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Kleine Tragödie, Zweiter Teil, Erster Akt


 
 
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag31.07.2009 12:49
Kleine Tragödie, Zweiter Teil, Erster Akt
von Alogius
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Kleine Tragödie, Zweiter Teil, Erster Akt

Wie der Vorfall vom 16. Jänner untersucht ward und dabei der Teufel dem Doktor und dem Pfaff ein Schnäppchen geschlagen

Aussage des Büttels zu Fichtelstieg

„Der Herrgott weiß, ich bin ein frommer Mann, und was sich im Orte Fichtelstieg zugetragen, bedarf mehr als nur der frommen Sprüche und Gebete. Als die Helene Steinwallen, Tochter des Müllers Hubertus Steinwallen, über Schmerz und Übelkeit in den Morgenstunden klagte, trug man mir auf, den Doktor Vectorius aus dem nahe gelegenen Bachtal in unseren Ort zu bestellen. Von dem Doktor weiß man wohl, dass er ein aufrechter Mann sei; sein Studium der Medizin in Wittenberg hat er brav abgeschlossen, zudem er ebenso bewandert ist in den Künsten der Weissagung, wie man sich auf den Feldern zwischen Fichtelstieg und Keilhus so erzählt. Und wahrlich, ein Schelm muss man schon sein, würde man nicht auch auf dieses Wissen zugreifen! Denn auch dem Pfaff, dem Herrn Wilhelm Heinskautzen, kam die Angelegenheit spanisch vor: Das Weibsbild ging schwanger, obschon ihr Verlobter, ein Soldat aus des Königs Armee, fern der Heimat war. Unfasslich, was dann geschehen: Über Nacht blähte sich der Leib der Steinwallen-Helene auf, so dass der Nachwuchs bald geworfen ward! Pechschwarz die Augen, pechschwarz das glatte Haar –und dieses Grinsen, ich kann’s wohl kaum beschreiben! Ruhe hieß es zu bewahren, und so kamen wir überein, das Kind musste wohl des Holzschwärzers Produkte sein. Der Köhler nahm’s dann auch gleich in seine Obhut, und die Helene als Buhlerin wurd beschimpft. Es kam uns seltsam vor, dass sie selbst das Kind nicht wollt, aber der Köhler nahm auch die Frau mit auf. Weshalb der Doktor Vectorius nicht zugegen? Das vermag ich nicht zu sagen, doch der Herrgott weiß, die Nachricht hat er wohl bekommen. Unser Pfaff schließlich hat Euch Nachricht zukommen lassen, dass gar seltsames Zeug in Fichtelstieg geschieht. Doch, im Vertrauen, sie ist die erste nicht, die vom Teufel wurd gepackt. Erinnert Euch an alte Sagen aus unseren Landen, dann wisst Ihr wohl, wie grauslich es zugehen kann mitten im Erzgebirge. Was dann geschehen? Nun, es verging nicht viel Zeit, bis ein großer Brand die Hütte des Köhlers in Schutt und Asche gelegt. Das Kind, des Teufels dreiste Brut, stand mit weit geöffneten Augen vor den Flammen, rief den Namen Asmodeus in die Bergeshöhen, und fortan hat man es nimmer mehr gesehen. Es blieb uns nur, den Köhler zu verjagen. Die Helene lebte nicht lang mit ihrer Sünde, hat sie doch die weitere schnell begangen. Sich die Arme aufgeschnitten, wurd sie auf eigenen Wunsch im Orte Keilhus begraben –wo ihr Onkel wohnte.“

Nach dem Brand der Köhlerhütte

„Ja, habt Ihr nicht Nachricht bekommen, werter Doktor?“ fragte der Pfaffe. Den langen Weg von Fichtelstieg über Keilhus bis ins Bachtal hatte der alte Mann mit einem Esel auf sich genommen, so dass der Doktor Reittier und Reiter mit Brot und Saft versorgen ließ.
„Und ob ich sie bekommen. Doch, wie Euch bekannt sein mag, vermag ich die Dinge zwischen Himmel und Erd zu sehen, wie sie sich verborgen vor unseren Augen zutragen. Wenn der Teufel umgeht in unseren Landen, kann selbst ein Mann wie ich nicht helfen. So lasst Euch sagen, Ihr habt recht gehandelt, die Obrigkeit zu informieren.“
Der Pfaffe aß und trank, doch bevor er ging, wollte er noch etwas wissen: „Sagt, Vectorius, ist es damit nun getan? Das Kind ist nicht gefunden.“ Der Doktor nahm eines der alten Bücher in die Hand. Kein Titel war darauf zu sehen, und es war mehr ein Foliant als ein Buch. „Wem der Buhlteufel begegnet, der ist die Sünde selbst geworden, und seine falsche Brut mag sich nun mit seinen schwarzen Brüdern und Schwestern fern der Menschen vergnügen. Haltet fromm die Menschen in Fichtelstieg, und man wird euch alle nicht mehr stören.“
So war der Pfaffe zufrieden, denn auf die Worte des Doktors konnte man seit jeher bauen. Den alten Foliant bekam er vom Doktor noch geschenkt.

Aussage des Doktor Johann Vectorius

„Ich habe sehr wohl die Botschaft aus Fichtelstieg erhalten. Ein bezahlter Bote des Büttels hat sie mir überbracht. Lang muss er unterwegs gewesen sein, ist doch der Abstieg zwischen dem Fichtelberg und dem Tal unter dem Keilberg sehr mühsam. Den Haselwald zwischen Keilhus und dem Bachtal, so sagte es der Bote, hat er im Spurt durchquert. Von gar seltsamen Nebeln und Gesängen hat der Bursche gesprochen. Ich wage aber zu sagen, dass wir Vorsicht walten lassen müssen, wenn wir zwischen Wahrheit und Gespinst unterscheiden wollen. Nun, ich bekam die Nachricht einer gar ungewöhnlichen Empfängnis der jungen Frau Steinwallen. Und weil ich dem Teufel und seinen garstigen Dienern schon lang auf der Spur bin, brach ich sofort auf, der jungen Maid beizustehen in ihren vermutlich letzten Stunden. Doch umkehren musste ich, als düsteres Gewitter die Bäume des Waldes umknicken ließ. Wie Klauen wollten sie nach mir schnappen, und kein Weg führte daran vorbei. Nur zurück konnt ich gehen. Erst als alles zu spät, die Hütte verbrannt, die Maid gestorben und der Wechselbalg entschwunden, kam ich an.“

Des Köhlers Erlebnisse

Dunkles Zimmer. Das Zeichen des Makrokosmus auf der Wand. Ein schwaches Kerzenlicht. Der Holzschwärzer allein im Zimmer.

Holzschwärzer: Wieder bin ich euch entkommen, ihr Diener von Narren, und selbst seid ihr nicht mehr als das. Wenn sich der Deibel für euch Menschlein interessiert, dann wisset, dass Flucht und Aufgabe euer einzig Ziel sein kann! Herrlich blühten die Flammen auf, dass mein Herz sogleich Luftsprünge gemacht, eine Wasserschlacht gewonnen und dem Erdgeist die hässliche Siegesfratze gezeigt! Wie lächerlich der Pfaff geschaut, als ich, in der Zauberkund wohl belehrt, hab ich sie doch erfunden, ihm erklärt, dass richtig er gehandelt, der Obrigkeit die ach so grausigen Geschehnisse wohl protokolliert zu haben. Ach! Ich wünscht, ich könnt des Landgrafen dumme Fresse sehen –das nicht nur weil der Veitstanz ich ihm und seinen Hofschranzen angehext! Mein Buhlteufel hat ganze Arbeit geleistet, und dem Land zwischen Sachsen und Böhmen einen weiteren Wechselbalg gespendet! Nun, Herr, siehst du, wie schwach die Menschenkinder sind?

Ein Geräusch. Der Buhlteufel.

Buhlteufel: Alter Meister, ewiger Verkünder, hier bin ich. Und wohl hab ich doch gehandelt oder nicht?
Der Teufel: Brav hast du getan, und ewiger Genuss sei dein Lohn! Sag, wo hast das Kind versteckt?
Buhlteufel: Hinauf auf den Berg hab ich es getragen, wo gierige Hexen es zu einem wackeren Männe erziehen sollen. Es soll doch dem Landgrafen herzlichst dienen, nicht wahr?
Der Teufel: Das nenn ich eine zauberhafte Idee! Wisse, auch ich hab meinen Teil geleistet. Denn der Herrscher über Scharen, dessen Name Legion, soll den Untertanen ein düstres Vorbild bleiben: Ich hab den schwarzen Foliant dem Pfaff geschenkt –so wird er Dunkles in die Orte tragen, angefangen im kleinen Fichtelstieg.
Buhlteufel: Wohl weise! Denn das Erzgebirg hat es uns seit jeher angetan, mein alter Meister!
Teufel: Ja, nun lass uns sehen, wie die Brut sich labt an den Menschen!

Beide ab.

Irgendwo im Wald

Die Kutsche des Doktor Vectorius rast durch die düstere Nacht. Die Pferde schnauben, und der Dunst aus den Nüstern vermischt sich mit den Nebeln.

Vectorius: Die Missetat der Teufel hat begangen! Mein Buch gestohlen, und in Händen nicht vom Fach ist es ein Machwerk voller Bosheit! Wie ich dem Landgrafen sagte, dass ich seit der Osternacht nicht mehr mit dem Pfaff gesprochen, war die Sache klar: Das Böse ist ins Erzgebirg gekommen!

Ende des Ersten Aktes, in welchem man erkennt, wer der Teufel ist und was sein Ziel sei. Doch ob Vectorius rechtzeitig und lebendig den Stieg hinauf nach Fichtelstieg besteigen kann, wo auch der Teufel und seine Diener hin sind, mag sich noch zeigen müssen.



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Aus einem Traum:
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Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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Möwe
Geschlecht:weiblichLeseratte
M


Beiträge: 125
Wohnort: Norddeutschland


M
Beitrag31.07.2009 13:28

von Möwe
Antworten mit Zitat

Texte, die als Theaterstücke oder Drehbücher konzipiert wurden, empfinde ich immer als schwierig zu lesen, da der Lesegenuß sich bei mir (!)  einfach nicht einstellt. Aber: Dafür sind sie ja auch nicht gedacht, sondern am Ende soll ja eine lebendige und mitreißende Aufführung stehen.

Deshalb nur ganz kurz und vermutlich nicht sehr konstruktiv:
Faszinierend finde ich, wie du es sprachlich durchgängig geschafft hast, den Leser/mich in eine vergangene Zeit mitzunehmen. KLASSE!

LG Möwe


EDIT:
Zitat:
Denn auch dem Pfaff, dem Herrn Wilhelm Heinskautzen, kam die Angelegenheit spanisch vor: Das Weibsbild ...

Diese Formulierung kommt mir irgendwie zu modern vor (nur ein Gefühl, kein Wissen).
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag31.07.2009 16:49

von Alogius
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Erstmal meinen Dank fürs Lesen!

Zur Formulierung:
Nach Gefühl habe ich sie gebraucht, mit dem Gedanken, die Formulierung könnte durchaus ältere Ursprünge haben.

Wenn mir gelingt, eine alte Zeit (ohne sie genauer zu definieren) ein wenig einzufangen, bin ich zufrieden.
Der Text ist ja kein reines Drama, daher auch keine "echte" Tragödie im eigentlichen Sinne, sondern -wie Teil 1- eine Mischung.

Danke
Tom


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Hardy-Kern
Kopfloser

Alter: 74
Beiträge: 4832
Wohnort: Deutschland


Beitrag01.08.2009 08:13

von Hardy-Kern
Antworten mit Zitat

Habe die 2 Teile mit Interesse gelesen und denke, du hast dir viel Mühe gemacht. Diese altdeutschen Formulierungen sind natürlich nicht Jedermanns Sache, ich fands jedenfalls erfrischend.

Wenn das eine Fiktion ist, ist sie jedenfalls Klasse und das kann nicht jeder. Daumen hoch

Hardy
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag01.08.2009 10:05

von Alogius
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Hi,

ja ist eine. Also die Handlung selbst, wie auch die Namen. Natürlich GIBT es Buhlteufel und den Teufel. Razz

Danke Dir!

Gruß,
Tom


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