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Ekkehart Mittelberg Gänsefüßchen
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Beiträge: 21 Wohnort: 35315 Homberg(Ohm)
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E 02.10.2023 22:01 Auf eine alte Eiche von Ekkehart Mittelberg
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Ins Licht streckst du die windgegerbten Äste,
der Kälte trotzt du und dem scharfen Blitze,
hältst stand den Regenschauern und der Hitze,
Jahrhundertüberwinder als die beste.
Gespalten ist dein Stamm, zerfetzt die Krone,
geduldig fressen Käfer deine Kräfte,
doch noch sind nicht versiegt die Lebenssäfte,
Stehst kernig allen Feinden wie zum Hohne.
Bin ich schon längst zerfallen und vergangen
und werd in meinen Kindern weiter leben,
wird frisches Grün an deinen Ästen prangen.
Doch auch auf dich wird stets Vergehen lauern,
wie sehr auch Dichter dich unsterblich geben,
ein neuer Schössling wird dich überdauern.
Weitere Werke von Ekkehart Mittelberg:
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Soleatus Reißwolf
Beiträge: 1001
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03.10.2023 18:43
von Soleatus
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Hallo Ekkehart!
Insgesamt vermittelt sich hier schon ein Eindruck von Geschlossenheit, der dem sehr deutlich ausgesprochenen Inhalt sicher zugute kommt; mit einzelnen Versen habe ich aber doch noch große Probleme.
V4: Da bringe ich gar keinen Sinn in das Nebeneinander von maskulinem Nomen und femininem Artikel. Wie soll ich das verbinden deiner Vorstellung nach?
V8: Ist jetzt nicht sooo auffällig, erlaubt mir aber, den "Morpheus" aus den Schreibübungen kurz noch einmal anzusprechen: Ein Sonett ist ein beschränkter Raum. Was man davon verbraucht für eine Sache, kann man nicht mehr für eine andere aufwenden; man muss also schon aufpassen, was man hereinnimmt, und ob das dem Text wirklich weiterhilft. Und das gilt, auf eine Weise, auch aus der Leserseite: Wenn etwas auftaucht, ist die Erwartung, dass es wichtig ist für den Text. Wenn du also zwei Verse, und noch dazu die ersten beiden Verse! für "Morpheus" aufwendest und ihn handeln lässt, ist der erste Gedanke des Lesers, dass so das Thema vorgestellt wird; und das ist ja nicht so, es ist eine falsche Fährte, von der aus der Leser erst wieder in die richtige Spur zurückfinden muss. Das macht keinen Spaß; und insgesamt leidet die Einheitlichkeit des Sonetts, auf die es als geschlossene Form angewiesen ist.
Hier, in V8, ist es das "Feinde", das in diese Richtung wirkt – was soll ich mit darunter vorstellen?! Die Feinde einer Eiche? Denen dann wer "höhnt"?! Historisch gesehen klingt es eher nach der "deutschen Eiche", die oft genug aufgerufen wurde als Symbol für das nationalistische Deutschland das 19. Jahrhunderts, und die "Feinde" sind dann die Nationen um Deutschland herum; aber was dieser Bezug hier zu suchen hat, ist sehr unklar, meint: er stört, es wird eine falsche Fährte gelegt, denn die Terzette knüpfen da ja nicht an.
V10: Das ist syntaktisch eine sehr schwache Lösung, finde ich; V9 und V 11 fügen sich gut, V10 ist ein Fremdkörper zwischen ihnen.
V12, V13: Wie "lauert" Vergehen? Gespannten Rückgrats, immer bereit, einen Ahnungslosen anzuspringen? Das ist ein schräges Bild; und "jemanden unsterblich geben" ist, Dichter oder nicht, ein noch viel schrägerer und erzwungenerer Ausdruck.
Hm. Das ist so beim Sonett: Im zweiten Terzett muss man das ganze Gedicht zum Abschluss bringen, oft ist auch eine Vorstellung da – nur ist der Reimdruck gerade hier gewaltig groß, und Vorstellung und formale Erfordernisse unter einen Hut zu bringen, ist wirklich schwierig. Trotzdem hängt davon der Erfolg des Textes ab, da hilft also nichts, als zu versuchen und zu versuchen und zu versuchen, bis es passt.
Noch zwei Sachen allgemein:
"Dem Blitze", "zum Hohne" – das alte Dativ-E ist genau das: alt und schon längst nicht mehr Bestandteil der lebendigen deutschen Sprache. Ich verwende es gelegentlich auch noch, aber eigentlich kommt man besser ohne aus im Jahr 2023.
Dann habe ich noch das Gefühl, du könntest etwas weniger gezwungen klingen, wenn du nicht ganz so streng "Vers = Satz" durchzögest; dir gelegentlich einen Zeilensprung erlaubtest.
Gruß,
Soleatus
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Ekkehart Mittelberg Gänsefüßchen
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Beiträge: 21 Wohnort: 35315 Homberg(Ohm)
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E 03.10.2023 20:55
von Ekkehart Mittelberg
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Hallo Soleatus,
für deine Geduld bin ich dir dankbar.
V4: Da bringe ich gar keinen Sinn in das Nebeneinander von maskulinem Nomen und femininem Artikel. Wie soll ich das verbinden deiner Vorstellung nach? - Die Eiche als Jahrhundertüberwinder ist unter ihresgleichen die beste.
V8: Ist jetzt nicht sooo auffällig, erlaubt mir aber, den "Morpheus" aus den Schreibübungen kurz noch einmal anzusprechen: Ein Sonett ist ein beschränkter Raum. Was man davon verbraucht für eine Sache, kann man nicht mehr für eine andere aufwenden; man muss also schon aufpassen, was man hereinnimmt, und ob das dem Text wirklich weiterhilft. Und das gilt, auf eine Weise, auch aus der Leserseite: Wenn etwas auftaucht, ist die Erwartung, dass es wichtig ist für den Text. Wenn du also zwei Verse, und noch dazu die ersten beiden Verse! für "Morpheus" aufwendest und ihn handeln lässt, ist der erste Gedanke des Lesers, dass so das Thema vorgestellt wird; und das ist ja nicht so, es ist eine falsche Fährte, von der aus der Leser erst wieder in die richtige Spur zurückfinden muss. Das macht keinen Spaß; und insgesamt leidet die Einheitlichkeit des Sonetts, auf die es als geschlossene Form angwiesen ist.
Hier, in V8, ist es das "Feinde", das in diese Richtung wirkt – was soll ich mit darunter vorstellen?! Die Feinde einer Eiche? Denen dann wer "höhnt"?! Historisch gesehen klingt es eher nach der "deutschen Eiche", die oft genug aufgerufen wurde als Symbol für das nationalistische Deutschland das 19. Jahrhunderts, und die "Feinde" sind dann die Nationen um Deutschland herum; aber was dieser Bezug hier zu suchen hat, ist sehr unklar, meint: er stört, es wird eine falsche Fährte gelegt, denn die Terzette knüpfen da ja nicht an. - V8: Hier liegst du aber wirklich falsch. Aus den vorhergehenden Versen dürfte doch klar sein, dass Blitz, Stürme und Käfer die Feinde sind, denen die Eiche wie zum Hohne immer noch steht.
V10: Das ist syntaktisch eine sehr schwache Lösung, finde ich; V9 und V 11 fügen sich gut, V10 ist ein Fremdkörper zwischen ihnen.
- Der von dir beanstandete Vers 10 wird mit dem Schößling wieder aufgegriffen.
V12, V13: Wie "lauert" Vergehen? Gespannten Rückgrats, immer bereit, einen Ahnungslosen anzuspringen? Das ist ein schräges Bild; und "jemanden unsterblich geben" ist, Dichter oder nicht, ein noch viel schrägerer und erzwungenerer Ausdruck. - Vergehen kann lauern, weil es so häufig vergessen wird. Die Kritik an dem "geben" akzeptiere ich. Ich wäre für eine alternative Lösung dankbar, die mir beim besten Willen nicht einfällt.
Beste Grüße
Ekki
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Soleatus Reißwolf
Beiträge: 1001
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03.10.2023 21:08
von Soleatus
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Hallo nochmal!
(Kannst du einen Weg finden, deine Anmerkungen optisch – Farbe, Quote, Leerzeilen oder Anführungszeichen – von meinen zu trennen?! Ist wirklich schwer zu lesen sonst.)
V4: Wenn die Eiche als Jahrhundertüberwinderin die beste wäre, könnte ich dir folgen!
"Feinde": Hm. Um einen "Blitz" als "Feind" einer "Eiche" zu verstehen, müsste ich Gegenstände der Natur viel, viel stärker vermenschlichen, als ich das für gewöhnlich mache. Aber vielleicht meldet sich ja noch jemand mit einem weiteren Eindruck?!
V10: Da geht es mir ja nicht um den Inhalt (das ist schon klar), sondern um den Satzbau.
Gruß,
Soleatus
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