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Fluchtpunkt Detroit

 
 
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Chablis
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 67
Beiträge: 269
Wohnort: Leipzig


Beitrag10.08.2007 09:09
Fluchtpunkt Detroit
von Chablis
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„Sag mal, was ist daran so schwer zu verstehen?“ Walter sah nicht so aus, als ob er das Thema lassen würde. „In Deiner Bude hast Du doch jetzt jede Menge Platz.“

„Erinner’ mich nicht daran“, warnte Heiko seinen Kumpel. Dabei schaute er über die Theke ihrer Stammkneipe in die Flaschenreihe mit den harten Drogen. Dann hob er sein halbvolles Bierglas und ließ den Rest ohne zu schlucken die Kehle hinunter. „Weißt du“, fuhr er fort, „ich hab’s hinterher auszubaden. Du kennst Daniela schließlich lange genug“. Das nächste Helle wurde soeben unaufgefordert geliefert. „Wenn ich mich dafür hergebe, bin ich für Deine Frau gestorben“.

„Na und? Soll Dich doch dann nicht mehr interessieren. Ich bin längst weg, gibt also keinen Grund mehr, bei mir noch aufzukreuzen“. Da hatte er nun wieder recht.

Walter lag ihm schon lange in den Ohren. Angefangen hatte die ganze unselige Geschichte, als er ihm gebeichtet hatte, fremd zu gehen. Ausgerechnet mit seiner Arbeitskollegin Martina. Nach vier Jahren Ehe war scheinbar die Luft raus. Und jetzt wollte Walter mit seiner Hilfe diesen perfiden Plan verwirklichen. Natürlich ohne Wissen seiner Frau.

„Pass auf, wir machen das so“, hob Walter wieder an. „Wenn Dani im Kindergarten ist, holen wir den Transporter von der Firma und laden meinen ganzen Krempel rein. Das Zeugs kannst Du ja dann solange bei Dir unterstellen, bis der Übersee-Container gebracht wird.“ Jetzt kippte er einen guten Schluck runter, um danach fortzufahren: „Martina und ich sitzen längst im Flieger nach Detroit, bevor Dani was mitbekommt“.

Die beiden, also Walter und seine Kollegin, hatten sich auf eine interne Stellenausschreibung beworben und den Zuschlag bekommen. Jetzt sollte es also, zunächst für ein Jahr, für die zwei Richtung USA gehen. Walter war ein feiges Schwein, das war Heiko längst klar. Ohne mit seiner Frau zu sprechen, wollte er den Abflug machen. So konnte man sich auch vor Ärger drücken.

„Wir haben gut vier Stunden Zeit. Das reicht dicke“, hielt er sich dran. Dabei machte er mit der rechten Hand das Victory-Zeichen, und kurz darauf standen die nächsten Biere vor ihren Gesichtern.

Jetzt war die Reihe an Heiko. „Das kostet Dich was. Ist Dir doch klar“.

Walter nickte nur. „Logisch, die Stereoanlage kannste behalten. Geschenkt“. Er war zu froh, dass Heiko endlich einwilligte, sein Komplize zu werden. Er hätte ihm auch noch seinen Laptop überlassen.

„Was würdest Du machen, wenn der Mietvertrag für Eure Wohnung auch auf Deinen Namen laufen würde“, grinste Heiko. „Du kämst nicht so easy aus der Geschichte raus“.

Wieder nickte Walter, wobei er ein wenig Luft durch die Nase ausstieß. „Tja, das Leben ist ‘ne Klobrille. Man macht viel durch“. Mit diesem Spruch war wohl das zukünftige Schicksal seiner Noch-Frau gemeint.

„Eine fast leere Bude und die ganze Miete am Hals. Nicht eben die feine englische Art“, fuhr Heiko fort.

„Du weißt ja, wie das ist. Deine Tussi hat’s vorgemacht“. Walter wusste, wie allergisch Heiko auf sein eigenes Problem reagierte. Trotzdem konnte er es nicht lassen, immer wieder davon anzufangen.

„Hälst Du jetzt Deine dumme Schnauze“, konterte Heiko und hielt ihm, nicht ganz ernst gemeint, die geballte Faust unter die Nase. Walter grinste nur, gab aber Ruhe.

Der Tag ‘X’ war gekommen. Walter war wie immer früh morgens von seinem Kumpel abgeholt worden und zur Arbeit gefahren. Dort hatten sie sich mit dem Schlüssel des Kleintransporters bewaffnet und kurze Zeit später in einer Seitenstraße Posten bezogen. Von hier konnte man den Hauseinang beobachten ohne Gefahr zu laufen, selbst entdeckt zu werden. Pünktlich um halb acht ging die Haustür auf und Daniela erschien. Unwillkürlich machten sich die beiden ein wenig kleiner. Walters zukünftige Ex schwang sich auf ihr Fahrrad und war kurz danach in der anderen Richtung verschwunden.

Das war das Zeichen. Die Operation ‘Fluchtpunkt Detroit’ konnte beginnen. Jetzt hatten sie es eilig. Sie parkten den Transporter vor dem Eingang zur Mietskaserne. Heiko holte ein paar Umzugkartons von der Ladefläche, während Walter die Tür zum Haus aufschloss und mit einem Keil vor dem Zuschlagen sperrte.

Niemand redete. Es war schon alles gesagt worden. In Windeseile räumten sie die Wohnung leer und der Transporter füllte sich allmählich mit Walters Leben. Keine drei Stunden später standen die beiden im halbleeren Wohnzimmer und betrachteten das entstandene Chaos.

„Ich möchte nicht in Danis Haut stecken. Die trifft der Schlag, wenn sie von der Arbeit kommt.“ Heiko machte bei diesen Worten ein Gesicht, als ob er Walters Frau ehrlich bedauern würde.

„Komm, wir hauen ab“, erwiderte sein Kumpel nur. „Ich muss rechtzeitig am Check-Inn sein und vorher noch Martina abholen“. Bei diesen Worten stubste er Heiko mit der Faust am Oberarm. „Keine Zeit für Sentimentalitäten“. Er warf den Wohnungsschlüssel auf den jetzt ziemlich einsam dastehenden Wohnzimmertisch. Heiko nickte nur, und sie machten sich aus dem Staub.

Auf der Fahrt zum Flughafen redeten sie kein Wort. Jeder hing seinen Gedanken nach. Schon auf der Zufahrt sahen sie Martina vor der Abfertigungshalle stehen, eingerahmt von zwei großen Koffern und einem Rucksack. Sie riss beide Arme hoch, als sie den Transporter entdeckte.

Heiko, der den Wagen jetzt gefahren hatte, parkte direkt vor der Tür am Taxistand. Walter sprang raus und nahm seine neue Lebensabschnittsgefährtin in den Arm. Heiko ließ sich Zeit mit dem Aussteigen. Gemächlich kam er um das Fahrzeug rum und blieb in gebührendem Abstand stehen.

Endlich drehte sich Walter um und winkte Heiko ran. „Jetzt ist es also soweit“, seufzte Walter und ließ dabei eine Menge Luft aus der Lunge.

„Jou. Hallo Martina. Alles paletti? Wird Zeit, dass ihr abhaut. Ich hasse Abschiedsszenen“. Heiko machte dabei ein Gesicht, als hätte er einen Wurm verschluckt.

„Halt dich senkrecht, alter Knabe“. Walters Worte wirkten ein wenig verlegen. „Ich melde mich, sobald wir da sind“.

„Untersteh’ dich. Dann ist es hier mitten in der Nacht. Wehe, Du denkst nicht an den Zeitunterschied. Du weißt, ich brauche meinen Schönheitsschlaf“. Alle grinsten. „Give me five“, forderte Heiko seinen Kollegen auf. Nachdem sie abgeklatscht hatten, war Martina an der Reihe. Das kleine blonde Luder machte ein Gesicht wie Königin Elisabeth I. nach der siegreichen Schlacht gegen die spanische Armada. Heiko drückte sie kurz und gab dann das Zeichen zum Aufbruch.

„Macht, dass Ihr wegkommt“. Die beiden nickten nur. Walter schnappte sich soviel Gepäck, wie er tragen konnte und überließ Martina nur den Rucksack. An der Drehtür blickte er sich noch einmal kurz um, und schon waren sie hinter dem Glas der Halle verschwunden. Heiko blieb noch einen kurzen Moment stehen und beeilte sich dann, den Wagen vom Taxistand wegzufahren.

Eine halbe Stunde später parkte er den Transporter vor einem bunten Holzzaun in seinem Viertel und stieg aus. Er war noch nicht ganz um den Wagen herum, da wurde er auch schon stürmich umarmt. „Sind sie weg?“ Daniela sah ihn mit ihren großen Augen an. Heiko nickte lächelnd.

„Jaaa. Jetzt ist’s vorbei mit heimlich“ Heiko gab ihr einen Kuss. „Ach, nebenbei. Brauchste ‘ne Stereoanlage?“



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Chablis
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Beitrag12.08.2007 09:21

von Chablis
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Triviallliteratur wird in diesem Forum scheinbar mühelos übersehen. Sei's drum.

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Ralphie
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Beitrag12.08.2007 09:31

von Ralphie
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Aber nein, die wird nicht übersehen. Ich schreibe nur trivial, selbst Briefe an das Finanzamt.

Die Story ist profimäßig und gefällt mir.  Daumen hoch

LG
Wilfried
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Chablis
Geschlecht:männlichEselsohr

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Beiträge: 269
Wohnort: Leipzig


Beitrag12.08.2007 09:48

von Chablis
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Puuh, ich lebe wieder. Danke, aber auch Kritik wäre mir recht gewesen. Oft kommt aber eben gar nichts, und der Text rutscht dann rasch nach unten ins Off der Seite 2...

Chablis


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Ralphie
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Beitrag12.08.2007 09:58

von Ralphie
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Okay, dann hier deine Kritik:

Geh noch etwas ins Detail, setz Zeit, Schauplatz und Witterung ein und ... äh! Das war's eigentlich schon.  Shocked  Wink
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