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Der Fürst und der Tod


 
 
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bonvivant
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
B

Alter: 65
Beiträge: 22
Wohnort: Püttlingen


B
Beitrag27.07.2008 11:01
Der Fürst und der Tod
von bonvivant
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Der Fürst schlich jede Nacht durch sein Schloss. Er liebte die Finsternis und so durften nur zwei Kerzen ihm den Weg beleuchten. Er hasste und schikanierte seine Untergebenen, wo es nur ging. Seine Untertanen pflegte er gelegentlich als wertlose Schmeißfliegen zu bezeichnen.
In seiner Umgebung erstarrten die Gesichter zu eisigen Grimassen. Auf Schritt und Tritt folgte ihm seine Gefühlskälte und er pflegte die Demütigung der Anwesenden.
Der einzige Mensch den er einigermaßen vernünftig behandelte war sein Diener Johann.
Die arme Seele kroch fast zu seinen Füßen, darauf bedacht ihm ständig volle Ehrerbietung entgegenzubringen.
Das Schloss verließ er nur in der Nacht. Er drehte eine Runde durch seinen Park und ließ sich regelmäßig auf einer Parkbank nieder. Stundenlang saß er dort regungslos und blickte immer in die selbe Richtung, spätestens im Morgengrauen zog es ihn zurück in die sicheren Mauern seines Schlosses.
An diesem Abend war es anders, er hieß Johann, die Kutsche anzuspannen. Der  Diener ging ohne zu fragen in den Stall und spannte die Pferde vor das Fuhrwerk.
Einige Zeit später kam er mit der Kutsche vor den Eingang des Schlosses gefahren, dort wartete schon voller Ungeduld der Fürst.
Johann war es gewohnt keine Fragen zu stellen, so wartete er die Befehle seines Herrn ab.
Der Fürst setzte sich in der Kutsche und rief laut.
„Johann, fahre er in den finsteren Wald hinein!“
Dem Diener lief nun der kalte Angstschweiß den Rücken hinab, zaghaft fragte er nach.
„Eure Herrschaft es sei gestattet die Frage zu stellen. Meint ihr den dunklen Tannenwald? Es hat dort nicht genügend Licht. Ich werde sicherlich den Weg schlecht erkennen.“
„Johann, höre er auf zu klagen. Handle er endlich, ich habe nicht vor mir sein Geschwätz länger anzuhören.“
Der arme Johann schnalzte mit der Zunge und ließ die Pferde langsam die Kutsche ziehen. Die Kutsche holperte über den morastigen und zum Teil steinigen Weg in den Wald hinein. Der Fürst war erbost und so schrie er aus Leibeskräften.
„Johann, muss er seine Kutsche selber lenken? Gebe er endlich den Pferden die Sporen. Wir sind hier nicht auf einer Spazierfahrt.“
Dem Diener perlte nun der Angstschweiß von der Stirn. Er schmeckte bereits auf den Lippen einen eigenartigen salzigen Geschmack. Er trieb die Pferde an und die Fahrt wurde zu einem halsbrecherischen Wagnis.
Er blickte kurz vom Kutschbock nach hinten zu seiner Herrschaft.
Der Fürst stand aufrecht in der offenen Kutsche und hatte die Arme ausgebreitet.
Johann dachte bei diesem Anblick. „ Die Leute irren nicht, unsere Herrschaft ist verrückt geworden.“
Schnell blickte er nach vorne auf den Weg. Der Vollmond schien durch die Bäume hindurch, an manchen Stellen war der Weg gut zu erkennen, dann wieder schien es als sei überhaupt kein Weg vorhanden.
Der Diener zitterte am Leib, seinem Mund entfuhr ein Stöhnen. In seiner Verzweifelung sendete er ein Stoßgebet zum Herrn. Das aber schien nicht erhört zu werden.
Er hatte die Zügel so fest in seine Hände gekrallt, dass aus ersten kleinen Wunden das Blut austrat.
Während der arme Johann Höllenqualen litt, schien seine Herrschaft sich zu amüsieren. Wie lange mochte diese Fahrt noch gut gehen?
Plötzlich und ohne Vorwarnung standen die Pferde still. Der Fürst kippte nach vorne, schlug mit dem Kopf gegen die Polsterung. Er setzte sich auf seinen Platz.
„Er ist ein Taugenichts! Ein elender Lump! Ein unzuverlässiger Diener, zu nichts zu gebrauchen. Er ist noch zu dämlich eine Kutsche zu fahren.“
Johann hörte diese Worte nicht, erschrocken starrte er auf die Gestalt auf dem Weg.
Vor ihm stand eine schlanke großgewachsene Person mit einer Kutte. Der Kopf war nicht zu sehen. Die Person verstand es ihn gut zu verbergen unter dem weiten Kopfteil der Kutte. In den Händen hielt sie eine Sense. Langsam hob die Gestalt ihren Kopf an, dort wo normalerweise die Augen saßen, funkelten zwei grelle Lichter. Johann war bis auf das Mark erschrocken.
Der Fürst hingegen, verärgert über seinen Diener stand auf und sah die Person.
„Was wagt sich dieses Gesindel mir in den Weg zu stellen. Ich bin der Fürst, siehst du das nicht? Schaffe dich aus dem Weg, du Bauerntölpel! Ich will meinen Weg fortsetzen.“
Die Gestalt lachte ihn mit einer tiefen dunklen Stimme aus.
„Du also bist der Fürst, jener unbeliebte Mensch, der seine Untertanen bis in den Tod quält.“
„Was hast du damit zu schaffen, dein Geist ist viel zu klein um mir zu imponieren.“
Der Angesprochene nahm die Sense in die linke Hand und streckte die rechte Hand in Richtung des Fürsten aus.
„Du wirst mir nicht entkommen, deine Zeit läuft ab. Dein Ablasshandel wird dir auf dem Weg in die Hölle nicht weiterhelfen.“
Der Fürst sah den Kuttenmann finster an.
„Glaubst du im Ernst, ich hätte vor dir Rebell Angst. Ich lasse dich baumeln in luftiger Höhe.“
Da erklang auf ein neuerliches das Lachen des Kuttenmannes und er rief.
„Hört! Hört! Der Fürst glaubt er könne dem Tod entgehen. Was seit ihr doch für eine erbärmliche Kreatur. Ich bin das Ende und daran ändert auch ein Fürst oder ein Kaiser nicht das Geringste. Ich hole euch wann und wo ich will. Merke dir eines mein Fürst, von dieser Nacht an, sollst du noch drei Mal den Vollmond sehen und beim dritten Mal werde ich dich holen. Dieser Schnitt ist mein und zwar hier genau an dieser Stelle. Vielleicht gelingt es dir noch in dieser knappen Zeit ein anständiger Mensch zu werden. Ansonsten aber fährst du hinab in die Hölle!“
Der finstere Fürst zeigte keine Spur der Erkenntnis.
„Du weißt wohl nicht wer ich bin, ich bin der Fürst. Das ist mein Wald, mein Eigentum und ich tue was ich will. Wir werden uns wiedersehen beim dritten Vollmond. Dann werde ich dich baumeln lassen am Baumast.“
Der Tod schwieg, nahm seine Sense in  die Hand und machte einen Fällschnitt in die Luft. Ein Klang erfüllte den Wald, als würden tausend Menschen gleichzeitig gegen den Tod anschreien. Der Sensenkopf erstrahlte in goldener Farbe. Der Kuttenmann senkte den Kopf und sprach.
„ Sei bloß pünktlich mein Fürst, ich hasse Unpünktlichkeit bei meiner Arbeit.“
Im gleichen Augenblick war er verschwunden. Johann starrte immer noch auf die Stelle, an der noch vor wenigen Augenblick der Tod stand.
Der Fürst rief.
„Johann, fahre er mich unverzüglich nach Hause.“
In der nächsten Zeit war der Fürst noch unausstehlicher. Die Zeit zog durch das Land aber sie brachte keine Veränderung. Der Fürst schenkte dieser unmöglichen Person nicht einen Gedanken. Warum sollte er auch?
In der dritten Vollmondnacht spannte Johann wieder die Pferde vor die Kutsche und fuhr seinen Fürsten in den finsteren Tannenwald. Der Vollmond schien durch die Zweige und der Weg war diesmal gut auszumachen. Der Fürst saß schweigend in der Kutsche und es schien als berühre ihn diese ganze Angelegenheit nicht.
Johann hingegen tropfte der Schweiß von der Stirn und seine Kleidung schien durchnässt. Er hoffte insgeheim alles sei nur ein Spuk und gleich würde eine Horde Bauern laut grölend aus dem Wald kommen.
Plötzlich standen die Pferde wieder still. Dieses Mal saß der Fürst, sein Oberkörper machte nur eine leichte Verbeugung nach vorne.
Mitten auf dem Weg stand erneut der Sensemann.
„Sie an, der Fürst verbeugt sich vor mir.“
Der Fürst stand in der Kutsche auf und blickte auf den Sensemann.
„Wenn er sich da Mal nicht irre. Ich verbeuge mich niemals vor solch einer Kreatur.“
Der Sensemann sagte fast freundlich.
„Bei unserer letzten Begegnung hielt er mich noch für einen Bauerntölpel. Heute ist er sogar in der Lage mich richtig anzureden.“
Der Fürst blickte ihn verächtlich an.
„Glaubt er wirklich, er könne mich so einfach holen? Vergesse er bloß nicht den Standesunterschied.“
Der Sensemann überprüfte die Schärfe seines Sensenblattes und lachte laut.
„Vor dem Tod, mein Fürst, sind alle Menschen gleich. Lasst uns das Werk vollenden, ich habe noch mehr zu tun in dieser Nacht.“
Der Sensemann schwang seine Sense und wieder erklang der Schrei des Todes. Im goldenen Schein des Senseblattes fiel der Fürst getroffen, wie vom Blitz, auf seinen Sitz. Sein Herz hatte aufgehört zu schlagen.
Johann starrte kreidebleich auf den toten Fürsten. Der Tod hingegen ging wie er gekommen war. Als der Diener auf den Weg blickte, war er bereits verschwunden in der dunklen Nacht.

© Bernard Bonvivant, Juni 2008
    Autor des Romans  « Das Chaos »



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Bernard Bonvivant
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Brynhilda
Felix Aestheticus

Alter: 44
Beiträge: 7748
Wohnort: Oderint, dum probent.


Edgar Allan Poe (1809 bis 1849) - Zum 200. Geburtstag
Beitrag27.07.2008 12:09

von Brynhilda
Antworten mit Zitat

Lieber Bonvivant!

Die Geschichte ist interessant, wenngleich vom Sujet her nicht besonders originell.
Der Tod als großer Gleichmacher ist ja ein altes Thema. Daß du es mit einem miesepetrigen Fürsten umgesetzt hast, nunja... Es wäre vielleicht noch spannender gewesen, wenn du es durch die Figuren in die Gegenwart transportiert hättest, so vielleicht durch einen Betriebsratsvorsitzenden oder irgend einen Manager und dessen Fahrer oder was auch immer.
Ich finde die Figur des Fürsten auch viel zu leblos und überzeichnet. Gewiß verbirgt sich dahinter eine gewisse anti-aristokratische Einstellung. Es wäre spannender und interessanter gewesen, wenn du ihn runder und plastischer geschildert hättest. So berührt er einen nicht wirklich. Nimm mal Ebenezer Scrooge. Der ist ja auch, ehe die Geister zu ihm kommen, so ein Miesepeter. Aber seine Figur wird beleuchtet. Er darf agieren, er zeigt selbst als Fiesling noch eine in gewisser Weise sympathische Seite..
Der Fürst ist einfach nur immer mies drauf, macht alle runter, und dann ist er tot. Man liest es, zuckt mit den Achseln und denkt. "So what?" Schade um das Tierchen, es fraß so gut. Aber das wars dann auch schon.

Nicht nur an dieser Stelle ist dir die Geschichte zu kruz geraten. Da sind so viele Punkte, von denen ich mir wünsche, sie wären näher ausgeführt worden. Wie hat der Fürst die Leute schickaniert? Damit man sich ein Bild von ihm machen kann.
Und was für ein Typ ist der Kammerdiener? Gibt es einen Grund, warum er immer noch ein wenig besser von dem Fürsten behandelt wird als der Rest der Dienerschaft?
Solche Fragen mußt du beantworten. Das macht doch eine Geschichte erst interessant.

Und dann ist mir stilistisch der ganze Text zu unausgewogen. Du zielst wohl sprachlich auf das 18. Jahrhundert ab, wie das "Er" in der Anrede des Dieners zeigt.
Dann müßte aber der Rest des Textes sich dem auch ein wenig anpassen. Du versuchst es. Zum Teil gelingt es dir auch. Aber zum Teil eben auch nicht, indem du nämlich (a) zu sehr in die Alltagssprache der Gegenwart fällst oder (b) durch zu gestelzte Formulierungen über das Ziel hinaus schießt.
Die Sprache des 18. Jahrhunderts hat eine gewisse Eleganz. Die fehlt dem Text und läßt ihn etwas plump erscheinen.

Der Anfang ist gut. "Der Fürst schlich jede Nacht durch sein schloß". Das ist wirklich ein guter Anfang. Nun hätte etwas kommen müssen, warum das so ist. Was ist das für ein Schloß? Was fasziniert den Fürsten an der Finsternis?
Aber zwei Sätze, und schon kommt, daß er seine Untergebenen haßt und schickaniert. Das Wort "schikanieren" ist schon mal fehl am Platze. Vor allem implizierst du, daß er seine Untergebenen damit schikaniert, daß er nachts durchs Schloß schleicht, und daß er durchs Schloß schliche, weil er seine Untergebenen haßt.
Das hast du nicht gemeint. Aber es kommt so rüber. Du mußt den Anfang unbedingt bearbeiten.

Und dann diese Stelle:
Zitat:
Der einzige Mensch den er einigermaßen vernünftig behandelte war sein Diener Johann.
Die arme Seele kroch fast zu seinen Füßen, darauf bedacht ihm ständig volle Ehrerbietung entgegenzubringen.
Das Schloss verließ er nur in der Nacht. Er drehte eine Runde durch seinen Park und ließ sich regelmäßig auf einer Parkbank nieder. Stundenlang saß er dort regungslos und blickte immer in die selbe Richtung, spätestens im Morgengrauen zog es ihn zurück in die sicheren Mauern seines Schlosses.

Wer ist der "er" in der fettgedruckten Stelle? Man denkt erst, daß es Johann ist. Einfach "der Fürst" schreiben!

Und dann das hier:
Zitat:
In seiner Umgebung erstarrten die Gesichter zu eisigen Grimassen. Auf Schritt und Tritt folgte ihm seine Gefühlskälte und er pflegte die Demütigung der Anwesenden.

Hier willst du durch überschwängliche Metaphern wett machen, was dem Text an Anschaulichkeit fehlt.
Hier sei mal gemahnt an das berühmte "Show, don't tell!".

Also:
DIe geschichte ist allenfalls eine gute Skizze für eine Geschichte. Aber es läßt sich sehr viel daraus machen. Bring nur Fleisch in die Sache. Mach die Figuren rund. Laß sie leben! Bring mich als Leserin dazu, in Beziehung zu den Figuren zu treten!
Aber sie sind so platt und hohl und leblos und leer wie Abziehbilder.
Laß sie agieren! Da ist soviel Raum für all das!
Das kann, wenn du dir Mühe gibst, eine richtig schöne Erzählung werden!

Herzlichst,
Brynhilda
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