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Auszug aus meinem Projekt


 
 
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Rostrot
Geschlecht:weiblichErklärbär
R


Beiträge: 2



R
Beitrag05.10.2022 13:36
Auszug aus meinem Projekt
von Rostrot
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Okay, Feuertaufe.
In dem Projekt geht es um ein Gespräch zwischen Patient und Psychotherapeut in der Gegenwart, es ist das letzte Gespräch. Nach diesem Gespräch wird die Protagonistin einen Wendepunkt erleben, ihr große Ziel, was sie seit Lebzeiten versucht zu erreichen. Was das ist, wird nach und nach ersichtlich.
Während des Gesprächs, wird die Geschichte quasi als Rückblende erzählt- bis zur Gegenwart. Es ist ein Drama/Entwicklungsroman.


Dezember, 2017

Der speckrote Ledersessel hat ein Loch auf der rechten  Armlehne. Laura Klages schämt sich, wenn sie wieder einen Fetzen abgeknibbelt hat und ihn auf den Boden fallen lässt. Ein ganzer Haufen roter Fetzen liegt da, das muss Dr. Warnecke doch auffallen. Vielleicht haben auch andere Patienten einen Teil zu dem Loch beigetragen, aber Laura sieht sich als die Hauptschuldige.
Es passiert immer in den Minuten des Wartens, wenn Dr. Warnecke in seinem Büro telefoniert, bevor die Sitzung beginnt.
Seit acht Jahren kommt Laura einmal die Woche zehn Minuten zu früh zu ihrem Termin und fürchtet, ihren Therapeuten bei der Pause zu stören.
Dr. Warnecke bittet sie dann ins Sprechzimmer, entschuldigt sich noch für einen Moment und dann beginnt das verdammte Knibbeln.
Zur vollen Stunde kommt er dann herein, schließt Tür und Fenster, setzt sich und schlägt seinen Block auf, in diesen Sekunden starrt Laura unbeholfen auf ihre Finger mit verräterischen roten Schüppchen unter den Nägeln.
Es folgen drei Sekunden lang peinliche Stille. Die Abläufe sind immer gleich, ritualisiert. Seit einem Jahr sitzt Laura ihm wieder gegenüber auf dem Sessel, davor hat sie einige Jahre neben ihm auf der Couch gelegen.
Dort gab es keinen unangenehmen Blickkontakt, sondern nur die Holzvertäfelung an der Decke und Dr. Warnecke war kein Mensch, sondern eine anonyme Stimme aus dem Off, ein seelenloser Ratgeber. Erst zum Ende der Stunde stand dann wieder ein Lebewesen vor ihr, distanziert lächelnd, ohne eigene Persönlichkeit.
In diesem Raum gibt es nichts mehr, was Laura als fremd bezeichnen würde, außer die wahren Gefühle und Gedanken von Dr. Warnecke.
Ansonsten ist jede Maserung und Rille der Holzdecke, jeder Buchtitel im Regal und jede Falte in den braunen Vorhängen vollständig studiert.
All diese Dinge sind zu visuellen Rückzugsorten geworden, in den Stunden wo Laura kein Wort herausbekommen hatte, wo das Grauen aus den Geheimverstecken der Erinnerung gekrochen kam. Die Stille wurde dann nur durch lose Fragehappen von Dr. Warnecke durchbrochen. Viel mehr musste er manchmal nicht tun, außer dem Seelenchaos einen roten Faden zu verpassen.
Heute, wo sie sich zum letzten Mal gegenüber sitzen sollen, wird es keine Stille geben, weil Laura ihm noch einiges sagen will. Die Angst vor dem Abschied ist groß. Vielleicht wird sie ihm auch das sagen.
Als Dr. Warnecke heute zur letzten Stunde hereinkommt, beendet Laura das Knibbeln und lässt unbemerkt eine Lederschuppe auf den Boden segeln, die letzte Lederschuppe.
„Frau Klages, dann ist es in drei Wochen also so weit.“ beginnt Dr. Warnecke noch während er die Fenster schließt.
Wogen der Vorfreude bringen Lauras Eingeweide ins Schwingen. Noch drei Wochen, bis es passiert. Diese Tatsache hat so ein Gewicht, dass es sogar die rituellen Abläufe aus dem Gleichgewicht bringt, denn Laura antwortet, bevor Dr. Warnecke seinen Block aufgeschlagen hat und lässt die drei Sekunden der peinlichen Stille gar nicht entstehen.
„Ja, drei Wochen.“
Sie drückt nickend die gefalteten Finger an den Knöcheln weiß und erkennt in Dr. Warneckes Ausdruck eine Spur von Besorgnis.
„Und Sie sind sich sicher, dass alles gut gehen wird, nach all dem was…“
Laura nickt stärker um ihn abzuwürgen, sie will nicht darüber nachdenken, was alles passiert ist.
„Sicher.“
Nun legt sich ein leichter Schalk in seine Stimme, als er sagt:
„Bisher war Ihr Optimismus ein schlechtes Omen. Eigentlich geht eher alles gut, wenn Sie vorher den Teufel an die Wand malen.“
Laura muss schmunzeln.
„Ich würde gerne den Teufel an die Wand malen, aber diesmal geht es einfach nicht. Ich war noch nie so zuversichtlich.“
Dr. Warnecke nimmt seine Brille ab und legt sie auf seinen Beistelltisch.
„Ich habe die Befürchtung, dass es wieder darauf hinauslaufen wird, was immer passiert ist. Und ich bin mir nicht sicher, wie gut Sie nochmal damit umgehen können. Falls es passiert.“
Die Vorstellung, dass es passiert, schmerzt Laura tief im Zwerchfell. Es ist ein alter, verlebter Schmerz, der ihr so vertraut vorkommt wie dieser Raum.
Nun muss sie den Blickkontakt pausieren, weil der zweifelnde Ausdruck von Dr. Warnecke nicht auszuhalten ist. Mitleidig. Plötzlich kann Laura so viel in seinem Gesicht lesen.
„Es wird aber nicht passieren." murmelt Laura und merkt, dass sie beleidigt klingt, trotzig wie ein Kind.
„Glauben Sie mir, ich würde mich wirklich für Sie freuen. Es kommt mir nur alles so überstürzt vor. Wie lange ist das alles schon wieder her? Vier Jahre?“
„Fünf, glaube ich. Oder sechs.“
Laura korrigiert sich in Gedanken. Das Thema ist nie beendet, niemals fort gewesen. Es ist in den Hintergrund gerückt, aber niemals verschwunden. Immerhin ist es Lauras letztes und einziges Ziel.
Das letzte Ziel mit vierundzwanzig Jahren. Das klingt wie ein Abschied, ein Abschied von der Welt.
Sie hat Angst, dass Dr. Warnecke ihre Gedanken lesen kann, also denkt sie schnell an früher. Sie erinnert sich an feuchte, stickige Luft unter der Bettdecke, an stille Gebete und kleine Opfergaben.
Alex. Noch drei Wochen.
Sie spürt, dass er gerade zuhört, er ist bei ihr, auf unsichtbaren Kanälen.   
„Ich fühle mich, als würde ich in einen Traum einbrechen. Es ist so surreal.“
„Vielleicht wird der Traum aber auch platzen. Und dann muss das Leben trotzdem weiter gehen. Das dürfen Sie nicht vergessen.“ mahnt Dr. Warnecke.
Sie antwortet mit einem Nicken während ihr Blick auf dem Taschentuschspender stehen bleibt. Die Taschentücher duften nach Aprikose und am liebsten würde sie sich einfach eins ziehen, obwohl sie gar nicht weint.
Wenn es in drei Wochen nicht klappt, wird das Leben nicht weitergehen. Das ist ihre echte Antwort, doch sie bleibt unausgesprochen.
Dr. Warnecke ertappt Laura trotzdem dabei und seufzt.
„Sie werden diesen Trugschluss einfach nicht los. Das Leben kann nicht von einer anderen Person abhängen. Dafür ist das Leben viel zu autark und komplex.“
„Er hat mich nun mal gerettet.“
Wenn Dr. Warnecke mit dem Kopf schüttelt, fühlt Laura sich schuldig, weil er wohl denkt, keine Fortschritte mit ihr zu machen. Sie würde ihm gerne sagen, dass es nicht an ihm liegt. Aber sie hört ihm lieber zu.
„Vor Alex gab es doch schon andere Retter und die haben sich als nicht sehr hilfreich erwiesen."
Eine Retterschlampe bin ich, denkt sich Laura.
„Ich gebe ja zu, dass ich schon so gedacht habe, bevor ich Alex kannte, aber das ist ja nicht vergleichbar. Alex habe ich mir nicht ausgedacht, Alex ist echt.“
„Mit wem hat das alles nochmal begonnen? Mit Ihrem Lehrer?“
„Nein,“ lacht Laura ein wenig beschämt, „mit dem Mörder.“
„Herrgott," Dr. Warnecke schaut entsetzt und fängt an hektisch in seinem Block zu blättern, „was hatte es damit nochmal auf sich? Da komme ich gerade nicht mehr drauf.“
Laura amüsiert sich heimlich über sein wildes Blättern und seiner Angst, etwas unfassbar wichtiges vergessen zu haben.
„Der Mörder in der Grundschule. Damit hat der ganze …“ fast kommt ein Fluch über ihre Lippen, aber sie untersteht sich, „da hat das ganze Chaos angefangen.“



Juni, 2004

Auf dem Schulweg wurde Laura seit Wochen von einem Schatten verfolgt, der nicht ihr gehörte und sich auch nicht aus Licht und Konturen zusammensetzte. Es war ein bloßes Gefühl von Unbehagen, wenn sie am Fluss entlang lief, wo unterhalb der Stauanlage Enten durch das vermüllte, schäumende Ufer schwammen und gestrandete Papierboote sich langsam auflösten.
Sie kam außerdem an einem dichtbewachsenen Grundstück vorbei, wo Hunde zu hören waren wie sie aufsprangen und an straff gespannter Kette anfingen zu Bellen. Irgendwann würden sie diese Ketten durchbrechen. Laura fragte sich jeden Tag, ob sie sich durch den Maschendrahtzaun beißen könnten.
Auf dem nächsten Grundstück gurrten Hühner ihre Klagelieder. Sie hatten kaum Gefieder am Körper und mochten auch nicht den Löwenzahn, den Laura durch den Zaun steckte.
Daneben stand das Haus mit plakatierten Fenstern, wo rotes Licht hindurch schien.
Eine Frau mit dunkelroten Lippen und überdimensionierten Brüsten zwinkerte auf den Plakaten auf Laura herunter. Schon seit der ersten Klasse fühlte sie sich beobachtet von dieser Frau, nun war sie schon neun Jahre alt  und mochte immer noch nicht gerne daran vorbei gehen.
Es war, als würde die Frau ihr ein Geheimnis verraten wollen, was Laura auf keinen Fall wissen wollte.
Das größte Geheimnis war jedoch auf dem Schulhof zu finden, jeden Tag um die gleiche Zeit am gleichen Ort. Das rote Auto.
Wie lange es schon seine tägliche Runde um die Schule drehte, wusste niemand so genau, aber seit dem Schulprojekt „Nein sagen!“ vor ein paar Wochen, ist es den Kindern aufgefallen.
Eigentlich ist es nur Laura aufgefallen und sie hatte ihre Mitschüler mit der Entdeckung vergiftet. Durch das Projekt hatte sie den ganzen Schulhof mit ihrer Angst infiziert.
Für das Projekt sind ein Polizist und zwei Mitarbeiter vom Jugendamt in die Klasse gekommen, der Polizist hatte einen kleinen Stoffhasen in Polizeiuniform dabei. Der Hase hatte die Kinder dann gefragt, was sie für Gefahren im Alltag kannten und wie es sich davor zu schützen galt. Dann sammelten sie diese an der Tafel.
Sie durften nicht über die Straße laufen ohne nach links und rechts zu schauen, nicht zu hoch auf Bäume klettern und keine fremden Hunde streicheln. Für all diese Gefahren gab es eine logische Konsequenz. Der Polizist ergänzte dann um die Gefahren, die den Kindern ebenfalls bewusst waren, aber unerklärlichen Konsequenzen trugen. Sie durften nicht mit fremden Männern sprechen oder an einem unbekannten Auto stehen bleiben. Etwas Böses könnte dann passieren. Diese Erklärung blieb an der Tafel stehen. Der Stoffhase in der Hand des Polizisten forderte die Kinder auf:
„Ihr müsst immer Nein sagen!“
Nein zu Süßigkeiten, Hundewelpen, oder Geschenken.
Das Böse war jedoch auch für den Hasen unaussprechlich. Es hatte keine Form und kein Ausmaß.
Für Laura war es allgegenwärtig, denn fremde Männer und fremde Autos gab es auf dem Schulweg, im Einkaufsladen und an der Fleischtheke, wo sie manchmal eine Scheibe Wurst bekam, die jedoch ohne Ermahnung von den Eltern angenommen werden durfte.
Und nun kam täglich das rote Auto. Das Böse hatte endlich eine Gestalt und war sichtbar.
Sobald die Schulglocke zur Pause ertönte, rannten die Schüler zum Hausmeister und holten ihre Kakaoflasche ab, dann versammelten sie sich draußen am Zaun unter der dicken Eiche.
Laura kletterte immer auf einen Querbalken des Zaunes um darüber schauen zu können und lauschte. Sie versuchte die Geräusche um sie herum auszublenden, die dumpfen Trittgeräusche von halbleeren Fußbällen, Rufe von Klatschspielen oder Gummitwist und das Knistern, wenn ein Kind sich auf der Kunststoffrutsche elektrostatisch auflud.
Laura wartete auf die Geräusche außerhalb des Schulhofes, das Poltern über Kopfsteinpflaster, quietschende Metallfedern und wippendes altes Blech.
Das rote Auto.
Anders als auf dem Schulweg, fühlte Laura sich auf dem Pausenhof unter ihren Mitschülern sicher und mutig. Sie wollten den bösen Mann enttarnen und in die Flucht schlagen. Die Beobachtung des Autos wurde bald zum Spiel löste ein aufgeregtes Bauchkribbeln aus.
In der letzten Woche vor den Ferien war das Auto direkt am Zaun auf einer Parkfläche abgestellt. Aufgekratzt verteilten die Kinder Aufgaben untereinander und ein Junge musste über den Zaun klettern und sich den Wagen näher anschauen.
Laura beobachtete ihn, wie er sein Gesicht an die Scheibe gedrückt hatte. Er berichtete von einem blutigen Messer auf dem Fahrersitz. Der böse Mann war ein Mörder.
Zur zweiten großen Pause war der Parkstreifen leer und am nächsten Tag ließ das rote Auto sich nicht blicken.
Als die Kinder über ihren Triumph jubelten, spürte Laura eine dumpfe Enttäuschung im Bauch pochen. Sie wollte wissen, wer der Mörder war und wen von den Kindern er sich wegschnappen wollte.
Als sie am letzten Schultag vor den Ferien ratlos am Zaun standen und nichts mehr mit ihrer Pausenzeit anzufangen wussten, hörte Laura plötzlich das vertraute Poltern auf der gepflasterten Straße.
Sie kletterte auf den Querbalken des Zaunes und machte mit den Händen ein Fernglas um die Augen.
Das rote Auto näherte sich und fuhr im Schritttempo an ihnen vorbei, doch Laura erkannte den Fahrer nicht, das Sonnenlicht spiegelte sich in der Scheibe und die dicke Eiche warf gleichzeitig einen Schatten, der den Mörder im Verborgenen behielt.
Sie richtete ihren Blick durch das imaginäre Fernglas direkt in den Wagen, auch wenn sie unheimliche Angst hatte, dass der Mörder gerade ihren Blick erwiderte. Ganz langsam fuhr das Auto, fast blieb es stehen. Die Schulhofgeräusche schienen weit weg zu sein und Sonnenstrahlen drängten sich tanzend zwischen den Ästen und Blättern der Eiche hervor. Dann setzte er seine Fahrt fort. Plötzlich war Laura sich sicher, dass er es auf sie alleine abgesehen hatte. Er war der fremde Schatten.
Sie ging den Schulweg an diesem Tag nicht alleine nach Hause, sondern wurde von ihrer Freundin Alicia begleitet.  
Die Anliegerstraße neben der Grundschule glich einer Sperrzone, denn hier gab es kaum Anwohner, die noch fahrtüchtig waren. Wenn überhaupt waren diese in ihren Nachkriegshäusern nur zu sehen, wenn sie hinter den Gardinen entlang huschten und noch seltener kamen sie gebückt vor die Tür um mit ihren Krückstöcken verdorrte Blätter vom Rasen zu entfernen. Manch ein Kind legte ihnen absichtlich ein paar Blätter oder Äste auf den Rasen um sie nach draußen zu zwingen, oder sie machten Klingelstreiche. Wenn Alicia so was tat, blieb Laura in sicherer Entfernung stehen, denn sie konnte keinen Ärger von Fremden ertragen, sogar Ermahnungen von ihren Eltern ließen in ihr einen dicken Kloß der Schuld im Hals entstehen.
Der Kaugummiautomat auf dem Bürgersteig war demoliert und besaß nur noch einige zusammengepappte Kaugummis, die von innen an der Plastikscheibe klebten. Alicia und Laura hatten es einmal geschafft ihn mit einer Schere zu knacken und als die harten Kaugummis wie Murmeln über den Gehweg rollten, sind sie schnell davon gelaufen ohne zu wissen, warum sie das getan hatten. Sie ließen auch die Pfennige im Münzkasten zurück. Davon hatten sie sowieso zu Genüge im Sparschwein und konnten nichts mehr damit anfangen.
Nur im Süßwarenladen ein paar Straßen weiter konnte noch mit Pfennigen gezahlt werden und ein paar Blätter Esspapier oder einen Lolli gab es manchmal sogar umsonst.
Als Laura und Alicia sich am letzten Schultag durch das Bimmeln der Türglocke im Laden bemerkbar machten, legte der Verkäufer seine Zeitung weg.
„Letzter Schultag?“ fragte er und zeigte auf die Theke, wo in einer Vase Chupa Chups Lollis wie ein Blumenstrauß angeordnet waren. Hubba-Bubba Kaugummistreifen gab es aus einem Spender und Centerschocks konnten aus einer Kiste genommen werden.
„Zwei Wundertüten bitte.“ sagte Alicia.
Der Ladenbesitzer machte erneut eine ausschweifende Geste in Richtung seines Sortiments.
„Ihr dürft euch heute was umsonst aussuchen.“
Laura hielt Alicia unauffällig am Arm fest. Keine Geschenke annehmen. Aber Alicia ignorierte Lauras Griff ums Handgelenk und nahm für sie beiden etwas Esspapier mit.
Laura sprach draußen laut ihren Gedanken aus, ob der Ladenbesitzer der Mörder sein könnte.
„Quatsch! lachte Alicia, „Du denkst auch bei jedem, dass er der Mörder ist. Du bist ja voll verrückt nach ihm!"
„Stimmt gar nicht!" antwortete Laura empört.
Sie war wütend, dass Alicia ihr das wegnehmen wollte. Der Mörder hatte es nur auf sie abgesehen, sie waren wie Katz und Maus, oder wie ein Jäger und  Beute. Heute hatte er nur für sie angehalten und sie hatten sich angeschaut.  
Das mit dem Ladenbesitzer war ein Irrtum, das spürte Laura nun. Sie glaubte, sie könnte es fühlen, sobald sie dem echten Mörder begegnete. Aber den Gedanken behielt sie für sich. [...]


Ich bin gespannt auf die Kritik... hoffe, es ist nicht zu viel auf einmal.



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Miné
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Beiträge: 242
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Beitrag05.10.2022 15:39
Re: Auszug aus meinem Projekt
von Miné
Antworten mit Zitat

Hallo und herzlich willkommen. smile extra

Schön, dass du dich getraut hast. Daumen hoch² Hier ein paar Kritikpunkte von mir. Nimm sie bitte nicht allzu persönlich Embarassed

Rostrot hat Folgendes geschrieben:

Dezember, 2017

Der speckrote Ledersessel hat ein Loch auf der rechten Armlehne. Erscheint mir als ersten Satz sehr unpassend. Oder geht es in deiner Geschichte um einen Sessel?

Laura Klages schämt sich, wenn sie wieder einen Fetzen abgeknibbelt hat und ihn auf den Boden fallen lässt. (Wenn sie sich schämt, warum macht sie es dann?) Ein ganzer Haufen roter Fetzen liegt da, das muss Dr. Warnecke doch auffallen. Ein ganzer Haufen klingt maßlos übertrieben. Wer ist Dr. Warnecke?
Vielleicht haben auch andere Patienten einen Teil zu dem Loch beigetragen (Also, ich knibbel nirgendwo an Sesseln und habe so etwas noch nie erlebt oder gesehen) , aber Laura sieht sich als die Hauptschuldige. (Wieso gehst du so sehr auf den Sessel ein?)

Hier hatte ich eigentlich schon keine Lust mehr zu lesen. Weil sich alles scheinbar nur um einen Sessel dreht, der mir persönlich vollkommen egal ist.

Es passiert immer in den Minuten des Wartens, wenn Dr. Warnecke in seinem Büro telefoniert, bevor die Sitzung beginnt. Wann das passiert, ist doch egal.

Seit acht Jahren kommt Laura einmal die Woche zehn Minuten zu früh zu ihrem Termin und fürchtet, ihren Therapeuten bei der Pause zu stören. Wieso? Hat der Therapeut kein Wartezimmer?
Dr. Warnecke bittet sie dann ins Sprechzimmer, entschuldigt sich noch für einen Moment und dann beginnt das verdammte Knibbeln. Das bezweifle ich stark, dass der Therapeut sie direkt hereinbittet. Oder hat der grundsätzlich vor ihr immer Leerlauf?

Zur vollen Stunde kommt er dann herein, schließt Tür und Fenster (Das sind mir zu viele Nichtigkeiten), sich und schlägt seinen Block auf, in diesen Sekunden starrt Laura unbeholfen auf ihre Finger mit verräterischen roten Schüppchen unter den Nägeln. Also, eigentlich sollte sie sich bei ihrem Therapeuten wohlfühlen. Das mit dem unbeholfen passt daher meiner Meinung nach auch nicht. Die Anspielung auf die roten Schüppchen unter den Nägeln habe ich auch nicht verstanden.

Es folgen drei Sekunden lang peinliche Stille. Drei Sekunden Stille sind peinlich? Ich würde das eher als normal bezeichnen. Oder macht man keine Pause zwischen Sätzen?

Die Abläufe sind immer gleich, ritualisiert. Das scheint eine sehr interessante Therapie, wenn die Abläufe immer gleich sind?  

Seit einem Jahr sitzt Laura ihm wieder gegenüber auf dem Sessel, davor hat sie einige Jahre neben ihm auf der Couch gelegen. Ob die liegt oder sitzt, was spielt das für eine Rolle?

Dort gab es keinen unangenehmen Blickkontakt (Wieso unangenehmer Blickkontakt? Sie muss ihrem Therapeuten vertrauen und sich wohlfühlen. Wenn da alles so unangenehm ist, wieso geht die überhaupt da hin?) , sondern nur die Holzvertäfelung an der Decke und Dr. Warnecke war kein Mensch, sondern eine anonyme Stimme aus dem Off, ein seelenloser Ratgeber. (Ich kann dir nicht folgen. Therapeuten geben grundsätzlich keine Ratschläge, sondern bloß Hilfestellung. Der Patient muss selbst entscheiden, was er will und tut.)
Erst zum Ende der Stunde stand dann wieder ein Lebewesen vor ihr, distanziert lächelnd, ohne eigene Persönlichkeit. (Meinst du den Therapeuten? Distanziert klingt, als ob die Patientin ihm völlig egal wäre.)

In diesem Raum gibt es nichts mehr, was Laura als fremd bezeichnen würde, (Wieso wohnt die da? Du tust, als ob das ihr Wohnzimmer wäre) außer die wahren Gefühle und Gedanken von Dr. Warnecke. (Bei der Therapie geht es doch um sie. Was interessieren sie die Gedanken und Gefühle des Therapeuten?)
Ansonsten ist jede Maserung und Rille der Holzdecke, jeder Buchtitel im Regal und jede Falte in den braunen Vorhängen vollständig studiert. Jetzt wiederholst du dich mit der Holzdecke. Wohin willst du eigentlich mit der Geschichte? Bis jetzt habe ich noch keinen blassen Schimmer.

All diese Dinge sind zu visuellen Rückzugsorten geworden (Bestimmt nicht! Ich kann mir das wenig vorstellen, dass der Klient sich in einer Holzdecke oder Vorhängen visuell zurückziehen kann. Meditation vielleicht, wie zum Beispiel das Konzentrieren auf den Atem.)

, in den Stunden wo Laura kein Wort herausbekommen hatte, (Und der Therapeut hat währenddessen geschlafen?)

 wo das Grauen aus den Geheimverstecken der Erinnerung gekrochen kam. (Hier hättest du zum Beispiel erwähnen können, um was es eigentlich geht? Wieso kommt sie wirklich? Was hat sie für Probleme? Sucht? Trauma?)
Die Stille wurde dann nur durch lose Fragehappen (Das klingt sehr abwertend unprofessionell) von Dr. Warnecke durchbrochen. Viel mehr musste er manchmal nicht tun, außer dem Seelenchaos einen roten Faden zu verpassen. (Zu verpassen! Meinst du wirklich, der Therapeut würde so seine Berufung beschreiben) Dem Seelenchaos einen roten Faden zu verpassen?)

Heute, wo sie sich zum letzten Mal gegenüber sitzen sollen, wird es keine Stille geben, weil Laura ihm noch einiges sagen will. Die Angst vor dem Abschied ist groß. (Wenn die Angst vor dem Abschied so groß ist, wieso hat sie dann keinen Antrag bei der Krankenkasse auf Verlängerung gestellt?) Vielleicht wird sie ihm auch das sagen.
Als Dr. Warnecke heute zur letzten Stunde hereinkommt, beendet Laura das Knibbeln und lässt unbemerkt eine Lederschuppe auf den Boden segeln, die letzte Lederschuppe.
„Frau Klages, dann ist es in drei Wochen also so weit.“ beginnt Dr. Warnecke noch während er die Fenster schließt. (Jetzt schließt der wieder die Fenster)
Wogen der Vorfreude bringen Lauras Eingeweide ins Schwingen. (Wieso? Die hatte doch gerade noch Angst vor dem Abschied.) Noch drei Wochen, bis es passiert. (Was denn passiert? Die Therapie beendet ist? Ich dachte, dass wäre die letzte Sitzung?) Diese Tatsache hat so ein Gewicht, dass es sogar die rituellen Abläufe aus dem Gleichgewicht bringt , denn Laura antwortet, bevor Dr. Warnecke seinen Block aufgeschlagen hat (Das mit dem Block ist sehr klischeehaft, die Meisten benutzen keinen und wenn auch nur in der ersten oder in den ersten Sitzungen. Schließlich hat der Therapeut kein Alzheimer.) und lässt die drei Sekunden der peinlichen Stille gar nicht entstehen. Drei Sekunden Stille sind doch normal. Egal, wo oder wie.

„Ja, drei Wochen.“
Sie drückt nickend die gefalteten Finger an den Knöcheln weiß und erkennt in Dr. Warneckes Ausdruck eine Spur von Besorgnis. (Wenn das so wäre, hätte er ihr besser mal zu einer Verlängerung geraten.)
„Und Sie sind sich sicher, dass alles gut gehen wird, nach all dem was…“ (Auch hier wäre es sehr schön, wenn der Leser nur ansatzweise wüsste, um was es eigentlich geht. Außerdem scheint dein Therapeut alles andere als professionell. Als ob der bei seiner letzten Sitzung Zweifel streuen würde.)
Laura nickt stärker um ihn abzuwürgen, sie will nicht darüber nachdenken, was alles passiert ist. (Klingt nach einer sehr erfolgreichen Therapie! Daumen hoch² )
„Sicher.“
Nun legt sich ein leichter Schalk in seine Stimme, als er sagt:
„Bisher war Ihr Optimismus ein schlechtes Omen. Eigentlich geht eher alles gut, wenn Sie vorher den Teufel an die Wand malen.“ (Ist es nicht Sinn einer Therapie den Therapeuten in seinem Selbstwert und Vertrauen zu stärken, anstatt zu verunsichern?)
Laura muss schmunzeln.
„Ich würde gerne den Teufel an die Wand malen, aber diesmal geht es einfach nicht. Ich war noch nie so zuversichtlich.“ (Das klang gerade aber noch ganz anders! Da hatte sie noch große Angst vor dem Abschied.)
Dr. Warnecke nimmt seine Brille ab und legt sie auf seinen Beistelltisch. (Nicht gerade plausibel, wenn der sich doch immer Notizen macht.)
„Ich habe die Befürchtung, dass es wieder darauf hinauslaufen wird, was immer passiert ist. Und ich bin mir nicht sicher, wie gut Sie nochmal damit umgehen können. Falls es passiert.“ (So redet kein Therapeut! Das würde im Patienten bloß Stress auslösen!)

Die Vorstellung, dass es passiert, (Was denn Question ) schmerzt Laura tief im Zwerchfell. Es ist ein alter, verlebter Schmerz, der ihr so vertraut vorkommt wie dieser Raum.
Nun muss sie den Blickkontakt pausieren, weil der zweifelnde Ausdruck von Dr. Warnecke nicht auszuhalten ist. (Ein Therapeut zeigt keine Reaktion.) Mitleidig. (Als ob der Therapeut die Klientin bemitleiden würde. Wohl kaum. Wenn, hat der den Beruf verfehlt.) Plötzlich kann Laura so viel in seinem Gesicht lesen. (Nein! Ein Therapeut zeigt keine Reaktion!)
„Es wird aber nicht passieren." murmelt Laura und merkt, dass sie beleidigt klingt, trotzig wie ein Kind.
„Glauben Sie mir, ich würde mich wirklich für Sie freuen. Es kommt mir nur alles so überstürzt vor. (Wie gesagt Verlängerung beantragen! So etwas gibt es. Aus gutem Grund!)Wie lange ist das alles schon wieder her? Vier Jahre?“
„Fünf, glaube ich. Oder sechs.“ (Sechs Jahre Therapie und wir wissen immer noch nicht, was sie hat oder was ihr passiert ist. Außerdem scheint die Therapie ja überhaupt nichts gebracht zu haben, was nach sechs Jahren unwahrscheinlich ist. Wenn der Therapeut merkt, dass der Patient nicht mitmacht, bringt keine Therapie etwas, weshalb er den Patienten eigentlich auch nicht so lange therapieren würde)
Laura korrigiert sich in Gedanken. Das Thema ist nie beendet, niemals fort gewesen. Es ist in den Hintergrund gerückt, aber niemals verschwunden. Immerhin ist es Lauras letztes und einziges Ziel. Hier habe ich aufgehört zu lesen und weiß immer noch nicht, um was es wirklich geht?

Also, erst mal ist die Geschichte voller Logikfehler. Außerdem ist die Szene total belanglos. Eine Frau geht zum Therapeuten und ... Ja, und was eigentlich? Er streut Selbstzweifel, während sie sich visuell in die Decke zurückzieht und am Sessel knibbelt. Du hast übrigens einen Schnitzer drin. Am Anfang sind es acht Jahre Therapie und später nur noch sechs. Bitte lass dich nicht von mir entmutigen. Es ist nur meine Meinung.
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Rostrot
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Beitrag05.10.2022 15:58

von Rostrot
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Hi Mine,

danke für die ausführliche Antwort.
Ich muss mich ein bisschen wundern, weil diese Sesselszene tatsächlich recht autobiografisch ist und ich es lustig finde, dass du das für komplett unlogisch hälst Shocked Very Happy

Ich kapiere aber, dass diese Szene für den Anfang nicht geeignet ist.
Wieso, weshalb, warum ich so sehr auf den Sessel eingehe und warum nach so langer Therapie noch so viel Unmut bzw. Unsicherheit besteht usw. wird im Verlauf eigentlich erst klar, ich setze also viel zu viel Wissen voraus Crying or Very sad
Man blickt als Neuleser aber überhaupt nicht durch. Dementsprechend hast du mir schon sehr mit dem Feedback geholfen Idea

Ich würde mich natürlich freuen, wenn du doch noch den anderen Teil lesen würdest Embarassed


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Christof Lais Sperl
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Der silberne Roboter


Beitrag05.10.2022 16:13
Namen
von Christof Lais Sperl
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Hallo, warum gleich so viele Namen ? Mache ein Geheimnis draus, führe sie später ein! Warum Warnecke? Da denkt man an die Wernicke-Aphasie. Zu oft „ritualisiert“. Das Wort könnte aus einer Hausarbeit im Lehrerseminar stammen, es ist ein urteilendes Wort. Nutze ein online-Synonymwörterbuch um den Wortschatz zu befreien. Lg c

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Phenolphthalein
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Beitrag05.10.2022 20:03

von Phenolphthalein
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Hallo Rostrot!

Also ich habe keinerlei Problem mit dem Einstieg.
Du beschreibst darüber eine Art Zwang. Aber eher im Sinne von Abgespanntheit, die in einer Ersatzreaktion (einem Ersatzverhalten) resultiert.
Ebenso wenig würde ich das ritualisiert dramatisieren.
Deine Prota wird innerhalb der Therapie das sicherlich aufgeschnappt  und dann verinnerlicht/angenommen haben.  Auch das ist eine nachvollziehbare Reaktion, etwas das – gewollt oder ungewollt – eine Orientierung oder Halt geben kann.
„Sie haben das ritualisiert.“
Konsequenz: „Stimmt“ und ich nehme es an. „Stimmt nicht“ und ich lehne es ab. In jedem Fall kann das prägend sein.

Ich empfinde in beiden Fällen, dass es sogar zur Authentizität der Geschichte beiträgt.
Allerdings – also wenn das bereits eine der letzten Stunden ist – hatte die Prota in der Therapie wohl auch Schwierigkeiten. Müsste ich das beurteilen (und ich bin da kein Experte), dann bin ich der Meinung, dass sie sich wenig bis kaum öffnen konnte und der Therapeut nicht wirklich an sie ran kam.
Etwas unschlüssig bin ich mir auch über die Therapieform (spielt keine Rolle, ich weiß).
Anfänglich dachte ich an eine VT, aber innerhalb des Gesprächs wurde wenig über das Verhalten gesprochen (oder über Werte zur Haltung oder dem Verhalten). Das müsste meines Erachtens nach einem Jahr etwas routinierter ablaufen. Ich hätte getippt, dass es sich hier noch um die ersten Stunden handelt (irgend etwas innerhalb der Kurzzeittherapie; und eventuell da die ersten zwölf Stunden bis zur Umwandlung oder Fortführung der Therapie)
Eine AT oder TP sehe ich jedoch auch nicht. Du schriebst ja, es sei autobiographisch [wenigstens teilweise], also muss ich mein empfinden da zurück stellen.

Nun denn. Ins Detail will ich nicht gehen. Die Sprache ist in Ordnung, denke ich. Die Geschichte insgesamt recht aus der Distanz erzählt aber vermute hier Absicht, da es weniger um das Thema (der Therapie), als mehr um das Verhalten der Protagonistin geht. Ich habe übrigens nur den Teil „Dezember, 2017“ gelesen.  
Einen Roman in dieser Distanz stelle ich mir aber schwer vor, als Kurzgeschichte hingegen passt es je nach Absicht[en] der Geschichte.

Liebe Grüße,
Pheno


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Nichts ist leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht; wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muss.

-Arthur Schopenhauer
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anuphti
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Beitrag05.10.2022 21:14

von anuphti
Antworten mit Zitat

Hallo Rostrot,

erst einmal herzlich willkommen im Forum!

Schön, dass Du hergefunden hast. Ich freue mich, dass Du nach langem "Mitlesen" entschieden hast, hier mitzumachen.

Ein kleiner Tipp gleich am Anfang, um Kritiken einzuschätzen ist es am Anfang durchaus sinnvoll, andere Texte/Rückmeldungen von den Usern zu lesen, die Dir Rückmeldung geben. Vor allem, wenn Du Kommentare bekommst, die sich stark widersprechen.


Miné hat Folgendes geschrieben:
Also, erst mal ist die Geschichte voller Logikfehler. Außerdem ist die Szene total belanglos. Eine Frau geht zum Therapeuten und ... Ja, und was eigentlich? Er streut Selbstzweifel, während sie sich visuell in die Decke zurückzieht und am Sessel knibbelt. Du hast übrigens einen Schnitzer drin. Am Anfang sind es acht Jahre Therapie und später nur noch sechs.


Deine Geschichte hat keine Logikfehler. Die Szene am Anfang (die mit dem Sessel) ist auch nicht belanglos, sondern ein schönes Beispiel von "show, don´t tell", weil Du über das "Knibbeln" die "zwanghafte" Störung/Unsicherheit der Prota darstellst (die roten Schüppchen unter den Fingernägeln sind natürlich Lederstückchen von dem Sessel).
Die Szene ist so realistisch, dass ich annehme, dass eigene Erfahrungen verarbeitet wurden?
Der  angebliche "Schnitzer" ist auch keiner, weil am Anfang zwar von acht Jahren Therapie die Rede ist, und bei der zweiten Erwähnung des Zeitraums von 4/5 oder sechs Jahren ging es nicht um die Dauer der Therapie, sondern um ein Ereignis, das noch nicht weiter erklärt wurde (macht neugierig).

Für mich war der entscheidende Satz (der mich wirklich neugierig macht!):

Zitat:
„Ich gebe ja zu, dass ich schon so gedacht habe, bevor ich Alex kannte, aber das ist ja nicht vergleichbar. Alex habe ich mir nicht ausgedacht, Alex ist echt.“


Dieser Satz ist so nonchalant eingebaut, dass man ihn leicht überlesen kann.

"Da geht es um Personen, die sich die Prota offensichtlich ausgedacht hat. Nur Alex ist echt."

Und der Leser folgert messerscharf, es könnte um eine dissoziative Persönlichkeitsstörung gehen (?), alternativ ev. um eine schizophrene Störung, also auf jeden Fall um eine psychisch komplexe Patientin als Prota.

Und dann folgt der Hinweis auf den "Mörder" und der Rückblende.

Ich finde beide Auszüge solide geschrieben, definitiv logisch, kleine Verbesserungen findet man immer, (den Hinweis auf die Namen von Christoph könnte man überdenken), aber das Große und Ganze ist in sich stimmig und macht neugierig auf mehr.

Ist das eine neue Version von Deinem ersten Manuskript?

Auf jeden Fall gerne gelesen und ich wünsche weiterhin gutes Gelingen!

Liebe Grüße
Nuff


_________________
Pronomen: sie/ihr

Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)

You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach)
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Miné
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 38
Beiträge: 242
Wohnort: Köln


Beitrag05.10.2022 21:28
Re: Auszug aus meinem Projekt
von Miné
Antworten mit Zitat

Hallo Rostrot, hier ein paar Anmerkungen zum zweiten Teil. Schau mal, ob du davon was gebrauchen kannst angel

Rostrot hat Folgendes geschrieben:



Juni, 2004

Auf dem Schulweg wurde Laura seit Wochen von einem Schatten verfolgt, der nicht ihr gehörte und sich auch nicht aus Licht und Konturen zusammensetzte. Es war ein bloßes Gefühl von Unbehagen, wenn sie am Fluss entlang lief, wo unterhalb der Stauanlage Enten durch das vermüllte, schäumende Ufer schwammen und gestrandete Papierboote sich langsam auflösten.

Also, du hast den Schulweg mit dem Schatten, was auf den ersten Eindruck auf einen Verfolger schließt und schwankst im nächsten Moment in die Szenerie. Ich denke, es wäre besser, wenn du ein Ticken länger bei dem Verfolger bleiben würdest.

Sie kam außerdem an einem dichtbewachsenen Grundstück vorbei, wo Hunde zu hören waren wie sie aufsprangen und an straff gespannter Kette anfingen zu Bellen bellten. Irgendwann würden sie diese Ketten durchbrechen.

Was ist denn jetzt mit dem Verfolger? Du schweifst total ab.



Laura fragte sich jeden Tag,
Ob sie sich durch den Maschendrahtzaun beißen könnten.?
Auf dem nächsten Grundstück gurrten Hühner ihre Klagelieder.

Wieso beschreibst du jetzt jedes Grundstück, wo sie vorbeigeht? Hat das irgendeine Relevanz? Was ist mit dem Verfolger? Den habe ich vor lauter Grundstücke gleich noch vergessen. ohh


Sie hatten kaum Gefieder am Körper und mochten auch nicht den Löwenzahn, den Laura durch den Zaun steckte. Okay, es gibt gar keinen Verfolger Embarassed Stattdessen gibt es Löwenzahn für die Hühner Kopf an die Wand

Daneben stand das Haus mit plakatierten Fenstern, wo rotes Licht hindurch schien. Und noch ein Haus ... Wie viele Häuser kommen denn noch?
Eine Frau mit dunkelroten Lippen und überdimensionierten Brüsten zwinkerte auf den Plakaten auf Laura herunter. Und ein Plakat ...
Schon seit der ersten Klasse fühlte sie sich beobachtet von dieser Frau, nun war sie schon neun Jahre alt  und mochte immer noch nicht gerne daran vorbei gehen. Okay, ich bin davon ausgegangen, dass es sich bei der Protagonistin um die gleiche Person handelt wie in der Therapiestunde. Das haut mich hier voll raus. Dass das ein Kind ist, habe ich überhaupt nicht verstanden. Das kommt hier viel zu spät. Hier fällt mir auch auf, dass ich äußerlich zwar jetzt viel über die Straße, Fluss, Grundstücke, Hunde, Hühner und Plakate weiß, aber du erwähnst mit keinem Wort, zwei Zöpfe, Zahnspange etc. ...

Es war, als würde die Frau ihr ein Geheimnis verraten wollen, was Laura auf keinen Fall wissen wollte. Du widersprichst dir hier. Auf der einen Seite, wirkt die Frau, als ob sie ihr ein Geheimnis verraten wollte, auf der anderen Seite, durfte Laura es aber auf keinen Fall wissen. Außerdem wirkt diese Message wie an den Haaren herbeigezogen. Was soll das denn für ein Geheimnis sein?

Das größte Geheimnis war jedoch auf dem Schulhof zu finden, jeden Tag um die gleiche Zeit am gleichen Ort. Das rote Auto. Jetzt schweifst du schon wieder ab. Du machst ein Fass auf, das keinen Boden hat. Was hat es denn jetzt mit der Frau auf dem Plakat und deren Geheimnis auf sich? Das mit dem roten Auto ist auch sehr Knüppelhaft in die Geschichte eingeführt. Das MYSTERIÖSE rote Auto!

Wie lange es schon seine tägliche Runde um die Schule drehte, wusste niemand so genau, aber seit dem Schulprojekt „Nein sagen!“ vor ein paar Wochen, ist es den Kindern aufgefallen. Wenn wäre das doch längst einem Lehrer aufgefallen, oder nicht?

Eigentlich ist es nur Laura aufgefallen und sie hatte ihre Mitschüler mit der Entdeckung vergiftet. Durch das Projekt hatte sie den ganzen Schulhof mit ihrer Angst infiziert. Was war denn jetzt eigentlich mit dem Schatten ganz am Anfang. Hat sie sich den nur eingebildet?

Für das Projekt sind ein Polizist und zwei Mitarbeiter vom Jugendamt in die Klasse gekommen, der Polizist hatte einen kleinen Stoffhasen in Polizeiuniform dabei. Den Stoffhasen halte ich für überflüssig. Auch die Anzahl ein Polizist, zwei Mitarbeiter vom Jugendamt ... Und dann gehst du auch auf die überhaupt nicht ein. Ich vermute, weil sie eigentlich für die Geschichte keine besondere Relevanz haben. Nur warum erwähnst du sie dann?

Der Hase hatte die Kinder dann gefragt, was sie für Gefahren im Alltag kannten und wie es sich davor zu schützen galt. Der Aufruhr scheint ja wegen des roten Autos. Wenn man sich jetzt das Kennzeichen notiert, was ja ein Lehrer bestimmt getan hat, weil scheinbar weiß ja der ganze Schulhof Bescheid und das rote Auto dreht ja täglich seine Runden, dann würde die Polizei das eigentlich und den Halter garantiert überprüfen. Vielleicht sogar bei dem zu Hause vor der Tür stehen. Ich weiß hier nicht, auf was du hinaus willst. Mir erscheint das auch unlogisch. Geht es hier um eine Kindesentführung?

Dann sammelten sie diese an der Tafel.
Sie durften nicht über die Straße laufen ohne nach links und rechts zu schauen, nicht zu hoch auf Bäume klettern und keine fremden Hunde streicheln. Für all diese Gefahren gab es eine logische Konsequenz. Der Polizist ergänzte dann um die Gefahren, die den Kindern ebenfalls bewusst waren, aber unerklärlichen Konsequenzen trugen. Sie durften nicht mit fremden Männern sprechen oder an einem unbekannten Auto stehen bleiben. Etwas Böses könnte dann passieren. Diese Erklärung blieb an der Tafel stehen. Der Stoffhase in der Hand des Polizisten forderte die Kinder auf:
„Ihr müsst immer Nein sagen!“
Nein zu Süßigkeiten, Hundewelpen, oder Geschenken.
Das Böse war jedoch auch für den Hasen unaussprechlich. Es hatte keine Form und kein Ausmaß.


Für Laura war es allgegenwärtig, denn fremde Männer und fremde Autos gab es auf dem Schulweg, im Einkaufsladen und an der Fleischtheke, wo sie manchmal eine Scheibe Wurst bekam, die jedoch ohne Ermahnung von den Eltern angenommen werden durfte.
Und nun kam täglich das rote Auto. Das Böse hatte endlich eine Gestalt und war sichtbar.
Sobald die Schulglocke zur Pause ertönte, rannten die Schüler zum Hausmeister und holten ihre Kakaoflasche ab, dann versammelten sie sich draußen am Zaun unter der dicken Eiche.


Laura kletterte immer auf einen Querbalken des Zaunes um darüber schauen zu können und lauschte. Sie versuchte die Geräusche um sie herum auszublenden, die dumpfen Trittgeräusche von halbleeren Fußbällen, Rufe von Klatschspielen oder Gummitwist und das Knistern, wenn ein Kind sich auf der Kunststoffrutsche elektrostatisch auflud.
Laura wartete auf die Geräusche außerhalb des Schulhofes, das Poltern über Kopfsteinpflaster, quietschende Metallfedern und wippendes altes Blech.
Das rote Auto.
Anders als auf dem Schulweg, fühlte Laura sich auf dem Pausenhof unter ihren Mitschülern sicher und mutig. Sie wollten den bösen Mann enttarnen und in die Flucht schlagen. Die Beobachtung des Autos wurde bald zum Spiel löste ein aufgeregtes Bauchkribbeln aus.


In der letzten Woche vor den Ferien war das Auto direkt am Zaun auf einer Parkfläche abgestellt. Aufgekratzt verteilten die Kinder Aufgaben untereinander und ein Junge musste über den Zaun klettern und sich den Wagen näher anschauen. Das ist mir zu absurd. Wie gesagt, Kennzeichen der Polizei durchgeben, die kümmern sich. Der kommt so schnell nicht wieder. Nicht in dem roten Auto.

Laura beobachtete ihn, wie er sein Gesicht an die Scheibe gedrückt hatte. Er berichtete von einem blutigen Messer auf dem Fahrersitz. Der böse Mann war ein Mörder. Das ist viel zu krass, zu schnell!!! Genauso gut hätte der Mann ein Schild mit, ich bin ein Mörder hochhalten können.

Zur zweiten großen Pause war der Parkstreifen leer und am nächsten Tag ließ das rote Auto sich nicht blicken.
Als die Kinder über ihren Triumph jubelten, spürte Laura eine dumpfe Enttäuschung im Bauch pochen. Sie wollte wissen, wer der Mörder war und wen von den Kindern er sich wegschnappen wollte. Das ist mir alles zu absurd.


Das kleine Mädchen wirkt auf mich total unrealistisch. Weil, sie scheint ja intelligenter als alle anderen. Ihr fällt das Auto auf. Gleichzeitig ist sie aber so doof, dass sie den Mörder überführen will. Als neunjähriges Mädchen? Glaube ich nicht. Kauf ich dir nicht ab. Ich käme als erwachsene Frau nicht einmal auf die Idee, mich da näher ran zu wagen.

Ich kann mir das Kind auch nicht vorstellen. Weil, man weiß nichts von ihr. Außer, dass sie sich maßlos überschätzt und scheinbar noch andere Kinder in lebensgefährliche Situationen bringt, was sie sehr unsympathisch macht.
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