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Das Glück einer Frau


 
 
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Epos65
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

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Beiträge: 62
Wohnort: Freilassing


Beitrag05.05.2008 16:59
Das Glück einer Frau
von Epos65
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„Du würdest dich hoffnungslos langweilen, mein Schatz, das haben wir besprochen!“, erklärte Robert und nahm das blaue Hemd aus dem Schrank.
„Ja, du hast wahrscheinlich recht.“ Karla zupfte an den Ärmeln ihrer Bluse. „Ich hasse diese Wochenenden!“.
Robert unterbrach sein Kofferpacken, ging auf sie zu und lächelte. Sie hielt den Kopf  gesenkt und sah an ihrer engen Röhrenjeans hinunter, die ihre knabenhafte Figur betonte.
„Das schaffst du schon, du bist doch mein tapferes Mädchen! Und wenn ich zurück bin, reden wir noch mal über alles.“ Die Sache war entschieden, er würde alleine verreisen. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und zog sie zu sich. Sie hielt die Augen geschlossen. Er küsste sie auf die Stirn und wandte sich wieder seinem Koffer zu.

Karla fuhr mit ihrem erdbeerroten Beetle seit zwei Stunden von München Richtung Norden und ließ sich dieses Gespräch immer wieder durch den Kopf gehen. Hundert geistreiche Antworten fielen ihr jetzt ein. Vor ihrem inneren Auge lief das Gespräch so ab, wie es hätte laufen können, nur um wieder dahin zurück zu kommen, wie es nun einmal  gelaufen war.

Der Weg, der sich jetzt zwischen Hügeln und kleinen Wäldern hindurchschlängelte, sagte ihr, dass es nicht mehr weit war. Gleich nach der schmalen Brücke bog Karla rechts ab. Das Knirschen der Reifen auf dem Kiesweg begleitete sie, bis sie nach wenigen Metern vor dem Haus hielt, in dem sie aufgewachsen war.

Karla stieg aus und hielt einen Moment inne. Sie ließ ihren Blick über die hügelige Landschaft wandern, hinunter zum hölzernen Steg am See. Die Sonne zauberte den dunklen Tannen, die das Westufer säumten, silberne Spitzen.

Ihre Mutter war in dem kleinen Vorgarten beschäftigt.
„Karla, Kind! Was für eine Überraschung!“, ihre Mutter öffnete das niedrige Gartentor und ließ es mit einem rostigen Quietschen zufallen. „Ist Robert nicht gekommen? Wirst du übers Wochenende bleiben? Hast du einen Koffer dabei? Peter wird ihn hoch tragen. Kind, du bist schmal geworden! Aber, als Frau Doktor wirst du doch nicht hungern müssen?“.

Frau Doktor? Karla musste schlucken.

„Gerade erst gestern habe ich zu Peter wieder gesagt, hat das Mädchen nicht das große Los gezogen, hat sie nicht, oder was, sag ich zu ihm. Keiner konnte ahnen, welch ein Glück München für sie bereit hielt, als sie die Stelle bei Dr. Robert Plaun bekommen hat, stimmt´s nicht, sag ich. Und jetzt haben wir eine Frau Doktor in der Familie!“

Karla war schlecht. „Lass uns reingehen, Mama. Stört es euch, wenn ich das Wochenende bleibe? Robert ist auf einem seiner Kongresse und ich dachte, ich nütze die Gelegenheit und besuche euch. Wo ist Peter?“

„Wow, du siehst umwerfend aus! München hat dich zu einer Dame gemacht, was?“. Ihr Bruder war aus dem Haus gekommen und umarmte sie.
„So fröhlich? Verliebt, oder? Wie heißt sie diesmal?“, Karla lächelte.

„Ich muss gestehen, ich weiß ihren Namen noch nicht, gestern Nacht bin ich mit „Schatz“ ganz gut über die Runden gekommen!“.

Peter duckte sich, um einer raschen Handbewegung von Karla zu entgehen, mit der sie einen Schlag auf seinen Hinterkopf andeutete.

„Du bist ein Mistkerl, Peter! Ich weiß nicht, warum immer wieder eine auf dich reinfällt!“
Sie gingen lachend ins Haus.

Karla war in ihrem alten Zimmer untergebracht. Der durchbrochene Spitzenvorhang warf zierliche Schatten auf die steife Leinenbettwäsche. War es wirklich schon zwei Jahre her, dass sie geheiratet hatte?

„So, das hätten wir!“ Peter legte den Koffer aufs Bett. „Lass uns zum Essen runtergehen, ich bin am Verhungern!“

Karla wandte sich ihrem Bruder zu. „Ich muss mit dir sprechen. Wenn Mama noch einmal erwähnt, welches Glück ich habe, mit Robert verheiratet zu sein, dann fange ich an zu schreien!“

Peter zog die Augenbrauen hoch und starrte sie entgeistert an.

„Ich habe es satt, wie ein Schoßhündchen behandelt zu werden. Robert spricht mit  mir, als wäre ich eine seiner Patientinnen!“ Energisch wischte sie über eine Falte im Kissen.

„So schlimm?“. Peters Augen folgten Karla, wie sie im Zimmer auf und ab ging, die Hände fest verschränkt. Ihre Finger bohrten sich in ihre Oberarme.

„So schlimm?“, brach es aus ihr heraus. „Schlimmer! Er fährt beinahe jedes Wochenende zu irgendeinem Kongress, einer blöden Tagung oder sonst wohin. Ich sitze alleine zuhause rum. Meine Kolleginnen nehmen mich am Wochenende nicht mehr mit, weil ich die Frau vom Chef bin, Robert nimmt mich nicht mit, weil ich die kleine Sprechstundenhilfe bin!“

„Du hast nie was erzählt.“ Peter fingerte am Schlüssel in seiner Hosentasche.

„Was sollte ich denn erzählen? Dass Robert mich einkleidet, weil ihm nicht gefällt, was ich mir selber aussuche? Dass ich eifersüchtig wie ein Schulmädchen bin und hoffe, dass er mich an diesem Wochenende nicht betrügt? Dass ich verdammt noch mal schwanger bin, und er das Kind nicht will?“

Peter nahm sie an der Schulter und zwang sie stillzustehen. „Was heißt, er will das Kind nicht?“

Karla wandte sich ab und starrte zum Fenster hinaus: „Es wäre zu früh, meint er. Wir müssten uns jetzt noch nicht mit so was belasten. Er meint, in fünf Jahren wäre es früh genug für ein Kind, und Abtreibung sei heute keine große Sache mehr“.

Peter drehte sie zu sich und ließ nicht zu, dass sie seinen Blicken auswich: „Und was meinst du?“

Karla blickte erschrocken auf
.
Ihr Bruder fuhr unbeirrt fort: „ Jammer, Jammer, Jammer!“ Er ließ sie los, weil er seine Hände zum Reden brauchte.
“Es gibt folgenden Möglichkeiten. Du bleibst bei Robert und treibst ab, oder du verlässt Robert und treibst ab. Oder du verlässt Robert und  behältst das Kind. Oder du behältst das Kind, bleibst bei Robert und setzt dich endlich durch. Entscheide dich!

Karla verzog langsam ihren Mund zu einem Grinsen. „ Vielen Dank auch. Da hättest du mir gleich eine Ohrfeige geben können.“

„Aber hallo! Ich bin ein Wüstling, aber kein Rohling!“, erwiderte Peter mit gespieltem Entsetzen.

„Das Schlimmste ist, ich glaube, du hast Recht! Eigentlich habe ich mich schon entschieden. Und die erste Hürde, die ich nehmen muss, ist unten und bereitet das Abendessen vor!“

„Sie wird das überleben.“ Peter legte seiner Schwester die Hand um die Schulter und gemeinsam gingen sie die Treppen hinunter.



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Kino Vollbart
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Beitrag06.05.2008 10:16

von Kino Vollbart
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Hi.

Sprache transportiert einen Inhalt. Normalerweise.
Hier nicht.

So nett er geschrieben ist, dieser Text transportiert nichts.
Weder Gehalt, noch Stimmung, noch sonst was. Leere Luft.

ru
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Maria
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Beitrag06.05.2008 11:33

von Maria
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Hey Tina,

ja nu.

Leicht zu lesender Text, flüssig, ohne Stolperfallen.

Nur leider komm ich nicht an Deinen Text ran.

Ich kann mir dahinter, drumherum auch die entsprechende Weiterführung vorstellen, aber kann mich weder in die vermeintlichen Nöte der Frau Doktor reinfühlen, noch will ich dem bösen Ehemann die Pest an den Hals wünschen. Momentan, so herzlos das klingen mag bin ich unbeteiligt: mei, isse halt schwanger, mei, dann mag er halt nicht.

Auch ihr Bruder steht irgendwie schattig, ich konnte keinen Eindruck von den Protagonisten gewinnen.
Bau die Personen doch noch ein wenig aus und charakterisiere sie...
Vielleicht hast Du den Text auch nur für hier geschrieben und gekürzt wegen der 500er-Grenze? Wenn nicht, dann kannst du Dir ja vieeel Zeit lassen in die Köpfe der Prots einzusteigen. so wirkts ein bissl gehetzt.

VLG
Maria
 Sig


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Epos65
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Beitrag06.05.2008 14:53

von Epos65
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Hi Kino.

Kritik ist konstruktiv. Normalerweise.
Deine nicht.

So sachlich sie geschrieben ist, deine Kritik transportiert nichts.
Weder Anregungen, noch Hilfen, noch sonst was. Stinkende Luft.

ti


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Epos65
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Beitrag06.05.2008 15:04

von Epos65
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Hallo Mariah!

Nein, die KG ist nicht für das DSFo extra geschrieben, und die Wortgrenze habe ich zufällig eingehalten.

Die Charakterisierung der Protagonisten sollte in einer KG ja eher über Gesten und Dialoge geschehen, von daher habe ich nichts erzählerisch über die Gefühle oder Gedanken der Prots sagen wollen.

Die Situation einer Tochter, die mit einem Arzt verheiratet ist, obwohl man doch aus einfachen Verhältnissen kommt (die Begrüßung der Mutter hätte die einfachen Verhältnisse zum Ausdruck bringen sollen, weil ich ihr ein ziemlich "einfaches" Deutsch in den Mund gelegt habe), ist das absolute Glück in den Augen der Mutter, die darüber nicht mitbekommt, dass ihre Tochter nicht mehr glücklich ist. Daher der Titel.

Meine Protagonistin fühlt sich intellektuell unterlegen, und ist es auch, sie ist wahrscheinlich viel jünger als ihr Ehemann und schafft es nicht sich mit ihrem Mann konstruktiv auseinander zusetzen. Emotional ist sie unsicher, weil sie mit Eifersucht und Minderwertigkeitsgefühlen kämpft.

Im Gespräch mit ihrem Bruder findet sie ein Ventil für alle ungesagten Dinge und damit Klarheit für ihre Gedanken. Er traut ihr eine Entscheidung zu, und führt sie damit näher an ihre alte Sicherheit heran.

So, oder so ähnlich habe ich mir die Geschichte gedacht. Aber eine Geschichte die eine Erklärung braucht, ist, glaube ich, nicht besonders gelungen. sad

Na ja, beim nächsten Mal wird es bestimmt besser.

Alles Liebe
Tina


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ullilein
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Beitrag06.05.2008 15:32

von ullilein
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Hallo Tina!

Also, ich denke da aehnlich wie Mariah, die ja im Grunde genommen deinen Text nicht schlecht oder komplett misslungen findet (nicht immer gleich aufgeben!  smile ). Ich finde nach wie vor, dass du einen wirklich guten, fluessigen und lebendigen Schreibstil hast, und deswegen es auch schaffen koenntest, diese Geschichte auszubauen. "Kurzgeschichte" heisst ja nun nicht zwanglaeufig auch "Kuerzestgeschichte". Man kann sich durchaus Zeit nehmen, seine Charaktere vielschichtiger zu gestalten, und sie den Lesern nahezubringen. Wir muessen uns mit der Protagonistin besser identifizieren koennen, um mit ihr mitfuehlen zu wollen/koennen. Dazu bietet dieser Text zu wenig "Leben", er bleibt sehr oberflaechlich.
Was die einfachere Sprechweise der Mutter angeht: Vielleicht versucht du ja, ihr einen Dialekt zu geben? Ein Herr Doktor wuerde wahrscheinlich alles daran setzen, diesen dann der Tochter auszutreiben. Nur so eine Idee...


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Maria
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Alter: 52
Beiträge: 5998

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Beitrag06.05.2008 16:25

von Maria
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Hey Tina,

Ullilein hat völlig recht. Konntest Du am End nicht sehn, was ich denk?  Razz

Ich mag Deine klare und schnörkellose Sprache ebenfalls (nicht nur hier in diesem Text).
Auch hab ich die Motivationen der Figuren bzw. was sie und warum sie es gerade durchmachen verstanden. Aber ich kann es nicht mitfühlen. Ist das dieses show, don´t tell, von dem alle reden? Vielleicht.
Jedenfalls finde ich auch nicht, dass Du die Geschichten anstauben lassen solltest...

LG


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Epos65
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Beitrag06.05.2008 16:55

von Epos65
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Hallo Ullilein und Mariah!

Also, was ich bis jetzt von Sol Stein verstanden habe, darf eine KG zum Beispiel keinen Szenenwechsel haben. Mein Dialog am Anfang ist schon nicht "solisch"!
Habe versucht, diesen Dialog meiner Protagonistin als Rückblende während der Autofahrt unterzujubeln, aber dann habe ich es andauernd mit dem Plusquamperfekt zu tun, und das liest sich so holprig. Also, die Idee, was der Dr. Ehemann ihr alles abgewöhnt hätte oder nicht, kann ich nicht reinpacken. Das verbietet mir mein lieber Stein.

Die Knackpunkte sind:

·Meist personaler Erzähler, Bericht aus der Distanz

·Keine oder nur sehr kurze Einleitung (Exposition); sofortiger Einstieg in die Handlung (in medias res), etwa durch Einführen der noch unbekannten Personen durch Pronomina.
 
·Techniken der Verdichtung durch Aussparungen, Andeutungen, Metaphern und Symbole.
 
·Chronologisches Erzählen hauptsächlich im Präteritum.

·Die erzählte Zeit beträgt meist nur wenige Minuten oder Stunden, häufig wird das Geschehen auf wenige Augenblicke, eine exemplarische Situation, ein Bild oder eine Momentaufnahme reduziert.

·Alltagssprache, teilweise Verwendung von Umgangssprache, Dialekt oder Jargon.

·Doppelbödigkeit, Mehrdeutigkeit: das geschilderte Alltagsereignis verweist auf komplexere Probleme, die oft über Metaphern und Leitmotive zu erschließen sind.

·Offener Schluss oder eine Pointe. Der offene Schluss „zwingt“ den Leser förmlich dazu, über das Geschehen nachzudenken, denn es bleiben noch Fragen übrig - der Leser muss zwischen den Zeilen lesen.

·Vermeiden von Wertungen, Deutungen, Lösungen.

Das sind die Auflagen mit denen ich mich rumschlage.
Aber ich bleibe dran, irgendwann wird mir das besser gelingen! smile

Alles Liebe
Tina


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lupus
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Beitrag06.05.2008 17:28

von lupus
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Hallo Tina!

Meines Erachtens ist das ein guter Text, ein griffiges Thema, für das es sich lohnt weiterzuarbeiten und die Basis hast du bereits geschaffen. Besser, als du wahrscheinlich meinst.

Bei mir kommt die MAssege sehr wohl an, jedoch hat der Text mE 2 kleine Knackpunkte.

1) er ist zu kurz (wirkt als wäre er künstlich so kurz gehalten), andererseits beschreibst du die Bäume und den Weg, anstatt die Gefühle der Prota zu vermitteln = zu wenig Fokus aufs Wesentliche --> vielleicht versuchst du eine längere Geschichte und stellst sie in 2 Teilen rein.
2) mir (ganz persönliche Meinung) ist das ein Euzerl zu viel Dialog

Und dann ist da noch dein letztes Post: Wer um alles in er Welt ist schon Sol Stone. Es ist DEINE Geschichte. Regeln zu kennen ist verdammt wichtig, ungut wird's, wenn Formalismen die Oberhand gewinnen.
--> Entweder es ist ein Übungstext, dessen Ziel es ist, Formalismus auf Punkt und Beistrich einzuhalten oder es ist ein Text der aus dem Bauch kommt.

Also: dieser Text ist gut und eine ausgezeichnete Basis. Wer so mit Worten umgehen kann wie du sollte sich von Formalismen nicht einengen lassen, sondern mit ihnen spielen.

lg und Kopf hoch
Wolfgang
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Epos65
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Beitrag06.05.2008 21:57

von Epos65
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Hallo Wolfgang!

Ich danke dir für deinen ermutigenden Kommentar!

Dein Satz: "Wer um alles in der Welt ist schon Sol Stone?" ist der Hammer! Laughing  Laughing  Laughing

Du hast schon recht, ein Mann wie Friedrich Hundertwasser hat nie Architektur studiert und die wunderbarsten Gebäude der Welt gestaltet.
Ich fürchte nur, wenn man nicht gerade ein Genie ist, muss man das primitive Handwerk erlernen.

Und Sol Stein ist doch der Creativ-Writing-Gott! Ich fühle mich nicht genial genug, an all seinen Ratschlägen vorbei, das Rad oder die KG neu zu erfinden.

Das ist natürlich ein Übungstext in dem Sinne, dass ich Texte schreibe um Schreiben zu üben. Darum poste ich es ja in der Talentschmiede.

Das mit den Texten aus dem Bauch ist so eine Sache. Ich habe Texte, Prosa wie Lyrik, gelesen, die bestimmt aus dem Bauch waren, aber genau so wirken sie dann auch auf mich. Und natürlich kann man solche Texte auch nicht kommentiere oder kritisieren, denn sie entziehen sich ja jedem Formalismus. Wenn man sagt, dass einem der Text verwirrt und man ihn nicht versteht, er wohl nicht mehr als eine schriftstellerische Diarrhöe ist, dann ist man halt nicht feinfühlig, nicht poetisch, nicht modern, nicht avantgardistisch genug, um den Text zu verstehen.
So ein Künstler hat den Leser nicht mehr im Auge, im Gegenteil, der Leser muss ihn huldigen oder er ist es nicht wert, seine Lettern auch nur aus der Ferne zu betrachten.

Aber vielleicht, wenn ich mich sicherer fühle auf dem Gebiet der Schreiberei, schmeiß ich mal die Regeln über Bord und schau was dann rauskommt.

Ich danke dir für deine liebevolle Ermutigung, und ja," Kopf hoch" mach ich doch, guck doch auf mein Avatar!

Alles Liebe
Tina


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Gast







Beitrag07.05.2008 11:15

von Gast
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Hallo Tina,

ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, daß Sol Stein nicht der liebe Gott ist. Wink Ich schätze Sol Stein sehr, ich habe seine Bücher verschlungen und auch viel von ihm gelernt, aber ich finde, an Deiner Geschichte sieht man sehr gut, daß sich zu sehr an die Vorschriften halten auch in die Hose gehen kann. Du hast Deinen persönlichen Stil – den Du hast und der gut ist – dafür geopfert. Wo ist Dein Humor, Deine Intelligenz, Dein Sprachgefühl? Alles, was Dich ausmacht?

Arbeite den Text vielleicht einmal um und denk mehr an Dich und Deine Wünsche, Deine Art zu schreiben (und auch an das, was Du gern liest und wie das geschrieben sein muß), als an Sol Stein. Das Thema ist im Grunde genommen egal, es kommt nur auf die Ausführung an. Sicherlich ist das Thema kein neues, aber auch daraus kann man etwas machen. Mir fehlen z.B. die Einblicke ins Innenleben der Figuren. Eine Kurzgeschichte darf sich zwar nicht zu sehr dahinein verlieren, aber ganz vorenthalten solltest Du das den Lesern auch nicht.

Ich denke, die Geschichte muß erheblich länger werden. Und die Gefühle müssen klar herauskommen. Dagegen hat auch Sol Stein nichts. Wink

Ich nehme mal den Anfang als Beispiel:
Zitat:
„Du würdest dich hoffnungslos langweilen, mein Schatz, das haben wir besprochen!“, erklärte Robert und nahm das blaue Hemd aus dem Schrank.
„Ja, du hast wahrscheinlich recht.“ Karla zupfte an den Ärmeln ihrer Bluse. „Ich hasse diese Wochenenden!“.
Robert unterbrach sein Kofferpacken, ging auf sie zu und lächelte. Sie hielt den Kopf gesenkt und sah an ihrer engen Röhrenjeans hinunter, die ihre knabenhafte Figur betonte.

Was hat ihre "knabenhafte Figur" – überhaupt irgendwelche Äußerlichkeiten, z.B. daß das Hemd blau ist – mit der Geschichte zu tun? Und dann: Wieso packt so ein Machoehemann wie Robert seine Sachen selbst? Wieso macht das nicht seine Frau für ihn? Das finde ich unglaubwürdig.

Wie wäre es so?
Code:
„Du würdest dich hoffnungslos langweilen, mein Schatz.“ Robert schaute Karla dabei zu, wie sie eines seiner Hemden aus dem Schrank nahm und vorsichtig in den schon halb gefüllten Koffer legte.
„Ja, du hast wahrscheinlich recht.“ Karla fühlte die Tränen ihre Kehle hinaufsteigen, die sie so lange versucht hatte zu unterdrücken. Wenn sie nur einmal mit Robert reden könnte, ihm sagen, was sie fühlte, wie allein sie war an den Wochenenden, wenn er sie verließ und auf Geschäftsreise ging. Aber das war ausgeschlossen. Er hörte sowieso nicht zu.


Ist natürlich nur ein Vorschlag, aber dadurch weiß man mehr über Karlas Gefühle, und das gleich am Anfang. Du kannst das selbstverständlich ganz anders machen, aber über Karlas Gefühle muß man unbedingt mehr erfahren.

Liebe Grüße
Angela
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Epos65
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Beitrag07.05.2008 13:11

von Epos65
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Hallo Angela!

Ja, so ähnlich habe ich geschrieben, bis mir von links und rechts ein Satz(teil) um die Ohren flog: Show-don't tell!

Das Zupfen an der Bluse und das Blick-gesenkt-halten sollten ihre Unsicherheit zeigen.
Dass er selbst das Hemd einpackt, sollte zeigen, dass er zwar verheiratet ist, aber lebt, als wäre er es nicht. Er ist kein böser, böser Mann, sondern schlicht und ergreifend Narzisst.

Ob Sol wusste, dass die Leser doch mehr "getellt" haben wollen, als ich versuche zu "shown"?

Die nächste Geschichte ist mehr "ich", versprochen.
Wenn sie mich hier dann mit Schimpf und Schande aus dem Dorf jagen, darf ich dann bei dir unterschlupfen? Rolling Eyes

Alles Liebe
Tina


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Gast







Beitrag07.05.2008 15:32

von Gast
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Kein Problem. Da steht noch ein ungenutztes Gästezimmer bei mir rum. Wink Ja, das mit dem "Show don't tell", das habe ich mir auch sehr zu Herzen genommen und versucht danach zu schreiben, aber ich merke immer mehr, daß man es nicht übertreiben darf. Gerade die Amis machen das gern und oft und das geht mir ehrlich gesagt manchmal richtig auf die Nerven.

Das soll nicht heißen, daß "Show, don't tell" falsch ist. Im Gegenteil, das ist eine sehr gute Technik. Aber man muß sie in Maßen einsetzen. Das mit der Bluse ist durchaus gut, dagegen ist überhaupt nichts zu sagen. Und ob er oder sie einpackt, ist eigentlich egal (obwohl ich es ehrlich gesagt überraschend fand, daß er das selbst macht, denn wenn er so selbständig ist, erscheint Karla ein bißchen wie ein hysterisches Frauenzimmer, das überhaupt keinen Grund zur Klage hat. Man muß die Gegensätze etwas mehr herausarbeiten), aber wenn man sich selbst mal anschaut, was man gern liest, dann stellt man meistens fest, daß da auch eine Menge "Tell" dabei ist. Habe ich jedenfalls jetzt bei mir festgestellt. Wink

Wie immer kommt es glaube ich auf die Balance an. Ein bißchen Show, ein bißchen Tell, im richtigen Verhältnis. Ich finde "Tell" manchmal richtig entspannend, während andauerndes "Show" mich manchmal geradezu anstrengt. Im Wechsel angewandt ist aber beides gut.

Auf jeden Fall ist es immer gut, sich erst einmal streng an die Regeln zu halten, damit man dann sieht, wo man es vielleicht doch anders machen möchte.

Liebe Grüße
Angela
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Merlinor
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Beitrag07.05.2008 23:56

von Merlinor
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Hallo Tina

Nichts gegen Sol Stein. Aber solche „Regeln“ sollten doch eher etwas wie „Annäherungen“ sein, keine sklavisch zu befolgenden „Gesetze“.

Warum soll es in einer KG keine Szenenwechsel geben? Wenn die Geschichte das erfordert, gibt es sie eben.
Die Geschichte hat immer Vorrang! Dann kann man versuchen, sich an den Sinn derartiger Regeln zu orientieren.
Wenn ein „Tell“ nötig ist, dann wird eben beschrieben, nicht gezeigt.

Die Geschichte ist flüssig geschrieben, aber mir geht es wie einigen meiner „Vorredner“:
Die Figur deiner Protagonistin bleibt blass, auch Mann, Mutter und Bruder gewinnen keine Tiefe.
Außerdem sehe ich keinen wirklich mitreißenden „Spannungsbogen“.

Aber wegwerfen würde ich sie deshalb nicht, sondern weiter daran herumfeilen.
Deine Sprache ist allemal gut genug, um dieser Geschichte noch Leben und Dramatik einzuhauchen.

Herzlich  Very Happy  Very Happy  Very Happy

Merlinor
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Epos65
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Beitrag08.05.2008 21:34

von Epos65
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Hallo Merlinor!

Ihr habt mich fast überzeugt, die Regeln ein bisschen außen vor zu lassen.
Wenn das, was ich dann produziere, als unerklärliches Kauderwelsch beurteilt wird, habt ihr euch das selbst zu zuschreiben.  Wink

Alles Liebe
Tina


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