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Briefchenroman


 
 
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Mercedes de Bonaventura
Geschlecht:weiblichMetonymia

Alter: 40
Beiträge: 1254
Wohnort: Graz


Beitrag07.05.2009 10:41
Briefchenroman
von Mercedes de Bonaventura
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

(Kritik: sehr wünschenswert!)



Titel/Genre:     Briefchenroman



- Sehr geehrter Nachbar!

Ihr kleiner, silberner Teelöffel, der unabsichtlich auf meinen Balkon   gefallen ist, befindet sich sicher verwahrt in meiner Obhut und wartet auf seine Abholung!

Hochachtungsvoll
Hofrat Dr. Kurt Weber




- Werter Nachbar!

Heute Morgen gesellte sich zu Ihrem wertvollen Besteck ein kleiner Zuckerdosendeckel hinzu.
Er hat den Sturz unbeschadet überstanden (das gute Porzellan fiel auf meinen gepolsterten Sessel) und wartet zusammen mit seinem Gefährten in meiner Wohnung auf seinen Besitzer.
(Bedenken Sie bitte die Gefährlichkeit fallender Gegenstände!)

Mit freundlichen Grüßen
Hofrat Dr. Kurt Weber




- Guten Abend, Herr Peter Glück!

Ich schiebe Ihnen nun bereits den dritten Brief unter Ihrer Tür hindurch, in der Hoffnung, dass Sie Ihre Wertgegenstände holen und zukünftig besser auf sie Acht geben!
Die Kuchengabel hätte mich heute Vormittag ernstlich verletzten können.
Dem Zufall ist es zu verdanken, dass mich eine spontane Verabredung aus meinem Lesesessel lockte.
Welch Unglück hätte geschehen können…
Ich bin ernsthaft in Sorge und erwarte umgehend eine Erklärung!

Höflichst,
Hofrat Dr. Weber




- Herr Glück!

So kann es nicht weitergehen.
Der Spaß hat ein Ende!
Beinahe wäre ich vorhin barfuß in einen von Ihnen verursachten Scherbenhaufen getreten.
Während meiner Abwesenheit warfen Sie einen Ihrer wertvollen Teller auf meinen Balkon.
Leider reagieren Sie, wie schon zuvor, weder auf mein Läuten noch auf meine Anrufe; daher überbringe ich Ihnen hiermit Brief Nummer vier und hoffe inständig auf eine sofortige Beendigung Ihrer Wurfattacken.
 
Hofrat Dr. Weber






- Unterlassen sie unverzüglich die Verunreinigung meines Eigentums!
Bereits seit drei Tagen beschmutzen sie meinen Balkon mit ihren Sachen.
Das Messer, das ich in der Sitzfläche meines Sessels steckend vorfand war eine Unverschämtheit zu viel.
Sie lassen mir keine andere Wahl!
Ich sehe mich gezwungen zu härteren Maßnahmen zu greifen, da ihr letztes Vergehen nur als Angriff auf mein Leben gewertet werden kann.

Weber






- Sehr geehrte Frau Glück!

Mein herzliches Beileid!
Der schreckliche Tod Ihres noch so jungen Herrn Bruders hat mich zutiefst erschüttert.
Seit fast zwei Jahren wohnt Herr Peter Glück bereits über mir.
Er war immer ein zuvorkommender und angenehm ruhiger Nachbar.
Welch schreckliche Details musste ich von den anderen Hausbewohnern erfahren:
3 Tage lang lag Ihr werter Herr Bruder teils gelähmt und unfähig zu sprechen auf seinem Balkon, nach dem ihn beim morgendlichen Sommerfrühstück der Schlag getroffen hatte.
Welch grausames Ende!
Vor fast einer Woche erst läutete ich an seiner Tür (ein kleines Missverständnis mit einem verlorengegangen Teelöffel), nicht ahnend, dass ich ihn damals zum letzten Mal gesehen hätte. (Leider war er nicht zugegen.)


In mitfühlender Trauer
Ihr Hofrat Dr. Kurt Weber

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Telani
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 37
Beiträge: 174



Beitrag07.05.2009 12:24

von Telani
Antworten mit Zitat

Also darf ich mal die Logik wiederholen, damit ich weiß ob ich die Geschichte auch verstanden richtig habe:

Der gute Herr Glück verharrt gelähmt auf seinem Balkon und attackiert seinen Nachbarn mit sämtlichen Küchengegenständen um seine schreckliche Lage erkennbar zu machen? Der Nachbar versteht es nicht und lässt ihn sterben. Hm,...sehr eigenartige Geschichte. Aber auch sehr treffend.

Nur ich muss gestehen, ich kann dem lieben Herrn Weber nachfühlen, wer kann denn schon ahnen, dass der arme Nachbar da oben gelähmt im Sterben liegt?

Ich an Herrn Glücks Stelle hätte allerdings versucht SOS Klopfsignale an der Wand zu tätigen, oder vielleicht irgendein Stoffstück wo ich mit etwas Schreibbarem (an Balkonen auf Tischen befinden sich oft Kerzen - abgebrannter Docht) Hilfe draufkritzle, nach unten zu befördern. Hängt aber sicherlich von dem Grad der Behinderung ab und den verfügbaren Mitteln. Oder ich hätte geschriien, gejault...aber wie gesagt- ist die Stimme funktionstüchtig?

Wie auch immer, sehr unterhaltsame Geschichte. Kurz und präzise geschrieben. Gefällt mir!

LG Telani


_________________
Die Wirklichkeit ist ein zerbrochener Spiegel!
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Mercedes de Bonaventura
Geschlecht:weiblichMetonymia

Alter: 40
Beiträge: 1254
Wohnort: Graz


Beitrag07.05.2009 13:06

von Mercedes de Bonaventura
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke!
Nein, Stimme hatte Herr Peter G. keine mehr.

(siehe Text!)



Hat Herr Peter den Hofrat wirklich erst mit Löffel und Messer "angegriffen" als er bereits hilflos war?
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Telani
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 37
Beiträge: 174



Beitrag07.05.2009 15:59

von Telani
Antworten mit Zitat

Hoho...da sagst du was! Verzweiflung oder Bösartigkeit?
Wird der Leser sich wohl nur in seinem Kopf beantworten können Smile


_________________
Die Wirklichkeit ist ein zerbrochener Spiegel!
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Renate
Wortedrechsler

Alter: 63
Beiträge: 57



Beitrag14.05.2009 10:28

von Renate
Antworten mit Zitat

Zuerst hat man eine satirische Nachbarschaftsstreitkomödie im Kopf. Auch ich habe in einem meiner Bücher Dialoge zwischen zwei hochfeinen Personen zu einer belletristischen Geschichte umgewandelt.

Eine feine Sache, so ein Nachbarschafts-Briefdialog. Das Ende war mir erst einmal überraschend. Als ich die ersten Zeilen an die "Schwester" las, ging meine Fantasie mit mir durch und ich nahm an, Nachbar Weber hätte seinen über ihnen wohnenden Mitmieter mal eben per se gelüncht, ohne Spuren zu hinterlassen, bis ich dahinter kam, dass der Ärmste krank war.
Hatte wohl keine Frau im Haus ...

Auf jeden Fall sorgt dieser kleine Texteinblick schon einmal für viele spannende Gedankengänge.  Buch
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Mercedes de Bonaventura
Geschlecht:weiblichMetonymia

Alter: 40
Beiträge: 1254
Wohnort: Graz


Beitrag14.05.2009 10:42

von Mercedes de Bonaventura
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank!
Spannende Gedankengänge sind immer gut!

Frohen Mutes in einen neuen Tag.
(Fauli Käti ist gerade erst aufgestanden...   Wink )
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Gast







Beitrag25.05.2009 10:24

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Mercedes,

das ist ein sehr guter Text, der sich treffend mit der Distanz beieinander lebender Menschen beschäftigt. Die tragische Fehldeutung der stummen Hilferufe hat mich als geschichtliche Komponente überrascht -, nicht aber als gesellschaftliche. Realer ging es vermutlich nicht.

Respekt für die Tiefe und Sinnhaftigkeit.

Grüße
Bobbi
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Mercedes de Bonaventura
Geschlecht:weiblichMetonymia

Alter: 40
Beiträge: 1254
Wohnort: Graz


Beitrag25.05.2009 13:37

von Mercedes de Bonaventura
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für deine Antwort!


 Smile


Habe mich sehr gefreut.



Käte
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