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teccla Leseratte
Alter: 66 Beiträge: 160 Wohnort: Costa Blanca
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16.02.2009 00:24 Teil 56 von teccla
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In unser tägliches Abendprogramm nahmen wir nun auch Lifemusik auf. Bands spielten und ich erinnere mich gern an den Besuch von Mario, der im Laufe des Abends nach vorn zur Band ging und einfach die E-Gitarre nahm. Er spielte einen Blues, er spielte wie ein Gott. Wir hielten sekundenlang die Luft an. Die verblüfften Musiker gingen auf das Stück ein und spielten mit. Applaus und Standing Ovation bekam der leicht angetrunkene Mario, der, sich selbst vergessend, Songs von Peter Frampton und Metallica spielte und auch sang.
Es war immer viel zu tun. Ich erinnere mich noch genau an einen Abend Anfang Dezember 2004. Ich stand in der Küche, mein Rechner stand auf einem kleinen Tisch unter der Treppe in einer Nische des Raumes. Ich war dabei Früchte zu entsaften, die Jean-Yevs neben mir vorbereitete. Wir scherzten. Da hörte ich einen leisen Klang von meinem Rechner. Ich hatte eine Email bekommen. Ich blickte zum Computer und zögerte keine Sekunde, meine Tätigkeit zu unterbrechen. Als hätte ich diese Mail erwartet, spülte ich mir kurz die Hände ab, trocknete sie am Rock und setzte mich, um die Email zu lesen. Sie war von meiner Schwester.
Sie schrieb sehr sehr selten, es musste etwas passiert sein. Bis die Mail sich öffnete, schlug mein Herz schon bis zum Hals. „...ist Papa verstorben..Die Beisetzung ist am....“.
Mehr konnte ich nicht erfassen. Die Tränen liefen.
Jean Yves sah mich erschrocken an und lief hinaus. Offensichtlich hatte er Jan Bescheid gesagt, denn Jan kam nun herein.
„Wo bleibt denn der Ananassaft?“
„Papa ist tot.“ Nein, er nahm mich nicht in den Arm. Er kümmerte sich auch nicht um den Saft.
Jean Yves stand neben mir mit gesenktem Kopf. Ich deutete auf die Früchte und sagte ihm „Manao, Jean Yves, Client attends“. Er arbeitete schweigend, während ich, an den Küchenschrank gelehnt, versuchte, mich zu beruhigen. Doch es gelang mir schlecht. Ich weinte und weinte.
Irgendwann stellte ich mich zu Jean Yves und half ihm, denn Gina, die Kellnerin hatte neue Bestellungen angenommen.
An diesem Abend saß ich nach Geschäftsschluss noch lange auf der Terrasse an dem einzigen nicht abgebauten Tisch und trank. Die Securities standen schon bereit, alle Möbel waren zusammen geräumt, doch ich war weit weg...in meiner Kindheit.
Ich war gedanklich bei meinen Eltern, die nun wieder vereint waren. Ich saß bis weit nach Mitternacht dort. Irgendwann hatte ich genug getrunken, nahmen die Gedanken ein Ende, ließ ich mich auf die Matratze, auf dem Boden des Internetcafes, fallen und schlief.
Das Weihnachtsfest 2004 und meinen Geburtstag wollten wir mit einigen Freunden feiern. Ein kaltes Büffet wurde vorbereitet. Das Personal hatte frei und die Gäste verspäteten sich. Doch ein Unwetter kam sehr pünktlich. Es tobte und stürmte so heftig wie ein Zyklon.
Dieses Wetter zog nach dem Weihnachtsfest weiter, kehrte jedoch pünktlich zum Silvesterabend 2004 zurück.
So fiel die Fete zum Jahreswechsel 2004/2005 buchstäblich ins Wasser.
Zwei Tage später hörte plötzlich der Dauerregen auf, schoben die letzten Windböen die dunklen Wolken vor sich her und der Himmel klarte auf. Die Sonne eroberte ihr Reich zurück.
Als hätte die Stadt nur auf diesen Augenblick gewartet und den Jahreswechsel verschoben, begannen überall die Menschen zu feiern, wurde die Seeuferpromenade gefüllt mit feiernden Menschen, Musik erklang und die Silvesterfeier wurde nachgeholt.
In den ersten Wochen des neuen Jahres 2005 wurden wir mit einem neuen Problem konfrontiert: Neid.
Der neue Direktor, sowie eine seiner Angestellten, kritisierten immer wieder den Alkoholausschank auf der Terrasse. Es kam zu einem Streit zwischen Jan und der Präsidentin des Gremiums von Alliance Francaise. Jan musste die Spirituosen aus dem Pavillon räumen, sonst würde der Mietvertrag gekündigt.
Immer wieder provozierte er mit lauter Musik, obwohl er genau wusste, dass er damit den Unterricht in dieser Einrichtung störte.
Ich konnte sein Verhalten nicht verstehen.
Wenige Tage nach dem Vorfall bekamen wir ein notariell beglaubigtes Schreiben von Alliance Francaise. Man drohte mit der Kündigung des Mietvertrages, wenn wir bestimmte Dinge, mehr als 10 Punkte waren aufgeführt, nicht ändern würden.
Zum Beispiel wurde der Wasserabfluss aus der Küche bemängelt. Wir hatten in der Küche warmes Wasser installiert und auch im Pavillon. Das Abwasser lief, wie in allen anderen Häusern der Stadt auf die Straße. Nun, wir wurden aufgefordert, eine kleine Klärgrube anzulegen. Witzig.
Weiterhin wollte man einige Dokumente sehen, die wir schon kurz nach unserem Einzug in die Räume vorgelegt hatten. Alles sah nach Schikane aus.
Auch wurde ausdrücklich auf das Verbot von Alkohol hingewiesen.
Ein Gespräch mit dem Direktor von Alliance Francaise brachte nicht viel, auch der Hinweis auf die Erlaubnis, Bier ausschenken zu dürfen, wurde ignoriert.
Ich traf mich mit einem Mitglied des Gremiums heimlich, redete mit Engelszungen auf ihn ein, bemühte mich um ein gutes Verhältnis zu dieser Einrichtung. Ich fand heraus, wer der wirkliche Besitzer des Hauses war. Denn Alliance Francaise hatte dieses Haus auch nur gemietet. Alle geforderten Punkte konnte ich in den folgenden Wochen abarbeiten und deren Erfüllung nachweisen. Das war knapp, aber ich hatte gewonnen.
Wochenlang bemühte ich mich, diese vertrackte Situation mit dem Vermieter zu bereinigen, eine konstruktive Atmosphäre herzustellen, während Jan immer wieder, auch zur Mittagszeit, Alkohol ausgab.
Was ich vorn aufbaute, schlug er hinten wieder zusammen. Wir standen jedoch weiter unter Beobachtung des Vermieters.
Immer öfter wurde ich angesprochen, wieso Jan als Geschäftsführer sich derart destruktiv verhält. Ich hatte nur ein Schulterzucken, aber keine Antwort.
Aus der Hinterlassenschaft meines Vaters bekam ich eine kleine Summe ausgezahlt. Ich ließ nur dann etwas überweisen, wenn ich davon benötigte.
Meine Bemühungen als Hobbyautor trugen erste Früchte. Die erste Kurzgeschichte von mir erschien in einer Literaturzeitschrift. Meine Freude war groß.
Das Jahr 2005 begann schwierig. Doch rückblickend muss ich sagen, dieses Jahr 2005 wurde das schönste Jahr meiner Zeit in Madagaskar, aber zugleich brachte es auch die schwersten Momente und es war gut, zu diesem Zeitpunkt, im Januar 2005 noch nicht zu wissen, in welcher Situation ich ein Jahr später leben sollte...
Weitere Werke von teccla:
_________________ Wenn du immer nur tust, was du schon kannst, bleibst du, was du bist. |
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