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Der Sorgenvolle


 
 
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Kien
Wortedrechsler
K


Beiträge: 53



K
Beitrag10.09.2020 17:09
Der Sorgenvolle
von Kien
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo, ich hätte dieses Machwerk sehr gerne im Bereich Trash veröffentlicht, allerdings habe ich dort die Fehlermeldung erhalten, dass ich erst zwei Beiträge im Bereich Einstand vorweisen müsste, um das tun zu dürfen, also nun hier.
____
Der Sorgenvolle sorgt sich den lieben langen Tag über Dinge, über die er sich nicht sorgen müsste, würde er all den Dingen, über die er sich so sorgt, ein wenig mehr Beachtung und Aufmerksamkeit schenken; doch stattdessen sorgt er sich. Wenn der Sorgenvolle die Haustüre zuzieht, um sich auf den Weg zu seiner Arbeit zu machen, sorgt er sich, den Herd nicht ausgeschaltet zu haben und tritt erneut in seine Wohnung ein. Der Gang zum Herd, er ist geübt, einstudiert, unzählige Male ist er diesen Gang schon gegangen, doch der bange Blick, die sorgenvolle Stirnfalte, sie legen sich jedes Mal aufs Neue auf das besorgte Gesicht des Sorgenvollen, denn dieses Mal ist es sicherlich passiert, der Herd ist an, die Wohnung fällt den Flammen zum Opfer, die Nachbarn als Brandleichen nicht mehr identifizierbar, die Feuerwehr zu spät vor Ort; der Herd ist aus. Erleichtert dreht der Sorgenvolle sich ab und schließt erneut seine Wohnungstüre, um sich auf den Weg zu seiner Arbeit zu machen. Auf dem kurzen Abstieg die Treppe hinunter denkt der Sorgenvolle nicht etwa an Dinge, die ihn beruhigen könnten, denn sonst hieße er nicht der Sorgenvolle, sondern er denkt an all die anderen Dinge, die ihm Sorgen bereiten. So auch dem bereits seit einer Woche ungeöffnet auf seinem Nachtkästchen schlummernden Brief, den der Sorgenvolle jede Nacht aufs Neue betrachtet, ihn unter das Licht hält, ihn schüttelt und rüttelt, damit er sein Geheimnis lüfte, ohne ihn jedoch zu öffnen. Ein Brief der Wohnungsgesellschaft, so viel verrät er von sich, dass er sich nicht schämt, nur so wenig von sich preiszugeben, denn sicher handelt es sich um eine Mahnung, eine Rechnung, eine Pfändung - um eine dieser Sachen handelt es sich ganz eindeutig, wusste er - denn wieso sollte sonst jemand die Gemeinheit haben, einen solch unanständigen Brief zu versenden, und das auch noch an ihn, den Sorgenvollen, wo doch jeder um seine Sorgen weiß! So spaziert er also die Treppe hinunter, besorgt wie nur was, als er sich plötzlich, wie er so die Treppe hinunterspaziert, fragt, ob seine Arbeit, die er gestern ordnungsgemäß verlassen hatte, auch heute noch dort sein würde, wo er sie gestern verließ oder ob ein Ereignis katastrophalen Ausmaßes dafür gesorgt habe, dass der Sorgenvolle sich fortan nicht nur über die pünktliche Zahlung seiner Miete, sondern auch über den unbeschadeten Fortbestand seines Büros, Schreibtisches und gesamten Hab und Guts Sorgen machen müsse, sollten diese während seiner Abwesenheit in Flammen, Luft oder anderen Elementen aufgelöst worden sein.

So wie der Sorglose überhaupt keine Sorgen hat, hat sie der Sorgenvolle dafür um ein Vielfaches, nämlich so viel mehr, dass er sich nicht nur um seine eigenen Dinge sorgt, sondern auch um die Dinge des Sorglosen, sodass dieser keine Sorgen mehr zu haben braucht, denn sie werden ihm ja hübsch abgenommen. Sorgt er sich also beispielsweise darum, dass ein weiterer - natürlich sorgloser - Hausbewohner die Kellertüre nicht pflichtgemäß abgeschlossen haben sollte, fängt der Sorgenvolle an, sich um sein schönes, neues Hollandrad Sorgen zu machen, das sich nun unbewacht und unbeschützt im Keller allerlei Dieben und Langfingern stolz präsentiert, als könne es gar nicht abwarten, in diebische und langfingrige Hände zu geraten. Doch als dem Sorgenvollen schließlich einfällt, dass nicht er es ist, der ein schönes, neues Hollandrad besitzt, sondern sein sorgloser Nachbar, ist es schon zu spät, die Kellerstufen bereits hinter ihm und der Sorgenvolle vor der Kellertüre, die er sorgfältig überprüft, ob sie auch pflichtgemäß abgeschlossen und fest verriegelt ist; sie ist es.

Also spaziert der Sorgenvolle nun tatsächlich zu seiner Arbeit, immer noch nicht frei von Sorge, ärgert sich über verlorene Zeit an bereits ausgeschalteten Herden, bereits verschlossenen Kellertüren, jammert mühsamen Gedanken nach, die er mit ungeöffneten Briefen und bereits verloren geglaubten Arbeitsplätzen verbracht hatte, als dem Sorgenvollen plötzlich einfällt, dass er sich so sehr über all die Dinge gesorgt hat, aber nicht darüber, ob seine eigene Haustüre zugeschlossen ist, sodass der Sorgenvolle sorgenvoll den Rückweg antritt.

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marinaheartsnyc
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 31
Beiträge: 137



Beitrag11.09.2020 11:59

von marinaheartsnyc
Antworten mit Zitat

Hallo Kien,

ich weiß nicht genau, was du mit dem Text möchtest bzw. welche Art von Feedback du dir erhoffst, aber ich habe ihn auf jeden Fall gerne gelesen, sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Hätte jetzt tatsächlich Lust, die Fortsetzung aus der Sicht des Sorglosen zu lesen Laughing
Ich mag vor allem auch deinen Stil mit den langen Sätzen und den vielen Kommas bzw. Wiederholungen - sowas wird ja öfter mal moniert, aber ich mags und bei dir lässt es sich auch sehr gut lesen, finde ich.


_________________
Yesterday I was clever, so I wanted to change the world. Today I am wise, so I am changing myself.

- Rumi
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Kien
Wortedrechsler
K


Beiträge: 53



K
Beitrag11.09.2020 17:47

von Kien
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Hallo marina, vielen Dank für das Feedback, freut mich, dass es dir gefällt. Was genau ich mit dem Text "möchte" weiß ich selber nicht genau, ich fand den Charakter lediglich interessant genug, um ihn nicht nur als Idee in meinem Kopf, sondern auch in Textform bestehen zu lassen. Mir schwebt eine Art "Charaktersammlung" vor, von vielleicht zwei, drei Dutzend Charakteren, in ähnlicher Form (keine Sorge, ich werde nicht alle hier einstellen wink) und vielleicht ist einer davon so interessant, dass er als Protagonist für einen Roman taugt, mal sehen.
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hans1
Wortedrechsler
H


Beiträge: 62



H
Beitrag14.09.2020 01:12

von hans1
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Der Zwangsneurotiker. Titel und Inhalt zugleich.
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Kien
Wortedrechsler
K


Beiträge: 53



K
Beitrag14.09.2020 10:42

von Kien
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ok
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Nina
Geschlecht:weiblichDichterin


Beiträge: 5012
Wohnort: Berlin


Beitrag14.09.2020 13:33

von Nina
Antworten mit Zitat

Hallo Kien,

vor einiger Zeit schriebst Du in einem anderen Faden, es mangele Dir an Originalität und Du fragtest, wie Du das "beheben" kannst. Ich hatte Dir dort auch geantwortet, wie Du gesehen hast.

Nun habe ich Deinen Text gelesen. Und wenn ich an den anderen o.g. Faden von Dir mich erinnere, dann ... frage ich mich, ob Du mich verscheißern wolltest? *gg*

Ich finde Deine kleine Prosa hier sehr schön! Ich mag es, wie Du diese Figur beschreibst. Gut, der Text ist nicht perfekt, was allerdings nur daran liegt, dass Du noch einige Zuvielworte drin hast, die verzichtbar sind. Weil ich Dich aber nicht verschrecken möchte, indem ich anfange, diese aufzuzeigen, (so viele sind es nun auch wieder nicht, aber wenn man einmal anfängt in einem Text rumzufuhrwerken, dann sieht das oft schlimmer aus, als es ist). Viel besser und effektiver ist es, wenn Du selbst mal den Text durchgehst und schaust, ob da nicht auch noch Überflüssiges drin steht. Das meine ich, wie gesagt, nicht inhaltlich, sondern sprachlich.

Ich schau dann gern noch mal drüber. Insgesamt hat mir Dein Text gefallen und ich mag Deine Erzähl-und Betrachtungsweise und ich weiß nicht, wer Dir erzählt hat, Du seist nicht originell genug in Deinem Schreiben - es ist nicht wahr.

Gern gelesen, und ich bin auf mehr Texte von Dir gespannt. Vielleicht, wenn Dir das Streichen überflüssiger Worte schwer fällt, könntest Du auch mit Gedichten anfangen, das schult das Schreiben und die Sprache. Wenn das gar nicht in Frage kommt für Dich: Ansonsten ein kleiner anderer Tipp: Im Grunde musst Du Dir einen Satz so anschauen, dass Du Dich fragst: Wenn ich dieses Wort streiche, geht dann inhaltlich irgendwas verloren? Wenn die Antwort: Nein! ist, dann streiche es. Alles andere kann stehen bleiben und Du wirst sehen - es gibt viele Geschichten, die gewinnen dadurch, dass man das Überflüssige herausnimmt.

Ich hoffe, das war hilfreich für Dich.

Liebe Grüße
Nina


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Liebe tut der Seele gut.
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CIPO86
Geschlecht:weiblichLeseratte
C

Alter: 37
Beiträge: 183



C
Beitrag14.09.2020 19:49

von CIPO86
Antworten mit Zitat

Ich mag den Text, aber wie Nina vermutlich auch finde ich, dass an wenige Stellen weniger mehr gewesen wäre.
Bspw. hier:

Zitat:
Der Gang zum Herd, er ist geübt, einstudiert, unzählige Male ist er diesen Gang schon gegangen, doch der bange Blick, die sorgenvolle Stirnfalte, sie legen sich jedes Mal aufs Neue auf das besorgte Gesicht des Sorgenvollen, denn dieses Mal ist es sicherlich passiert,

Hier würde ich mich nur für einstudiert entscheiden, und das "besorgtes" streichen. Mir ist klar, dass die Wiederholungen gewollte sind, aber an dieser Stelle passen sie für mich nicht ganz.[/quote]
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Kien
Wortedrechsler
K


Beiträge: 53



K
Beitrag15.09.2020 13:25

von Kien
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@Nina
Vielen Dank für die netten Worte. Nein, ich möchte dich natürlich nicht "verscheißern", meine Bedenken waren durchaus ernst gemeint. Wink Ich habe die letzten Tage mit euren Tipps zugebracht, insbesondere dem Automatischen Schreiben bzw. den "Morgenseiten" und ein paar Ideen zustande gebracht, die ich ganz interessant und noch einige mehr, die ich ganz furchtbar finde. Insgesamt bin ich mit der Methode aber zufrieden und werde sie weiterhin verwenden, um neue Ideen zu generieren.

Die Kritik der überflüssigen Wörter und Doppelungen nehme ich gern an, auch wenn es natürlich in diesem Text (wie ihr ja schon richtig erkannt habt) gewollt und für mich in dem Kontext passend war. Ich werde den Text aber noch einmal auf unnötige Doppelungen überprüfen und an der ein oder anderen Stelle etwas straffen.

@CIPO86
Danke auch für deinen Kommentar.
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Nina
Geschlecht:weiblichDichterin


Beiträge: 5012
Wohnort: Berlin


Beitrag17.09.2020 19:11

von Nina
Antworten mit Zitat

hallo kien,


Kien hat Folgendes geschrieben:
@Nina
Vielen Dank für die netten Worte. Nein, ich möchte dich natürlich nicht "verscheißern", meine Bedenken waren durchaus ernst gemeint.


gern geschehen. und: ist mir schon klar, dass du das ernst gemeint hast. ich habe mit meiner formulierung "wolltest mich wohl verscheißern" zum ausdruck bringen wollen, dass ich das ungerechtfertigt finde, was ich durch diesen text sozusagen "widerlegt" sehe.  

es freut mich zu lesen, dass du das schreiben von morgenseiten ausprobiert und angefangen und z.t. auch schon gute erfahrungen damit gemacht hast. ich habe damit auch sehr interessante erfahrungen gemacht und wiederhole das auch immer wieder.

was deinen text und die streichungen angeht - ebenfalls klar, dass bestimmte wiederholungen von dir beabsichtigt sind. manche können ja auch drin bleiben, insgesamt gewinnt der text aber, wenn du bestimmte füllsel streichst. und das hat nichts mit "gleichmachen" zu tun, sondern mit besseren texten.

vg
nina


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