18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Schreibübungen Prosa -> Inhalt
[Automatisches Schreiben] Die schwarze Frau

 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Yukimura
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 36
Beiträge: 18
Wohnort: Reymhys


Beitrag10.08.2014 02:45
[Automatisches Schreiben] Die schwarze Frau
von Yukimura
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Der Duft von Maiglöckchen weckte sie aus dem Schlaf, doch die Augen hielt sie geschlossen und genoß den süßlichen Duft. Etwas Weiches strich über ihre Wange, immer wieder. Es erweckte ein Gefühl, das sie lange nicht mehr in sich gespürt hatte, etwas Vertrautes und doch Befremdliches. Instinktiv reckte sie den Kopf, jedes Mal wenn die Berührung nachließ, wie ein Kätzchen, das mehr wollte. Als sie sich dessen bewusst wurde, hörte sie abrupt auf. Sie fühlte, wie die Scham in ihren Kopf stieg und riss die Augen auf.

Der morgendliche Schleier trübte erst die Sicht, alles war verschwommen, doch sie konnte eine schwarze Gestalt ausmachen.
Schwarze Gestalt…Langsam sickerten die Erinnerungen der letzten Nacht durch.

Die schwarze Frau!
Und jetzt konnte sie sie auch klar sehen; der Schleier hatte sich verflüchtigt. Zwei tiefschwarze Murmeln drapierten ein karamellfarbenes Gesicht. Die  Murmeln, die auch feingeschliffene, runde Kohlestückchen hätten sein können, musterten Enya und durchdrangen ihren Geist ohne auf Widerstand zu stoßen. In ihrem Kopf begannen sie schließlich jeden aufkeimenden Gedanken zu verschlingen. Enya war willenlos geworden.
Am liebsten wäre sie aufgesprungen, wäre weit weit weggelaufen, nur weg von der schwarzen Frau, die, so glaubte sie, immer noch nur darauf wartete sie zu fressen.

Wieder eine streichelnde Bewegung und Enya schmolz dahin. Verflucht, schimpfte sie in Gedanken. Verflucht.
Die schwarze Frau erwiderte nix. Ihre Haare, die dunkler nicht hätten sein können, baumelten um ihr Gesicht. Wieder strich sie mit der Hand über Enyas Wange.

Sag was! Schau mich nicht so an! Friss mich nicht!
»Friss mich nicht!«
Die streichelnde Bewegung verstummte. Aber die Murmeln waren immer noch auf Enya fixiert. Was auch immer im Kopf dieser Schwarzen vorging, Enya hatte keine Ahnung.
Die Mimik war wie aus Stein, schön, aber aus Stein.
Enya erinnerte sich an die Geschichten, die sie über die Schwarzen in den Grenzlanden gelesen hatte und wieder wurde sie von Panik erfasst. Die Schwarzen kleideten sich wie Menschen, darum durfte man sich nie von ihrem Äußeren täuschen lassen. Sie wogen ihre Opfer damit in Sicherheit, nutzen die menschliche Gutmütigkeit aus und wenn man sich umdrehte… Enya schluckte.
»Vielleicht.« Es war das erste Mal, dass die schwarze Frau sprach. Das Wort klang monoton und wurde scheinbar absichtlich in die Länge gezogen.
Vielleicht? Vielleicht was? Mich fressen?
»Vielleicht hast du Hunger.«
Wie bitte? Wieder zerstreuten sich ihre Gedanken, wie eine Legion, die mitten unter Feinden die Formation auflöste. Enya schwieg, aber ihr Magen konnte es nicht mehr aushalten und knurrte einer Katze gleich.
»Soll ich dich füttern?«
Damit du mich dann fressen kannst? Das Futter füttern, wie Liyeth das immer nannte?
Nein, danke. Wenn du mich unbedingt fressen willst, dann tu es jetzt.

Als hätte die Frau ihre Gedanken gelesen, zog sie langsam ein Messer hinter ihrem Rücken hervor. Die Klinge war vielleicht drei Hände lang, gekrümmt, schlicht und ohne Verzierrungen.
Wie ein Schlachtermesser.
Dann sauste die Klinge herab. Enya schloss sofort die Augen.
Neeeein, kreischte sie in sich hinein.
Ein dumpfer Laut erklang. Etwas quickte – nicht sie.
Oder kann man denken, wenn man tot ist? Enya-Würstchen.
Sie schüttelte den Kopf. Der Kopf war noch da. Sie öffnete die Augen.

Die schwarze Frau hatte ihren rechten Arm über Enya ausgestreckt und blickte in die Ferne.
Langsam folgte sie dem Blick.
Ein Eichhörnchen klebte am Baum, das Messer im Fell.
»Du magst doch Eichhörnchen, oder?«
Stille.


_________________
Wohlstand kann auch der Bote einer Katastrophe sein.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
tronde
Klammeraffe
T


Beiträge: 522

Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


T
Beitrag31.08.2014 00:26

von tronde
Antworten mit Zitat

Gefällt mir gut.
Und für Automatisches Schreiben erstaunlich "wie aus einem Guss".
Ich würde nur die "Stille" am Ende weglassen.
Grüße
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
indie
Geschlecht:weiblichSchneckenpost
I


Beiträge: 7



I
Beitrag03.09.2014 00:54

von indie
Antworten mit Zitat

Hallo Yukimura,

flüssiger Text, wie schon mein Vorposter meint, aaaber unter automatischen Schreiben versteh ich etwas Anderes... Es geht hierbei eher darum wahllos aufzuschreiben, was einem gerade im Kopf herumspukt, also ohne Punkt und Komma... einfach drauflos ohne Plan, ohne Ziel, ohne story... Idee dahinter ist sich einfach freizuschreiben von vorgefertigten Konventionen, einfach "loslabern" (siehe Rainald Götz)... mit deiner Geschichte ist dir das leider nicht gelungen, du folgst lediglich den gängigen Schablonen... meine Meinung...
Ist aber auch enorm schwer loszulassen... gar keine sooo leichte Aufgabe Wink

lg
indie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tsaphyre
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 25



Beitrag04.09.2014 19:51

von Tsaphyre
Antworten mit Zitat

Hallo Yukimura,

mir gefällt die Geschichte. Sie wirkt in der Tat, als hättest Du darüber länger gebrütet, als sie eben mal runtergeschrieben. Daumen hoch² Wieviel Zeit hast Du Dir denn dafür genommen? Nur 10 Minuten? Shocked Smile

@indie, ja, Automatisches Schreiben ist eigentlich ein wenig anders als das, was es hier zu lesen gibt. Es geht dabei in der Tat darum, möglichst ungefiltert aufzuschreiben, was aus dem Unbewussten aufsteigt, und das bewusste, formende Denken außen vor zu lassen. Ganze Sätze und zusammenhängende Geschichten kommen dabei nicht heraus.

Ich denke, 'Automatisches Schreiben' ist hier einfach etwas weiter zu begreifen. Die Übung ist, innerhalb von wenigen Minuten spontan einen Text zu verfassen. Es ist aber durchaus erlaubt, dabei 'normales' Denken oder sogar kreatives Denken zu nutzen. Wink

So long, Tsaphyre
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Yukimura
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 36
Beiträge: 18
Wohnort: Reymhys


Beitrag21.09.2014 23:03

von Yukimura
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

sorry für die verspätete Antwort, bin in den letzten Wochen wegen Prüfungen kaum online gewesen.

@tronde: Danke für das Lob und den Hinweis^^

@indie: Ganz zufällig ist der Text nicht, ich hab zwei Protagonisten aus meinem Roman genommen und mit ihnen dann eine zufällig generierte Szene geschrieben, die mir spontan eingefallen ist. Vielleicht wirkt der Text nur strukturiert, weil mir das Verhaltensmuster der Charaktere im Vorfeld bekannt war (und eine gewisse Einschränkung bzw. einen roten Faden bez. ihres Verhaltensmusters mit sich brachte), und weil ich eben meist romanartige Textstellen schreibe und sich das Schema irgendwie eingebrannt hat^^;. Ich werde aber deine Anregungen für den nächsten Versuch beherzigen, mal schauen ob dann etwas Wildes rauskommt Wink

@Tsaphyre: Ich weiß nicht genau, ob das 10 Minuten waren, hab da nicht drauf geachtet nur geschrieben, bis mir auf die Schnelle nix mehr einfiel^^;
Wie schon in der Antwort von indie erwähnt, glaube ich, dass der Text nur so strukturiert aussieht, weil ich bereits ausgearbeitete Charaktere verwendet habe, deren Verhaltensmuster ich sehr gut kenne. Die Szene an sich habe ich jedoch aus dem Stehgreif geschrieben (ich hab lediglich am Ende die Tippfehler korrigiert). Ich versuch nächstes Mal ohne irgendeine Basis zu schreiben Wink

Gruß,
Yukimura


_________________
Wohlstand kann auch der Bote einer Katastrophe sein.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Schreibübungen Prosa -> Inhalt
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Feedback
Eine Frau wie ich hat immer ein Gehei...
von Hera Klit
Hera Klit Feedback 0 23.04.2024 09:26 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Profession Schriftsteller (Leid und Lust)
Für Geld schreiben?
von Chandrian
Chandrian Profession Schriftsteller (Leid und Lust) 40 22.04.2024 16:32 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rezensionen
,,Die Ärztin“- ein Theaterstück m...
von Oneeyedpirate
Oneeyedpirate Rezensionen 0 19.04.2024 22:53 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Feedback
Zieh die Flügel aus!
von Tisssop
Tisssop Feedback 2 15.04.2024 20:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rezensionen
"Die Ärztin"-ein Theaters...
von writersblockandtea
writersblockandtea Rezensionen 0 08.04.2024 13:59 Letzten Beitrag anzeigen

BuchEmpfehlungEmpfehlungBuchEmpfehlungBuchBuchBuchEmpfehlungEmpfehlung

von BiancaW.

von nicolailevin

von KeTam

von Leveret Pale

von Nordlicht

von Assy

von SonjaB

von Boudicca

von Mogmeier

von Scritoressa

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!