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Kleine Tragödie, Zweiter Teil, Zweiter Akt


 
 
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag02.08.2009 12:41
Kleine Tragödie, Zweiter Teil, Zweiter Akt
von Alogius
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Kleine Tragödie, Zweiter Teil, Zweiter Akt

Wie Teufelswerk und des Deibels Feind eintreffen am Ort des Geschehens und die Lage sich zuspitzt, während in der Pfalz üble Dinge ebenso ihren Lauf nehmen

Bericht des Hofmedicus Gunther von Schraten

„Der Volksmund nennt es den Veitstanz. Den Grafen und die Frau Gräfin hat er gar hinterrücks überfallen. In blinder Tanzwut schreiten beide durch den gräflichen Landsitz zu Bachtal, wohingegen die Bürger mit Schrecken und Sorge das Gekreische aus den Gemächern hören können; bis auf die Felder dringen Schrecknis und Geplärre, garstige Worte und irres Lachen von Landgraf und Landgräfin.
Es begann in der Nacht auf den 19. Jänner, dass ein Hausdiener mich rief, um nach dem Landgrafen Humboldt zu sehen. Tanzend und springend auf dem ehelichen Bette traf ich ihn an. Übelste Wortwahl beherrschte von jetzt an seinen Sprachschatz, und gar merkwürdige Wunden taten sich an Brust und Rücken auf.
Das Blut spritzte nur so heraus, so dass ich und mein Gehilf schwere Not hatten, sie zu stillen –zumal das Gespringe des Grafen nicht dazu beitrug, schnellstens alle Wunden zu erreichen. Doch nachdem dies geschehen, ließ der werte Graf sich mit dem Gesäß auf die weiche Matratze fallen, nur um sich wieder in die Höhe zu werfen und wieder in die alte Position. Dabei spie er aus ein rückwärtiges Ave Maria. Schaum und Speichel warf er derweil aus, während die Gräfin sich einem Wurme gleich über den Boden rollte, zur Tür hinaus und die Treppe hinab in den Salon.
Eilig liefen ihr die Diener nach, welche sie nur mit einem Krächzen bedachte, und auch sie trug mehr als nur blaue Flecken davon. Mit ihrem eigenen Blute malte sie des Teufels Zeichen an Wand und Teppich. Dies, meine Herren, war auch Anlass für uns, die heilige Kirche in Kenntnis zu setzen.“

Tiefer Wald. Nacht. Vectorius jagt mitsamt Kutsche und Kutscher über Weg und Pfad. Kalter Wind.

Vectorius: Eilig, Kutscher, eilig!

Kutscher: Ja, Herr, doch Wind und Wetter haben sich gegen uns gestellt! Treib ich die Gäule an, so wiehern sie wie es Verrückte nur tun. Lass ich die Peitsche sprechen, so fasst ein Ast danach, und schon hab ich sie verloren! Es ist wahrlich ein Unwetter, das uns treibt. Doch nicht nach vorn, sondern immer mehr zurück!

Vectorius: So halt nach vorn, mein treuer Reiter! Ross und Kutsche sind unser einziges Mittel, das düstere Ziel zu erreichen. Sag, siehst du wenigstens schon Keilhus?

Kutscher: Nein, ich seh es nicht!

Vectorius: Musst es sehen und finden! Von dort muss ich allein reisen. Ein Pferd muss ich dir nehmen, denn man hört, dass schon in Keilhus ebenso Vieh und Ernte sind verdorben. Vom Mutterkorne man erzählt. Es mag wohl auch den Verstand der Menschen packen und umkehren, damit Widerspruch und Lüge ihn und seinen Verstand umfangen. Verzagen darf ich nicht, denn Düsternis hat das Land gefangen. Der Wechselbalg muss gefunden werden, der Buhlteufel bestraft und der dreiste Deibel vertrieben. Manch heilig Utensilium trag ich bei mir, doch das, was wirklich wichtig, hat er mir genommen. Jenes Buch, in welchem en detail beschrieben, wie er zu verjagen, hat er mir gestohlen und dem Pfaff in die heilige Hand gegeben. Unser Herr allein weiß nun, was in falschen oder unwissenden Händen dieses Buch ausrichten kann!

Kutscher: Dort, Herr, sind Gestalten. Mitten auf dem Weg erwarten sie uns!

Vectorius: Fahr immer nur weiter und wirf keinen Blick auf sie! Lausche nicht den Worten, denn den Sirenen gleich werden sie unsere Fahrt stoppen! Nur weiter, eilig weiter!

Die Gestalten versperren den Weg. Die Kutsche rast hindurch, aber die Wesen sind schnell wie die Pferde und klammern sich an Kutschbock und Türe fest.

Lemure: Du wirst nicht erreichen dein Ziel, Menschendoktor. Meine Herren haben uns befohlen und geschickt. Kehre um oder fahre gleich in des Todes Reich.

Kutscher: Ich wag es nicht, zu schauen!

Vectorius: Weiche, minderer Diener, weiche! Gar größere Diener haben deine Herren, und sie schicken nur dich! Weiche!

Nupperibo: Meine Brüder magst du so beflüstern, doch ich hab gar ein höheres Ziel! Den Kutscher will ich mir schnappen!

Kutscher: Herr! Herr!

Vectorius: Mit einem Spiegel zeig ich dir dein Angesicht, du widergöttliche Fratze! Kehre ein und zurück in die verdorbene Taverne deiner Herren, und trinke dort den schwarzen Wein!

Kutscher: Es ist weg! Aber dort ein neues Unding! Ich fahre schneller, doch seht wie die Pferde schon im Blute waten!

Vectorius: Eilig weiter, als wär der Teufel selbst schon hier!

Nachthexe: Entzündet die Irrlichter, Schwestern! Der Doktor und die Kutsch sind gekommen. Den Doktor lasst dem Bocksbein, doch den saftigen fetten Kutscher lasst mir. Seine Knochen mach ich fahl, und sein Fleisch lass ich gerne siechen. Ja, nun brennt das Licht, das ins Verderben führen kann!

Kutscher: Dort, in Keilhus hat man Licht entzündet!

Vectorius: Glaube nicht der Tücke, sie ist des Menschen Nemesis! Immer weiter, doch nicht der falschen Laterne entgegen; sie erleuchtet nur das Totenreich!

Kutscher: Ich falle, stürze!

Der Kutscher fällt in den Graben, Vectorius auf dem Kutschbock.

Vectorius: Schwarze Schlange, dein Treiben hat ein Ende! Der Christ ist mit mir, und sein Schwert mag einst die Heerscharen des Himmels führen, doch heute soll es dich bereits erschlagen. Mein Weg nach Keilhus ist gelungen, und der Hexenwald verschwindet im Nebeldunst.


Offenes Feld. Der Teufel, der Buhlteufel und die Nachthexe.

Buhlteufel: Ich grüß dich, edle Schwester. Habt ihr Erfolg gehabt?

Teufel: Ja, antworte ihm!

Nachthexe: Wenn ich hier so auf die Felder schaue, die kohlrabenschwarze Ernte bestaune und das wirre Läuten der Kuhglocken wie Musik empfinde, müsst ich sagen, ich hatte Erfolg, ich und meine Schwestern aber wurden vertrieben vom Doktor Vectorius. Man sagt sich, er habe den Schalk im Nacken und sei deshalb unverwundbar.

Teufel: Verschwinde, dumme Alte! Hast versagt, wie alle anderen.

Nachthexe ab.

Buhlteufel: Doch ich, alter Meister, bin treu ergeben. Das Kind bereits gewachsen, ein kluger junger Mann blüht dem Grafenland.

Teufel: Der Landgraf sich auf Reise begeben. Den Kaiser will er besuchen. So lass uns gespannt sein, was da kommen mag. Doch nun, bereite den Empfang vor: Der Doktor will sicher speisen!


Dorfbrunnen. Vectorius und der Vogt.

Vogt: Werter Doktor, war die Reise schlimm?

Vectorius: Übles Getier und schwarze Brut hat uns verfolgt. Doch ich bin hier, allein dies zählt. Sagt, der Brunnen, ist er auch verdorben? Man sagt, vom Fichtelberg zum Stieg hinab bis schon hierher wandert der Heerwurm.
 
Vogt: Das wohl! Der Pfaff zu Fichtelstieg erwartet jeden Tag Eure Ankunft.

Vectorius: Dann will ich eilig weiter!


In der kaiserlichen Pfalz, wo einst schon jemand einen Mummenschanz erlebt. Der Kaiser, der Landgraf und ein Hausdiener.

Hausdiener: Majestät, mich dünkt, eine Narretei will der Landgraf treiben. Schaut, wie er sich maskiert. Er macht jeden Narren neidisch.

Kaiser: Wohl wahr, werter Stüben, wohl wahr. Graf von Humboldt soll uns sagen, was ihn beschäftigt, dass er jede Etikette missen lässt. Heut steht ein Fest noch an, und wir wollen uns amüsieren, flanieren und nicht pikieren.

Humboldt: Nein, zum Narren halte ich nur mich selbst! Ich bin ein edler Recke, den man zum Kreuzzug hat gerufen! Schaut, dort ist schon Löwenherz! Wie er seine rote Nase in den Becher tunkt! Ein vortrefflicher Krieger ist er.

Kaiser: Stüben, holt doch meinen Medicus. Und am besten was vom besten Wein.

Stüben ab. Ein zweiter Hausdiener.

Hausdiener: Majestät, der Festzug steht bereit.

Humboldt: Was schau ich da? Dieser Bub, ist er nicht mein Ebenbild? Schon seit Wochen bringt es mich um den Schlaf, das Kind. Ist es nicht mein Neff, der verschollen war im Kriege, damals gegen das Schwedenland? Oh ja, ich will ihn schauen. Und fragen ihn, wie Name und Herkunft lauten.

Ende des zweiten Aktes, in welchem Vectorius in schwerer Not das Gebirge erreicht, der Teufel sein Werk beobachtet und bewundert und in welchem die Teufelsbrut dem Landgrafen in der kaiserlichen Pfalz zugespielt wurde.



_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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Hardy-Kern
Kopfloser

Alter: 74
Beiträge: 4832
Wohnort: Deutschland


Beitrag03.08.2009 21:11

von Hardy-Kern
Antworten mit Zitat

Bin verblüfft wie du in so kurzer Zeit diesen relativ schweren Text durchziehst. Glücklicherweise ist er nicht so schwer wie Goehtes Faust.Very Happy
Amüsiere mich jedenfalls köstlich.

Hardy
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag03.08.2009 22:01

von Alogius
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Oh, vielen herzlichen Dank!

Ja, im Moment geht der leicht von der Hand. Wenn man einmal drin ist, dann passt das.

(Soll ja auch bloß nicht kopieren, was einzigartig ist. An Goethes Faust lass ich nichts kommen.^^)

Danke

T.


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