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Zettel Wortedrechsler
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Beiträge: 87
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Z 13.05.2022 11:04 Demontage von Zettel
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Demontage
Weder unappetitlicher Ausfluss humanistischer Bildung noch die Erinnerungen an Taschenlampenabenteuer kindlicher Lektüre unter der Bettdecke können die Götter wecken. Über sie zu lesen, macht Sterblichkeit genießbar, denn lesen heißt leben, und sie sind doch tot. Nur Phantasie pulsiert wirklich. Odins räudige Wölfe bespritzen nicht mehr die Weltesche. Kein Ghul stürmt mehr die Regenbogenbrücke. Kinder haben Seile gespannt.
Wie dröhnt mein gemartertes Hirn. Ein Beben, das Pokale hüpfen lässt. Habe doch einst jedes tollwütige Weib aus dem Panzer geschält, an jeder Brust gesaugt, jeden Schoß mir untertan gemacht. Und wie schlürfte ich Kraft für den schlaffen Schlauch aus dem Blut meiner Feinde. Doch als die Brüder an meiner Seite fielen, rief ich: „Nehmt sein Herz. Meines ist mir heilig!“
Bin einst über Moore gewandert, habe Lohen geteilt. Mein Stiefel war gefürchtet. Und als man mir den Freund erschlug, entstand das Lied vom Menschenwürger. Wolfszeit, kündeten die Nornen. So leicht war der Leib. An meinem Federkorb wäre auch das Drachenschwert zersplittert. So ging ich hin durch die Feuerwände, über Lavaströme, querte Meere, stieß durch die Nebel herab in die Gymnasien. Vom Leben in den Wahn. Schattenfalten über Kinderaugen, rot das Weiße, begraben der Glanz dieser Blicke. Zum Helden geboren, zum Gräuel gemacht. Gestellt in den Hagel von Spatzenschleudern. Demütig das Knie auf dem Linoleum, gebleicht das Haar von rieselndem Stuck. Wie Schlacke die Haut am versehrten Arm. Meinen Ruf hört der Einäugige nicht mehr, hingemacht auf greisem Thron, zu Füßen den Hauf von Nachgeborenen. Opfer des Fluchs, den samenlose Bälger ersannen.
Ich bin der letzte der meinen. Und ich stelle mich dem Los. Den Schild überm Gemächt, schaue ich in die Reihen meiner Bezwinger. Kein Mitleid. Wolfszeit, tönt es mir entgegen. Man löst mir den Helm …
Weitere Werke von Zettel:
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Günter Wendt Exposéadler
Beiträge: 2865
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24.02.2023 10:50 Re: Demontage von Günter Wendt
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Zettel hat Folgendes geschrieben: | Demontage
Weder unappetitlicher Ausfluss humanistischer Bildung noch die Erinnerungen an Taschenlampenabenteuer kindlicher Lektüre unter der Bettdecke können die Götter wecken. Über sie zu lesen, macht Sterblichkeit genießbar, denn lesen heißt leben, und sie sind doch tot. Nur Phantasie pulsiert wirklich. Odins räudige Wölfe bespritzen nicht mehr die Weltesche. Kein Ghul stürmt mehr die Regenbogenbrücke. Kinder haben Seile gespannt.
Wie dröhnt mein gemartertes Hirn. Ein Beben, das Pokale hüpfen lässt. Habe doch einst jedes tollwütige Weib aus dem Panzer geschält, an jeder Brust gesaugt, jeden Schoß mir untertan gemacht. Und wie schlürfte ich Kraft für den schlaffen Schlauch aus dem Blut meiner Feinde. Doch als die Brüder an meiner Seite fielen, rief ich: „Nehmt sein Herz. Meines ist mir heilig!“
Bin einst über Moore gewandert, habe Lohen geteilt. Mein Stiefel war gefürchtet. Und als man mir den Freund erschlug, entstand das Lied vom Menschenwürger. Wolfszeit, kündeten die Nornen. So leicht war der Leib. An meinem Federkorb wäre auch das Drachenschwert zersplittert. So ging ich hin durch die Feuerwände, über Lavaströme, querte Meere, stieß durch die Nebel herab in die Gymnasien. Vom Leben in den Wahn. Schattenfalten über Kinderaugen, rot das Weiße, begraben der Glanz dieser Blicke. Zum Helden geboren, zum Gräuel gemacht. Gestellt in den Hagel von Spatzenschleudern. Demütig das Knie auf dem Linoleum, gebleicht das Haar von rieselndem Stuck. Wie Schlacke die Haut am versehrten Arm. Meinen Ruf hört der Einäugige nicht mehr, hingemacht auf greisem Thron, zu Füßen den Hauf von Nachgeborenen. Opfer des Fluchs, den samenlose Bälger ersannen.
Ich bin der letzte der meinen. Und ich stelle mich dem Los. Den Schild überm Gemächt, schaue ich in die Reihen meiner Bezwinger. Kein Mitleid. Wolfszeit, tönt es mir entgegen. Man löst mir den Helm … |
Bis auf die beiden Kommafehler war es absolut schön und auch unheimlich zu lesen. Exzellent!
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Christof Lais Sperl Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 944 Wohnort: Hangover
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24.02.2023 13:52 Toll von Christof Lais Sperl
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Respekt!
_________________ Lais |
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wohe Klammeraffe
W Alter: 71 Beiträge: 641 Wohnort: Berlin
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W 24.02.2023 14:36
von wohe
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Hi Zettel,
Zitat: | habe Lohen geteilt | Was bedeutet dies bitte (kenne den Ausspruch nicht)?
Interpretiere ich den Text richtig, dass nach der Erklärung über das Ende der Götter die Einlassung eines sich verabschiedenden Gottes kommt oder wie muss ich das deuten?
Wenn dies gemeint ist, liegt in der Abfolge "bereits geschehenes Ende" - "sich aktuell vollziehendes Ende" ein unüberbrückbarer Gegensatz.
Klärst Du mich bitte auf?
MfG Wohe
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Zettel Wortedrechsler
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Beiträge: 87
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Günter Wendt Exposéadler
Beiträge: 2865
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24.02.2023 17:40
von Günter Wendt
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wohe hat Folgendes geschrieben: | Hi Zettel,
Zitat: | habe Lohen geteilt | Was bedeutet dies bitte (kenne den Ausspruch nicht)?
Interpretiere ich den Text richtig, dass nach der Erklärung über das Ende der Götter die Einlassung eines sich verabschiedenden Gottes kommt oder wie muss ich das deuten?
Wenn dies gemeint ist, liegt in der Abfolge "bereits geschehenes Ende" - "sich aktuell vollziehendes Ende" ein unüberbrückbarer Gegensatz.
Klärst Du mich bitte auf?
MfG Wohe |
Lohen = das Lodern (gehobene Form von Lodern)
Substantiv vom Verb „lodern“, wenn ein Feuer lodert.
Wie Zettel oben erklärt „Lodernde Flammenwände geteilt“.
https://www.dwds.de/wb/lohen
Hat übrigens nicht mit „Lohengrin“ zu tun. Das ist eine Abwandlung von „der Lothringer“, also jemand aus der Region Lothringen.
Wikipedia:
Lohengrin heißt im Parzival-Epos von Wolfram von Eschenbach Loherangrîn (Anfang 13. Jahrhundert), eine Kurzform von Garin le Loherain (Garin, der Lothringer; frz. Garin le Lorrain).
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wohe Klammeraffe
W Alter: 71 Beiträge: 641 Wohnort: Berlin
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W 24.02.2023 20:41
von wohe
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@Zettel, @Günter Wendt,
Danke
MfG Wohe
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