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in bewegung


 
 
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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



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Beitrag21.01.2018 13:12
in bewegung
von Perry
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

in bewegung

in kindertagen wanderte der mond
über den himmel des puppentheaters
später zogen wir den vorhang zu

seitdem ziehen die tage vorbei
wimpernschläge auf der suche nach
treffern im lostopf des lebens

irgendwann gehen wir in schwarz
gebeugt hinterm sargwagen her
werfen blumen ins bodenleer-e

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wortklang
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
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Beiträge: 88
Wohnort: Süddeutschland


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Beitrag21.01.2018 20:01

von wortklang
Antworten mit Zitat

Ein gelungenes Bild für den traurigen Verlust der kindlichen Fähigkeit zu Fantasie, Träumen und Begeisterung, die ja auch eine poetische Kompetenz ist!

Das fehlt so vielen Erwachsenen in ihrem Gerenne nach Erfolg, Anerkennung und Geld. - Dem folgt in Str. 3 eine düstere ("in schwarz") Aussicht...

Die letzte Zeile finde ich etwas gekünstelt: "ins bodenleer -e".
Der Bindestrich deutet zwar einen Reim mit "her" an, dieser bringt aber keinen Gewinn für die Aussage, lenkt eher von der Intensität des Bildes ab.

LG
wortklang
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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



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Beitrag21.01.2018 21:04
Hallo Wortklang,
von Perry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

danke für deine Interpretation der Bilder.
Was den angedeuteten Schlussreim anbelangt, bringen Reime eher selten einen Aussagegewinn, sondern eher eine Klangbetonung.
Ich bin mir selbst noch unsicher und warte ab, bevor ich sie ev. mit "ins bodenlose" ersetze.
LG
Perry
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firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
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Beitrag22.01.2018 00:18

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Warum will ich am Anfang immer "im kinderwagen" lesen? Vielleicht wegen des Titels?

Und warum stutze ich bei den "wimpernschlägen"? Und meine, die könnten auch wegfallen?

Am Schluss würde ich "in bodenleere" ohne Bindestrich schreiben.
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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



P
Beitrag22.01.2018 01:50
Hallo firstoffertio,
von Perry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

danke für deine Assoziationen zu den Bildern, auch wenn ich sie nicht nachvollziehen kann. Mein Ausgangsbild war das Urmellied aus der Augsburger Puppenkiste "... alles zieht vorbei"
Das "bodenleer-e" werde ich wohl gegen "bodenlose" tauschen.
LG
Perry
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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
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Beiträge: 3106
Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
Lezepo 2017 Pokapro und Lezepo 2014



A
Beitrag22.01.2018 19:34

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo Perry,

ich bin nun mehrfach zu diesem Gedicht zurückgekommen und bleibe immer recht „fragend und auch etwas traurig leer“ zurück. Ich habe selbst ein wenig in mir suchen müssen, wie es zu diesem Lesegefühl kommt. Ich versuche es einmal aufzuzeigen:


in bewegung

Der Titel ist zwar nicht besonders reizvoll, aber er schürt dennoch eine bestimmte Erwartung, die der „Bewegung“, ob nun Äußerer oder Innerer. Also schaue ich schon unter diesem Fokus in die Zeilen

in kindertagen wanderte der mond
über den himmel des puppentheaters
später zogen wir den vorhang zu

Zwei wunderbare erste Zeilen, die in mir Erinnerungen, Stimmungen und auch eine poetische Öffnung zuspielen. Alles ist möglich nach diesen Zeilen, das ganze Leben.

Das ist ein Beginn von etwas, ein vielsagender erster Rückblick-Gedanke, denke ich noch voller Erwartung und gleich danach spüre ich den kleinen „Stich“ des Präteritum und die  Wirkung (in der Lyrik) des „ES IST VORBEI“. Selbst wenn es da noch ein „SPÄTER“ gibt, eine dritte Zeile, die auch eine letzte sein könnte.

später zogen wir den vorhang zu

Für mich fällt hier alle Erwartung in die Handlung des „Zuziehens des Vorhangs“, die alles beendet. Was nun hinter oder vor diesem Vorhang geschieht, könnte man dem Leser überlassen.

Zudem ist da noch dieses „WIR“. Es trägt zu dem Gefühl der  Distanz bei. Das LI, das ich in den ersten zwei Zeilen noch spürte, wenn auch außerhalb, taucht hier in die Masse eines unbestimmten WIR ein.

Diese Zeile klingt so abschließend, als wenn da nichts mehr kommen würde.

Und ein wenig ist es auch so. Es gibt nur noch ein SEITDEM und worin das besteht, lese ich in den nächsten zwei Strophen.

seitdem ziehen die tage vorbei
wimpernschläge auf der suche nach
treffern im lostopf des lebens

Da läuft ein Leben nur noch ab. Treffer sind Glückssache. Tage ziehen vorbei. Da ist ein Ausgeliefert-Sein zu spüren. Fast das Gegenteil von Bewegung. (Anmerkung nebenbei: „Wimpernschlag“ erscheint mir nicht wirklich zu treffen.)

irgendwann gehen wir in schwarz
gebeugt hinterm sargwagen her
werfen blumen ins bodenleer-e

Auch hier ist etwas eine unabänderliche Gegebenheit und wieder dieses anonyme allgemeine WIR. Ich spüre hier Resignation. Alles ist erwartbar. Schwarz gebeugt.
Vielleicht wolltest du genau diese Stimmung aufzeigen. Das wäre mir dann etwas wenig.

Auch muss ich dann den Titel hinterfragen. Für mich bewegt sich nur in den ersten zwei Zeilen etwas, und zwar der bedeutungsreiche Mond. Danach ist nur Passivität. Und so stehen diese zwei Zeilen auch etwas isoliert über dem Text.

in kindertagen wanderte der mond
über den himmel des puppentheaters
später zogen wir den vorhang zu

Es klingt vielleicht etwas seltsam, aber die erste Strophe alleine wäre für mich ein wesentlich reizvolleres Gedicht. Es ließe mich nachdenklich zurück. Der Standort vor und hinter dem Vorhang wäre möglich und bei allem, was danach auch geschieht, hat es den Mond über dem Puppentheater einmal gegeben. Diesen Mond, den es ja einmal gab, den finde ich nirgendwo mehr in dem SEITDEM. Und das lässt mich etwas leer zurück.

Perry, ich habe dir meine Leseempfindung geschildert. Vielleicht kannst du mit dieser Rückmeldung etwas anfangen und sie mit deiner Intention abgleichen.

Ein Text, dessen Stimmung und Wirkung mich durchaus sehr beschäftigt hat.

Liebe Grüße Aranka


_________________
"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



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Beitrag22.01.2018 21:54
Hallo Aranka,
von Perry
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danke für die intensive Auseinandersetzung und deine Eindrücke zu den Zeilen. Ich kann deine Fragen zum Titel und zu der abfallenden Textspannung ab der 2. Strophe gut nachvollziehen.
Wie ich bereits im Vorkomm erwähnt habe, beginnt der Text als Reflexion des Urmellieds, soweit ich es noch im Gedächtnis habe ging es ungefähr so
"Der Mond zieht vorbei, die Sterne ziehen vorbei, alles zieht vorbei, ist das eine Zieherei."
Im Rückblick ist das Agieren vor und hinter dem Vorhang des Puppentheaters der Kindheit tatsächlich die fantasievollste Passage des Textes und leider meist auch im Leben. Im späteren Alltag verliert sich oft nach und nach diese unbekümmerte Fantasie der Kindheit und endet in einer alibihaften Losglückenttäuschung. Die Hoffnung im Alter, könnte diese wieder zurückkommen erfüllt sich leider meist auch nicht, weil Einsamkeit, Krankheit und Tod diese verdunkeln. Wir sind zwar das ganze Leben "in Bewegung", finden aber ohne die verlorene Kindheitsfantasie das (kleine) Glück nicht mehr.  
Da ich selbst zum Glück meine Fantasie im Hoch und Tief des Lebens nie ganz verloren habe, ist der Text vielleicht doch etwas zu trostlos ausgefallen. Ich denke mal darüber nach in der Schlussstrophe den Vorhang vielleicht ein letztes Mal hochzuziehen. Wink
LG
Perry

PS:
Neue Version:

in bewegung

zu kinderzeiten zog der mond über
den himmel des puppentheaters
später blieb der vorhang geschlossen

seitdem ziehen die tage vorbei augen
aufschläge bei der suche nach treffern
in den los- und lusttöpfen des lebens

irgendwann gehen wir gebeugt hinter
dem sargwagen her werfen einen blick
ins schillernde auge des bodenlosen
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Aranka
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Beiträge: 3106
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Beitrag23.01.2018 16:29

von Aranka
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Perry, nur einen kurzen ersten Blick auf deine Veränderungen und meine Rückmeldung zu diesen Stellen:

a) die ersten zwei Zeilen der ersten Strophe würde ich nicht verändern. Den Mond ließ ich unbedingt „wandern“. Das Wort hat in der Zweisilbigkeit und in seinem Klang diese andere Behäbigkeit, die des Mondes in seinem unbeirrten gemächlichen Lauf, im Gegensatz zum „zog“, dem vorbeiziehen der Tage.
Außerdem ist der Zeilenumbruch besser als in der Verbesserung.

b) bei der dritten Zeile bin ich noch unschlüssig. Da muss ich noch mal in der Gesamtheit drüber nachdenken.

Vielleicht so:

in kindertagen wanderte der mond
über den himmel des puppentheaters
bis der Vorhang geschlossen blieb    ( oder: sich schloss)


c) die Veränderung in der zweiten Strophe empfinde ich als Verbesserung. Die Trennung von „augen / aufschläge“ ist ein guter Umbruch. Das Aufschläge bekommt so ein Eigengewicht und ich denke gleich „Aufschläge und Einschläge und Schläge“ mit.

d) zur dritten Strophe: ganz rund finde ich sie immer noch nicht, aber gut, dass das „schwarz“ weg ist. So ist der Ton weniger resignativ. Gefällt mir besser. Mit „schillernde Auge“ und „bodenlos“ kann ich weniger anfangen.

Der folgende Versuch ist jetzt jetzt kein Vorschlag, der in Form gebracht ist. Habe nur versucht wieder zu den ersten Zeilen aufzuschließen, das „Wandern“ (diese andere Gangart ) wieder aufzugreifen und damit auch indirekt den Mond wieder zu erinnern. Vielleicht öffnet sich im Unergründlichen ja doch wieder ein Vorhang, nicht der des Puppentheaters der Kindheit aber vielleicht ein anderer und was dahinter liegt knüpft dort, wo es begonnen hat, wieder an. Der Text bleib so offener.

irgendwann gehen wir hinter dem sarg
wagen und werfen blumen und augen
blicke wandern überm unergründlichen


oder:

irgendwann gehen wir hinter dem sarg
wagen und werfen blumen und augen
blicke ins unergründliche und wandern


Formal sicherlich zu bearbeiten, aber vielleicht kannst du inhaltlich etwas damit anfangen.

Liebe Grüße. Aranka


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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
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Beitrag23.01.2018 20:01
Hallo Aranka,
von Perry
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danke für die Anregungen.
Das "wanderte" kann ich gern wieder einbauen.
Bei den Vorschlägen zur 3. Strophe kann ich mit dem "wagen" nicht viel anfangen und die "Augenblicke" sind mir zu nah an den "Augenaufschlägen."

Neue Version:

in bewegung

zu kinderzeiten wanderte der mond
über den himmel des puppentheaters
später zogen wir den vorhang zu

seitdem ziehen die tage vorbei augen
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irgendwann gehen wir gebeugt hinter
dem sargwagen her werfen blumen
auf die bühne der abschiedsvorstellung

LG
Perry
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