Schreibwerkstatt

Aus Der DSFo.de Leitfaden
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Dies ist ein Auszug aus Ralphies Schreibwerkstatt.

Einrichten des Manuskriptes

Um ein Handwerk zu betreiben, benötigen wir wie jeder Handwerker ein Werkzeug. Unser Werkzeug ist die Textverarbeitung, die Schreibmaschine oder auch nur ein einfacher Kugelschreiber. (Es gibt noch immer Leute, die ihre Romane von Hand, also mit dem Kugelschreiber oder dem Füllfederhalter, verfassen.)

Da wir alle einen PC besitzen, möchte ich mich ausschließlich auf die Arbeit mit der Textverarbeitung konzentrieren. Eine Textverarbeitung besitzt jeder, der mit Windows arbeitet. Wordpad, das kleine Programm, das Bestandteil dieses Betriebssystem ist, reicht schon vollkommen für unsere Zwecke aus. Wer Word für Windows oder Works für Windows besitzt, sollte diese Programme nutzen, denn sie sind besser und besitzen mehr Funktionen als Wordpad.

Der Vorteil eines Textverarbeitungssystems gegenüber der altehrwürdigen Schreibmaschine ist natürlich in erster Linie in dem Umstand begründet, dass der Autor ein Manuskript ununterbrochen ändern kann, ohne es jedes Mal neu schreiben zu müssen. Es bedarf nur eines einzigen Mausklicks, um z. B. in einem 1000-seitigen Manuskript einen Namen in Sekundenschnelle zu ändern, aber auch der Thesaurus (das Synonym-Wörterbuch), die Rechtschreibprüfung, die automatische Numerierung und der automatische Seitenumbruch sind sehr hilfreich. Die Grammatikprüfung empfehle ich auszuschalten, weil sie in den allermeisten Fällen ohnehin nur Bockmist verzapft und so manchen Arbeitsspeicher in die Knie zwingt. Allerdings benötigt ihr sie manchmal, um die durchschnittliche Länge eurer Sätze zu ermitteln.

Mit der Funktion „Seite einrichten“ im Menü „Datei“ richten wir unser Manuskript so ein, daß wir pro Seite auf 25 Zeilen mit jeweils maximal 55 Anschlägen (ohne Leerzeichen) kommen, damit der Lektor später genug Platz hat, um seine Korrekturzeichen anzubringen (siehe Normseite). Wir schreiben im doppelten Zeilenabstand. Die automatische Silbentrennung lassen wir ausgeschaltet, und auf eine Absatzkontrolle am Ende der Seite verzichten wir. Benutzt eine Schrift, die gut lesbar ist und den Augen nicht schadet. Ich benutze „Bookman Old Style“, aber das ist mein persönlicher Geschmack, und ihr könnt natürlich die Schrift wählen, die euch am besten gefällt. Als Schriftgrad empfehle ich 12 pt. Es ist ratsam, jedes neue Kapitel mit einer neuen Seite anzufangen. Der erste Absatz eines Kapitels wird nicht eingerückt, alle anderen Absätze bis zum nächsten Kapitel oder Unterkapitel erhalten eine Einrückung, deren Länge euch überlassen bleibt. (Ich benutze 0,7 cm.)

Auf die erste Seite eures Manuskripts schreibt ihr euren Namen, eure Adresse plus Telefonnummer und Email-Adresse, euer Pseudonym, falls ihr eines verwendet, und die Anzahl der Seiten der Anschläge mit und ohne Leerzeichen (Word für Windows besitzt dafür eine eigene Funktion, die sehr zuverlässig ist).

Das Wort

Bevor wir uns dem Satzbau zuwenden, möchte ich kurz auf das Wort eingehen. Die beiden wichtigsten Wortarten sind das Verb (Tätigkeitswort) und das Substantiv (Hauptwort). Aus diesen beiden Wortarten läßt sich ein vollständiger Satz bilden, z. B. „Peter gähnte.“

Ein Schriftsteller verwendet in seinen Manuskripten stets das Spezifische, niemals das Gewöhnliche. Diese Technik macht aus dem Sonntagsschriftsteller einen Profi. Lest eure Texte durch und überprüft, ob ihr die Wörter Baum, Haus, Flugzeug, Pferd oder ähnliche Oberbegriffe findet. Diese Wörter gehören ausgemerzt, denn sie sprechen kaum – oder besser: überhaupt nicht unsere Sinne an. Wie viel anschaulicher klingt „Krummholzkiefer“ gegenüber dem „Baum“? Wie viel stärker entsteht ein Bild vor unserem geistigen Auge, wenn sich unser Held statt auf ein „Pferd“ auf eine „Trakehner Rappschimmelstute“ schwingt! Merkt ihr, wie eure Sinne durch diesen einfachen Trick angesprochen werden? Selbst ein Wort wie „Eiche“, das ja schon den Oberbegriff „Baum“ spezifiert, kann noch gesteigert werden, denn es gibt Traubeneichen, Lebenseichen, Korkeichen usw. usw. Dasselbe gilt für Vögel. Häufig lese ich Sätze wie „Im Wald zwitscherten die Vögel“. Solche Sätze haben in einem Roman nichts zu suchen. Geht ins Detail. Laßt die Rotkehlchen schnickern, die Wacholderdrossel spotten, die Saatkrähen krächzen. (Wie ihr gerade gelesen habt, kann man auch Begriffe wie „Drossel“ oder „Krähe“ noch spezifieren).

Tip: Sobald ihr euren Roman geschrieben habt, sucht den ganzen Text Satz für Satz nach solchen Schwachstellen ab und merzt sie aus. Ihr werdet sehen, wie lebendig euer Manuskript wird. Sehr hilfreich ist in dieser Beziehung der Duden Nr. 8, „Sinn- und sachverwandte Wörter“, den ich nur empfehlen kann.

Was für das Substantiv gilt, trifft auch für das Verb zu: Wählt immer das Außergewöhnliche, das Besondere. Merzt alle toten Verben in euren Texten aus. Ich möchte euch an einem kleinen Beispiel verdeutlichen, was ich darunter verstehe. „Claire ging die Treppe hinunter, umarmte Peter und küsste ihn auf den Mund.“ Ein Satz mit drei mehr oder weniger toten Verben, der niemanden von uns vom Hocker reißt. Wechseln wir diese Leichen gegen lebendige Verben aus, gewinnt die kleine Szene sofort an Subsatz: „Claire stürzte mit wehenden Haaren die Treppe hinunter, warf sich in Peters Arme und schmatzte ihm einen Kuß auf den Mund.“

Verben

Bei der Auswahl der Verben achten wir darauf, möglichst wenig Hilfsverben einzusetzen und, wo immer es möglich ist, auf statische und abstrakte Verben ganz zu verzichten. Statische Verben sind Zeitwörter wie „stehen“, „liegen“ usw., die keine Bewegung ausdrücken. Abstrakte Verben sind Zeitwörter, die keinen Sinn besitzen, wie: „befinden“ oder „verwenden“. Schreibt also niemals: „Auf der anderen Straßenseite befand sich eine Bank.“ Mit solchen Sätzen erzeugt ihr beim Leser keine Bilder. Jetzt heißt es, die grauen Zellen anzustrengen. „Auf der anderen Straßenseite stand eine Bank.“ Klingt schon besser, aber „stehen“ gehört zu den statischen Verben, die wir ebenfalls vermeiden wollen. „Auf der anderen Straßenseite fiel ein milder Lichtstrahl auf eine Bank.“ Das ist schon fast perfekt, aber sicher fällt uns, wenn wir uns anstrengen, noch etwas Besseres ein. „Auf der anderen Straßenseite lud eine Bank zum Verweilen ein.“ Zugegeben, das klingt ein wenig nach Hedwig Courths-Mahler, aber die Dame hat mit ihren Romanen Millionen gescheffelt, deshalb ist ein solcher Satz nicht grundsätzlich abzulehnen. Versucht es selbst. Feilt so lange an diesem Satz herum, bis er euch hundertprozentig zufrieden stellt.

Fazit: Bei jedem Verb, das wir schreiben, überprüfen wir, ob es nicht eine bessere, bildhaftere Lösung gibt.

Quelle

Ralphies Schreibwerkstatt