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Das Märchen von den drei Königen


 
 
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
H

Alter: 65
Beiträge: 614
Wohnort: Bayern


H
Beitrag26.07.2023 12:49
Das Märchen von den drei Königen
von HansGlogger
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,
dieser Text ist der erste, den ich im Internet veröffentlichte, am 1.12.1997, wenige Monate nachdem ich privat einen Zugang zum Internet hatte (beruflich schon einige Jahre früher).

Ich habe ihn nicht verändert, er ist noch in alter Rechtschreibung.

Gruß Hans


Das Märchen von den drei Königen
 
Es waren einmal drei Könige. Die Untertanen in ihren Reichen waren unzufrieden und wurden von Tag zu Tag unzufriedener. Sie forderten persönliche Freiheit, Demokratie gar und Befreiung von drückender Steuerlast.

Der erste König unterdrückte mit brutaler Gewalt jede Regung von Opposition. Wenn jemand in der Familie oder unter Freunden den König kritisierte oder gar die Demokratie als mögliche Alternative erwähnte und die Agenten des Königs davon erfuhren, dann verschwand er für immer.
Menschen, die im Untergrund Flugblätter verfaßten und verteilten, wurden wenn sie ergriffen waren, zuerst gefoltert und dann wenn sie gestanden hatten, für ausländische Interessen zu arbeiten, öffentlich hingerichtet. Der König brauchte für seinen Unterdrückungsapparat natürlich viel Geld, sehr viel Geld. Von Jahr zu Jahr plünderte er sein Volk mehr aus doch das Geld reichte kaum, um die Polizei, den Geheimdienst und das Militär zu finanzieren, denn je schlechter es dem Volk ging, um so mehr wuchs der Widerstand und je mehr Widerstand es gab um so mehr Polizisten, Soldaten und Geheimagenten brauchte der König.
Die Soldaten und Polizisten wurden immer schlechter bezahlt, immer unzufriedener, unterstützten schließlich die Opposition und eines Tages brach eine Rebellion aus. Der König wurde abgesetzt, verhaftet und nach kurzem Prozeß hingerichtet.

Der zweite König war weiser, er wußte, daß er seine Herrschaft nur behalten könne, wenn er das Volk für sich gewinnen würde. Er ließ auf allen Plätzen und Märkten Redner ständig die Vorteile der Monarchie allgemein und den Segen seiner Regentschaft speziell preisen.
Menschen, die den König oder die Monarchie öffentlich kritisierten wurden, wenn sie zu weit gingen, für krank erklärt und verschwanden in den Irrenhäusern des Königs. Wer im Untergrund arbeitete wurde, wenn er gefaßt war, in der Regel zwar nicht gefoltert, aber doch zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt und erst dann begnadigt, wenn er körperlich und seelisch zerbrochen war.
Im Laufe der Zeit glaubte der zweite König selbst zutiefst daran, daß seine Herrschaft das Beste für sein Volk sei und wurde blind für alles was um ihn herum geschah. Seine Minister berichteten ihm, wie gut es dem Volk gehe und wie sehr die Menschen ihn liebten und schafften einen immer größeren Teil der Staatseinnahmen für sich auf die Seite. Die Korruption wurde zur eigentlichen Herrscherin des Landes. Die wirtschaftlich Situation verschlechterte sich im Laufe der Zeit und als es den Menschen so schlecht ging, daß sie die bezahlten Lobreden auf den König als Verhöhnung ihres Leidens empfanden, erhoben sie sich. Die Spitzen der Polizei und des Militärs hatten längst im Ausland große Vermögen angesammelt. Sie verließen fluchtartig das Land. Die führungslosen Polizisten und Soldaten liefen in Scharen zu den Rebellen über und bald wurde die Republik ausgerufen. Der König, der schon ein alter Mann war und den die Ereignisse in geistige Umnachtung stürzten, mußte den Rest seiner Tage in einem seiner Irrenhäuser verbringen.

Der dritte König aber war weiser als die beiden anderen. Als ihm seine Geheimagenten von der Unzufriedenheit des Volkes berichteten, erließ er ein Dekret, daß auf allen Plätzen aller Städte und Dörfer seines Reiches verlesen wurde und bei den Menschen große Verwunderung hervorrief:

"An unser Volk:
Wir, Euer König, haben uns immer als der erste Diener des von uns so geliebten Volkes verstanden. In letzter Zeit werden Forderungen laut, daß wir uns zurückziehen sollten, weil unser Volk unsere Dienste nicht mehr benötigt. Wenn dies wirklich der Wunsch des Volkes ist, dann sind wir bereit ihm zu folgen. Doch wir halten die Zeit noch nicht für gekommen unsere Arbeit in andere Hände zu legen.
Denn wir sehen noch nicht die Hände, in die wir unser Schaffen beruhigt legen könnten. Wir werden deshalb etwas warten, bis sich Kräfte gebildet haben, die stark genug sind, unser geliebtes Land und Volk zu leiten. Um die Bildung jener Kräfte zu ermöglichen, gestatten wir ab sofort, völlige Redefreiheit. Auf allen Plätzen der Städte und Dörfer unseres Reiches werden wir Rednertribünen errichten. Jeder Bürger kann dort völlig frei seine Meinung sagen. Da uns die Zukunft unseres Volkes so sehr am Herzen liegt, werden wir darüber hinaus, jedem der mindestens eine Stunde spricht, unabhängig davon was er sagt, einen Taler bezahlen. Denn wir wollen, daß Bürger, die sich über die Zukunft unseres Volkes Gedanken machen wollen, Zeit dazu haben und vom Broterwerb entlastet sind."


Ein Tagelöhner verdiente in jener Zeit einen Taler am Tage. So war es kein Wunder, daß die Rednertribünen, die der König errichten ließ, bald ständig besetzt waren und Menschen dort über alle möglichen Themen sprachen. Schon nach zwei Monaten erließ der König ein neues Dekret:

"An Unser Volk
Die Gewährung der Redefreiheit, die Einrichtung öffentlicher Rednertribünen und die Bezahlung der Redner hat zu einer von uns unerwarteten Inanspruchnahme geführt. So sehr wir uns darüber freuen, so wenig sehen wir uns in der Lage diese Einrichtungen in der jetzigen Form weiter zuführen. Wir werden ab sofort beginnen, die Zahl der Rednertribünen zu verdoppeln. Aber leider sehen wir uns nicht mehr in der Lage dazu, die Reden wie bisher zu honorieren. Wir wollen uns jeder Zensur, auch bezüglich des Honorars, enthalten und haben deshalb ein Kriterium ausgewählt, welches ganz demokratisch ist. Wir werden ab sofort das Honorar der Redner von der Anzahl der Zuhörer abhängig machen. Es ist das Geld des Volkes, mit dem die Redner bezahlt werden, also entscheidet auch das Volk über die Höhe des Honorars."


Ein Redner, der keine oder wenige Zuhörer hatte, bekam gar kein Geld, aber einer, dem es gelang Tausende in seinen Bann zu ziehen, konnte an einem Tag mehr verdienen, als ein Bauer in seinem ganzen Leben.
Kein Wunder also, daß sich begabte Redner und Redenschreiber auf jene Themen stürzten, die ihnen die meisten Zuhörer versprachen. Wunderschöne junge Mädchen mit großen, traurigen Augen erzählten herzzerreißende Liebesgeschichten, leicht bekleidete junge Damen plauderten von ihren erotischen Abenteuern. Junge Männer mit feurigen Augen und langen Haaren forderten mit revolutionärem Pathos die Aufhebung sämtlicher religiöser Gebote und priesen die freie Liebe als die wahre Freiheit. Verwegen aussehende Kerle berichteten von Abenteuern in fremden Ländern. Frauen und Männer, die Seriosität und Lebenserfahrung ausstrahlten, gaben psychologische und philosophische Weisheiten zum Besten, die banal bis tiefgründig waren.
Nur von Politik war wenig die Rede und wenn doch dann bekämpften und beschuldigten sich die Demokraten vor allem gegenseitig.
Der König sah dies alles mit Wohlgefallen. Das Geld für die Redner besorgte er sich teils durch höhere Steuern und teils dadurch, daß er die ausgedehnten Wälder seines Reiches abholzen ließ und das Holz verkaufte. Nach vier Jahren ließ er abstimmen, eine große Mehrheit sprach sich für die Beibehaltung der Monarchie aus.
Der König hatte nämlich rechtzeitig vor der Abstimmung einige seiner Agenten, ungepflegte Männer mittleren Alters, auftreten lassen und die Demokratie sowie die Abschaffung der Honorare für die Redner fordern lassen. Die anderen Redner hatten begriffen, daß Demokratie das Ende ihres Wohlstandes bedeuten würde und das Volk hatte begriffen, daß Demokratie das Ende ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung bedeuten würde.
Und wenn er nicht gestorben ist, dann regiert er heute noch.



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caesar_andy
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Beiträge: 536



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Beitrag29.07.2023 09:48

von caesar_andy
Antworten mit Zitat

Hallo Hans Glogger.

Nimm es mir bitte nicht übel, aber sowohl inhaltlich auch stilistisch merkt man dem Text sein Alter schon deutlich an. Ich denke, für eine Veröffentlichung hättest du ihn überarbeiten sollen, um ihne deinen aktuellen Fähigkeiten anzugleichen.
Der Text liest sich grob und ungeschliffen. Enthällt einige Grobe Schnitzer. Z.B. kontrolliert in einer Monarchie nicht der König den Millitär- und Polizeiapparat, sondern dessen Vasallen (Herzöge, Grafen, Vogte), von denen letztlich auch die Steuern erhoben und dann wiederum an den König abgeführt werden.

Darüber hinaus finde ich die Anti-Demokratische Grundhaltung des Textes - ähm - problematisch. Der letzte der Drei Könige, den du als "den weisesten" beschreibst, entspricht vom Typus her vielen heutigen Despoten. Du bringst ja sogar indirekt das Thema Wahlmanipulation mit ein.
In der Form, wie er da steht, liest sich der Text wie die politische Agenda eines Querdenkers oder Reichsbürgers. Ich will dir nicht unterstellen, dass du das bist. Aber wenn das nicht die Aussage ist, die du treffen willst, fehlt dem Text eindeutig die Pointe, mit der du am Ende das Ruder rum reißt.
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
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Alter: 65
Beiträge: 614
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Beitrag29.07.2023 20:53

von HansGlogger
pdf-Datei Antworten mit Zitat

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Hallo Hans Glogger.

Nimm es mir bitte nicht übel, aber sowohl inhaltlich auch stilistisch merkt man dem Text sein Alter schon deutlich an.

Wäre auch schlimm, wenn es anders wäre.

Ich denke, für eine Veröffentlichung hättest du ihn überarbeiten sollen, um ihne deinen aktuellen Fähigkeiten anzugleichen.

Arbeit an der Sprache ist Arbeit am Gedanken. Ich hätte bestimmt den heutigen Stand der Techinik und Gesellschaft in den alten Text reingeschmuggelt. Einen Text, den ich besser als Dystopie gekennzeichnet hätte.

Der Text liest sich grob und ungeschliffen. Enthällt einige Grobe Schnitzer. Z.B. kontrolliert in einer Monarchie nicht der König den Millitär- und Polizeiapparat, sondern dessen Vasallen (Herzöge, Grafen, Vogte), von denen letztlich auch die Steuern erhoben und dann wiederum an den König abgeführt werden.

Die "Könige" stehen für die Inhaber der Macht. Die Rednertribühnen beim dritten König für das Internet.

Darüber hinaus finde ich die Anti-Demokratische Grundhaltung des Textes - ähm - problematisch. Der letzte der Drei Könige, den du als "den weisesten" beschreibst, entspricht vom Typus her vielen heutigen Despoten. Du bringst ja sogar indirekt das Thema Wahlmanipulation mit ein.

Ich war damals und bin heute noch der Meinung, dass ein hohes Grundrauschen an unnötigen Information wie Zensur wirken kann. Ständige Reizüberflutung stumpft die Wahrnehmung ab.
Der Text zeigt keinen Ausweg. Unterdrückung um die Zensur durch ständige Reizüberflutung zu verhindern ist kein Ausweg (erster und zweiter König). Der Teufel würde mit dem Beelzebub ausgetrieben.

Heute würde ich im Text nicht mehr vom "dritten König" reden. Es sind keine finsteren Mächte, die uns mit überflüssigen Informationen zuballern, um uns von der Wahrnehmung des Wichtigen und vom Nachdenken abzuhalten. Es ist schlichtweg die Folge der Technik.

Das Internet wird gesellschaftliche Umwälzungen hervorrufen, die denen nach der Erfindung des Buchdrucks gleichen. Wir stehen  nach dreißig Jahren Internet erst am Anfang dieser Umwälzungen.

Wie viele Autoren, die versuchen die nahe Zukunft zu beschreiben, habe ich 1997 die technischen Umwälzungen unterschätzt und die gesellschaftlichen überschätzt.




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