spieler, deren Wangen waren vom Alkohol leicht gerötet waren.  Sie schaute sich Aneas an. Seine roten, lockigen Haare, durch die sich nun ein paar graue Strähnen zogen, seine helle Haut mit den  Sommersprossen bis hoch über die Augen, seine dünne Nase – alles das war schon früher an ihm immer so eindeutig gewesen, dachte sie. Man konnte ihn von weitem schon erkennen, sie jedenfalls konnte es.

Heute Nachmittag war sie durch Dublin gebummelt, hatte sich in ein Cafe der ewig geschäftigen Grafton-Street gesetzt, Leute angesehen und ihre Seele baumeln lassen. Plötzlich hatte sich etwas über sie gelegt, eine Stimmung, ein sonderbares Gefühl, wie eine unsichtbare Folie und dann hatte sie sich an ihre Kindheit erinnert. Sie hatte Dads breites, liebes Gesicht vor sich gesehen. Mum, die ihr ganzes Leben mit Nörgeln verbracht hatte, vorzugsweise mit dem armen Dad.  Großmutter war im Geiste aufgetaucht, mit den streng zusammengebunden Haaren im Nacken. Sie hatte sich erinnert, wie sie als Kind oft im großen Bett neben ihr schlafen durfte und Oma ihr Geschichten von den Menschen, von den guten und den bösen  erzählte.
Großmutter, Mum und Dad waren in den letzten fünf Jahre gestorben, und sie hatte viel Zeit gebraucht, um mit diesem Verlust fertig zu werden. Sie hatte sich zurückgezogen und sich sehr auf ihre berufliche Karriere konzentriert. Sie war aufgestiegen und hatte eine beachtliche Position in der Rechtsabteilung eines bekannten Unternehmens außerhalb Dublins bekommen. Finanziell hatte sie ein problemloses Leben.

In dem Cafe in der Grafton Street hatte sie sich noch einen zweiten Latte Macchiato bestellt, dann versucht, die dort aushängende Tageszeitung zu lesen, sie aber bald wieder zur Seite gelegt. Plötzlich war wieder jene Nacht aufgetaucht, in der sie wach und erwachsen geworden war. Die Erinnerungen dieser Nacht waren immer stärker geworden, schließlich war sie aufgestanden, hatte bezahlt und das Cafe verlassen. Sie war weitergegangen, aber sie hätte nicht mehr sagen können, wohin genau. Ihre Erinnerung setzte erst wieder in der Nähe des großen Phoenix’ Parks im Osten der Stadt ein, als sie an seinen Außentoren vorbeischlenderte und nach einer Buswartestelle Ausschau hielt.
Der Wirt warf sie aus ihren Gedanken.
„Ich muss in’n Keller, Lady. Wodka holen“, sagte er. „Ist bei Ihnen alles ok?“
Es war ihr, als wäre sie gerade einem Traum erwacht. „Ja, ja“, sagte sie, unsicher. „Ja. In Ordnung.“
Er nickte, kratzte sich am Kopf, faltete das Spültuch, legte es auf den Tresen und stapfte die Kellertreppe hinunter.
Sie musterte sich im Spiegel. Hatte er ihr angesehen, was sie gedacht hatte? Ihre Antwort war merkwürdig, stellte sie fest. Sie schloss die Augen, atmete, und versuchte sich auf das Kommende zu konzentrieren.

Nach ein paar Minuten kam der Wirt wieder hoch, setzte die Kisten ab und schnaufte. Von seinen Kleidern ging ein Duft von Zigarretten aus. Er drehte sich zu ihr.
„Wir müssen“, sagte sie, „das Pokerspiel dort drüben jetzt leider unterbrechen!“
Der Wirt glotzte ungläubig auf ihre Hand, in der sie eine  kleine schwarzglänzende Pistole hielt.
„Nimm zwei von den Wodkaflaschen und Gläser“, sagte sie, wieder ganz unter Kontrolle und kühl, „und stell’ sie zu den Dreien auf den Tisch!“
Er zögerte erst, doch dann schnappte er sich Flaschen und Gläser und ging hinüber........

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