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teccla Leseratte
Alter: 66 Beiträge: 160 Wohnort: Costa Blanca
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12.05.2008 20:51 Teil 26 Von Tod, Bürokratie und Vergesslichkeit von teccla
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Am nächsten Morgen hatten wir ein Meeting angesetzt, um alle Probleme zu besprechen. Auch Gunter war dabei. Er war zwei Tage zuvor aus Tana zurück gekehrt. Die Mädchen saßen an unseren Computern im Wohnzimmer. Wir hatten am großen Esstisch Platz genommen.
Plötzlich schweiften wir ab von den vielen Hindernissen, „wenn“ und „aber“ und malten uns aus, wie wir die Eröffnung gestalten wollten. Wir diskutierten, welche Werbung, welches Angebot. Eine Party. Wen wollten wir einladen?
“Am besten ist es, wenn wir die Leute einladen, die Rang und Namen haben.“ sagte Gunter.
“Ich wäre dafür diejenigen einzuladen, die uns bisher geholfen haben, wie zum Beispiel Tonton.“ “Ja, Tonton muss dazu.“ stimmte Jan zu.
“Wir machen ein kaltes Buffet und lassen an diesem Tag kostenlos im Internet surfen.“
“Und Musik wird draußen gespielt, damit die Leute neugierig werden.“ sagte Gunter.
“Ja, das ist ne gute Idee.“ Sebastian war begeistert.
“Am Besten wir schreiben eine Liste, wen wir persönlich einladen und schicken dann Briefe raus.“
“Die Leute vom Internetanbieter müssen auch kommen.“
“Ja, das ist wichtig für eine gute Zusammenarbeit in Zukunft.“
“Vielleicht machen wir eine Eröffnungswoche mit halben Preisen, sozusagen ´Schnüffelangebote´“ überlegte Jan.
Gunters Handy klingelte. Er ging nach draußen. Wir unterbrachen unsere Diskussion und warteten. Als er nicht wieder kam, sahen wir uns an.
Was war los? Was hatte er?
Jan ging hinaus auf die Terrasse. Sebastian und ich warteten gespannt. Jan kam allein wieder und meinte:
“Gunter hat gerade einen Anruf aus Deutschland bekommen. Seine Mutter ist gestorben.“
“Schitt.“ Sagte ich „und er kann nicht dort sein, hat sich nicht verabschieden können. Das ist hart.“ Betroffen sahen wir uns an.
Ich ging hinaus zu ihm. Er hatte Tränen in den Augen.
Nein, das war wirklich hart. Soweit weg zu sein. In solchen Augenblicken braucht man die Familie, die Geschwister, den Vater.
Ich dachte an meine Familie, Andreas, meinen Vater, Geschwister und an meine Freunde. So eine Nachricht konnte jederzeit kommen. Keiner von uns wusste, ob wir die Lieben in der Heimat wieder sehen werden.
Wir brachen die Besprechung ab. Gunter fuhr mit Jan los. Sebastian und ich blieben zurück. Wir schickten die Mädchen in die Mittagspause.
Gunter tat uns leid, doch von nun an gab es für ihn einen Grund mehr im "Tobani" zu sitzen und zu trinken.
Wir hingegen dachten: „Er braucht Zeit“ und ließen ihn in den kommenden Tagen in Ruhe. Gingen wieder zur Tagesordnung über. Eines abends sagte ich zu Jan “Gunter sitzt wieder im 'Tobani'. Ich denke, wir sollten uns um ihn kümmern.“
“Nein, der will allein sein. Du würdest ihm jetzt nur auf die Nerven gehen.“
“Das kannst du doch nicht wissen. Man kann ihn doch einfach fragen, vielleicht braucht er uns gerade jetzt.“
“Na gut, ich gehe nachher mal zu ihm“ sagte Jan widerwillig.
Jeder geht mit der Trauer anders um. Solche Situationen sind schwierig. Ich dachte mir, man kann denjenigen fragen, was er braucht. Als meine Mutter starb, war ich froh über die Nähe meiner Freunde. Doch Jan wollte davon nichts wissen.
Jahre später sagte mir Gunter, er hätte uns gebraucht...
Ich sah Gunter in den nächsten Tagen im „Tobani“ sitzen, vor ihm ein Bier, neben ihm Nutten oder Jan oder beides.
In einer Mittagspause sprach ich Jan darauf an. Es gab Streit. Er meinte, ich würde ihn beobachten.
„Du, ich habe Besseres zu tun, als dich zu beobachten. Aber ich wusste nicht, dass ich die Augen schließen muss, wenn ich am 'Tobani' vorbei gehe! Das passt gut, ich will sowieso mal mit dir reden!“
„Du bist doch nur eifersüchtig!“
“Ich? Eifersüchtig? Auf was? Auf das Bier? Auf Gunter? Auf die Nutten? Auf was bitteschön sollte ich eifersüchtig sein? Gott, was ist aus dir geworden? Wo ist nur der Jan, mit dem ich hierher kam?“
„Erst lockst du mich hierher und dann klammerst du mich fest.“
„Wie bitte? ICH LOCKE dich hierher? War es nicht dein Entschluss mitzukommen? Habe ich dich in Ketten gelegt und her geschleppt? Bist du nicht erwachsen genug, um selbst zu entscheiden? Und ICH klammer dich fest? Aha. Wie mache ich das? Du hättest doch in Berlin bleiben können. Ach, die liebe Anna!“ gab ich höhnisch zurück. „Große Liebe! Alles klar!“ schimpfte ich laut. “Aber wir müssen uns unterhalten!“
„Bitte, du bestimmst doch eh alles.“
„Ja, tut mir leid, wenn andere nicht sagen können, wo es lang geht, dann übernehme ich eben das Ruder.“ Zischte ich ihn an.
„Es geht um Geld. Unser Geld geht dem Ende zu und Einnahmen sind nicht in Sicht.“ Begann ich das eigentliche Thema „Ich war ja dafür, die Anteile an der Firma dem eingebrachten Geld entsprechend aufzuteilen. So ist das üblich. Aber du hast ja durchgesetzt, dass alles in einen Topf kommt und alle den gleichen Anteil erhalten.“
„Welchen Anteil hat denn Sebastian eingebracht?“
„Sebastian hat die Hälfte meines Geldes eingebracht und 10.000 Euro sind mehr als 400 Euro von Gunter oder? Der ganze Spaß hier hat uns bis jetzt 15.000 Euro gekostet.“
„Ja, mein Geld.“
„Hallo? Geht's noch? Nur weil wir Dein Konto gemeinsam nutzten, ist es noch lange nicht dein Geld! Gunter hat bisher ca. 400 Euro investiert. Mehr nicht und erhält 25%. Ist das fair?“
„Er hatte 10.000 Euro und lässt sich noch einmal Geld aus Deutschland schicken.“
„Na super! Die 10.000 Euro hat er verballert für seinen Suff und die Nutten. Und das Geld, was jetzt kommen soll, das gibt er nicht in die Firma, das bleibt liegen für seine Musikkneipe. Sagte er.“
„Das werden wir ja sehen. Er hält zur Firma.“
„Ja, das werden wir sehen. Na immerhin hat er einen ziemlich kontinuierlichen Tagesablauf. Man weiß immer, wo man ich findet.“
„Hexe“ zischte Jan.
„Oh, ich fühle mich geehrt!“ fauchte ich zurück, warf den Kopf in den Nacken und verließ das Zimmer.
Gunter investierte natürlich nichts in die Firma, sondern mehr in die Abende, an denen er mit Jan um die Häuser zog. Wir ließen später Geld aus meiner Lebensversicherung aus Deutschland transferieren.
Es war die Zeit des Übergangs zum tropischen Winter. Tagsüber war es noch sehr warm, nie unter 30 Grad, abends angenehm kühl und frisch. Es regnete selten. Jeden Tag Sonne, mindestens acht Stunden, und strahlend blauer Himmel. Allerdings begann ich ab 26° zu frösteln und holte die Jacke raus.
Eines Morgens begegneten mir auf meinem Weg einige Touristen, die mit hochsommerlicher Bekleidung schwitzten und trieften, während ich im Pullover und langen Hosen ihnen entgegen kam.
Auch das war ein Anpassungsprozess. Nachts legte ich das Betttuch zur Seite und holte ein normales Federbett vor. Durch die ständigen hohen Temperaturen reagierten wir stark schon auf wenige Grade Unterschied.
Jan war stark erkältet. Ich steckte mich an. Wir husteten um die Wette und das Fieber saugte an der Kraft, die wir doch so sehr brauchten.
Die Tage verbrachte ich nach wie vor bei irgendwelchen Ämtern. Es war einfach Wahnsinn und erinnerte mich so manches Mal an Asterix und Obelix und ihrem Passierschein A38 im „Haus, das verrückt macht“. Bürokratie in Reinkultur.
Ein Beispiel:
Gunter hatte seinen Versicherungsschein für das Motorrad verloren.
Ich fuhr mit Rondro zur Versicherung, um eine Kopie ausstellen zu lassen. Zuerst schrieb der gute Mann in Zeitlupe einen Zettel. Damit fuhren wir zur Polizei. Dort bekam man ein Formular, das musste man dann zwei mal kopieren lassen, ausfüllen (mit Angabe von Vater und Mutter), dazu Passbild und Kopie vom Reisepass. Das heißt, zum Copyshop fahren, um das Formular zu kopieren, dann Gunter suchen, um das Formular auszufüllen mit Angabe von Vater und Mutter, seinen Reisepass mitnehmen und Gott sei Dank hatte er ein paar Passfotos zur Hand, anschließend noch einmal zum Copyshop fahren, wegen der Kopie des Reisepasses. Wieder zurück zur Polizei, alles abgeben und dort einen Stempel holen, natürlich nicht ohne Dankeschön. Denn normalerweise dauerte das bis zu drei Tage. Nun zurück zur Versicherung, und endlich bekamen wir dort eine Kopie des Versicherungsvertrages.
Auch im Haus gab es Anlass zum Ärger.
Georgina entwickelte eine neue Eigenschaft.
Sie nahm.
Was man ihr zum Waschen gab, landete nicht immer in der Waschschüssel, konnte auch sein, sie nahm es einfach mit.
Mit Verdruss stellte ich fest, dass die Wäscheberge kleiner wurden. Dinge fehlten. Allerdings entwickelte sich parallel zu dieser Eigenschaft "Nimm" auch eine Art "Vergesslichkeit".
Sprach man sie an, auf Dinge, die gestern noch da waren, so hatte sie diese nie gesehen und konnte sich daran nicht erinnern.
Alles im Haus schien sie als Geschenk zu betrachten. Sie verwechselte anscheinend auch "Mein" und "Dein".
Ein wirksames Gegenmittel hatte ich nicht. Da würde auch kein Tee helfen. Wir mussten ihre neuen Eigenschaften ausgleichen, indem wir nun verstärkt Obacht gaben und ihrer Vergesslichkeit etwas nach halfen.
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Weitere Werke von teccla:
_________________ Wenn du immer nur tust, was du schon kannst, bleibst du, was du bist. |
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Gast
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13.05.2008 18:50
von Gast
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Zitat: | Jeden Tag Sonne, mindestens acht Stunden, und strahlend blauer Himmel. Allerdings begann ich ab 26° zu frösteln und holte die Jacke raus.
Eines Morgens begegneten mir auf meinem Weg einige Touristen, die mit hochsommerlicher Bekleidung schwitzten und trieften, während ich im Pullover und langen Hosen ihnen entgegen kam. |
Genau. So geht's mir auch. Man gewöhnt sich so schnell an die Wärme. Und dann friert man schon bei Temperaturen, über die man sich in Europa gefreut hätte.
Ich bin jetzt mal so in diese Folge hineingestolpert, nun muß ich auch noch den Rest lesen. Klingt gut, wie Du schreibst.
Ein Fehler ist mir allerdings aufgefallen. Bei Dialogen machst Du in der direkten Rede einen Punkt, auch wenn danach noch ein "sagte er" o.ä. kommt. Wenn da noch so was kommt, mußt Du ein Komma machen, und zwar hinter den "Gänsefüßchen oben", also:
Zitat: | “Am besten ist es, wenn wir die Leute einladen, die Rang und Namen haben“, sagte Gunter. |
Der Punkt im Satz vorher entfällt dann.
Aber nun muß ich weiterlesen ...
Liebe Grüße
Angela
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teccla Leseratte
Alter: 66 Beiträge: 160 Wohnort: Costa Blanca
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13.05.2008 19:13
von teccla
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Ich danke dir, Namensschwester
werde deinen Hinweis beachten.
Habe heute den letzten Punkt gemacht, das Script ist fertig. Nun gehts an die Textarbeit... Und hoffentlich mit ein wenig Hilfe, von euch.
Liebe Grüsse
angela
_________________ Wenn du immer nur tust, was du schon kannst, bleibst du, was du bist. |
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