Amerika

[Hallogallo]

Was hast du getan?
Du warst meine heimliche Geliebte, bewundert und verehrt seit Kindertagen und ausgerechnet du wirfst dich einem feist grinsenden Zuhälter an den Hals.
Was ist passiert?
Du warst mein Vorbild, mein Idol und auch wenn ich dich nicht immer verstanden habe dachte ich trotzdem ich kenne dich.
Habe ich mich so getäuscht?
Dein cooles Lächeln, das ich immer so ein bisschen versucht habe nachzuahmen, ist über Nacht einem hassverzerrten Grinsen gewichen, deine helfende Hand einer drohenden Faust.
Was ist los?
Bob Dylan, JFK, Martin Luther King, Frank Zappa, Charles Bukowski, The Ramones, Jimi Hendrix,
Jim Morrison, E.A. Poe, war das alles nur ein Missverständnis?
Ist das jetzt dein wahres Gesicht, diese Horrorclownfratze aus Intoleranz, Lügen, Gleichgültigkeit, Gewalt, Kälte?
Bist du wirklich so tief gesunken, dass du dich auf den Straßenstrich schicken lässt?
Die, die dort auf dich warten, haben keinen Blick für deine Schönheit, denen ist egal wie verletzlich du bist, die wollen abspritzen, sonst nichts.
Bist du so schwach, hast du wirklich so viel Angst, dass du nicht mehr an dich glaubst?
Bis du tatsächlich so dumm, dass du meinst die Vergangenheit kommt zurück, wenn man die Augen schließt und sich selbst anbetet?
Die Ratten kriechen aus ihren Löchern, die ersten Kreuze brennen schon, a hard rain´s gonna fall.

[bamba]

Hi Hallogallo,
kann es, wie wohl viele Menschen auf der ganzen Welt, auch kaum glauben.
Mein USA-Bild war allerdings schon vorher nicht so idealistisch,.... wie vielleicht deins. Daher gefällt mir die Idealisierung im Text nicht so. Da musste man ja schon einiges ausblenden, um der "heimlich Geliebten" zu trauen.
Doch dein Entsetzen, dem du Ausdruck verleihst, kommt für mich authentisch rüber.

[firstoffertio]

Ich finde, dass die persönliche Reaktion des Autors überzeugend in Worte gefasst wurde.

[Hallogallo]

Klar, gab es auch bisher vieles, was einen in Sache USA nachdenklich gestimmt oder empört hat.
Dennoch war Amerika eine Art idealisierter Sehnsuchtsort, das ist letzte Woche in die Brüche gegangen.

[Steky]

Nicht zu vergessen das hier:

https://www.youtube.com/watch?v=4zLfCnGVeL4

Aber was haben die Amerikaner denn jetzt noch? Katy Perry?

Da geht doch schon lange nichts mehr ...

LG
Steky

[nebenfluss]

[Erman]

Hallogallo,

das LI ist ein klassisches Medienopfer; dem die Unterhaltungsindustrie des angeblichen Schlaraffenlands USA, durch Hollywood Filme und Musik das ''Way of Life'' ohne Abfalldatum verkauft hat. Ein LI das sich wie ein Kind anhört, vor dem man immer so getan hat, als wäre sein Spielzeug echt gewesen, das aber erst jetzt durch Trump die Wahrheit erfährt. Dann kommt die Schimpftirade. Für mich hört sich das Gejammer auf Trump sehr naiv an, weil das LI die Politik in Amerika, von einem einzigen Namen abhängig glaubt.

Schlimmer als die beiden Kriegstreiber Bush oder Obama, wird Trump bestimmt nicht werden, alles bleibt in der ''Familie'' USA.
Das Land, das 600 Milliarden Dollar im Jahr für seine Militärmaschinerie ausgibt, um sich von der CIA selbst aufgebauten und ermutigten ''Feinden'' zu ''Verteidigen''. Ein Land, dessen Lieblingsexporte; Waffen, Schauspieler und Sänger sind, die bessere Überzeugungsarbeit leisten, als die Politiker selbst. The Show must go on – egal ob Clinton oder  Trump, Kollateralschäden haben immer dazugehört. Auch die 67000 US-Soldaten in der EU bleiben trotzdem da und von der NSA werden wir weiterhin überwacht – wen juckt es?

[Selanna]

Hallo Hallogallo,

ich habe ein wenig Probleme mit Deinem Text, der Vergleich, der sich durch die gesamte Kurzprosa zieht, geht mir nicht wirklich ein. Ich habe versucht, das im Folgenden zu erklären.

[Rübenach]

[Selanna]

Doch, und Du hast mich eiskalt erwischt!

Ich war mir sicher, dass Bukowski in Deutschland aufwuchs und dann in die USA emigrierte und mein Hirn hat daraus einen Schriftsteller im Exil zusammenassoziiert. Manchmal bin ich stolz darauf, was mein Verstand so zusammenbastelt, jetzt gerade überhaupt nicht. Ich schimpfe grad mit ihm, schäm mich ein bisschen und hoffe, bei Dir hat die Information noch nicht die Schwelle vom Kurzzeit zum Langzeitgedächtnis überschritten

Liebe Grüße
Selanna

[Curiepolis]

Was Donald Trump angeht -- sagen wir es so: Er ist nicht das erste US-Staatsoberhaupt mit sehr niedrigem Bildungsgrad.

Die Amerikaner haben ihn gewählt, weil sie sich von ihm wieder Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Aufschwung erhoffen; zum anderen auch, weil sich der Linksflügel der US-Politik massiv unglaubwürdig gemacht hat.

Das bezieht sich jedoch nur auf den sachlichen Hintergrund, was ich eigentlich anmerken wollte: Edgar Allan Poe -- ist ein überraschend "unamerikanischer" Autor, d.h., seine Themen und sein Stil sind sehr europäisch, sehr stark von seinem Internatsaufenthalt in Schottland beeinflusst. (Z. B. sieht man bei "The Fall of the House of Usher" ja geradezu den Wohnsitz einer alten, heruntergekommenen, britischen Adelsfamilie vor Augen.)

Wenn du einen typischen US-Autor des (frühen) 19. Jahrhundert nennen möchtest, wäre vielleicht James Fenimore Cooper passender. Der war in der Tat der erste amerikanische Autor von Weltrang, und dabei auch sehr "typisch amerikanisch", die literarische Stimme des (historisch realen) "Wilden Westens".

Fun Fact:
Cooper unternahm im Laufe seines Lebens auch eine Reise durch Europa, um wichtige Orte und Schriftsteller kennenzulernen. Dabei wollte er auch Ludwig Tieck einen Besuch abstatten. In einem Gasthaus nahe Tiecks Wohnsitz traf er einen jungen Mann, der erzählte, schon Tage auszuharren, um endlich einen Blick auf den großen Tieck erhaschen zu können. Cooper schrieb resigniert in sein Tagebuch: "Wenn doch die Leute bei mir zuhause in Amerika nur einen Funken der Begeisterung für Literatur aufbringen könnten, wie man sie bei den Europäern antrifft! Bei uns dreht sich dagegen alles nur um Profit und Geld."
(Nicht wortwörtlich, aber sinngemäß zitiert.)

[manon]

Dein Entsetzen kommt gut rüber, das finde ich auch.

Steht dieser Text für sich oder ist das ein Auszug aus einem größeren Werk?

[Hallogallo]

Das war ein Beitrag für eine Zeitung ...

[manon]

Interessant, hast du dort auch Reaktionen erhalten?

[Hallogallo]

Er wurde in der Tat veröffentlicht und hat eine lebhafte Diskussion verursacht...

[manon]

Das glaube ich dir und ist doch ein gutes Zeichen, wie ich finde. Glückwunsch!