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Der grüne Drache ist auf Achse


 
 
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Smokowski
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Alter: 42
Beiträge: 139
Wohnort: Berlin


Beitrag14.12.2022 22:10
Der grüne Drache ist auf Achse
von Smokowski
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Liebe Leute,

an der Überschrift muss ich noch feilen, nachdenken. Sonst habe ich eine Kurzgeschichte in zwei Teilen (bis zu 3500 Wörter).

Wie kommt die Stimmung rüber? Ist es spannend und logisch nachvollziehbar geschrieben?
Berührt es euch irgendwo emotional? Könnt ihr euch mit dem Charakteren identifizieren? Ist der rote Faden erkennbar?
Weg könnte meine Zielgruppe sein?
Was fällt euch sonst noch auf?



Endlich. Jemand hielt an. Georg war von Hunger geschwächt, sein Wille aber brachte ihn dazu, sich aus dem Schatten einer rostigen Zapfsäule zu erheben. Er nahm sein Pappschild und seinen Rucksack mit, stolperte auf den olivgrünen Punkt hin, welcher an ihm vorbei entschleunigte und noch in Wüstenstaub gehüllt war, als er zum stehen kam. Es war ein Elektro-SUV, von dem die Beifahrertür geöffnet wurde. „Come in“, rief eine dunkle Stimme heraus.
Als Georg die ausströmende kühle Luft des Wageninneren spürte, glaubte er, als sei soeben ein Raumschiff neben ihm gelandet. Er blieb stehen, machte die Augen zu, nur, um für einen Moment diese Kühle zu genießen! Es wirkte wie eine Fata Morgana und er kniff sich. Dieses Auto aber war real!
Georg nahm seinen schweren Reiserucksack von den Schultern und befreite ihn schüttelnd vom Staub. Als er sich ins Auto duckte, um ihn ins Innere des Beifahrerbereichs abzustellen, sah er auf dem Fahrersitz eine junge Frau mit leuchtend grünen Augen. Ein Grinsen lag in ihrem braungebrannten Gesicht. „Essssmeralda“ sagte sie mit einen Zischeln und Ihre Stimme. Diese war dunkel, tief und rauchig – wie eine typische Whiskystimme.
Sie reichte ihm über den Beifahrersitz hinweg ihre Hand. Eine luftige Strickjacke umspannte ihre schönen Rundungen, was Georg ablenkte. Sie schaute an sich runter: „Ist was?“
Er ergriff ihre kalte Hand und säuselte: „Georg . . .“
Ehe er weitersprechen konnte beugte sie sich zu seinem Rucksack und packte ihn, zog ihn in das Auto. Ihre braunen Haare band sie hinter ihrem Kopf zu einem Dutt zusammen. Ihre breiten Augenbrauen gaben ihrem weichen, runden Gesicht einen derben, südländischen Touch. Sie war so hübsch. Aber, während sie aufgeregt den Rucksack aufschnürte und hinein sah, sogar ihre Lippen nebenher leckte, fühlte Georg ein Unbehagen. Eine Fremde inspizierte seine Sachen. Er hielt sich aber zurück, um mitgenommen zu werden. Er lutschte nebenher eine der wasserhaltigen Kaktusfeigen, welche er um die Tankstelle herum gesammelt hatte.
Sie stellte den Rucksack auf die Rückbank und machte eine Kopfbewegung Richtung Beifahrersitz. Das ließ sich Georg nicht zweimal sagen, duckte sich zum Einsteigen und fiel erschöpft auf dem Sessel. Er schielte nach oben, der weite Strohhut war ihm nicht vom Kopf gefallen – er konnte sogar mit geradem Rücken im Auto sitzen. Das war selten.
Esmeralda war gleich groß wie er. Sie nahm ihm den Hut ab, seine blonden Haare fielen ihm in die Augen und auf die Wangen, was etwas wehtat bei seinem Sonnenbrand. Ihr Gesicht kam ihm überraschend nah, sie sah ihn lasziv mit ihren grünen Augen an und grinste wieder. Er nahm einen leichten Verwesungsgeruch wahr, sah umher. Augenscheinlich war keine Leiche, oder Kadaver im Auto zu sehen. Aber bei dieser Mitfahrgelegenheit wollte er nicht über das bisschen Mief klagen. Ihr Blick wanderte anschließend an ihn herunter, wobei sie wieder ihre Lippen leckte. Georg war sich nicht sicher, wie er diese Frau einordnen sollte. Einerseits wirkte sie anziehend auf ihn, auf der anderen Seite aber war sie grenzüberschreitend - und dann war da noch dieser Geruch. Grenzüberschreitung verband Georg mit Gefahr, oder vielleicht war es einfach nur ungewohnt für ihn, in Spanien vielleicht normal. Auf dem ersten Blick aber lag keine Waffe und keine Leiche im Auto herum. Tief durchatmen! Das wird schon gut gehen.
„So, du willsssst also nach Almería?“, zischte sie auf Englisch. Ihr Blick war auf sein Pappschild gerichtet.
Er nickte.
Sie beugte sich vor das die Fahrkonsole einnehmende Display ihres Navigationsgerätes, tippte darauf herum und sagte: „Ich werde dich an der Tanksssstelle von Lorca abssssetzen. Das issst in der Region Murcia.“ Das Gerät zeigte eine Fahrt von zwei Autostunden an bei konstanten 100 Km/h an, was die halbe Strecke bis zu seinem Ziel war. „Wenn dich dort niemand mitnimmt, kannssst du den Zug nehmen . . . “
Er betrachtete das Guthaben auf dem Display seines Smartphones. Die Fahrt von Lorca bis Almería könnte er gerade noch so bezahlen. Georg nickte.
Esmeralda fuhr los. „Du kannsst von Glück reden, dasss dich jemand aufsssammelt“, zischte sie. „In Ssspanien nimmt einen immer die Familie mit. Die Leute verstehen nicht, dassss da jemand am Straßenrand steht und trampt.“
Ihr eigenartiges Zischen machte Georg irgendwie an. Ein Dialekt? Wahrscheinlich. Hauptsache, er konnte ihr Englisch verstehen. „Ich hatte seit vorgestern an dieser Tanke auf einen Lift gewartet!“, hüstelte er.
„Wo warst du vorher?“
„In Marseille, in Frankreich …“
„Kommst du aus Marssseille?“
„Nein. Marseille war nur ein Zwischenstopp. Ich bin aus Berlin.“
Sie hob überrascht ihre breiten Augenbrauen: „Lassss mich raten, du bist . . . “
„18“
„Noch besssser. Ich dachte 20. Du bissst für dein Alter mutig, weil du so alleine los trampst . . . und nicht so wie die Ssssnowflakes in den City-Kondosss in der sicheren Sssimulation hängsst.“
Georg zuckte zusammen. Kleine, aufgewirbelte Steine vom Vordermann schlugen an die Windschutzscheibe. Das Auto sauste bereits mit 160 Km/h über die staubige Autobahn. Esmeralda aber lächelte unbekümmert. "Die Scheibe und generell das ganze Auto ist mit Gorilla Glass überzogen, gemacht für die wilde Natur da draußen!"
Georg war beruhigt - und froh, die Weite der Landschaft zu sehen und nicht einfach nur Häuserschluchten wie im Kondo. Nach einer Weile erblickte er wieder grüne Punkte. Als das Auto vorüberfuhr, merkte er, dass es Palmen waren. Schon nach einigen Minuten durchquerten sie eine fruchtbare Savanne. Einzelne Bauernhöfe waren in der Ferne zu sehen. Zu einem Bauernhof wollte Georg auch hin.
„Mein Urgroßopa sagt mir, ich soll durch Landarbeit die Zusammenhänge der Natur lernen. Ich soll über ein EU-gefördertes Projekt sogar die Wüstenbildung in Südeuropa aufhalten. Erst wenn ich dort ankomme bekomme ich wieder Geld überwiesen.“
„Ah, du bisssst gezwungen worden … „
„Ich finde aber, dass ich bereits eine Menge gelernt habe hier draußen, z.B. dass diese Kaktusfeigen essbar sind.“ Er bat ihr einige seiner Kaktusfeigen an. Esmeralda aber schüttelte den Kopf und er aß sie selber. „Somit verhungerte ich nicht. Ich überlebte ohne Geld – ein interessantes Gefühl, trotz aller Entbehrung! Schau, meine Haut hat richtig Farbe bekommen, wie mein Großvater, der noch unter freiem Himmel arbeitete."
Esmeralda sah sich im Auto um: "Ich kann dir leider nichtsss anbieten . . ."
Das war bitter. Er blickte hinunter, auf seine verbliebenen drei Feigen im Schoß. Wenigstens verströmten sie einen angenehmen Duft in dieser leicht muffig riechenden Umgebung.
„Kondosss sind naturfremde Welten, oder?“  
„Ja, total! Wir leben unter riesigen Kuppeln, in welchen Temperatur und Luftfeuchtigkeit konstant auf gemäßigtes Klima gehalten werden, wie zur Zeit, bevor die Alpengletscher verschwunden waren. Da gibt es keinen Bezug zur realen Natur mehr. Viele Kinder bei uns glauben, dass die Milch aus der Fabrik kommt!“
Esmeralda winkte ab. „Dasss ist typisssch Mensch! Die Leute wollen immer noch nicht kapieren, dasss der Klimawandel die Natur längst verändert hat.“
„Auf dem Kleinbauernhof Veneguera…“
„Veneguera?“
„… dem von mir eben erwähnten Projekt, wollen wir lernen, mit der veränderten Natur zu leben. Wir werden Palmen pflanzen, die Wüste zurückzudrängen und diese ganzen eingewanderten Tiere bejagen, damit sie sich nicht unkontrolliert ausbreiten!“
„Waaass?“ Esmeralda zog die breiten Augenbrauen hoch: „Wass jagt ihr denn …“
„Den genmanipulierten Bindenwaran zum Beispiel, der wegen dem wärmeren Klima nach Südspanien kam. . .“
Esmeralda hielt mit quietschenden Reifen am Straßenrand an, ihr schien übel zu sein. Sie legte die Hand auf ihren Bauch.
„Ist was?“, fragte Georg verunsichert.
"Das überrasssscht mich jetzt!"
"Was?"
Esmeralda sah ihn tief in die Augen und zischte: „Die Echssen werden nicht von jeden gemocht - Trotz ihrer Genmanipulation aber sind sie ein unverzichtbarer Teil der Natur geworden!"
„Äh, sorry, wenn ich das sage, aber diese Viecher laufen auf zwei Beinen und sind bis 1,60Meter groß – gefährlich.“
„Hast du schon mal dran gedacht, dassss durch die höheren Temperaturen und dem zerklüfteten Gestein im Gebirge sssssich die Ratten vermehrt haben?“
„Ja, und?“
"Sie fressssen alles kahl und verbreiten Krankheiten.“
„Die Ratten?“
„Ja, und die genmanipulierten Bindenwarane fressen Ratten!“
„Nicht nur. Katzen fressen auch Ratten!“
Esmeralda schlug mit der Faust auf die Konsole: "Quatsch! Die ssssind viel zu klein für die G-Wanderratten. Und alle anderen Raubtiere habt ihr kaputt gemacht - deshalb braucht es Echsen umso mehr!"
"Aber," Georg stotterte. "...aber, die Leute von Veneguera werden von der EU unterstützt …"
Ihre Augen blitzten ihn an. Georg sagte besser nichts. "Willst du wissen, was ich mache?"
Sein Magen knurrte.
„Hasssst du Hunger?“, fragte die Fahrerin mit einem vergnügt-sadistischen Unterton. Ehe Georg antworten konnte, griff sie nach hinten in eine Kühlbox. Sie nahm eine faustgroße Ratte raus, welche an ihren Schwanz baumelte und hielt sie vier Georgs Nase. Er schrie, Esmeralda grinste dämonisch. Er hielt sich seine Hände vors Gesicht, nahm sie zögerlich beiseite und bemerkte dann, dass die Ratte tot war. Es strömte ihm Verwesungsgeruch entgegen. Ganz konnte er nicht glauben, was passierte – eine junge Frau fasste eine tote Ratte an. Leckte sogar ihre Lippen dabei. Die jungen Frauen, die er sonst kannte, gingen um tote Viecher herum - Infektionsgefahr. Esmeralda aber war so unkompliziert auf die eine Weise, intelligent und freundlich auf der anderen. Was er nur nicht verstand war, dass sie gegen das Echsenjagen eines kleinen Hofes war - wenige von den Echsen schien es nicht zu geben, wenn sie eine Rattenplage in Griff halten konnten.
Esmeralda legte die Ratte in die Kühlbox zurück. „Ich füttere meine Lieblinge damit“
„Lieblinge?“
Esmeralda klang vergnügt: „Es sssssind meine für Rattenjagd gezüchteten aufrecht laufenden Bindewarane“, sie strich mit ihrer Hand über das Armaturenbrett. „Mit denen ich auch gutes Geld verdiene.“
„Und wo leben die?“
Sie deutete mit ihrer Hand in die Landschaft. „Hier überall im Süden von Spanien, also Andalusien und damit auch Almería, Extremadura, Murcia . . . auch in Lorca, wo ich dich absetzen wollte … “
"Wollte?"
Sie sah auf den Navigator: "Du bist gar nicht mehr weit weg von Lorca, zehn Minuten. Das kannst du laufen!"
Georg sah aus dem Fenster raus. Er hatte Angst. Waren Echsen zu sehen? Zum Glück nicht.  
„Fürchtest du dich etwa vor meinen niedlissschen Echsen . . . ?“ ihre Stimme war aggressiv: „Dir passiert nichts, solange du sie nicht schlägssst, oder eine von ihnen tötest! In deinem Rucksack hasst du zum Glück nur Anziehklamotten.“
Ja klar, das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass er diese Viecher schlägt. Er hatte ja sonst nichts mit seinem Leben vor.
Die Seitentür ging automatisch auf. Georg kniff verbittert die Augen zu, doch sie meinte: "Geh' endlich, du Echsenhasser!"
Zögernd stieg er aus. Sie deutete auf die Straße geradeaus und zischte: „Zehn Kilometer in die Rissschtung ist der Bahnhof. Dort fährt alle zwei Sssstunden der Zug nach Almería. Adiosssss, Amigo!

.....

Ende 1. Teil

Gruß, Smokowski



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Dorka
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Beitrag16.12.2022 15:32
Re: Der grüne Drache ist auf Achse
von Dorka
Antworten mit Zitat

Hallo Smokowski,
ich sehe durchaus Potential in deiner Geschichte. Das Setting - nach-Klimawandel-Zeit, Großteil der Menschheit bewohnt klimatisierte Megastädte, "Abenteurer/Naturmenschen" möchten Erfahrungen in naturnahen Siedlungen/Landwirtschaft sammeln - ist spannend. Auch die Perspektive, der junge Mann auf der Such nach Natur ist gut gewählt.
Zu deinem Fragen:
Smokowski hat Folgendes geschrieben:

Wie kommt die Stimmung rüber? Aufkeimende Hoffnung, Freude über Hilfe, zunehmende Irritation.

Ist es spannend und logisch nachvollziehbar geschrieben?
Siehe Bemerkungen im Text.
Berührt es euch irgendwo emotional? Noch nicht sehr.
Könnt ihr euch mit dem Charakteren identifizieren? Ja
Ist der rote Faden erkennbar? Zu Beginn noch nicht, wird dann klarer
Weg könnte meine Zielgruppe sein? Junge Erwachsene, die an SF interessiert sind.
Was fällt euch sonst noch auf? Ich vermute, der zweite Teil erzählt, wie Georg von Echsen verfolgt wird, ihnen entkommt und heil in einem Bauernhof landet?



Endlich. Jemand hielt an. Da der Wagen gleich aber noch in Bewegung ist, kann er nicht schon anhgehalten haben. Georg war von Hunger geschwächt, sein Wille aber brachte ihn dazu, sich aus dem Schatten einer rostigen Zapfsäule zu erheben. Er nahm sein Pappschild und seinen Rucksack mit, stolperte auf den olivgrünen Punkt hin, welcher an ihm vorbei entschleunigte und noch in Wüstenstaub gehüllt war, als er zum stehen kam. Vielleicht sollte erst Georg, sein Hunger, seine Entdeckung der Kaktusfeigen, seine schwindende Hoffnung auf eine Mitfahrgelegenheit gezeigt werden. Ich verstehe, dass Du mit dem Knaller "wow, da hält ein Auto!" anfangen willst. Könntest du auch machen, wenn du die anderen Infos in den Schritten zum Auto unterbringst.

Es war ein Elektro-SUV, von dem die Beifahrertürw geöffnete sich wurde. „Come in“, rief eine dunkle Stimme heraus.
Als Georg die ausströmende kühle Luft aus dem Wageninneren spürte, glaubte er, als es sei soeben ein Raumschiff neben ihm gelandet. Er blieb stehen, machte die Augen zu, nur, um für einen Moment diese Kühle zu genießen! Es wirkte wie eine Fata Morgana und er kniff sich. Dieses Auto aber war real! Das finde ich übertrieben. Wenn ich überhitzt bin und mich nach Kühle sehne, dann springe ich hinein und meditieren nicht lange über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit.
Georg nahm seinen schweren Reiserucksack von den Schultern und befreite ihn schüttelnd vom Staub. Als er sich ins Auto duckte, um ihn ins Innere des Beifahrerbereichs Was ist denn das Innere den Beifahrerbereiches? Der Fußraum? Der Platz hinter dem Beifahrersitz? abzustellen, weiter oben schnappt er sich den Rucksack, auf die Schultern tut er ihn nicht, außerdem hat er noch das Pappschild und Kaktusfeigen (in der Hand?) sah er auf dem Fahrersitz eine junge Frau mit leuchtend grünen Augen. Ein Grinsen lag in ihrem braungebrannten Gesicht. „Essssmeralda“ Komma sagte sie mit einen Zischeln und Ihre Stimme. Diese war dunkel, tief und rauchig – wie eine typische Whiskystimme.
Sie reichte ihm über den Beifahrersitz hinweg ihre Hand. Eine luftige Strickjacke umspannte ihre schönen Rundungen, bei luftiger Jacke stelle ich mir was leichtes, flatterndes vor, da spannt nichts.   was Georg ablenkte Von was wurde er abgelenkt, von dem Grinsen? Das wäre das, was er kurz vorher bemerkt hat. Sie schaute an sich runter: „Ist was?“ Ich vermute: er taxierte ihre Brüste ungeniert, was sie dazu veranlasst, an sich herunter zu schauen. Aber ich fürchte, auch großbusige Frauen schauen nur dann an sich herunter, wenn sie vermuten, dass da irgendwo ein Fleck ist oder ein fehlender Knopf, wenn jemand ihnen auf ein Körperteil schaut. Warum sollte sie an sich herunter schauen, zumal der untere Teil ihres Körpers ja unter dem Lenkrad steckt, also nur unzureichend sichtbar ist. Wenn es nicht wichtig ist, Georg als Macho einzuführen, würde ich diese Szene weglassen.
Er ergriff ihre kalte Hand und säuselte: „Georg . . .“
Ehe er weitersprechen konnte Komma beugte sie sich zu seinem Rucksack und packte ihn, zog ihn in das Auto Ich dachte, der ist schon im Beifahrerbereich?. Ihre braunen Haare band sie hinter ihrem Kopf zu einem Dutt zusammen Tat sie das, während Georg einsteigt oder ist das die Beschreibung der Frisur? Dann hieße es: trug ihre brauen Haare am Hinterkof zu einem Dutt gebunden. Ihre breiten Augenbrauen gaben ihrem weichen, runden Gesicht einen derben, südländischen Touch. Sie war so hübsch. Aber, kein Komma während sie aufgeregt den Rucksack aufschnürte und hinein sah, sogar ihre Lippen nebenher  wie leckt man Lippen nebenher? weglassen.leckte, fühlte Georg ein Unbehagen. Eine Fremde inspizierte seine Sachen. Er hielt sich aber zurück, um mitgenommen zu werden. Das könntest du ausführlicher beschreiben: sie öffnet den Rucksack, er will den Rucksack wegnehmen, zögert aber, will sich den Lift nicht verderben, überlegt, ob er was sagen soll, tut es dann doch nicht (hier: kein Macho, nirgends)

Er lutschte nebenher eine der wasserhaltigen Kaktusfeigen, welche er um die Tankstelle herum gesammelt hatte. Das gehört nach weiter oben. Jetzt muss ich mein Bild von Georg, der bisher nur ein Pappschild in der Hand hat, revidieren, denn nun hat er plötzlich auch Kaktusfeigen in der Hand, und das offensichtlich schon länger.



Soviel zunächst einmal. Mir scheint, Du hast die Bilder nicht wirklich klar vor Augen. Du musst alles wirklich genau vor dir sehen, dann wäre dir aufgefallen, dass jemand, der in der einen Hand ein Pappschild und in der anderen Hand Kaktusfeigen hat, ein Problem bekommt, auch noch einen Rucksack zu schultern. (Wenn es beruhigt: geht uns allen immer mal so. bei mir winkte einmal eine Radfahrerin, die ein Kuchentablett in einer Hand hielt einem Autofahrer zu - nur: mit welcher Hand?)
So kommt es dann zu kleinen Ungereimtheiten und Logikproblemen.

wie immer: meine subjektive Sicht

Gruß
Dorka


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Der Schlaf fehlt mir nicht abends, sondern morgens.
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Smokowski
Leseratte

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Beiträge: 139
Wohnort: Berlin


Beitrag20.12.2022 23:04

von Smokowski
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hi Dorka,

danke für deine Antwort.
Freut mich, dass das Thema so spannend ist für dich.

Ich habe die Geschichte nun abgewandelt:
- ein Bisschen Vorgeschichte, was die Kaktusfeigen einführt
- Georg setzt sich sofort ins Auto rein
- Ich habe das mit dem Beifahrerbereich komplett weggelassen
- Georg empfindet Esmeraldas Kleidungsstil als ungewohnt "aufreizend" (an anderer Stelle nimmt er ihr Verhalten als grenzüberschreitend war, er kommt aus dem prüden Kondo)
- Er holt die Kaktusfeigen aus dem Rucksack, die vorher schon drin waren
- Im zweiten Teil soll Esmeralda noch einmal auftauchen und weiter irritieren. Damit der Leser einen weiteren Auftritt von ihr erahnen kann, habe ich in der Szene, wo sie ihn rauswirft, "Ich beobachte dich" ergänzt. So mein Gedanke. Ich hoffe, dass es funktioniert.
 

"
Endlich. Ein olivgrüner Punkt entschleunigte und fuhr an Georg vorbei. Georg war vom Hunger geschwächt, sein Wille aber brachte ihn dazu, sich aus dem Schatten einer rostigen Zapfsäule zu erheben. Das zweitätige Warten und die Ernährung von Kaktusfeigen hatte endlich ein Ende. Er hatte den Rucksack ergriffen und das Pappschild in der Hand, womit er zum olivgrünen Punkt stolperte, welcher sich nach dem lichten des Wüstenstaubs als Elektro-SUV entpuppte. Als er zum Stehen kam, öffnete sich die Beifahrertür.
„Come in“, rief eine dunkle Stimme.
Als Georg die kühle Luft aus dem Wageninneren spürte, glaubte er, es sei soeben ein Raumschiff neben ihm gelandet. Er duckte sich ins Auto und ließ sich in den Beifahrersitz sinken, legte seinem schweren Rucksack auf dem Schoß und machte die Augen zu, nur, um für einen Moment diese Kühle zu genießen! Er schielte nach oben, der weite Strohhut war ihm nicht vom Kopf gefallen – er konnte sogar mit geradem Rücken im Auto sitzen. Das war selten. Es wirkte wie eine Fata Morgana und er kniff sich. Dieses Auto aber war real!
Er sah auf dem Fahrersitz eine junge Frau mit leuchtend grünen Augen. Ihre breiten Augenbrauen gaben ihrem weichen, runden Gesicht einen derben, südländischen Touch, dennoch war ihr Gesicht blass.
„Essssmeralda“, sagte sie mit einen Zischeln in Ihrer Stimme. Diese war dunkel, tief und rauchig – wie eine typische Whiskystimme.
Sie reichte ihm ihre Hand. Eine dunkle Strickbluse umspannte ihren schlanken Körper, was auf ihn ungewohnt wirkte – es war so aufreizend, was ihn wiederum faszinierte.
Er ergriff ihre kalte Hand und säuselte: „Georg . . .“
Ehe er weitersprechen konnte, packte sie seinem Rucksack und stellte ihn auf ihren Schoß. Er wollte ihn wegnehmen, zögerte aber, da er sich diesen Lift nicht verderben wollte. Ihre braunen Haare band sie hinter ihrem Kopf zu einem Dutt zusammen, um hinein zu schauen. Während der Inspektion leckte ihre spitze Zunge ihre Lippen. Seltsames Verhalten.
Sie legte den Rucksack auf seinen Schoß zurück und nahm ihm den Hut ab, seine blonden Haare fielen ihm in die Augen und auf die Wangen, was etwas wehtat bei seinem Sonnenbrand. Esmeralda war gleich groß wie er, weswegen sie mit ihrem Gesicht ihm problemlos nahekommen konnte. Sie sah ihn lasziv mit ihren grünen Augen an. Es war schön, doch er nahm einen leichten Verwesungsgeruch wahr, sah umher, es war zum Glück aber keine Leiche zu sehen. Aber bei dieser Mitfahrgelegenheit wollte er nicht über das bisschen Mief klagen.
Ihr Blick wanderte anschließend an ihn herunter, wobei sie wieder ihre Lippen leckte. Georg war sich nicht sicher, wie er diese Frau einordnen sollte. Einerseits wirkte sie anziehend auf ihn, auf der anderen Seite aber war sie grenzüberschreitend. Grenzüberschreitung verband Georg mit Gefahr, oder vielleicht war es einfach nur ungewohnt für ihn, in Spanien vielleicht normal. Auf dem ersten Blick aber lag keine Waffe im Auto herum. Tief durchatmen! Das wird schon gut gehen. Georg nahm aus seinem Rucksack eine der wasserhaltigen Kaktusfeigen und lutschte sie.
„So, du willsssst also nach Almería?“, zischte sie auf Englisch. Ihr Blick war auf sein Pappschild gerichtet.
Er nickte.
Sie beugte sich vor das die Fahrkonsole einnehmende Display ihres Navigationsgerätes, tippte darauf herum und sagte: „Ich werde dich an der Tanksssstelle von Lorca abssssetzen. Das issst in der Region Murcia.“ Das Gerät zeigte eine Fahrt von zwei Autostunden an bei konstanten 100 Km/h, was die halbe Strecke bis zu seinem Ziel war. „Wenn dich dort niemand mitnimmt, kannssst du den Zug nehmen . . . “
Er betrachtete das Guthaben auf dem Display seines Smartphones. Die Fahrt von Lorca bis Almería könnte er gerade noch so bezahlen. Georg nickte.
Esmeralda fuhr los. „Du kannsst von Glück reden, dasss dich jemand aufsssammelt“, zischte sie. „In Ssspanien nimmt einen immer die Familie mit. Die Leute verstehen nicht, dassss da jemand am Straßenrand steht und trampt.“
Ihr eigenartiges Zischen machte Georg irgendwie an. Ein Dialekt? Wahrscheinlich. Hauptsache, er konnte ihr Englisch verstehen. „Ich hatte seit vorgestern an dieser Tanke auf einen Lift gewartet!“, hüstelte er.
„Wo warsssst du vorher?“
„In Marseille, in Frankreich …“
„Kommssssst du aus Marssseille?“
„Nein. Marseille war nur ein Zwischenstopp. Ich bin aus Berlin.“
Sie hob überrascht ihre breiten Augenbrauen: „Lassss mich raten, du bist . . . “
„18“
„Noch besssser. Ich dachte 20. Du bissst für dein Alter mutig, weil du so alleine los trampst . . . und nicht so wie die Ssssnowflakes in den City-Kondosss in der sicheren Sssimulation hängsst.“
Georg zuckte zusammen. Kleine, aufgewirbelte Steine vom Vordermann schlugen an die Windschutzscheibe. Das Auto sauste bereits mit 160 Km/h über die staubige Autobahn. Esmeralda aber lächelte unbekümmert. "Die Scheibe und generell das ganze Auto ist mit Gorilla Glass überzogen, gemacht für die wilde Natur da draußen!"
Georg war beruhigt - und froh, die Weite der Wüste zu sehen und nicht einfach nur Häuserschluchten wie im Kondo. Nach einer Weile erblickte er wieder grüne Punkte. Als das Auto vorüberfuhr, merkte er, dass es Palmen waren. Schon nach einigen Minuten durchquerten sie eine fruchtbare Savanne. Einzelne Bauernhöfe waren in der Ferne zu sehen. Zu einem Bauernhof wollte Georg auch hin.
„Mein Urgroßvater sagt mir, ich soll durch Landarbeit die Zusammenhänge der Natur lernen. Ich soll über ein EU-gefördertes Projekt sogar die Wüstenbildung in Südeuropa aufhalten. Erst wenn ich dort ankomme bekomme ich wieder Geld überwiesen.“
„Oh ….“, Esmeralda räusperte sich: „Wirst du gezwungen …?“
„Ja, mein Urgroßvater zwingt mich. Ich finde aber, dass ich bereits eine Menge gelernt habe hier draußen, z.B. dass diese Kaktusfeigen essbar sind.“ Er bat ihr einige seiner Kaktusfeigen an. Esmeralda aber schüttelte den Kopf und er aß sie selber. „Somit verhungerte ich nicht. Ich überlebte ohne Geld – ein interessantes Gefühl, trotz aller Entbehrung! Schau, meine Haut hat richtig Farbe bekommen, fast wie mein Urgroßvater, der noch unter freiem Himmel arbeitete."
Esmeralda sah sich im Auto um: "Ich kann dir leider nichtsss anbieten . . ."
Das war bitter. Er blickte auf seinen Schoß hinunter. Er hatte auch schon alle Feigen gegessen.
„Kondosss sind naturfremde Welten, oder?“  
„Ja, total! Wir leben unter riesigen Kuppeln, in welchen Temperatur und Luftfeuchtigkeit konstant auf gemäßigtes Klima gehalten werden, wie zur Zeit, bevor die Alpengletscher verschwunden waren. Da gibt es keinen Bezug zur realen Natur mehr. Viele Kinder bei uns glauben, dass die Milch aus der Fabrik kommt!“
Esmeralda winkte ab. „Dasss ist typisssch Mensch! Die Leute wollen immer noch nicht kapieren, dasss der Klimawandel die Natur längst verändert hat.“
„Auf dem Kleinbauernhof Veneguera…“
„Veneguera?“
„… das Projekt, wo ich hin will..."
"OK."
"... Dort will ich mit Anderen lernen, mit der veränderten Natur zu leben. Wir werden Palmenreihen anlegen, was die Wüste zurück drängt. Auch diese ganzen eingewanderten Tiere werden bejagt, damit sie sich nicht unkontrolliert ausbreiten!“
„Waaass?“ Esmeralda zog die breiten Augenbrauen hoch: „Wass jagt ihr denn …“
„Den genmanipulierten Bindenwaran zum Beispiel, der wegen dem wärmeren Klima nach Südspanien kam. . .“
Esmeralda hielt mit quietschenden Reifen am Straßenrand an, ihr schien übel zu sein. Sie legte die Hand auf ihren Bauch.
„Ist was?“, fragte Georg verunsichert.
"Das überrasssscht mich jetzt!"
"Was?"
Esmeralda sah ihn tief in die Augen und zischte: „Die Echssen werden nicht von jeden gemocht - Trotz ihrer Genmanipulation aber sind sie ein unverzichtbarer Teil der Natur geworden!"
„Äh, sorry, wenn ich das sage, aber diese Viecher laufen auf zwei Beinen und sind bis 1,60Meter groß – gefährlich.“
„Hast du schon mal dran gedacht, dassss durch die höheren Temperaturen und dem zerklüfteten Gestein im Gebirge sssssich die Ratten vermehrt haben?“
„Ja, und?“
"Sie fressssen alles kahl und verbreiten Krankheiten.“
„Die Ratten?“
„Ja, und die genmanipulierten Bindenwarane fressssen Ratten!“
„Nicht nur. Katzen fressen auch Ratten!“
Esmeralda schlug mit der Faust auf die Konsole: "Quatsch! Die ssssind viel zu klein für die G-Wanderratten. Und alle anderen Raubtiere habt ihr kaputt gemacht - deshalb braucht es Echsen umso mehr!"
"Aber…", Georg stotterte. "...aber, die Leute von Veneguera werden von der EU unterstützt …"
Ihre Augen blitzten ihn an. Georg sagte besser nichts.
"Willsssst du wissen, was ich mache?"
Sein Magen knurrte.
„Hasssst du Hunger?“, fragte die Fahrerin mit einem sadistischen Unterton. Ehe Georg antworten konnte, griff sie nach hinten in eine Kühlbox. Sie nahm eine faustgroße Ratte raus, welche an ihren Schwanz vor Georgs Nase baumelte. Er schrie, Esmeralda grinste dämonisch. Er hielt sich seine Hände vors Gesicht, nahm sie zögerlich beiseite und bemerkte dann, dass die Ratte tot war. Ganz konnte er nicht glauben, was passierte – eine junge Frau fasste eine tote Ratte an. Leckte sogar ihre Lippen dabei. Die jungen Frauen, die er sonst kannte, gingen um tote Viecher herum - Infektionsgefahr. Esmeralda aber war so unkompliziert auf die eine Weise, intelligent und freundlich auf der anderen. Was er nur nicht verstand war, dass sie Veneguera so verteufelte - die unkontrollierte Ausbreitung stoppen hieß nicht, dass der Waran ausgerottet wird.
Esmeralda legte die Ratte in die Kühlbox zurück. „Ich füttere meine Lieblinge damit.“
„Lieblinge?“
Esmeralda schwärmte: „Es sssssind meine aufrecht laufenden Bindenwarane“, sie strich mit ihrer Hand über das Armaturenbrett. „Mit diesen Rattenjägern verdiene ich gutessss Geld.“
„Und wo leben die?“
Sie deutete mit ihrer Hand in die Landschaft. „Hier überall im Ssssüden von Spanien, also Andalusssien und damit auch Almería, um dein EU-Projekt Veneguera herum alsssso . . . auch in Lorca, wo ich dich abssssetzen wollte … “
"Wollte?"
Sie sah auf den Navigator: "Du bist gar nicht mehr weit weg von Lorca, zehn Minuten. Das kannst du laufen!"
Georg sah aus dem Fenster raus. Er hatte Angst. Waren Echsen zu sehen? Zum Glück nicht.  
„Fürchtest du dich etwa vor meinen niedlissschen Echsen . . . ?“ ihre Stimme war aggressiv: „Dir passiert nichts, solange du sie nicht schlägssst, oder eine von ihnen tötesssst! In deinem Rucksack hasst du zum Glück nur Anziehklamotten.“
Ja klar, das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass er diese Viecher schlägt. Er hatte ja sonst nichts mit seinem Leben vor.
Die Seitentür ging automatisch auf. Georg kniff verbittert die Augen zu, doch sie meinte: "Geh' endlich, du Echsenhasser - und sssssieh dich vor, ich beobachte dich!"
Sie knallte die Tür zu und gab Gas.
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Beitrag24.12.2022 03:30

von etcetera
Antworten mit Zitat

Meine Texte, so hast du mal geschrieben, sind wie eine Plane, unter die man notdürftig Zeltstangen gestellt hat o.ä.
Wenn es das bedeutet hat, was ich darunter verstanden habe, dann muß ich das als eine offene, schonungslose und ehrliche Selbsteinschätzung ansehen, zu der sich hier wohl kaum einer sonst durchringen könnte. Davor kann ich nur meinen (virtuellen) Hut ziehen.
Der dazugehörige Text (irgendwas mit Hänsel und Greta) bestätigte das auch ziemlich eindrucksvoll.
Du hast aber auch gesagt, daß du daran arbeiten möchtest, und dich bemühen willst, deine Texte lesbar zu machen.
Nun, ich muß sagen, daß man es hier wirklich sieht. Du hast sehr viel geleistet und bist um Klassen besser geworden, mein Kompliment.
Dieser Text hier, ist (für mich) tatsächlich beinahe gut lesbar, er ist sprachlich und inhaltlich auch recht gut ausgewogen, das einzige aber, was mich ganz schön stört und nervt, sind die langen ssss bei den Echsen. Lese ich das nun und es häuft sich, dann beginne ich etwas zu überspringen, dann nochmal, und dann steige ich aus. Das wollte ich Dir nur sagen, falls du noch immer daran arbeitest, besser und lesbarer zu werden.
Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich für meinen Teil habe ausreichen Phantasie, mir die Art, wie ein Echsenwesen sich beim Sprechen anhört, auch vorzustellen. Mir hätte es genügt, wenn es ausreichend und nachvollziehbar beschrieben wäre, wie die Echsen sprechen und es sich anhört. Dann wäre die Sache in meinem Kopf abgelaufen, der Text aber wäre viel besser und leichter zu lesen.
Nur so mal am Rande und als Idee...

Natürlich akzeptiere ich das als eigenen, literarischen Stil und will Dir nichts ausreden. Ich würde aber als Leser weniger in Frage kommen.
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Calvin Hobbs
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Beitrag25.12.2022 16:28

von Calvin Hobbs
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Hallo smile
Smokowski hat Folgendes geschrieben:

Endlich. Ein olivgrüner Punkt entschleunigte und fuhr an Georg vorbei. Georg war vom Hunger geschwächt, sein Wille aber brachte ihn dazu, sich aus dem Schatten einer rostigen Zapfsäule zu erheben. Das zweitätige Warten und die Ernährung von Kaktusfeigen hatte endlich ein Ende. Er hatte den Rucksack ergriffen und das Pappschild in der Hand, womit er zum olivgrünen Punkt stolperte, welcher sich nach dem lichten des Wüstenstaubs als Elektro-SUV entpuppte. Als er zum Stehen kam, öffnete sich die Beifahrertür. Hier stimmt der Ablauf nicht. Das Auto fuhr an Georg vorbei und kommt erst nach einer Situationsbeschreibung zum Stehen. Besser: Das Auto kommt und hält und dann erst wird Georgs Situation beschrieben.
„Come in“, rief eine dunkle Stimme.
Als Georg die kühle Luft aus dem Wageninneren spürte, glaubte er, es sei soeben ein Raumschiff neben ihm gelandet. Er duckte sich ins Auto und ließ sich in den Beifahrersitz sinken, legte seinem schweren Rucksack auf dem Schoß und machte die Augen zu, nur, um für einen Moment diese Kühle zu genießen! Er schielte nach oben, der weite Strohhut war ihm nicht vom Kopf gefallen – er konnte sogar mit geradem Rücken im Auto sitzen. Man sinkt nicht in einen Sitz ein und sitzt automatisch aufrecht. Entweder das eine oder das andere. Warum ist ihm sein Hut so wichtig? Andere hätten ihn beim Einsteigen einfach abgenommen. Das war selten. Wie oft sitzt er denn mit einem solchen Hut in fremden Autos? Es wirkte wie eine Fata Morgana und er kniff sich. Was wirkt wie eine Fata Morgana? Dieses Auto aber war real! Wie kann man in ein Trugbild einsteigen?
Er sah auf dem Fahrersitz eine junge Frau mit leuchtend grünen Augen. Ihre breiten Augenbrauen gaben ihrem weichen, runden Gesicht einen derben, südländischen Touch, dennoch war ihr Gesicht blass.
„Essssmeralda“, sagte sie mit einen Zischeln in Ihrer Stimme. Diese war dunkel, tief und rauchig – wie eine typische Whiskystimme.
Sie reichte ihm ihre die Hand. Eine dunkle Strickbluse umspannte ihren schlanken Körper, was auf ihn ungewohnt wirkte – es war so aufreizend, was ihn wiederum faszinierte. Der Zusammenhang zwischen Begrüßung und Kleidung erschließt sich mir nicht. Entweder die Beschreibung kommt zuerst oder die Begrüßung.
Er ergriff ihre kalte Hand und säuselte: „Georg . . .“
Ehe er weitersprechen konnte, packte sie seinen Rucksack und stellte ihn auf ihren Schoß. Was löst das in ihm aus? Er wollte ihn wegnehmen, zögerte aber, da er sich diesen Lift nicht verderben wollte. Ihre braunen Haare band sie hinter ihrem Kopf zu einem Dutt zusammen, um hinein zu schauen. Wieder so ein Ablauf, der holpert. Jeder Mensch hätte sein Eigentum verteidigt, außer, wenn Esmeralda wie She Hulk aussehen würde. Georg aber gewährt ihr Zeit und tut gar nichts. Unglaubwürdig. Dazu kommt: Was haben ihre Haare mit dem Hineinschauen zu tun? Während der Inspektion leckte ihre spitze Zunge ihre Lippen. Seltsames Verhalten.
Sie legte den Rucksack auf seinen Schoß zurück und nahm ihm den Hut ab, seine blonden Haare fielen ihm in die Augen und auf die Wangen, was etwas wehtat bei seinem Sonnenbrand. Was war nun die Ursache und das Ergebnis der Durchsuchung? Keine Erklärung? Georg nimmt es hin? Esmeralda war gleich groß wie er, weswegen sie mit ihrem Gesicht ihm problemlos nahekommen konnte. Im Sitzen kann man Körpergrößen schlecht vergleichen. Vllt. waren nur ihrer beiden Augen auf gleicher Höhe? Sie sah ihn lasziv mit ihren grünen Augen an. Die Farbe wurde oben schon erwähnt, deshalb kann es an der weniger wichtigen Stelle gestrichen werden. Es war schön, doch er nahm einen leichten Verwesungsgeruch wahr, sah umher, es war zum Glück aber keine Leiche zu sehen. Aber bei dieser Mitfahrgelegenheit wollte er nicht über das bisschen Mief klagen.
Ihr Blick wanderte anschließend an ihn herunter, wobei sie wieder ihre Lippen leckte. Georg war sich nicht sicher, wie er diese Frau einordnen sollte. Einerseits wirkte sie anziehend auf ihn, auf der anderen Seite aber war sie grenzüberschreitend. Grenzüberschreitung verband Georg mit Gefahr, oder vielleicht war es einfach nur ungewohnt für ihn, in Spanien vielleicht normal. Auf dem ersten Blick aber lag keine Waffe im Auto herum. Tief durchatmen! Das wird schon gut gehen. Georg nahm aus seinem Rucksack eine der wasserhaltigen Kaktusfeigen und lutschte sie.
„So, du willsssst also nach Almería?“, zischte sie auf Englisch. Ihr Blick war auf sein Pappschild gerichtet.
Er nickte.
Sie beugte sich vor das die Fahrkonsole einnehmende Display ihres Navigationsgerätes ??? , tippte darauf herum und sagte: „Ich werde dich an der Tanksssstelle von Lorca abssssetzen. Das issst in der Region Murcia.“
Das Problem: Sie spricht Englisch und Du lässt sie bei allen möglichen deutschen Worten zischen. Das ergibt keinen Sinn.
Das Gerät zeigte eine Fahrt von zwei Autostunden an bei konstanten 100 Km/h, was die halbe Strecke bis zu seinem Ziel war. „Wenn dich dort niemand mitnimmt, kannssst du den Zug nehmen . . . “ Hier hätte sie auch bei Zug zischen müssen ...
Er betrachtete das Guthaben auf dem Display seines Smartphones. Die Fahrt von Lorca bis Almería könnte er gerade noch so bezahlen. Georg nickte. Verstehe ich nicht. Ist ein Taxi? Wer legt den Preis fest? Wo wird er angezeigt?
Esmeralda fuhr los. „Du kannsst von Glück reden, dasss dich jemand aufsssammelt“, zischte sie. „In Ssspanien nimmt einen immer die Familie mit. Die Leute verstehen nicht, dassss da jemand am Straßenrand steht und trampt.“
Ihr eigenartiges Zischen machte Georg irgendwie an. Ein Dialekt? Wahrscheinlich. Hauptsache, er konnte ihr Englisch verstehen. „Ich hatte seit vorgestern an dieser Tanke auf einen Lift gewartet!“, hüstelte er.
„Wo warsssst du vorher?“
„In Marseille, in Frankreich …“
„Kommssssst du aus Marssseille?“
„Nein. Marseille war nur ein Zwischenstopp. Ich bin aus Berlin.“
Sie hob überrascht ihre breiten Augenbrauen: „Lassss mich raten, du bist . . . “
„18“
„Noch besssser. Ich dachte 20. Du bissst für dein Alter mutig, weil du so alleine los trampst . . . und nicht so wie die Ssssnowflakes in den City-Kondosss in der sicheren Sssimulation hängsst.“
Georg zuckte zusammen. Kleine, aufgewirbelte Steine vom Vordermann schlugen an die Windschutzscheibe. Das Auto sauste bereits mit 160 Km/h über die staubige Autobahn. Esmeralda aber lächelte unbekümmert. "Die Scheibe und generell das ganze Auto ist mit Gorilla Glass überzogen, gemacht für die wilde Natur da draußen!"
Georg war beruhigt - und froh, die Weite der Wüste zu sehen und nicht einfach nur Häuserschluchten wie im Kondo. Nach einer Weile erblickte er wieder grüne Punkte. Als das Auto vorüberfuhr, merkte er, dass es Palmen waren. Schon nach einigen Minuten durchquerten sie eine fruchtbare Savanne. Einzelne Bauernhöfe waren in der Ferne zu sehen. Zu einem Bauernhof wollte Georg auch hin.
„Mein Urgroßvater sagt mir, ich soll durch Landarbeit die Zusammenhänge der Natur lernen. Ich soll über ein EU-gefördertes Projekt sogar die Wüstenbildung in Südeuropa aufhalten. Erst wenn ich dort ankomme Komma bekomme ich wieder Geld überwiesen.“
„Oh ….“, Esmeralda räusperte sich: „Wirst du gezwungen …?“
„Ja, mein Urgroßvater zwingt mich. Ich finde aber, dass ich bereits eine Menge gelernt habe hier draußen, z.B. dass diese Kaktusfeigen essbar sind.“ Er bat ihr einige seiner Kaktusfeigen an. Esmeralda aber schüttelte den Kopf und er aß sie selber.
„Somit verhungerte ich nicht. Ich überlebte ohne Geld – ein interessantes Gefühl, trotz aller Entbehrung! Schau, meine Haut hat richtig Farbe bekommen, fast wie mein Urgroßvater, der noch unter freiem Himmel arbeitete."
Esmeralda sah sich im Auto um: "Ich kann dir leider nichtsss anbieten . . ."
Das war bitter. Er blickte auf seinen Schoß hinunter. Er hatte auch schon alle Feigen gegessen.
„Kondosss sind naturfremde Welten, oder?“  
„Ja, total! Wir leben unter riesigen Kuppeln, in welchen Temperatur und Luftfeuchtigkeit konstant auf gemäßigtes Klima gehalten werden, wie zur Zeit, bevor die Alpengletscher verschwunden waren. Da gibt es keinen Bezug zur realen Natur mehr. Viele Kinder bei uns glauben, dass die Milch aus der Fabrik kommt!“
Esmeralda winkte ab. „Dasss ist typisssch Mensch! Die Leute wollen immer noch nicht kapieren, dasss der Klimawandel die Natur längst verändert hat.“
„Auf dem Kleinbauernhof Veneguera…“
„Veneguera?“
„… das Projekt, wo ich hin will..."
"OK."
"... Dort will ich mit anderen lernen, mit der veränderten Natur zu leben. Wir werden Palmenreihen anlegen, was die Wüste zurück drängt. Auch diese ganzen eingewanderten Tiere werden bejagt, damit sie sich nicht unkontrolliert ausbreiten!“
„Waaass?“ Esmeralda zog die breiten Augenbrauen hoch: „Wass jagt ihr denn …“
„Den genmanipulierten Bindenwaran zum Beispiel, der wegen des wärmeren Klimas nach Südspanien kam. . .“
Esmeralda hielt mit quietschenden Reifen am Straßenrand an, ihr schien übel zu sein. Sie legte die Hand auf ihren Bauch.
„Ist was?“, fragte Georg verunsichert.
"Das überrasssscht mich jetzt!"
"Was?"
Esmeralda sah ihm tief in die Augen und zischte: „Die Echssen werden nicht von jedem gemocht Punkt Trotz ihrer Genmanipulation aber sind sie ein unverzichtbarer Teil der Natur geworden!"
„Äh, sorry, wenn ich das sage, aber diese Viecher laufen auf zwei Beinen und sind bis 1,60Meter groß – gefährlich.“
„Hast du schon mal dran gedacht, dassss durch die höheren Temperaturen und dem zerklüfteten Gestein im Gebirge sssssich die Ratten vermehrt haben?“
„Ja, und?“
"Sie fressssen alles kahl und verbreiten Krankheiten.“
„Die Ratten?“
„Ja, und die genmanipulierten Bindenwarane fressssen Ratten!“
„Nicht nur. Katzen fressen auch Ratten!“
Esmeralda schlug mit der Faust auf die Konsole: "Quatsch! Die ssssind viel zu klein für die G-Wanderratten. Und alle anderen Raubtiere habt ihr kaputt gemacht - deshalb braucht es Echsen umso mehr!"
"Aber…", Georg stotterte. "...aber, die Leute von Veneguera werden von der EU unterstützt …"
Ihre Augen blitzten ihn an. Georg sagte besser nichts.
"Willsssst du wissen, was ich mache?" Was ist Georgs Reaktion?
Sein Magen knurrte.
„Hasssst du Hunger?“, fragte die Fahrerin mit einem sadistischen Unterton. Ehe Georg antworten konnte, griff sie nach hinten in eine Kühlbox. Sie nahm eine faustgroße Ratte raus, welche an ihren Schwanz vor Georgs Nase baumelte. Er schrie, Esmeralda grinste dämonisch. Er hielt sich seine Hände vors Gesicht, nahm sie zögerlich beiseite und bemerkte dann, dass die Ratte tot war. Ganz konnte er nicht glauben, was passierte – eine junge Frau fasste eine tote Ratte an. Leckte sogar ihre Lippen dabei. Die jungen Frauen, die er sonst kannte, gingen um tote Viecher herum - Infektionsgefahr. Esmeralda aber war so unkompliziert auf die eine Weise, intelligent und freundlich auf der anderen. Was er nur nicht verstand war, dass sie Veneguera so verteufelte - die unkontrollierte Ausbreitung stoppen hieß nicht, dass der Waran ausgerottet wird. Es wird nirgendwo erwähnt, dass sie den Ort "verteufelt"!
Esmeralda legte die Ratte in die Kühlbox zurück. „Ich füttere meine Lieblinge damit.“
„Lieblinge?“
Esmeralda schwärmte: „Es sssssind meine aufrecht laufenden Bindenwarane“Punkt Sie strich mit ihrer Hand über das Armaturenbrett. „Mit diesen Rattenjägern verdiene ich gutessss Geld.“
„Und wo leben die?“
Sie deutete mit ihrer Hand in die Landschaft. „Hier überall im Ssssüden von Spanien, also Andalusssien und damit auch Almería, um dein EU-Projekt Veneguera herum alsssso . . . auch in Lorca, wo ich dich abssssetzen wollte … “
"Wollte?"
Sie sah auf den Navigator: "Du bist gar nicht mehr weit weg von Lorca, zehn Minuten. Das kannst du laufen!"
Georg sah aus dem Fenster raus. Er hatte Angst. Waren Echsen zu sehen? Zum Glück nicht.  
„Fürchtest du dich etwa vor meinen niedlissschen Echsen . . . ?“ ihre Stimme war aggressiv: „Dir passiert nichts, solange du sie nicht schlägssst, oder eine von ihnen tötesssst! In deinem Rucksack hasst du zum Glück nur Anziehklamotten.“
Ja klar, das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass er diese Viecher schlägt. Er hatte ja sonst nichts mit seinem Leben vor.
Die Seitentür ging automatisch auf. Georg kniff verbittert die Augen zu, doch sie meinte: "Geh' endlich, du Echsenhasser - und sssssieh dich vor, ich beobachte dich!" Was ist Georgs Verhalten? Was ist seine Reaktion? Was sind seine Gefühle?
Sie knallte die Tür zu und gab Gas.
"

Da ist einiges im Logikbereich zu tun.
MfG


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Smokowski
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Beitrag28.12.2022 22:30

von Smokowski
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Hi,

danke für die Verbesserungen

1. Den Ablauf am Anfang habe ich geändert
2. Georg hatte einfach vergessen, seinen Hut abzunehmen
3. Begrüßung und Kleidung sind nun auch in der richtigen Reihenfolge
4. Georg verteidigt sein Eigentum nicht, weil er seit zwei Tagen an der Tankstelle mitgenommen werden wollte und nicht riskieren wollte, wieder rausgeschmissen zu werden - ich habe seine Gedanken dazu geschrieben.
5. Ergebnis der Durchsuchung? Esmeralda verrät es Georg nicht - es ist in der neuen Version extra geschrieben.

Auch alle weiteren Punkte habe ich verbessert und den 2. Teil angehängt.


Viel Spaß mit der neuen Version:

Ein olivgrüner Punkt entschleunigte und fuhr an Georg vorbei. Nach dem lichten des Wüstenstaubs entpuppte er sich als Elektroauto. Der SUV kam zum Stehen, es öffnete sich die Beifahrertür.
„Come in“, rief eine dunkle Stimme.
Endlich. Das zweitägige Warten und die Ernährung von Kaktusfeigen hatte endlich ein Ende. Georg war vom Hunger geschwächt, sein Wille aber brachte ihn dazu, sich aus dem Schatten einer rostigen Zapfsäule zu erheben. Er hatte den Rucksack ergriffen das Pappschild in der Hand und stolperte zum Auto.
Als Georg die kühle Luft aus dem Wageninneren spürte, glaubte er, es sei soeben ein Raumschiff neben ihm gelandet. Er duckte sich hinein und ließ sich in den Beifahrersitz sinken, lehnte sich nach hinten, legte seinem schweren Rucksack auf dem Schoß und machte die Augen zu, nur, um für einen Moment diese Kühle zu genießen! Er schielte nach oben. Er hatte vergessen, seinen weiten Strohhut abzunehmen, er war ihm aber nicht vom Kopf gefallen – er konnte sogar mit geradem Rücken im Auto sitzen. Das war selten. Er kniff sich. Dies war kein Traum.
Er sah auf dem Fahrersitz eine junge Frau mit leuchtend grünen Augen. Ihre breiten Augenbrauen gaben ihrem weichen, runden Gesicht einen derben, südländischen Touch, dennoch war ihr Gesicht blass – leichenblass, um genau zu sein. Glaubte sie, ein Gespenst gesehen zu haben? Nein, ihr schlanker Körper war entspannt, der in eine dunkle Strickbluse gehüllt war. Sie wirkte auf ihn so ungewohnt aufreizend, was ihn wiederum faszinierte. Er ergriff ihre kalte Hand und säuselte: „Georg . . .“
„Esmeralda“, sagte sie mit einen Zischeln in Ihrer Stimme, was im Überbetonen vom „S“ gipfelte. Diese war dunkel, tief und rauchig – wie eine typische Whiskystimme.
Ehe er weitersprechen konnte, packte sie seinen Rucksack und stellte ihn auf ihren Schoß. „Aber, hallo!“ rief er.
Er wollte ihn ihr wieder wegnehmen, zögerte aber, da er nach zwei Tagen Wartezeit im klammen Schatten der Zapfsäule sich diesen Lift nicht verderben wollte, er war am trampen. Esmeralda wollte in seinen Rucksack schauen, doch ihre langen Haare hinderten sie daran. Sie nahm ihre braunen Haare und band sie hinter ihrem Kopf zu einem Dutt zusammen. Während der Inspektion leckte ihre spitze Zunge ihre Lippen. Seltsames Verhalten.
Sie legte den Rucksack auf seinen Schoß zurück … und jetzt? Fühlte sie sich nun sicherer? Sie schwieg und nahm ihm den Hut ab, seine blonden Haare fielen ihm in die Augen und auf die Wangen, was etwas wehtat bei seinem Sonnenbrand. Esmeralda konnte ihm mit ihrem Gesicht problemlos nahkommen – war sie so groß wie er? Er konnte es im Sitzen nicht abschätzen. Sie sah ihn lasziv an. Es war schön, doch er nahm einen leichten Verwesungsgeruch wahr, sah umher, es war zum Glück aber keine Leiche zu sehen. Aber bei dieser Art von Mitfahrgelegenheit wollte er nicht über das bisschen Mief klagen.
Ihr Blick wanderte anschließend an ihn herunter, wobei sie wieder ihre Lippen leckte. Georg war sich nicht sicher, wie er diese Frau einordnen sollte. Einerseits wirkte sie anziehend auf ihn, auf der anderen Seite aber war sie grenzüberschreitend. Grenzüberschreitung verband Georg mit Gefahr, oder vielleicht war es einfach nur ungewohnt für ihn, in Spanien vielleicht normal. Auf dem ersten Blick aber lag keine Waffe im Auto herum. Tief durchatmen! Das wird schon gut gehen. Georg nahm aus seinem Rucksack eine der wasserhaltigen Kaktusfeigen und lutschte sie.
„So, du willst also nach Almería?“, zischte Esmeralda in ihrer S-betonten Aussprache auf Englisch. Ein Dialekt? Wahrscheinlich. Ihr Blick war auf sein Schild aus Pappe gerichtet.
Er nickte.
Sie beugte sich vor das Display des Navigationsgeräts, wessen Landkarte fast die gesamte Fahrkonsole einnahm und tippte darauf herum. Sie sagte: „Ich werde dich an der Tankstelle von Lorca absetzen. Das ist in der Region Murcia.“ Das Gerät zeigte eine Fahrt von zwei Autostunden an bei konstanten 100 Km/h, was die halbe Strecke bis zu seinem Ziel war. „Wenn dich dort niemand mitnimmt, kannst du den Zug nehmen . . . “
Er schaute aus seinem Taschencomputer, sein Guthaben für den Zug von Lorca bis zu seinem Endziel Almería in der 2.Klasse reichte noch aus. Georg nickte.
Esmeralda fuhr los. „Du kannst von Glück reden, dass dich jemand aufsammelt“, zischte sie. „In Spanien nimmt einen immer die Familie mit. Die Leute verstehen nicht, dass da jemand alleine am Straßenrand steht und trampt.“
Er war froh, dass ihn jemand verstehen konnte. Ihr starres Gesicht verunsicherte ihn, aber Hauptsache war, dass er ihr Englisch verstand. „Ich hatte seit vorgestern an dieser Tankstelle auf einen Lift gewartet!“, hüstelte er.
„Wo warst du vorher?“
Georg sah auf die Landkarte. „In Marseille, in Frankreich …“
„Kommst du aus Marseille?“
„Nein. Marseille war nur ein Zwischenstopp. Ich bin aus Berlin.“
Ihre Augen leuchteten „Lass mich raten, du bist . . . “
„18“
„Noch besser.“ Sie machte den Daumen nach oben. „Ich dachte 20. Du bist für dein Alter sehr mutig, weil du alleine los trampst . . . und nicht so wie die Snowflakes(Weicheier) in den City-Kondos in der sicheren Simulation hängst.“
Das Auto sauste bereits mit 160 Km/h über die staubige Autobahn. Georg war beruhigt - und froh, die Weite der Wüste zu sehen und nicht einfach nur Häuserschluchten wie im Kondo. Nach einer Weile erblickte er wieder grüne Punkte. Als das Auto vorüberfuhr, merkte er, dass es Palmen waren. Schon nach einigen Minuten durchquerten sie eine fruchtbare Savanne. Einzelne Bauernhöfe waren in der Ferne zu sehen. Zu einem Bauernhof wollte Georg auch hin.
„Mein Urgroßvater sagt mir, ich soll durch Landarbeit die Zusammenhänge der Natur lernen. Ich soll über ein EU-gefördertes Projekt sogar die Wüstenbildung in Südeuropa aufhalten. Erst wenn ich dort ankomme, bekomme ich wieder Geld überwiesen.“
„Oh ….“, Esmeralda räusperte sich: „Wirst du gezwungen …?“
„Ja, mein Urgroßvater zwingt mich. Ich finde aber, dass ich bereits eine Menge gelernt habe hier draußen, z.B. dass diese Kaktusfeigen essbar sind.“ Er bat Esmeralda einige seiner Kaktusfeigen an. Esmeralda schüttelte den Kopf. „Somit verhungerte ich nicht. Ich überlebte ohne Geld – ein interessantes Gefühl, trotz aller Entbehrung! Schau, meine Haut hat richtig Farbe bekommen, fast wie mein Urgroßvater, der noch unter freiem Himmel arbeitete."
Esmeralda sah sich im Auto um: "Ich kann dir leider nichts anbieten . . ."
Das war bitter. Er blickte auf seinen Schoß hinunter. Er hatte auch schon alle Feigen gegessen.
„Kondos sind naturfremde Welten, oder?“  
„Ja, total! Wir leben unter riesigen Kuppeln, in welchen Temperatur und Luftfeuchtigkeit konstant auf gemäßigtes Klima gehalten werden, wie zur Zeit, bevor die Alpengletscher verschwunden waren. Da gibt es keinen Bezug zur realen Natur mehr. Viele Kinder bei uns glauben, dass die Milch aus der Fabrik kommt!“
Esmeralda winkte ab. „Ich verstehe nicht, wieso die Leute sich mit einer Kuppel so abgrenzen und nicht lernen wollen, mit dem Klimawandel zu leben.“
„Auf dem Kleinbauernhof Veneguera…“
„Veneguera?“
„… das Projekt, wo ich hin will.“
„OK.“
„Dort will ich mit anderen lernen, mit der veränderten Natur zu leben. Wir werden Palmenreihen anlegen, was die Wüste zurück drängt."
Obwohl Esmeralda keine Mimik hatte, nahm Georg von irgendwoher wahr dass sie erfreut war. "Sehr schön!“, zischte sie. „Ich hatte meine Hoffnung an die Menschheit schon aufgegeben!“
Georg war froh, auf seiner Reise nicht nur zu verlangen, mitgenommen zu werden. Er konnte den Leuten Hoffnung machen. "Auch diese ganzen eingewanderten Tiere werden bejagt, damit sie sich nicht unkontrolliert ausbreiten!“
„Waaass?“ Esmeralda zog die Schultern hoch: „Was jagt ihr denn …“
„Ein böses Tier, den genmanipulierten Bindenwaran! Wegen dem wärmeren Klima kam er nach Südspanien . . .“
Esmeralda hielt mit quietschenden Reifen an. Sie legte die Hand auf ihren Bauch.
„Ist was?“, fragte Georg verunsichert.
"Das überrascht mich jetzt!"
"Was?"
Esmeralda sah ihm tief in die Augen und zischte: „Die Echsen werden nicht von jedem gemocht. Trotz ihrer Genmanipulation aber sind sie ein unverzichtbarer Teil der Natur geworden!"
Georg „Äh, sorry, wenn ich das sage, aber diese Viecher laufen auf zwei Beinen und sind bis 1,60Meter groß – gefährlich.“
„Hast du schon mal dran gedacht, dass durch die höheren Temperaturen und dem zerklüfteten Gestein im Gebirge sich die Ratten vermehrt haben?“
„Ja, und?“
"Sie fressen alles kahl und verbreiten Krankheiten.“
„Die Ratten?“
„Ja, und die genmanipulierten Bindenwarane fressen Ratten!“
„Nicht nur. Katzen fressen auch Ratten!“
Esmeralda schlug mit der Faust auf die Konsole: "Quatsch! Die sind viel zu klein für die G-Wanderratten. Und alle anderen Raubtiere habt ihr kaputt gemacht - deshalb braucht es Echsen umso mehr!"
"Aber", Georg stotterte. "...aber, die Leute von Veneguera werden von der EU unterstützt …"
Ihre Augen blitzten ihn an. Georg sagte besser nichts.
"Willst du wissen, was ich mache?"
Sein Magen knurrte und er schaute nach draußen. „Da drüben sind Opuntienkakteen, zwischen all den toten Mandelbäumen -  Ich würde gerne noch ….“
Sie griff nach hinten in eine Kühlbox und zog eine faustgroße Ratte raus. Sie baumelte an ihren Schwanz vor Georgs Nase. Er schrie, Esmeralda lachte dämonisch. Er hielt sich seine Hände vors Gesicht, nahm sie zögerlich beiseite und bemerkte dann, dass die Ratte tot war. Ganz konnte er nicht glauben, was passiert war – eine junge Frau fasste eine tote Ratte an. Die jungen Frauen, die er sonst kannte, gingen um tote Viecher herum - Infektionsgefahr. Er konnte es nicht in Worten ausdrücken, was er ihr sagen wollte. Nur so viel: Esmeralda war so unkompliziert auf die eine Weise, intelligent und freundlich auf der anderen. Er verstand nur nicht, warum ihr die kontrollierte Ausbreitung der Echsen so missfiel. Es hieß nicht, dass der Waran an seiner Rattenjagd gehindert wurde. Sie kam ihm daher wie ein Moralapostel vor. Ehe er weiter nachdenken konnte, legte Esmeralda die Ratte in die Kühlbox zurück und zischte: „Ich füttere meine Lieblinge damit.“
„Lieblinge?“
Esmeralda schwärmte: „Es sind meine aufrecht laufenden Bindenwarane.“ Sie strich mit ihrer Hand über das Armaturenbrett. „Mit diesen Rattenjägern verdiene ich gutes Geld.“
Dies erklärte, warum sie gegen die Jagd auf Warane war. Sie waren ihr Kapital, aber eine bissige Kapitalanlage, welche er aber möglichst aus dem Weg gehen wollte. „Und wo leben die?“
Sie deutete mit ihrer Hand in die Landschaft und zischte: „Hier überall im Süden von Spanien, also Andalusien und damit auch Almería, um dein EU-Projekt Veneguera herum also . . . auch in Lorca, wo ich dich absetzen wollte … “
"Wollte?"
Sie sah auf den Navigator: "Du bist gar nicht mehr weit weg von Lorca, zehn Minuten. Das kannst du laufen!"
Georg sah aus dem Fenster raus. Er hatte Angst. Waren Echsen zu sehen? Zum Glück nicht.  
„Fürchtest du dich etwa vor meinen Lieblingen . . . ?“ ihre Stimme war aggressiv: „Versuche doch mal, mit ihnen zu reden! In deinem Rucksack hasst du zum Glück nur Anziehklamotten.“
Ja klar, das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass er diese Viecher irgendwie anquatscht. Er hatte ja sonst nichts mit seinem Leben vor.
Die Seitentür ging automatisch auf. Georg kniff verbittert die Augen zu, doch sie meinte: "Geh' endlich, du Echsenhasser - und sieh dich vor, ich beobachte dich! Adiosssss, Amigo!"

Sie knallte die Tür zu, gab Gas und Georg fühlte sich wie eine fallengelassene heiße Kartoffel. Gerade eben glaubte er noch, den Menschen mit seinem Aufforstungsprojekt Hoffnung zu geben, doch nun fürchtete er sich vor Esmeraldas bissiger Kapitalanlage. Hoffentlich war ihr „ich beobachte dich“ nur eine leere Drohung.
Wo war die Tankstelle?
Ach, dort drüben schon zu sehen. Er lief ein wenig in die Richtung, in welche Esmeralda gefahren war und stand nun vor der Tankstelle von Lorca. Dahinter ragte ein felsiges Gebirge auf – es war rötlich gefärbt. Sand knirschte zwischen seinen Zähnen. Die Sonne stand bereits tief, der ganze Himmel war rosarot – hoffentlich kein böses Omen. Einzelne Palmen standen herum, dessen Früchte er nicht kannte; sein Computer konnte ihm mehr dazu sagen. Es waren Dattelpalmen, die Datteln aber noch nicht reif. Kaktusfeigen wuchsen nirgends. Er versuchte, noch einmal mitgenommen zu werden. Er fragte die Leute, welche an der Tankstelle mit ihren Autos hielten. Die einen konnten ihn nicht mitnehmen, weil sie gerade nach Hause kamen, andere zeigten nur mit dem Finger auf den Boden.
Es fuhr kein Bus zum Bahnhof, der laut seinem Navi nur 10 Kilometer die Straße weiter geradeaus entfernt war. Hätte er ein Taxi genommen, würde sein Geld für die Weiterfahrt nach Almería nicht ausreichen. Nun musste er zu Fuß gehen und sich mehr oder weniger mit Esmeraldas Lieblingen konfrontieren, zu denen im Internet nur Berichte zu finden waren, die sie als Retter vor der Hungerkatastrophe lobpreisen – aber keine sachlichen Informationen.
Er fragte den Tankwart: „Wie soll ich mich aufrecht laufenden Bindenwaranen gegenüber verhalten?“
Der Tankwart meinte das Gleiche, was Esmeralda sagte: "Nicht treten, nicht treten, Señor!"
„Was wäre, wenn die Echsen angreifen?“
Der Tankwart hob die Schultern: „Angreifen? Mich noch nie!“
Was wusste die Polizei? Er telefonierte und bekam als Antwort: „In Anwesenheit eines genmanipulierten Bindenwarans sollten Sie sich tunlichst defensiv verhalten. Zeigen Sie keine Angst. Verhalten sie sich, wie Sie sich einem Hund gegenüber verhalten würden!“
„Bei einem 1,60m großem Waran ist das leichter gesagt als getan! Was mache ich, wenn sie mich doch angreifen?"
"Das sind Tiere, die an Menschen gewöhnt sind. Die gehen Ihnen aus dem Weg."
Na, wenn er meint. Sein Wort in das Ohr eines Wesen, dass nach logischer Leseart nicht existiert, aber dass Georg nun um Beistand anrief: Gott! Hoffentlich brachte es irgendwas, weil er nicht wusste, was ihm noch Sicherheit gab. Aber, sein Urgroßvater sagte, dass ein wenig Risiko einfach zur Reise dazugehörte! Georg legte den Hörer auf und sah auf die Uhr. Er wollte keine Zeit mehr mit Nachdenken verlieren und lief zum Bahnhof, um ihn noch vor Anbruch der Dunkelheit zu erreichen. Wildtiere werden in der Dämmerung besonders aktiv, dachte er sich – hoffentlich war das bei diesen Echsen genauso.
Eine Stunde später war die Straße palmengesäumt und alles war rötlich verfärbt, eine Echse aber traf er zum Glück nicht an. Kein Auto fuhr vorbei, diese Menschenleere gruselte ihn irgendwie. Hinter den Palmen waren auf beiden Seiten Wände zu sehen, über denen einzelne Bananenblätter lugten. Sie waren zu hoch und glatt, um hochzuklettern und Bananen zu ernten. Außerdem: Keine Zeit! Die Sonne wirkte so, als wolle sie sich hinter den Bergen schlafen legen und je mehr der Schatten die Talstraße fraß, desto mehr nahm seine Angst zu. Seine Gefühle aber waren der Sonne scheiß egal. Als er vor sich auf der Straße einen Schatten in der Größe eines Schäferhunds sah, blieb Georg stehen, weil er erwartete, dass es ihn angreifen würde. Was war es? Ein „Liebling“ von Esmeralda? Es kroch unter die unzähligen abgestorbenen Palmblätter auf seiner Straßenseite, unter denen es raschelte. Georg machte einen großen Bogen herum und wechselte die Seite.
Er lief weiter und je dunkler es wurde, desto mehr ballte er die linke Faust, um sich notfalls zu verteidigen. Als der Vollmond sein schauriges Licht auf die Straße warf, raschelte es wieder. Von der rechten Seite? Nein. Er sah nichts und nahm wieder die Straße in´s Visier. Oh. Auf der Straße stand wieder ein schwarzer Schatten. Das Wesen lief auf ihn zu. Ganz schwach waren Konturen zu erkennen – es schlug mit seinem breiten, langen Schwanz auf den Asphalt, es roch nach gammligem Fleisch. Er leuchtete das Licht seines Smartphones auf das Reißzahnmaul.
Nun bloß keine Angst zeigen! Ob es ihm fernblieb, das war die Frage.
Die Lampe aber rutschte aus seiner Hand und er schrie. Das grünhäutige Wesen erhob sich auf seine zwei Hinterbeine, seine Kontur wirkte wie eine Mischung aus Mensch und Raubsaurier. Es gab aber keine Haare, geschweige Ohren und die Schnauze war spitz.
Georg stellten sich die Nackenhaare auf. Er konnte kein Wort sagen.
Aus der Ferne sah er jemanden lautlos die Straße auf sich zukommen. Sein Retter? Die Person ergriff das Reptil von hinten und schleuderte es auf den Boden.
„Es ist alles okay!“ Georg hörte Esmeraldas unverwechselbare Zischstimme vor sich. Er erleuchtete das Geschehen. Es war tatsächlich Esmeralda, die mit ihrem Körpergewicht das Wesen auf dem Boden drückte.
„Wie kommst du denn hierher?“, fragte Georg überrascht.
„Ich hab´ dir doch gesagt, ich beobachte dich!“
Ihm lief ein Schauer über den Rücken. Er hatte bis eben nicht bemerkt, dass Esmeralda ihm gefolgt war. War das nun gut, oder schlecht? Sollte er sich bedanken und einfach … weiterziehen?
Sie war damit beschäftigt, dem Widerstand leistendem Tier das Maul zu verschließen.
„Darf ich dir helfen?“
„Meine Lieblinge darf nur ich anfassen!“
Na gut, wenn sie meint … oh, Georg war überrascht. Das Echsenwesen hatte gerade eben den Schwanz verloren. "Esmeralda, dein Liebling sieht ohne Schwanz noch menschlicher aus."
Esmeralda aber ließ es los und es verschwand hinter ihr im Dickicht. Sie kniete auf dem Boden und legte vor Verzückung ihre Hände in den Schoß. "Menschlich! Das ist schön, nicht wahr?"
Bitte? Georg wurde gerade angegriffen von diesem Tier. Da wollte er nicht sagen, wie schön es sei. Er zischte verärgert: "Es ist gefährlich…"
Esmeralda erhob sich, sie war so groß wie er, und sah ihn vorwurfsvoll an. „Du bist gefährlich!"
O nein! Sie meinte immer noch, ihn belehren zu müssen. Behandelte sie ihn fair? Eher nicht. "Esmeralda, stell' dir mal vor, wie es wäre, wenn ich dich überzeugen möchte, dass man z. B. Katzen unter keinen Umständen was antun soll, obwohl sie sich dir in den Weg stellen und angreifen. Wie würdest du dich fühlen?"
Sie machte eine Kopfbewegung die Straße hoch: „Mein Auto ist dort oben, setz´ dich erst mal rein – ich erkläre dir alles.“
Georg war verunsichert, aber, in der Dunkelheit mit den Echsen konnte er auch nicht bleiben. Er ging daher mit zum Auto und setzte sich rein. Esmeralda zischte: „Mach´ die Tür zu!“ Ach, was er sich alles gefallen lassen musste. Aber, er hatte keine Wahl und folgte Esmeraldas Befehl. Sie setzte sich vor das Steuer und drehte die Klimaanlage auf - ihm wurde es fast schon zu kühl. „Ich kann dir nur Wasser anbieten – und halt Ratten!“
Georg verdrehte die Augen. Ratten! Nicht schon wieder so ein blöder Scherz! Esmeralda hielt ihre Hand an ihren Mund. "Achso, du isst ja keine Ratten…."
Ja klar. Menschen essen jeden Tag Ratten. Wir essen auch sonst nix anderes!
„Na, egal…“ Sie sah auf den Navigator. „Jetzt fahre ich dich die letzten 100 Kilometer bis Almería!“ Ein leichtes Surren verriet, dass Esmeralda der Motor anmachte. Daraufhin flitzten sie lautlos durch die Nacht. Die Straße verlief schnurgerade durch die mit Farmen drapierte hügelige Landschaft.
Georg war irritiert. „Was ist jetzt überhaupt los? Erst hast du mich als Echsenhasser beschimpft und rausgeschmissen. Dann rettest du mich vor einem deiner Lieblinge und fährst mich nun nach Almería? Kannst du mir das bitte erklären?“
Esmeralda trank etwas Wasser, leckte ihre Lippen und säuselte: „: Du kannst meine Lieblinge mit Hunden vergleichen, denn es gibt aggressive, sowie liebevolle Hunde, aber wenn sie sich bedroht fühlen, werden sie böse.“
"Ja, aber, eine 1,60m große Echse ist nicht unbedingt vertrauenerweckend und ich fürchtete um mein eigenes Leben…"
"Dein Leben … was ist schon dein Leben?“ Esmeralda sah ihn ernst an. „Das will ich dir begreiflich machen! Es ist nicht mehr wert als das einer meiner Lieblinge. Nur, weil sie nicht sprechen können jagt ihr sie und meint, ihre Zahl beschränken zu müssen. Das finde ich nicht fair!"
„Aber …“ Georg rang nach Worten: „…das sind doch nur Tiere!“
Esmeralda warf ihm einen bösen Blick zu. „Nur weil Echsen Tiere sind, sind sie dumm, oder wie?“
Georg hatte darüber noch nie nachgedacht. „Das … ääh …“
„Deren Beute, die Ratten, sind sehr intelligent. Meine Lieblinge aber halten euch die Ratten vom Leib – daher sind sie so intelligent wie Menschen!“
„Willst du mir damit sagen, dass die Echsen so intelligent sind wie wir, aber nur nicht sprechen können?“
Esmeralda kicherte. „Meine Lieblinge sind nur Kinder – die können noch nicht sprechen!“
O je. Jetzt übertrieb sie aber. Sprach sie gerade von Echsen, die sprechen lernen können?
Sie deutete auf ihren Mund: „Wenn die genmanipulierte Bindenwarane weiter erwachsen werden, wächst diese spitze Schnauze nicht weiter und sie sieht aus wie ein normaler Mund. Ihr werdet sie mit einen Menschen verwechseln!“
„Natürlich! Menschen sind ja auch so schön grün!“
Esmeralda zischte: "Du hast noch nichts von den Fähigkeiten der Echsenmutter gehört!“
„Ist sie ein Chamäleon?“
„Nein.“
„Ich finde, dass Echsen und Menschen völlig unterschiedliche Spezies sind. Auch unsere fortschrittliche Gentechnik kann daran nichts ändern!“
"Ganz genau! Deswegen hatte die Echsenmutter sich die Fähigkeit beigebracht, mit Hilfe ihrer Körperform in eine Menschenhaut zu schlüpfen, um somit nicht unter Menschen erkannt zu werden. Unter solch einer Tarnung kann sie bis heute Menschen gefahrlos beobachten und ihre Denk, sowie Verhaltensmuster erlernen – aber auch ihre Sprache! So intelligent sind … die genmanipulierten Bindenwarane!"
So jung war Georg auch wieder nicht, um ihr diese Geschichte zu glauben. Was für eine Menschenhaut meinte sie eigentlich? Die einer Leiche? Hatte sie zu viele Horrorfilme gesehen, oder wie kam sie drauf? Furchtbar! Bei der Gelegenheit stach ihm wieder der Leichengeruch in die Nase – war die Kühlbox ordentlich zu? Ja. Hoffentlich machte sie die nicht wieder auf, solange er dabei war. Er sah lieber zu, wie die vom Vollmond erleuchtete Felswüstenlandschaft an ihm vorbeizog. Etwas später – er war müde und konnte die Zeit nicht mehr richtig einschätzen - war das Mittelmeer am Horizont zu sehen. Oh, waren sie schon so weit? Der Navigator zeigte es. Noch 10 km bis Almería.
„Die Echsenmutter wird immer dort sein, wo du sie nicht vermutest – und sie wird zuschlagen, wenn du ihren Kindern was antust!“
„Sie kann nicht bewiesen werden!“
Esmeralda hielt ihren Zeigefinger an ihre Schläfe. und säuselte. „Okay? Und was würdest du tun, wenn diese Echsenmutter existiert?“
„Keine Echsen mehr jagen, weil deren Mutter so gefährlich ist!“
„Du sollst aber keine Angst vor der Echsenmutter haben. Mir ist nur wichtig, dass ihr eure Denkweise, z.B. das dezimieren der Echsen, nicht für das Nonplusultra hält, weil die Echsen selber wissen, vielleicht sogar besser als ihr, wie eure Bemühungen zur Wiederaufforstung unterstützt werden können – redet mit ihnen, sie werden euch verstehen.“
„Mit ihnen reden? Ich hatte keinen Ton rausbekommen, als sie vor mir standen!“
„Lass´ dir was einfallen, denk´ dir was aus. Denk´ aber nicht mal dran, sie zu töten!“
O je. Was sollte Georg von einem Menschen halten, dem sein Leben so viel wert war wie das eines Bindenwarans?
Er wollte sich dieses herablassende Verhalten nicht länger gefallen lassen und aussteigen. Das Auto erreichte eine Siedlung. War es Almería? Er wusste es nicht, aber es war sicher nicht mehr weit.
„Bitte - lass´ mich raus -  mit ist kalt!“
Esmeralda hielt in der Haltebucht einer Bushaltestelle. Georg öffnete die Tür, nahm seinen Rucksack, stieg aus und stand in der mediterranen Wärme.  
„Viel Glück!“ rief Esmeralda ihm hinterher. Zwischen ihre Lippen sah er einzelne Reißzähne aufblitzen. Dann fuhr sie von dannen ….


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