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Der Narr, der den Riesen geblendet hatte


 
 
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cheeky_rakoon
Gänsefüßchen
C

Alter: 35
Beiträge: 27
Wohnort: Österreich


C
Beitrag08.04.2022 18:37

von cheeky_rakoon
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Hat mir sehr gefallen und habs gern gelesen. Ist in meinen Top 3
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anderswolf
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1069



Beitrag09.04.2022 15:41

von anderswolf
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Nö, diesmal nicht.

Wobei, vielleicht ein Tipp: Beim nächsten Mal versuchen wir uns vielleicht mal an kürzeren Sätzen.
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nicolailevin
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 260
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag09.04.2022 17:27

von nicolailevin
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Outis lebt seit langem auf einer idyllischen Insel, füttert Wachteln und Ziege und kann sich an nichts mehr erinnern. Hirte und Jägerin versorgen ihn, deren geheimnisvolle Mutter kümmert sich im Verborgenen um Käse und Wein. Outis hat zwar seine Erinnerung verloren, aber er ist nicht dumm und erkennt, dass die seltsame Insel, ohne Sterne am Nachthimmel, eine gigantische Blüte ist, die auf dem Meer schwimmt und sich nachts schließt; Hirte und Jägerin müssen Götter sein, um so etwas zu vermögen. Sie klären ihn auf, dass er selbst bei ihnen um Zuflucht und Vergessen bat. Man bringt ihn an Land, er trinkt aus der Quelle, die ihm sein Gedächtnis wiedergibt und geht zum Strand, zu seinem Boot und segelt los.

Für eine ungebildete Dumpfbacke wie mich, der ich kein Altgriechisch kann, hatte die Suchmaschine im Web den Schlüssel parat: Outis ist „Niemand“ – und mit diesem Wissen lösen sich alle kunstvollen Anspielungen mit einem Male auf: Der kampfesmüde Odysseus ist es also, der nach all dem Krieg um Troja und den Abenteuern auf See die Nase voll hat und eine Auszeit bei Artemis und Hermes und Hera nimmt. Dem Riesen, Polyphem, den er geblendet hat, sagte er einst listigerweise, sein Name sei „niemand“ – und der plärrte prompt herum, niemand habe ihn geblendet.

Der etwas angestaubte Charme dieses Beitrags fängt mich ein und gewinnt mich für den Text. Ich finde, sprachlich ist das ein gelungenes Kabinettstückchen; die Idylle zu Anfang segelt zwar haarscharf am Kitsch, der etwas gedrechselte Stil aber passt im Ganzen gut zum Thema und wird auch weitestgehend durchgehalten.

Die Finte mit der Riesenblüte erscheint mir ein wenig an den Haaren herbeigezogen, um den Vorgaben Genüge zu tun, aber nachdem ich – im Gegensatz zu Polyphem – zwei Augen habe, kann ich eines davon getrost zudrücken.

In den Punkten.

Am Ende Platz 8 mit drei Punkten.
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Gast







Beitrag10.04.2022 08:41

von Gast
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Liebe/r Inko,

Verzeihung, leider schaffe ich es nicht mehr, dir einen Kommentar dazulassen Embarassed. Mich hat's erwischt und ich schwächel etwas.

Liebe Grüße,
Katinka
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fabian
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Beiträge: 610



Beitrag10.04.2022 16:08
Re: Der Narr, der den Riesen geblendet hatte
von fabian
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Wegen der schönen, poetischen Erzählweise (auch, wenn es mir manchmal etwas dick aufgetragen erschien):
10 Punkte


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Wer an einem aufgeräumten Schreibtisch sitzt, wer das schafft, kennt keine Gnade.
Terézia Mora im Interview mit Klaus Siblewski (in: TEXT+KRITIK 221)
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nebenfluss
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Beitrag10.04.2022 16:11

von nebenfluss
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Als ich las, dass hier eine Ziege den Namen „Vergessen“ angehaftet bekommt, hatte ich eigentlich schon keine Lust mehr. Holzhammer-Symbolik – in Ermangelung eines treffenderen Begriffes - ist nicht so meins. Dann die Frage, ob die Ausschließlich-auf-dem-Meer-Vorgabe nicht doch etwas arg überstrapaziert wird. Im weiteren Verlauf eine sagenhafte, religiös anmutende Geschichte über Schuld und Sühne. Puh! Brauche ich das noch, oder brauche ich es wieder?
Beim zweiten Lesen konnte ich dann mehr von meinem Geschmack und meinen Vorurteilen absehen. Das Bild der Blüte gefällt mir ja doch. Ein Hauch von Lothlorien weht da durch, mit Hirte und Jägerin als halbgöttlichen Hütern eines halbhimmlischen Reiches, die sich eher ungern in irdische, menschliche Konflikte einmischen, aber doch nicht drumherum kommen, es ab und an zu tun. Alles nicht gerade neu, aber was ist schon neu; immerhin ist es sehr konsistent nach den Regeln der Kunst erzählt. Muss man auch erst mal hinkriegen, ich könnte das wohl nicht. Deshalb doch noch in die Punkteränge aufgenommen.


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"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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Minerva
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Beitrag11.04.2022 15:55

von Minerva
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anderswolf hat Folgendes geschrieben:


Wobei, vielleicht ein Tipp: Beim nächsten Mal versuchen wir uns vielleicht mal an kürzeren Sätzen.


Nein, lass das Laughing


_________________
... will alles ganz genau wissen ...
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anderswolf
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Beitrag14.04.2022 10:56

von anderswolf
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Der Narr, der den Riesen blendete, bin wohl ich. Die Geschichte bietet ausreichend uninteressante Belanglosigkeit, so dass niemand gezwungen ist, ein bisschen tiefer zu gehen. Das ist kein Vorwurf, nur eine Erkenntnis: Unter Wettbewerbsbedingungen zu schreiben, ist ja das eine, unter Wettbewerbsbedingungen zu bewerten, ist das andere. Wer 26 bis 27 Texte kommentieren will, hat keine Zeit für untersubtile Anspielungen.

nicolailevin war meines Wissens der einzige, der Outis gegoogelt hat. Dass das Pseudonym niemandem auffallen würde, war mir klar, ich kannte es auch nicht. Aber der Titel! Wie viele geblendete Riesen mit meerigem Kontext gibt es wohl? Vielleicht hätte die Ziege doch Lethe und nicht Vergesssen heißen sollen, so wie ich die größte der zehn Wachteln zunächst auch Mnemosyne nannte nach der Mutter der neun Musen. Aber dann wollte ich nicht zu auffällig griechisch sein.

Strategisch könnte ich behaupten, dass ich die Phantasma-Aufgabe der langsamen Entfaltung einhalten wollte. Mit ausreichend heißer Luft sollten die Lesys an der Wasseroberfläche der Geschichte gehalten werden; und nur wer tiefer tauchte, würde den ganzen Strunk an Mythologie sehen, der die Blüte der Erzählung trägt. Ich gebe zu, ich habe nicht nur die Phantasma-Regeln nicht verstanden und darüber hinaus die Erzählung selbst aus dem Blick verloren.

Jetzt also der Infodump, Teil 1:
Leto, jüngere Tochter der Titanys von Zweifel und Erkenntnis Koios und Phoibe, wird von Zeus gegen Heras Willen geschwängert. Hera rächt sich: nirgends auf der Erde und unter dem Himmel dürfe Leto entbinden. Letos ältere Schwester Asteria jedoch, fliegt als Wachtel zum Ägäischen Meer, verwandelt sich in die schwimmende Insel Ortygia und bietet untertauchend Leto so einen Ort, an dem Leto die göttlichen Zwillinge gebiert: Artemis und Apollo.

Und hier Infodump, Teil 2:
Die Odyssee ist zwar die bekannteste und einflussreichste Dichtung der Welt, niemand hat sie aber gelesen. Ja, alle kennen Polyphem, vielleicht auch ist Circe unvergessen, womöglich die Sirenen. Tatsächlich nimmt die Erzählung der Irrfahrten des Odysseus in der Odyssee den kleinsten Teil ein: drei von 24 Gesängen handeln kurz alles ab, was im Gemeinschaftsgedächtnis von der Odyssee vorhanden ist.
Odysseus verbringt sieben von zehn Jahren Odyssee auf Ogygia, der Insel der Nymphe Kalypso. Sie verspricht ihm ewige Jugend und Unsterblichkeit, während er die ganze Zeit am Ufer sitzt und heult. Kaum gibt es eine kleine göttliche Intervention, haut er ab, strandet bei Alkinoos und Nausikaa, erzählt dort von seinen Abenteuern und wird dann nach Ithaka gebracht. Dort findet er seine Gattin belagert von Heiratswilligen, er erschlägt die Freier, alle glücklich (also bis auf die Toten).

Und jetzt mein Lesefehler sowie die freien Assoziationen:
Ortygia und Ogygia klingen so ähnlich, dass mein Gehirn sie komplett miteinander verwoben hat. Da hilft auch nicht, dass Kalypso nach Kalliope klingt, der Muse der epischen Dichtung. Da helfen auch die vier Quellen von Ogygia nicht, vor allem nicht, wenn man kurz vorher den Stengelquerschnitt des Lotos angesehen hat, weil Odysseus für den zweiten Halt auf seiner Fahrt bei den Lotosessern war, wo drei seiner Männer die einheimische Speise probiert und prompt vergessen haben, dass sie irgendwo hinwollten, weil Lotos offensichtlich psychoaktive Substanzen enthält. Außerdem öffnen sich die Blüten des Ägyptischen Lotos nur tagsüber, schließen sich gegen Abend und tauchen über Nacht ins Wasser, in Ägypten steht die Lotosblüte für die Wiedergeburt, vor allem in Verbindung mit der Wiedergeburt des Sonnengottes Osiris durch die Hilfe seiner Schwester, der Mondgöttin Isis.

Artemis übrigens ist nicht nur die jungfräuliche Göttin der Jagd, sie ist auch eine Mondgöttin, und sie hat ihrem Bruder zwar nicht bei einer Wiedergeburt geholfen, aber bei seiner ersten Geburt. Artemis nämlich ist die Ältere der Zwillinge und diente ihrer Mutter als Hebamme für Apollo. Göttys! Und Apollo ist nicht nur ein Gott der Künste, der Heilung und Hellsicht, sondern auch ein Sonnengott.
Und ihre Mutter Leto leitet ihren Namen entweder von Lethe ab, demjenigen der vier Unterweltsflüsse, der das Vergessen bringt, oder vom Lotos selbst, der Pflanze, die laut Odyssee das Vergessen bringt.

Und nun also die Geschichte, die ich irgendwie über all diese willkürlich zusammengebrachten Verstrickungen hinwegkonstruiert habe:

Odysseus war im Krieg, er hat Dinge gesehen und getan, die ihn in seinen Grundfesten erschüttert haben. Klassisches Kriegstrauma, PTSD. Es gibt viele Veteranen, denen es schwerfällt, ihre Erlebnisse konstruktiv zu verarbeiten. Es gibt nicht wenige Veteranen, die Gewaltausbrüche erleben oder die am liebsten einfach nur vergessen würden. Odysseus will vergessen, und als er die Gelegenheit dazu bekommt, nimmt er sie gerne wahr, nicht ahnend, welchen Preis er dafür bezahlen wird.

Meine Vermutung ist, dass Odysseus die vielen phantastischen Dinge wie Polyphem oder Circe, auch Skylla und Charybdis ziemlich ausgeschmückt, wenn nicht gar erfunden hat, als er bei Alkinoos und Nausikaa zu Besuch war (und ja, ich bin mir bewusst, dass überhaupt die ganze Odyssee eine Erfindung ist oder zumindest eine ausgeschmückte Erzählung). Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich auch herauszufinden versuchen, wofür seine Abenteuer stehen könnten: das versuchte Vergessen mit Hilfe des Lotos; der Versuch, sich selbst zu blenden, um nicht mehr der Einäugige im Reich der Blinden zu sein, der deutlich mehr gesehen hat als der Rest der Menschheit; die Erkenntnis bei Circe, die Odysseus' Männer in Schweine verwandelt, als sie Circes Dienerinnen überfallen (um es mal vorsichtig auszudrücken): Männer, wenn sie losgelassen, vor allem, wenn sie traumatisiert sind, streifen die dünne menschliche Haut schnell ab und sind nicht besser als kulturlose Tiere. Und der Lockruf der Sirenen, deren Gesang alle Männer in den freiwilligen Tod lockt, wenn sie sich nicht an den Mast ihres Schiffes binden (oder die Ohren voller Wachs haben). Und schließlich der Besuch beim Seher Tereisias im Totenreich des Hades, der ihm als Einziger einen Rückweg in die Welt der Lebenden weisen kann, wenn Odysseus nicht gleich bei den Toten bleiben will.

Mein Gedanke war, dass Odysseus einen Ort gesucht haben könnte, wo er sein Trauma therapieren hätte können. Dass er, wäre ihm die Gelegenheit geboten worden, sofort aus der Quelle des Vergessens getrunken haben würde, ungeachtet aller Konsequenzen. Nicht aus der Quelle des Todes, denn noch hatte er etwas, für das er leben wollte: seine Frau Penelope und sein Sohn Telemachos. Vielleicht hätte er warten sollen, ob die dritte Quelle Trauer und die vierte vielleicht Erlösung geboten hätten, aber wer von der zweiten Quelle trinkt, vergisst, nach den anderen zu fragen.

Und so, zumindest in meinen Gedanken, beginnt Odysseus' Zeit auf der schwimmenden Insel. Er hält sich selbstvergessen mit einfachen Dingen über Wasser. Sein Geist ist nicht mehr in der Lage, tief zu tauchen. Das harte Brot seiner traumatischen Erinnerungen verfüttert er an die musischen Wachteln und die Vergessen stiftende Ziege, deren Milch als leichter verdaubarer Käse abends auf seiner Speisenplatte liegt. Ansonsten trinkt er nur das süße Wasser der Insel, das sicherlich auch aus der Lethe-Quelle stammt.

Wer Hirte und Jägerin sind (außer Göttys) erkennt er nicht, auch nicht, dass sie zusammen mit ihrer Mutter Leto auf Seiten der Trojaner gegen ihn gekämpft haben. Sie ihrerseits kennen ihn zwar, wissen um seine grundsätzliche Schläue, aber den Unsterblichen sind die Sterblichen letztlich auch nur ein Zeitvertreib, sie bewerten nicht, was die Menschen tun (es sei denn, es geht um kleinliche Beleidigungen), sie wissen: nach einem Wimpernschlag der Ewigkeit sind die Kurzlebigen schon längst wieder Geschichte.

Und sich selbst kennt Odysseus natürlich auch nicht mehr. Er hat seine Identität abgelegt, wie er das in der Odyssee auch vielfach tut: die bekannteste Gelegenheit dafür ist, siehe oben, die Begegnung mit Polyphem. Dem (wörtlich übersetzt) Vielgerühmten gegenüber nennt Odysseus sich Outis, Niemand. Das ist ein raffinierter Trick, denn als Odysseus späte mit seinen Männern einen Stock in das Zyklopenauge getrieben hat, ruft Polyphem aus: "Niemand hat mich geblendet!" Die anderen Zyklopen sind daraufhin nicht weiter besorgt, auch wenn der Riese trotzdem weiter brüllt wie am Spieß.

Die Geschichte des Odysseus ist aus literaturhistorischer Geschichte interessant, da sie anders als die Ilias sich nicht statisch mit dem Zorn auseinandersetzt, der Menschen und Göttys auf dem Schlachtfeld vor Troja befällt, sondern die Frage nach der Identität eines Menschen stellt. Odysseus wird von Insel zu Insel geworfen, von den Winden des Meeres durch allerlei schmerzhafte Begegnungen gezogen. Und Odysseus muss sich mit den Veränderungen wandeln, wenn er sich selbst behalten will. Er muss aufgeben, was und wer er war, um letztlich zurückkehren zu können in sein altes Leben.

Es gibt Literaturwissenschaft, die das ausführlich und ordentlich analysiert, ich habe nur reingelesen, wen das interessiert, kann das gerne vertiefen, aber mir lief dann die Zeit davon.

Die Identität des Odysseus ist aber noch in einer ganz anderen Hinsicht interessant: die Etymologie des Namens ist unbekannt. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze dafür, doch keiner scheint die Wissenschaft zufrieden zu stellen. Überraschend viele Namen der griechischen Mythologie sind auf altgriechische Worte zurückzuführen. Einige, wie eingewanderte Gottheiten, erlauben das nicht. und dann gibt es offensichtlich auch noch Kunstfiguren wie beispielsweise Odysseus, der gelebt hat, vielleicht auch nicht, dessen Name aber, wenn man ohnehin schon ein wenig matschig in der Birne ist vom freien Assoziieren, verdächtig nah an Odysseus's Pseudonym Outis hängt (erst recht, wenn man kein Stück altgriechisch kann und sich einfach nur auf Wikipedia verlässt).

Naja. Am Ende aber erblickt Outis Festland, weil die riesige Seerosenblüte dann eben mal dorthin getrieben ist; und Outis erkennt, wie auch das Publikum, dass das vermeintlich feste Land eben doch nicht so substantiell war. Outis ist die ganze Zeit auf offener See in einer offenen Blüte geschwommen, sieben Jahre vergessen von der Welt, bestraft für seine Untaten damit, dass ihm der Weg in sein altes Leben verborgen war. Sein Geist aber ist weiterhin wach, er kombiniert, er rätselt, er findet heraus, schließlich ist er der gewitzte Odysseus, der das trojanische Pferd erfunden und damit einen Krieg beendet hat. Da wird ihn doch so eine leichte Verblümung nicht aufhalten.

Und tatsächlich geben ihm Apollo und Artemis sowie die verschleierte Leto seine Erinnerungen zurück, die sie für ihn sicher verwahrt haben, die Insel verwandelt sich zurück in die Offensichtlichkeit einer Blüte mit den vier Quellen im Zentrum, die verdächtig an den Querschnitt eines Lotosstengels erinnern, und er bricht auf ins Ungewisse.

Das Ende kam dann etwas abrupt, auch die Moralkeule mit der Schuldanalyse gefällt mir so nicht, gegen Ende der Schreibzeit gab es dann nochmal einige Änderungen, unter anderem habe ich Tausende von Adjektiven gestrichen. Kurz war ich noch versucht, das ganze Ding in Hexameter zu fassen, aber nachdem mir das nicht mal in einer Zeile gelungen ist, habe ich darauf verzichtet.
Mir war klar, dass mir die Insel, selbst wenn es sich um eine schwimmende handelte (oder eben eine auf dem Meer treibende Seerosenblüte) negativ ausgelegt werden könnte. Gleichzeitig hatte ich mich an das "sich über Wasser halten" geklammert, denn das kann ja auch gelesen werden als emotionales Nicht-Ertrinken, als gerade-mal-so-Überstehen emotionaler Überforderung.

Insgesamt hätte ich wahrscheinlich alles ein bisschen mehr verdeutlichen müssen, um den gewünschten Effekt zu erreichen. Dafür hätte ich aber entweder mehr Zeit oder mehr Muße gebraucht. Aber dafür ist es eben ein Wettbewerb; und vielen Menschen hat meine Geschichte ja auch ohne das gesamte Mythengewirr darunter gefallen, es hat zumindest für einen fünften Platz gereicht.
Dafür möchte ich mich jetzt schon mal bedanken und auch für die Kommentare, auf die ich noch ganz oder teilweise eingehen mag, mal schauen, wann ich die Zeit dafür finde.

Ansonsten: einen herzlichen Dank noch an sleepless und Michel fürs Ausrichten dieses phantastischen Wettbewerbs und Euch allen ein Wohlgefallen und frohes Fest!
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Michel
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Beitrag14.04.2022 11:09

von Michel
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Und dir ganz herzlichen Dank für die Ausführungen, die ich dementsprechend ausführ-lich gelesen habe.
Es sind solche Texte, die mir manchmal die Grenzen meines literarischen Schaffens und lesenden Erkennens vor Augen führen. Ich bilde mir ein, dass ich ganz gut nachdenken kann, aber irgendwann, eher früher als später, gelange ich an eine für mich relativ undurchdringliche Erkenntnis-Schicht, an der ich zu graben aufhöre. Nicht weiter dramatisch, aber manchmal schade, wenn man durch eine Erklärung wie deine die Ahnung von darunter liegenden Schichten bekommt, ohne sie wirklich zu erkennen. Ob es an der Ausdauer mangelt oder an literarischer Allgemeinbildung? Keine Ahnung.
Vergnügen am Lesen finde ich zum Glück oft auch in den flachen Schichten.


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Globo85
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Beitrag14.04.2022 11:15

von Globo85
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Shocked … Moment.

Vielen Dank für diesen Hintergrund. Hab ich wahnsinnig fasziniert gelesen und werde mich die nächsten Stunden prokastinierend auf wikipedia (wieder mal) mit griechischer Mythologie und der Odyssee beschäftigen.
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anderswolf
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Beitrag15.04.2022 10:01

von anderswolf
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Phenolphthalein hat Folgendes geschrieben:
Hallo Inkognito,

hier kann ich es kurz machen: Stark. Ich bin beeindruckt. Viele Dank für die Geschichte.

Liebe Grüße,
Pheno


Kurze Kommentare lassen sich am einfachsten beantworten: Es freut mich sehr, dass dich meine Geschichte überzeugen konnte. Vielen Dank für die sagenhaften 10 Punkte!
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anderswolf
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Beitrag15.04.2022 10:06

von anderswolf
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Stefanie hat Folgendes geschrieben:
Die Geschichte an sich gefällt mir, ein bisschen mehr Meerbezug wäre schön.

Freut mich, dass dir die Geschichte an sich gefallen hat. Dass das mit dem Meer etwas untergehen könnte, weil selbst dem Protagonisten unklar sein sollte, wie sehr er schwimmt; diese Gefahr war mir bewusst. Danke, dass du mir trotzdem zwei feine Punkte gegeben hast!
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anderswolf
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Beitrag15.04.2022 10:21

von anderswolf
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Minerva hat Folgendes geschrieben:
Entspannend zu lesen, allerdings fällt mir während des Lesens ein, was die Themenvorgabe war:

Zitat:
Fern der letzten Ufer
Deine Geschichte muss ausschließlich auf dem Meer spielen.

Er wäscht sich an einem Bach, hier sind Tiere, Haine mit Zypressen.
Hm ... Allerdings ist der Beitrag akzeptiert worden von den Forengöttern und die Erklärung mit der Blüte kommt noch, und die finde ich höchst außergewöhnlich!

Also, alles gut.

Das freut mich sehr, dass das Einlullende, das ja auch irgendwie Outis entspannte Gedanken auf der schwimmenden Insel widerspiegeln sollte, rübergekommen ist.
Das mit dem Meer, das habe ich tatsächlich eher undeutlich gelassen bis zu Outis' Entdeckung; aber verglichen mit der Meerigkeit anderer Geschichten war ich da tatsächlich zurückhaltend.
In meiner "Erklärung" habe ich ja ansonsten auch schon das ein oder andere geschrieben, vergessen habe ich aber nochmal auf die Ferne der letzten Ufer einzugehen. Denn tatsächlich lässt sich das ja auf verschiedene Arten interpretieren: dass nämlich entweder eine große räumliche Entfernung zu dem Ort besteht, wo d. Protagonisty zuletzt gewesen ist; es lässt sich aber auch so lesen, wie ich es für mich genutzt habe: zwar auch räumlich fern fester Ufer, vor allem aber fern vom letzten aller Ufer, nämlich dem Tod. Ein bisschen unelegant steht das ja auch im Text selbst; in der Odyssee selbst steht aber sinngemäß tatsächlich, als Odysseus zum Reich des Hades fährt, um die Toten zu besuchen.

Insofern: ja; dass die Forengöttys meine Interpretation der Vorgabe zugelassen haben, hat mich auch ein Stück beruhigt, weil ich mir selbst nicht sicher war, ob ich mich da nicht ein bisschen zu weit rausgwagt habe beim Freischwimmen.

Zitat:
Ich mag die Geschichte, sie ist sanft, lieb, der Satzbau und die Art, lullen mich angenehm ein, sie macht neugierig beim Lesen. Erfüllt die Phantastisch-Kriterien sehr gut.

Ich würde wirklich gern wissen, wer das geschrieben hat smile

Dafür gibt es: 7 Punkte

und
Minerva hat Folgendes geschrieben:
anderswolf hat Folgendes geschrieben:


Wobei, vielleicht ein Tipp: Beim nächsten Mal versuchen wir uns vielleicht mal an kürzeren Sätzen.


Nein, lass das Laughing

Der Satzbau ist zum Teil auch der Lektüre der Odyssee geschuldet und dem Gedanken, dieses Hexameter-Gerolle irgendwie auch in den Text zu übernehmen; es ist mir nicht so gelungen, wie ich das wollte. Und nachdem ich irgendwann zwischen der Lektüre anderer Texte hier im Wettbewerb hierher zurückgekommen bin, habe ich mir gedacht: wieso bieten meine Sätze eigentlich nicht mal zwischendurch eine Abwechslung?
Letztlich war das aber genau die Art, wie die Geschichte erzählt werden musste: wie ein sanftes Dahingleiten über das unendlich wellige Meer.

Und natürlich muss ich der Vollständigkeit halber fragen, ob du mich als Autor vermutet hättest?

Danke dir für die großartigen 7 Punkte!
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Beitrag15.04.2022 10:26

von anderswolf
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hobbes hat Folgendes geschrieben:
Ich habe keine Geduld mit dieser Geschichte. Komm doch zur Sache, will ich ihr zurufen. Lass das mit der schnörkeligen Sprache und rede in einfachen, verständlichen Sätzen mit mir.

Ich versuche, mir selbst gut zureden, denke, dass hier bestimmt Schönes zu finden ist, wenn ich mich nur darauf einlassen könnte, aber das mit dem Einlassen fällt mir aktuell besonders schwer, daher hat es auch die Geschichte aktuell besonders schwer.

Das war mir schon klar, dass diese Geschichte für dich nichts sein würde Wink Zumindest nicht im Kontext dieses Wettbewerbs, wo es noch so viele andere Geschichten gibt, die zu entdecken gibt. Ich habe das ja selbst unterschätzt beim Bewerten, wie gespalten da die Aufmerksamkeit werden kann (vor allem, weil draußen in der Welt ja auch noch Dinge warten, die erledigt werden wollen).

Insofern danke ich dir zumindest für die Unterstellung, dass es in der Geschichte was schönes zu finden gibt; es hat dich also nicht grundsätzlich abgeschreckt. Und vielleicht findest du ja irgendwann die Muße, dich auf Seerosen im Meer einzulassen. Ich drücke die Daumen!
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Minerva
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Beitrag15.04.2022 11:12

von Minerva
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anderswolf hat Folgendes geschrieben:


Und natürlich muss ich der Vollständigkeit halber fragen, ob du mich als Autor vermutet hättest?

Danke dir für die großartigen 7 Punkte!


Nein, nicht im Geringsten. Ich wollte auch eigentlich nicht darüber nachdenken, wer was geschrieben haben könnte, aber mein Gehirn nervte mich. Trotzdem kam es zu keinem Schluss und musste bis zur Aufklärung warten.

Habe auch deine Erklärung zum Hintergrund gelesen und bin sehr überrascht. Ich hatte angenommen, jemand hätte sich da hingesetzt und wäre in seine Fantasie eingetaucht, und als die Idee passte, floss dieser Text.
Dass da so viel dahinter ist ... Laughing (mach dir nix draus, ich habe auch oft zig Anspielungen und Hintergedanken, aber keiner merkt's ...)

Andererseits zeigt das wieder, dass es eben gelungen ist, wenn ich es für ein intuitives und wenig absichtliches Werk halte. Das ist positiv. Stell dir vor, es würde "gewollt" wirken ...

Was die Vorgaben angeht, bin ich da nicht so streng. Es ist der Phantastik-Wettbewerb, insofern betrachte ich die Vorgaben sehr pragmatisch und wörtlich. Und wenn es nicht ausscheidet, ist das für mich eigentlich erfüllt. Ideen wie eine Blüte oder, bei einem anderen Text, ein Blättermeer sind zudem erfrischend anders.
Der Lullaby-Stil war einfach schön, richtig entspannend.


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anderswolf
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Beitrag15.04.2022 16:14

von anderswolf
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d.frank hat Folgendes geschrieben:
Das ist etwas, das man mehrmals lesen kann. Und wahrscheinlich auch mehrmals lesen muss, um die volle Gestalt zu entfalten.
Es ist philosophisch und mystisch, auch ein bisschen märchenhaft und gekonnt atmosphärisch.

Freut mich, dass die mystische Atmosphäre dir gefallen hat, sie sollte ja durchaus Outis' Erleben wiedergeben.

Zitat:
Die blaue oder die rote Pille?

Hier bin ich mir nicht sicher, ob ich dir folgen kann. Meinst du damit, Outis habe vor der Wahl gestanden, in der Matrix des Märchenhaften weiterzugeistern oder aber - und das ist es dann, wofür er sich entscheidet - das Zauberhafte Land zu verlassen? Oder ist es eine darüber hinausgehende Matrix-Anspielung, die du in dem Text siehst?

Zitat:
Und dass die Götter hier auftreten, als hätten sie nur im Geiste der Sterblichen Macht.

Es entspricht so ein bisschen meinem grundsätzlichen Gefühl im Umgang mit Göttern (vielleicht beeinflusst durch Neil Gaimans American Gods oder Terry Pratchetts Small Gods): Nicht die Götter haben die Macht über die Menschen, sondern die Menschen geben den Göttern über ihren Glauben Macht.
Und gleichzeitig haben die Griechen ja ihre Götter auch als relativ menschlich angesehen. Nicht als omnipotente Wesen, sondern als ebenso fehlbar und eigensüchtig wie die Menschen selbst.

Zitat:
Das ist als würde sich die Geschichte selbst so ein bisschen aufheben, also, das, was sie erzählt, gleichzeitig als Traum und Wahrheit  definieren, und das finde ich bemerkenswert.

Wahrscheinlich befindet sich die Outis in der Geschichte im Grenzbereich zwischen Traum und Wirklichkeit; dass der ganze Ton der Geschichte diesen Anklang erzeugt, liegt wahrscheinlich in den mythologischen Wurzeln, mit der ich den ganzen Kram in meinem Bewusstsein verankert habe. Dadurch ließ es sich gleichzeitig als echt und als eben erfunden festschreiben.
Freut mich jedenfalls, dass dir dieses Spiel mit Traum und Wirklichkeit gefallen hat.

Zitat:
Ist dabei geblieben: Hallo Siegertext. Ich werde dich sicher in Erinnerung behalten und ich mag, wie du das Genre in Dir vereinst.

Juhu! Danke dir für deinen wunderbaren Kommentar und die phantastischen 12 Punkte!

Zitat:
Erbse, weil ich nochmal da war:  
Zitat:
Nichtinseligkeit

Das ist auch mein absolutes Lieblingswort aus der Geschichte. Beim Schreiben stand es plötzlich mitten im Text, und da hab ich mich sofort reinverliebt.
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anderswolf
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Beitrag18.04.2022 12:01

von anderswolf
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Murnockerl hat Folgendes geschrieben:
Ich mag die Details am Anfang (die Namen von Ziege und Wachtel) und die Merkwürdigkeit des Settings. Auch der Stil ist flüssig und gut zu lesen.

Setting und Tonfall waren mir tatsächlich wichtig, insofern: freut mich, dass das bei dir gut ankam.

Zitat:
Am Ende löst sich das Geheimnisvolle der Geschichte aber für meinen Geschmack in eine zu offensichtliche Moral auf - alles wird sehr direkt erklärt, gleichzeitig bleibe ich zum Schluss mit dem Gefühl zurück, trotzdem nicht wirklich etwas über Outis und seine damaligen Beweggründe erfahren zu haben. Warum hat er Leute ermorden lassen? Wie hat er seine Taten vor sich selbst gerechtfertigt? Wie kam er von dem Punkt, lachend Leute niederzumetzeln, zum Moment der Reue und zum Wunsch des Vergessens? Antworten darauf hätten mich sehr interessiert und Outis' früheres Selbst von einem generischen Tyrannen in einen gefühlt echteren Menschen verwandelt.

Das mit der Moralkeule, ja, die ist mir mittlerweile auch zu doll. Mittlerweile würde ich tatsächlich auch Outis' innerer Entwicklung ein bisschen mehr Raum geben. Im Wettbewerb selbst war die Zeit zu knapp, und ich war auch zu sehr fixiert darauf, die ganze unsichtbare Backstory irgendwie anzudeuten. Hätte ich alles, was ich in meiner Auflösung angerissen habe, besser/deutlicher als bedeutsam für Outis und für seine Entscheidungen einpflegen können, wäre ich auch glücklicher mit dem Text.

Zitat:
Ich habe außerdem das Gefühl, das Thema wurde elegant umgangen. Das ist für mich in der Frage Gefallen/Nicht-Gefallen zwar nicht wirklich relevant, aber trotzdem ein Punkt, den ich bei der Wertung zu berücksichtigen versuche.

Umgangen habe ich es nicht, ich habe es nur eigenwillig interpretiert. Würde ich zumindest sagen. Letztlich muss ich aber der Meinung sein, dass ich das Thema und die Vorgaben getroffen habe, immerhin müsste ich mich ja ansonsten selbst disqualifizieren, wenn ich anderer Meinung wäre. Aber klar: wenn du deine Bewertungen vornimmst und dann zu dem Schluss kommst, andere haben das Thema besser getroffen, dann hast du keine Wahl als diesen Punkt zu berücksichtigen.  

Ich danke dir dennoch für deinen Kommentar.
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Beitrag18.04.2022 12:06
Re: Der Narr, der den Riesen geblendet hatte
von anderswolf
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Elisa hat Folgendes geschrieben:
Eine wunderbare Geschichte, die es verstanden hat, mich von Anfang an mitzunehmen.
Sie hat mich berührt und ich habe sie mit Genuss gelesen.

Ich sehe alle Vorgaben erfüllt, für Kreativität und den Schreibstil gehört sie für mich aufs Treppchen!
Ich gebe dir 10 Punkte.

(Ich mag auch die Einfachheit der Namen: Gedächtnis, Vergessen, Hirte, Jägerin)

Da sage ich einfach nur: danke für deinen Kommentar und die sagenhaften 10 Punkte. Freut mich, dass meine Worte und mein Schreibstil dich mitnehmen konnten, auch dass du die Vorgaben erfüllt siehst (das ist ja nicht unumstritten).

Die Einfachheit der Namen gefällt mir auch, dabei ist sie recht einfach zu erklären: in der Mythologie tragen bestimmte Figuren auch sehr sprechende Namen, beispielsweise eben Mnemosyne und Lethe, was nichts anderes heißt als Gedächtnis und Vergessen. Aber natürlich wirkt es anders, diese Namen auf deutsch hinzuschreiben.
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anderswolf
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Beitrag19.04.2022 15:07

von anderswolf
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Heidi hat Folgendes geschrieben:
Outis ist in einer Zwischenwelt gelandet, die gänzlich aus Wasser besteht. Er lebt auf einer Blüte, die sich nachts schließt. Das weiß er zunächst nicht, aber die Götter Hirte und Jägerin sind bei ihm und erzählen davon, dass er sich nicht auf Festland befindet, sondern auf eben dieser Blüte durch das Meer schwimmt. Ihm wird berichtet, dass er beinahe tot ist, aber noch nicht gänzlich. Eine Frau taucht auf, sie befindet sich hinter einem Schleier. Von ihr erfährt Outis, dass er sie darum gebeten hat, zu vergessen. Er wollte vergessen, weil er getötet hat.
Mittlerweile sind aber sieben Jahre vergangen - Outis steht es frei, wieder zurückzukehren und genau das möchte er auch tun.
Göttin und Gott begleiten ihn und er segelt zurück in sein altes Leben.

Nicht ganz, aber vielleicht ist das durch meine Erklärung oben auch klarer geworden.
Wichtig ist mir vor allem festzustellen, dass Outis definitiv nicht tot ist, dass er nahe dran war, aber mittlerweile auf dem Rückweg in das Reich der Lebenden (gewissermaßen) ist.

Zitat:
Diese Geschichte erzeugt sehr schnell, sehr tiefe Bilder. Es wird eine sanfte Stimmung deutlich. Ich empfinde die Zwischenwelt förmlich, während ich lese und auch den Hauch von Mystik, die mit den Figuren mitschwingt.
Ein wenig ist es so als wäre ich im Reich der Elben gelandet und das mag ich.

Das Mystische des Zwischendings, das war beabsichtigt, weil es eine möglichst therapeutische Umhegung zeigen sollte. Spannend, dass es dich an das Reich der Elben denken lässt, denn das wiederum lässt mich an Jao é-Tinukai'i aus Tad Williams' Abschiedsstein denken, der letzten noch bewohnten Stadt der Elben-Entsprechung jener Welt. Der Name der Stadt wird übersetzt als "Boot im Meer der Träume", weil sie ganz aus Stoffbahnen besteht, die zwischen die Stämme eines verzaubert wirkenden Waldes gespannt wurden.

Zitat:
Was Fragen bei mir aufwirft ist der Titel. Ich kann ihn nur mit größter Mühe dem Geschriebenen zuordnen. Outis als Kämpfer - als großer Kämpfer vielleicht? Also als Riese, der sich als Narr selbst blendet?

Mit dem Titel habe ich mir in der Tat sehr schwer getan, da bin ich auch nur wenig stolz drauf dieses Mal. Einerseits zitiert der Titel natürlich eine der Geschichten, die Jägerin erzählt. Andererseits ist Outis nicht nur die Hauptperson meiner Geschichte, sondern eben auch der Geschichte mit dem Zyklopen Polyphem. Da die Verbindung Outis=Odysseus aber eher versteckt war, ergibt das natürlich nur begrenzt Sinn, warum ich meinen Beitrag so nennen würde.
Und letztlich ist es, ja, auch so, dass Outis als Odysseus nicht nur ein listiger Fuchs war, sondern auch ein recht versierter Kämpfer, der genug Körperkraft besaß, um einen anderen Mann in der Enge des trojanischen Pferdes zu erwürgen, weil der drohte, die List zu verraten. Insofern ja, Outis ist beides: der Narr und der Riese, den er selbst blendete.

Zitat:
Und dann ist da noch das Ende, das etwas abrupt kommt nach der sehr intensiven paradiesischen Welt. Da hätte ich mir ein wenig sangte Begleitung in Form einer Überleitung in die rohe, kalte Welt zurück gewünscht.

Auch hier gebe ich dir recht. Das Ende ist sehr abrupt, ich hatte es auch kurz vor Abgabe nochmal geändert. Und auch wenn der Übergang aus dem Friedensreich des Selbstvergessenseins hinein in die harsche Realität manchmal eher unangenehm ist, war das insgesamt zu fix. Da habe ich einfach zu viel gestrichen.

Zitat:
Zitat:
Und dann war sie bei ihm und schloss ihn in ihre Arme und er weinte, wie er lange nicht geweint hatte.


Die Melancholie gepaart mit der üppigen Fülle und Geborgenheit des Paradieses ist einfach zauberhaft.

Wegen der Stimmung bekommt dein Text zwei Punkte.

Ich danke dir sehr für deinen Kommentar und die feinen 2 Punkte!
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anderswolf
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Beiträge: 1069



Beitrag19.04.2022 15:22

von anderswolf
Antworten mit Zitat

V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Mein lieber unbekannter Autor,

Kraft meines Amtes als Literaturgegenpapst aus dem Paralleluniversum jenseits des Schwarzen Lochs

Das habe ich in den anderen Kommentaren eher lose verfolgt und bin mir immer noch nicht sicher, ob das jetzt die wiederaufgetauchte Tiamat oder ein Wesen, das mit den anderen Göttern der Tiefe oder aber der literarische Erschaffer von beidem sein soll, von dem ich dachte, er wäre gleich als allererster ausgelöscht worden.

Zitat:
muss ich Ihnen mitteilen, dass das keine Auf-dem-Meer-Geschichte ist und ich deshalb Punkte abziehen muss. Auch wenn Sie es trickreich zu wenden versuchen, die Geschichte spielt nicht auf dem Meer und dieses Auf-dem-Meer-Sein hat für die Geschichte auch keinerlei Relevanz. Die hätten ihn genauso gut auf den Olymp holen können, ins Tartarus oder wohin auch immer, es würde an der Geschichte nichts ändern.

Da muss ich natürlich widersprechen (und das nicht nur, weil ich mich ja sonst selbst disqualifizieren müsste). Es ist sehr wohl relevant, dass die Geschichte auf dem Meer spielt, denn das Meer ist natürlich auch ein Synonym für das Unbewusste, das Unbekannte, das teilweise auch absichtlich Vergessene. Dass Outis auf dem Meer gondelt (wenngleich eben auf der schwimmenden Insel seiner massiv reduzierten Selbstwahrnehmung) ist natürlich nicht nur zu sehen als "Da hält sich einer gerade mal so über Wasser", sondern eben auch als "Da schwimmt jemand auf der scheinbar sicheren Oberfläche einer gefährlichen Untiefe".
Auf dem allüberblickenden Olymp oder in der unwiederbringlich verzehrenden Tiefe des Tartaros könnte das natürlich nicht spielen.
Andererseits bin ich auch der Autor des Monsters und kann daher natürlich auch eine andere Perspektive einnehmen als der Literaturgegenpapst, der maximal zehn Tage Zeit zur Beurteilung dieser Geschichte hatte.

Zitat:
Die Grundidee finde ich allerdings nicht schlecht, der kriegerische König, der seine Schuld nicht mehr erträgt und und aus der Quelle der Lethe trinkt (ich nehme mal an, die Unterweltflüsse der griechischen Mythologie sind gemeint) um ins Vergessen zu fliehen. Der Narr und der geblendete Riese sind damit ein- und diesselbe Person. Beim Lesen überkam mich aber immer mehr das Gefühl einer gewissen Langatmigkeit, um nicht Langweile zu sagen. Für einen philosophischen Text hingegen sind mir die Erkenntnisse, die er liefert, etwas zu dürftig.

Ist ja auch eher nicht als philosophischer Text gemeint gewesen, Langatmigkeit gab es trotzdem, die zum Teil der Atmosphäre dient, zum Teil aber auch mich als Autor stört. Ansonsten den Rest (bis auf die Identität des Königs und damit vielleicht einen Schlüssel zu Geschichte) gut erkannt, vor allem die Identität des Narren als der geblendete Riese.

Zitat:
Noch sind die Punkte allerdings in Superposition und werden erst verteilt worden sein, wenn ein Beobachter in diesen Spoiler schaut: Leider keine Punkte

Dachte ich mir da schon.
Zitat:
Mit verdammenden Blicken,
Ihr unfreundlicher Literaturgegenpapst aus dem Paralleluniversum

Ganz ehrlich? An Unfreundlichkeit leicht zu überbieten. Muss man sich nur mal einen Großteil meiner Kommentare unter anderen Texten anschauen. Da war ich teils sehr ungnädig. Die Entschuldigungen dafür stehen auch noch auf meiner To-Do-Liste.
Zitat:

Was fürchten Schriftsteller am meisten? Mehr als Hexen, die Rache der Natur, Cthulhu, das Meer selbst oder den Wal mit Pfeife? Jetzt weiß ich es!

Oh, eben erst beim Beantworten entdeckt. Na, dann weiß ich ja, wonach ich noch suchen kann. Und das obwohl Ostern schon rum ist.

Zitat:
Hallo Leute, Veith hier. Ich weiß nicht genau, was da passiert ist, anscheinend wurde mein Konto gekapert, dabei war mein Passwort so sicher! Tut mir leid, wird nicht wieder passieren, ich habe es jetzt durch ein noch sichereres ersetzt. In der Zwischenzeit hat irgendeine seltsame Entität die Kommentare und Bewertungen für mich übernommen. Kommt wohl dabei raus, wenn hier so viele im Vorfeld mit Schwarzen Löchern rumgespielt haben. Weil ich zu faul war, selbst noch was zu schreiben, habe ich die gehackten Kommentare und Bepunktungen so stehenlassen – ich bin sicher, dieses Wesen hat bestimmt nichts böse gemeint und wollte nur spielen.

So so.
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anderswolf
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Beitrag19.04.2022 15:38

von anderswolf
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Abari hat Folgendes geschrieben:
Der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber schreibe ich zu Anfang eine Kürzestzusammenfassung, damit ich mich dann beim Bewerten besser orientieren kann:

Outis wird mit göttlicher Hilfe [Hirte, Jägerin und Mutter] aus dem Meer des Vergessens zurück ins Leben gesetzt. Seine Blutschuld ist so groß, dass er erst zögert, aber dann heldenhaft sein Schicksal auf sich nimmt.

Dem kann ich bis auf die Frage, ob Outis tatsächlich heldenhaft handelt, im Weitesten zustimmen.

Zitat:
Die Sprache ist eigenartig altertümlich, angelehnt an die alten Texte, deren sprachliche Wucht aber nicht erreicht wird (was mE einfach an der längeren Geschichte der alten Mythen liegt). Auch klingen sowohl biblische (David und Goliath, Nebukadnezar) als auch griechische (verschiedene Figuren) Mythologie an. Das Meer ist mir zu verborgen gesetzt.

Das biblische sehe ich gar nicht, aber für mich war die Immersion in den griechischen Mythos natürlich viel stärker, weil ich die Geschichte ja daraus hervorgehoben habe. David und Goliath als Assoziation zu Narr und Riese kann ich sogar noch nachvollziehen, aber Nebukadnezar? Sehe ich gar nicht (also außer, weil er König war, aber wer war das nicht).
Und ja, das Meer, das ist da, auch wenn es nicht gesehen wird, was ja aber Absicht ist.

Zitat:
Und obwohl ich das Obsolete mag, ist es mir hierin zu viel. Wir leben in der Erzählstruktur des 21. Jahrhunderts, da passt es irgendwie nicht, mythologische Kraft und barocken Schmelz miteinander vermählen zu wollen. Da bedarf es einer Entschiedenheit.

Das finde ich einen interessanten Punkt. Muss ein Text, der heute entsteht, heutige Sprache spiegeln? Davon abgesehen, dass ich nicht genau weiß, was du mit barockem Schmelz meinst (auch wenn ich vermute, dass du das leidende, nicht leidenschaftliche Pathos vor allem in der direkten Rede meinst), könnte ich mir vorstellen, dass dir Outis (und wohl auch die Götter) ein bisschen zu geschwollen daherquatschen. Geht mir mittlerweile partiell auch so, liegt unter anderem daran, dass ich kurzfristig in Hexametern schreiben wollte und am Ende nur mit einem sehr dominanten Taktstock im Kopf geschrieben habe.
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anderswolf
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Beiträge: 1069



Beitrag19.04.2022 15:41

von anderswolf
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weltverbesserer hat Folgendes geschrieben:
ich habe die Geschichte etliche Male neu angefangen zu lesen, bis zur Mitte und dann wieder zurück zum Anfang. Ich habe nicht mit Sicherheit herausgefunden, wer Outis ist. Das Meer, dass vergessen hat, dass es das Meer ist? Oder doch nicht? Oder er erinnert sich nur an das Meer? Ich finde es anstrengend so zu lesen, deshalb kann ich die Geschichte nicht bewerten. Ich sehe die Kriterien nicht erfüllt. Die Geschichte spielt in meiner Wahrnehmung nicht auf dem Meer.

Das ist natürlich schade, dass dich die Geschichte nicht an sich rangelassen hat, so bist du natürlich dann auch nicht an den Punkt gekommen, wo das Meer als Handlungsort verdeutlicht wird.

Zitat:
Was ich schade finde, denn der Erzählstil klingt wirklich gelungen und ich kann mir gut vorstellen, etwas anderes aus dieser Feder zu lesen.

Das wiederum freut mich (auch wenn mein Stil so gut nicht sein kann, wenn ich es nicht schaffe, die Aufmerksamkeit bis zu den erklärenden Stellen zu halten).
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