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Convictolitavis Wortedrechsler
Alter: 35 Beiträge: 88
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03.02.2008 13:13 Stadtleben 1945 von Convictolitavis
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Ein weiteres Gedicht, das ich zum Hobeln und Sägen preisgeben will:
Stadtleben 1945
Stille kehrt nun wieder ein
in der totgeschlagnen Stadt.
Glücklich muss derjenge sein
der noch alle Glieder hat.
Vogelzwitschern erklingt noch
in meinem Ohr wie Kriegsgeschrei.
In dem Kirchturm gähnt ein Loch
als ob es Gottes Strafe sei.
Durch die Gassen und Ruinen
zieht die grau gewordne Schar,
stumm, mit hart gewordnen Mienen,
als ob’s niemals anders war.
Wir ziehn weiter auf der Suche
nach ein wenig Hoffnungsglück.
Unsren braun gesinnten Fluche
ließen wir im Staub zurück.
Weitere Werke von Convictolitavis:
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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03.02.2008 13:19
von Brynhilda
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Lieber Convictolitavis!
Bist du wirklich erst 19 Jahre alt?
Das Gedicht wirkt so authentisch, daß es mir eine Gänsehaut verursacht.
Nur eine Zeile würde ich hier verändern.
Zitat: | Vogelzwitschern erklingt noch |
Die paßt nicht ins Metrum.
Mein Vorschlag: "Vogellied erklinget noch"
Abgesehen davon: Einfach ganz große Klasse!
Viele Grüße,
Brynhilda
PS: Das gehört nun wirklich nicht in die Talentschmiede. Leider kann ich es erst verschieben, wenn du mindestens drei Wertungen mit mindestens 7 Punkten erhalten hast.
Aber mit 8 Punkten von 9 (wegen der einen Zeile) mache ich schon mal einen Anfang.
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silvie111 Eselsohr
Alter: 38 Beiträge: 203 Wohnort: Tübingen
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03.02.2008 13:25
von silvie111
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Hallo Convictolitavis,
mich hat dein Gedicht sehr berührt. Ich hab wirklich eine Gänsehaut bekommen.
Das Gedicht liest sich sehr gut und alles ist stimmig. Nur eine Kleinigkeit ist mir aufgefallen:
Zitat: | Vogelzwitschern erklingt noch |
Da stört mich das Wort "Vogelzwitschern". Es ist mir ein wzu lang und stört den Lesefluss ein wenig. Vielleicht kann man das in zwei Wörter oder eine kurze Umschreibung aufsplittern?
Ansonsten: Klasse Gedicht! Selbst die Überschrift ist gut gewählt. Sehr gelungen!
_________________ Wer ein langes Buch schreibt, hatte keine Zeit ein kurzes zu schreiben
(Die Stadt der träumenden Bücher) |
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Egopus Cholyriker
Alter: 60 Beiträge: 851 Wohnort: Duisburg
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03.02.2008 13:36
von Egopus
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Ein guter Text, der sich mit der Verganeheit und deren Status in der Gegenwart beschäftigt.
Stimmungsmäßig sehr gut umgesetzt und durchaus ansprechend.
Allerdings verstehe ich nicht, dass du es dir mit der Sprache so schwer gemacht hast.
Einige Wortkürzungen klingen unbeholfen und wären sicher ausgeschrieben ( man hätte das Metrum ntürlich umstellen müssen ) besser gewesen.
Hier die Stellen, die mir nict so gefallen deswegen:
Stadtleben 1945
Stille kehrt nun wieder ein
in der totgeschlagnen Stadt.
Glücklich muss derjenge sein
der noch alle Glieder hat.
Vogelzwitschern erklingt noch
in meinem Ohr wie Kriegsgeschrei.
In dem Kirchturm gähnt ein Loch
als ob es Gottes Strafe sei.
Durch die Gassen und Ruinen
zieht die grau gewordne Schar,
stumm, mit hart gewordnen Mienen,
als ob’s niemals anders war.
Wir ziehn weiter auf der Suche
nach ein wenig Hoffnungsglück.
Unsren braun gesinnten Fluche
ließen wir im Staub zurück.
Meine Idee:
Stadtleben 1945
Stille kehrt nun wieder ein
in der totgeschlagenen Stadt.
Glücklich muss derjenige sein
der noch alle Glieder hat.
Vogelzwitschern erklingt noch
in meinem Ohr wie Kriegsgeschrei.
In dem Kirchturm gähnt ein Loch
als ob es Gottes Strafe sei.
Durch die Gassen und Ruinen
zieht die grau gewordene Schar,
stumm, mit hart gewordenen Mienen,
als ob es niemals anders war.
Wir ziehen weiter auf der Suche
nach ein wenig Hoffnungsglück.
Unsere braun gesinnten Fluche
ließen wir im Staub zurück.
Es verändert das Metrum nicht nachhaltig, wenn du "richtige Worte" benutzt.
Diese Stelle: Vogelzwitschern erklingt noch
ist dir von Ilka vorbildlich erklärt worden.
Ich gebe dir sieben Federn
Michael
_________________ Brachial-Poet |
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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03.02.2008 13:37
von Enfant Terrible
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Herrlich beeindruckendes Trümmergedicht, in der verbesserten Version einfach perfekt.
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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Rheinsberg écrivaine émigrée
Alter: 64 Beiträge: 2251 NaNoWriMo: 35000 Wohnort: Amman
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03.02.2008 13:52
von Rheinsberg
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Ich finde es auch sehr gut, aber so ein paar Stellen gegen Schluss könnte man vielleicht noch mal überarbeiten.
Einmal fiel mir auf, dass du in der vorletzten und letzen Strophe jeweils das Verb "ziehen" verwendest - vielleicht einmal austauschen, und eventuell den Satz: "Wir ziehn weiter auf der Suche" - umstellen: "Weiter ziehn wir auf der Suche".
Die letzten beiden Zeilen verstehe ich zwar, aber ich bin mir da nicht so sicher, ob das die bester Fassung so ist.
_________________ "Write what should not be forgotten…" Isabel Allende
"Books are written with blood, tears, laughter and kisses. " - Isabel Allende
"Die größte Gefahr ist die Selbstzensur. Dass ich Texte zu bestimmten Themen gar nicht schreibe, weil ich ahnen kann, welche Reaktionen sie hervorrufen." - Ingrid Brodnig |
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Convictolitavis Wortedrechsler
Alter: 35 Beiträge: 88
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03.02.2008 14:11
von Convictolitavis
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Vielen Dank für die wertvollen Rezensionen.
Zitat: | Vogellied erklinget noch |
Hmm, sehr guter Vorschlag. Wird eingesetzt.
Zitat: | Bist du wirklich erst 19 Jahre alt? |
Da kannst du sicher sein.
Zitat: | dass du es dir mit der Sprache so schwer gemacht hast. |
Ist eine seltsame Angewohnheit von mir. Ich hoffe, mir das noch abzugewöhnen. Deine Vorschläge sind in der Hinsicht gut und werde ich fast komplett so belassen.
Unter Beachtung eurer Vorschläge habe ich es so weit zurecht gehobelt:
Stadtleben 1945
Stille kehrt nun wieder ein
in der totgeschlagenen Stadt.
Glücklich muss derjenige sein
der noch alle Glieder hat.
Vogellied erklinget noch
in meinem Ohr wie Kriegsgeschrei.
In dem Kirchturm gähnt ein Loch
als ob es Gottes Strafe sei.
Durch die Gassen und Ruinen
geht die grau gewordene Schar,
stumm, mit hart gewordenen Mienen,
als ob es niemals anders war.
Wir ziehen weiter auf der Suche
nach ein wenig Hoffnungsglück.
Unseren braun gesinnten Fluche
ließen wir im Staub zurück.
Auch die 'ziehen'-Dopplung ist jetzt draußen.
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SylviaB Schnupperhasi
Alter: 58 Beiträge: 6332 Wohnort: Köln
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03.02.2008 15:02
von SylviaB
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Mir gefällt gerade die "ältere" Sprachgebung daran. Es paßt sehr schön zum Inneren des Gedichts. Meine Großmutter sprach auch zum Teil so und ich denke, es war gar nicht schlecht, eine solche Sprache zu nutzen. Ist aber auch nur mein Gefühl und das ist wie ich schon erwähnte, eher erinnerungsträchtig.
Ansonsten finde ich es absolut gelungen und werde dir auch 7 Federn geben. Damit kannst du nun nach - Lyrik - verschoben werden.
Ich lasse natürlich Ilka die Freude, das zu tun.
Lieben Gruß
Sylvia
_________________ Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. |
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WhiteMonkeY Leseratte
Beiträge: 197
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03.02.2008 15:58
von WhiteMonkeY
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wie konnte ich jemals an dir zweifeln
wobei ich den hans immer noch gern hab
PS: wie kann man bewerten?
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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03.02.2008 16:01
von Brynhilda
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SylviaB hat Folgendes geschrieben: | Ich lasse natürlich Ilka die Freude, das zu tun. |
Die Firma dankt!
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Taugenichts Reißwolf
Alter: 38 Beiträge: 1201
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03.02.2008 16:40
von Taugenichts
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Stilistisch einwandfrei geschrieben. Authentisch ja,... aber da stellen sich mir alle Nackenhaare auf. Ich entschuldige mich im Vorraus, falls ich dir Unrecht tue, aber mir kommt sofort das kalte Kotzen, wenn ich denke, dass jemand von etwas schreibt, mit dem er nichts zu tun hat.
Deswegen von mir an der Stelle die Frage,
was bewegt einen 19 jährigen dazu ein Gedicht über eine Zeit zu schreiben, die zum einen totgeschrieben ist und zu der er zum Anderen (vermutlich?) nicht einmal einen echten Bezug hat.
So ein heikles Thema ^^
_________________ Hellseherei existiert nicht. Die Leute glauben mir mein Geschwätz nur, weil ich einen schwarzen Smoking trage. |
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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03.02.2008 16:50
von Brynhilda
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Convictolitavis hat Folgendes geschrieben: | Stadtleben 1945
Stille kehrt nun wieder ein
in der totgeschlagenen Stadt.
Glücklich muss derjenige sein
der noch alle Glieder hat.
Vogellied erklinget noch
in meinem Ohr wie Kriegsgeschrei.
In dem Kirchturm gähnt ein Loch
als ob es Gottes Strafe sei.
Durch die Gassen und Ruinen
geht die grau gewordene Schar,
stumm, mit hart gewordenen Mienen,
als ob es niemals anders war.
Wir ziehen weiter auf der Suche
nach ein wenig Hoffnungsglück.
Unseren braun gesinnten Fluche
ließen wir im Staub zurück. |
Also, wenn ich du wäre, würde ich die Kürzungen wieder in den Text einführen. Diese ganzen überflüssigen Silben machen nun das ganze Versmaß kaputt.
Ich finde es gut, daß du die Zeile mit den Vögeln geändert hast.
Aber die anderen Änderung zerstören den Lesefluß. Wenn ich das Gedicht laut lese, würde ich dies ohnehin weglassen. Probier das nochmal.
Man nennt das dichterische Freiheit, überflüssige Silben eines Wortes für das Metrum wegzustreichen.
Viele Grüße,
Brynhilda
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Convictolitavis Wortedrechsler
Alter: 35 Beiträge: 88
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03.02.2008 18:45
von Convictolitavis
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Zitat: | was bewegt einen 19 jährigen dazu ein Gedicht über eine Zeit zu schreiben, die zum einen totgeschrieben ist und zu der er zum Anderen (vermutlich?) nicht einmal einen echten Bezug hat. |
Das lässt sich an dieser Stelle ganz einfach beantworten: Der Deutschunterricht. Gab's 15 Punkte drauf.
@Brynhilda
In meiner Privatsammlung bleiben die Kürzungen des Gedichts auch so. Soll sich hier eben jeder die Version erwählen, die ihm zusagt. Ich habe meine eigene Lieblingsversion.
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Egopus Cholyriker
Alter: 60 Beiträge: 851 Wohnort: Duisburg
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03.02.2008 19:13
von Egopus
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Liebe Ilka:
Wenn etwas absolut gegen die deutsche Sprache läuft, dann ist das kein künstlerische Freiheit mehr. Dann ist das eher ungeschickt. Und auch sprachlich leben wir in 2008 und ncht in 1745. Auch wenn dir das nicht ganz auffallen sollte.
Du solltest den Menschen hier helfen!!!!!!!!!
_________________ Brachial-Poet |
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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03.02.2008 19:20
von Brynhilda
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Convictolitavis hat Folgendes geschrieben: | @Brynhilda
In meiner Privatsammlung bleiben die Kürzungen des Gedichts auch so. Soll sich hier eben jeder die Version erwählen, die ihm zusagt. Ich habe meine eigene Lieblingsversion. |
Das ist die richtige Einstellung!
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