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Die dunkle Jahreszeit II

 
 
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Seeadler
Geschlecht:weiblichKlammeraffe
S

Alter: 64
Beiträge: 633



S
Beitrag13.12.2007 13:53
Die dunkle Jahreszeit
von Seeadler
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

An jenem Morgen gehe ich alleine durch den Wald.
Eine bedrückende Traurigkeit in meinem Innern spürend, suche ich die Ruhe in der Natur.
Ganz kahl zeigen sich mir die Bäume des Waldes, haben ihr wärmendes Kleid abgelegt.
Sattes gelb-braun bettet sich auf dem kalten Boden, meine Füße wiegen sich sanft in das Laub.
Der Wald beginnt zu ruhen, so wie die Tiere, die lange schon ihre Augen geschlossen haben, um in ihrem wohlig warmen Winterbau, Winterschlaf zu halten.
Eine Ruhe die mich tief berührt, und mich eine Sehnsucht spüren lässt.
Eine tiefe Sehnsucht nach Frieden, nach Zufriedenheit des Seins.

Der eisige Wind, der mich frösteln lässt, bewegt mich dazu, den Weg nach Hause anzutreten.
Verlasse schnellen Fußes den Wald, mit zufriedenem Blick zurück.

Völlig durchgefroren sehne ich mich nach einem heißen Tee und meinem Wohlfühlanzug, liegend auf dem Sofa.
Aber noch bin ich nicht am Ziel meines Weges angekommen, erst muss ich noch den Weg durch die Stadt gehen, um zu Hause anzukommen.
Mir graut davor, denn die Stadt, mit all ihren Geräuschen, dieser Schnelllebigkeit, diesen überfüllten Strassen, diese von Zeitnot gehetzten Menschen, werden mir sicher meine Ruhe, die ich im Wald gefunden habe, nehmen.

Da sehe ich schon die ersten Lichter der Stadt, höre den Motorenlärm, erblicke die ersten Menschen.
Getriebene Menschen, rastlos, ruhelos, jagen sie durch die engen Gassen.
Gespiegelt von den Regennassen Strassen, erscheint die Leuchtreklame noch heller, noch eindringlicher.

Die Vorweihnachtszeit hat Einzug gehalten, die mit bunten Lichtern geschmückte Stadt bekommt ihren ganz eigenen Glanz.
Anmutige Düfte von Anis, Zimt und süßen Leckereien erreichen meine Nase.
Ein geheimnisvoller Zauber zieht mich, trotz klirrender Kälte, hinüber auf den freien Platz hinter der Kirche, denn dort ist Weihnachtsmarkt.
Vertraute, leise Musik verzaubert mich.
Ich sehe in Kinderaugen, die einen anschauen, voller freudiger Erwartung und Spannung.
Kleine Häuschen, aneinander gereiht, ziehen mich in ihren Bann.
Wundervoll anzuschauen, trotz klirrender Kälte harren die Menschen aus.
Begeistert wie die Kinder verlassen sie freiwillig ihr warmes Zuhause, um sich an den Düften, dem Licht und der Musik zu erfreuen, um zu spüren, die Nähe des Festes.
Einen Glühwein werde ich noch trinken, dann geh ich weiter nach Hause, nehme mit was ich sah.

Auf halbem Wege sehe ich eine Frau, klein ist sie, ganz hager.
Sie trägt eine dünne Jacke, ihr Blick ist sehr traurig, sie ist allein.
Zitternd steht sie vor mir, streckt mir ihre Hand entgegen, „Haben sie einen Euro für mich“ fragt sie?
Ich schau sie an, ihre Nase dunkelrot gefärbt, sie friert.
Haben sie schon etwas gegessen Heute, frage ich sie?
Nein, ihr Haupt gesenkt, „Heute noch nichts“, sagt sie, als wollte sie sich verstecken.
Einen kleinen Moment, sage ich zu ihr, bleib hier und warte, ich komme gleich wieder.
Ja, ja, sagt sie, und schaut mir traurig nach.

Schnell laufe ich zurück zum Weihnachtsmarkt, kaufe heißen Tee, Gebäck und Erbsensuppe.
Eifrig gehe ich zurück, sie ist noch da, sitzt auf dem Boden.
Bitte essen Sie und trinken sie diesen Tee, er wird sie wärmen und ihnen nehmen den Hunger, der sie plagt.
Unsicher lächelnd nimmt sie den heißen Plastikbecher entgegen, das Gebäck mit dem heißen Tee stelle ich ihr auf den Boden.
Eine Weile verbleibe ich bei ihr, schaue ihr zu, lass sie nicht allein.
Das Gefühl des Alleinseins ist mir vertraut, das Gefühl des Hungerns nicht.
Wir schauen uns zum letzten mahl an, bevor ich aufbreche, und wissen beide, wir werden uns wiedersehen.

Ich gehe nach Hause, beleuchte meine warme Wohnung, zünde Kerzen an, koche meinen Kräutertee und frage mich?
„Was war das schönste was ich Heute erlebt habe“?
Die Einsamkeit mit dem Wald zu teilen?
Mit den getriebenen Menschen in der Stadt?
Alleine auf dem Weihnachtsmarkt, unter Menschen sein, und doch allein?
Oder war es diese Frau? Die meine Einsamkeit für den Bruchteil einer Stunde füllte, die mir das Gefühl gab, nicht alleine zu sein.
Gerade in dieser dunklen Jahreszeit, in der die Menschen dazu neigen, sich zu vergraben.
Menschenscheu werden wie die Rehe am Wegesrand.
Depressiv werden, weil die Helligkeit fehlt.
Suchend nach dem Licht umherirren, ohne den Schalter zu finden.

Manchmal reicht schon ein Lächeln, das lange verloren, eine Hand die bald schon erfroren, um zu erkennen was wirklich zählt.

Es ist das Licht, das trotz „DER DUNKLEN JAHRESZEIT“, immer im Innern wohnt.

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