Adieu

[Longo]

Gestern pinkelte meine Frau Blut,
Blasenentzündung,
ich legte das Körnerkissen in die Mikrowelle.

Nachts saures Aufstoßen,
Chicken-Nuggets-Geschmack,
höre in der Stille mein Herz schlagen:

Mein Opa war ein alter Nazi,
beide Weltkriege,
ein verwaschenes Bild im Flur meiner Eltern,
ein hochgeschossener, alter Mann,
die Straße vorm Haus hinunterschreitend,
über fünfzig Jahre tot.

Die Senseomaschine klappert vor sich hin,
mein kleiner Junge: „Papa, Papa.“
Blaue Augen zum Abschied.

Alles war schön und nichts tat weh, sagt Casper,
das ist eine Lüge, es tut alles weh, vor allem, alles langsam zu verlieren, das Gefühl zu haben, alles zu verlieren und dabei alles zu haben.

Sehe mich mit Mikrofon und Kevlar im Kriegsgebiet:
„Ja,
es ist Krieg,
Tote,
keiner will aufhören,
was nun.“

Draußen essen Kinder Haribos vor ausgeschnitzten Kürbissen. Die Nachbarn trauen sich nicht bei uns zu klingeln.
Restmülltonne raus.



MFG Longo

[Häherfeder]

Hm.
Das ist sehr stark, weil es mich in seinen Bann zieht und ich mir beim Lesen nichtmal Gedanken darüber mache, warum ich das so gut finde - es ist einfach sehr gut!
Die erste Strophe hat mich eigentlich abgeschreckt, aber dann hat das Gedicht "gezeigt", worauf es hinauswill und wurde besser und besser.
Gerne gelesen,
Gruß Häherfeder

[weegee]

Das gefällt mir sehr, das hat Kraft. Der Einstieg schockt natürlich und man hat anfangs keine Lust weiterzulesen, in der Befürchtung, hier geht es nur um Ekelerzeugung. ABER: ein leicht shocking Anfang ist vielleicht kein schlechter Einstieg. An den Zeilenumbrüchen und Verslängen würde ich noch arbeiten, das ist - in my humble opinion - zu unruhig.

Starke, harte Worte mit starken, harten Bildern für eine harte Wirklichkeit. Toller Text!

weegee

[Longo]

Danke für eure Kommentare.

MFG Longo