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Das Gedenken der Ahnen


 
 
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timcbaoth
Leseratte


Beiträge: 114



Beitrag12.03.2014 01:41
Das Gedenken der Ahnen
von timcbaoth
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Hallo zusammen

Hier mein zweiter Einstand. Eigentlich hatte ich vor, diese für mich experimentelle Geschichte im Trash zu veröffentlichen, aber da man erst zwei Einstände braucht, kommt es nun hier hin. Smile

Ich bin gespannt auf Kommentare und Tipps.

Das Gedenken der Ahnen

Das siebte Bier war für Fred das schwerste. Sechs machten ihm keine Mühe – ihm wurde dabei wohler und wohler. Für das siebte genügte es nicht mehr, einfach glücklicher sein zu wollen. Glücklich würde er nicht werden.

Die Seppi Bar war schummrig wie immer, vielleicht sogar ein bisschen schummriger, und das bunte Treiben darin war grau. Die Spelunke hatte die Anziehungskraft einer Bahnhofshure – für Fred gut genug.

Auf das siebte Bier folgte ein achtes. Fred legte seinen Handrücken um den Krug, als müsse er erst lernen, dass Greifen mit der anderen Seite funktionierte. Er spürte ein Brennen, als er die kühle Glaswand berührte, danach Entspannung für seine aufgeschürften Knöchel.

Immer wieder hatte Marie ihm gedroht. Sie würde die Polizei holen, ihn hinter Gitter bringen. Er könne sich glücklich schätzen, wenn er den Kleinen sein Lebtag wiedersehen würde. Doch Fred würde sich bessern, das wusste er – Sie musste ihm noch eine Chance geben. Er liebte sie und seine Gefühle gestand er ihr mit dem Handrücken. Nur noch eine letzte Chance.

„Noch ein Bier“, rief Fred dem Knirps zu, der Barmann spielte. Doch der stand nur da und seine Augen wurden wässrig. „Ich glaube, Sie haben genug gehabt“, sagte er.
„Was genug ist, entscheide immer noch ich“, schrie Fred und schlug mit der Faust auf den Tresen. „Ich kann es bezahlen, ich kann das alles bezahlen.“

Er griff in seine Jacke und holte ein Portemonnaie hervor. Seine zittrigen, roten Finger fuhren in die Öffnung und zogen einen Haufen Banknoten heraus, der ihm unweigerlich entglitt. Die Scheine verteilten sich wild am Tresen. Freds Gesicht wurde heiß und die Wut fraß ihn auf; wie  ein Krokodil – in einem einzigen heftigen Bissen.

„Ich muss Sie bitten zu gehen“, sagte der Barmann. Er hatte sich inzwischen Verstärkung geholt. Der Gorilla, der sonst die Vordertür bewachte, stand neben Fred, der ihn erst bemerkte als er von ihm an der Schulter gepackt wurde. „Mach keinen Aufstand. Geh nachhause und schlaf deinen Rausch aus.“ Der Gorilla zog Fred sanft in Richtung Ausgang, doch der gute Fred ließ sich nicht so einfach ziehen und holte aus.

Der Schlag sollte sein Ziel nie erreichen. Der Gorilla fing den Angriff ab, nicht ohne eine gewisse Anmut für einen Mann dieser Statur. Das Gerangel war ebenso schnell vorbei, wie es begonnen hatte. Fred lag am Boden in einer Lache Blut. Seine Nase war gebrochen, das Atmen schien ihm unmöglich; die Rippen waren zu einem Epizentrum dumpfen Schmerzes geworden, als wäre er in eine Müllpresse geraten. Der Gorilla trat nach.

Während man Fred aus der Bar schleifte, erinnerte er sich, wie er Stunden zuvor von den beiden Gendarmen aus seinem eigenen Haus geschmissen worden war. ‚Dein Freund und Helfer‘, dachte er. Das Schreien des Babys und das Schweigen Maries stanzten sich in sein Trommelfell. Er wollte um Entschuldigung bitten, wie er es immer tat, doch selbst er wusste, wie lächerlich das war. ‚Alles für’n Arsch‘, dachte er.

Man machte sich gar nicht erst die Mühe, Fred außer Sichtweite zu bringen und entsorgte ihn, ganz pragmatisch, vor der Tür. Kurz lag er da, fühlte sich wie ein liegengelassener Haufen. Der Hund, der einen solchen Haufen produzierte, war nicht zu beneiden. Die Tür zur Bar ging auf, und eine Hand ließ die losen Geldscheine vom Tresen über ihn regnen.

Fred raffte sich auf, begann die Straße entlangzuschleichen und hielt sich die geprellte Rippe. Das Geld wollte er nicht aufheben. Dafür sei er zu stolz, dachte er und musste lachen.

Die Kirchglocken schlugen zwölf. Er setzte einen Schritt vor den anderen, wankte dabei – einmal nach links, dann wieder nach rechts. Wohin er sich schleppte, wusste er nicht. Seine Augen waren geschwollen, das Blickfeld verschwommen. Wie in Trance ging er weiter.

Wenn er bloß geschaut hätte, wenn er bloß gedacht hätte, dann wäre er umgekehrt. Spätestens als er den Schrein passierte, von dem aus der Heiland am Kreuz über ihn richtete, wäre er umgekehrt. Doch er tat es nicht und gelangte ans Ziel. Er war am Friedhof. Das Grab vor ihm war verwahrlost und trug keinen Schmuck. Am Gedenkstein stand ‚Herbert Gruber, geliebter Ehemann und liebender Vater’.

Fred fiel auf die Knie; sackte vor dem Grab seines Vaters zusammen. Die Trance verging, das Bewusstsein kam zurück. Die Wut machte Tränen Platz. Die Schmerzen der Abreibung lösten sich langsam auf. Die Schläge seines Vaters brannten noch nach zwanzig Jahren.

Aus Nase und Rachen saugte Fred soviel Rotz, wie er nur konnte. Dann spuckte er. Der gelbe Schleim rann den Grabstein hinab, da saugte Fred nochmal und spuckte wieder. Er fand, dass es zu wenig Rotz war. „Liebender Vater“, lallte er und spuckte ein drittes Mal.

Fred kroch auf allen Vieren weiter, spürte die feuchte Erde unter seinen Fingern. Das Grab nebenan war frisch ausgehoben und leer. Es wirkte gemütlich. Ohne es recht zu begreifen, kroch er immer näher. Als er schließlich hineinfiel, konnte er die Augen nicht mehr öffnen. Wozu auch? Sein Vater lag neben ihm – Fred liebte ihn nicht.



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Jack Burns
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 54
Beiträge: 1443



Beitrag12.03.2014 04:15

von Jack Burns
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Hallo

Warum Trash?
Das ist doch richtig gut.
Du scheinst Dich, psychologischen Charakterdarstellungen verschrieben zu haben und das gelingt Dir sehr gut. Sprachlich ist es, zum größten Teil, gelungen und es ist auch sehr realistisch. Im Übrigen finde ich den Titel auch sehr passend.

Diese Formulierungen sind hervorragend:
Zitat:
und das bunte Treiben darin war grau. Die Spelunke hatte die Anziehungskraft einer Bahnhofshure – für Fred gut genug.


Zitat:
Er liebte sie und seine Gefühle gestand er ihr mit dem Handrücken.


Zitat:
Das Schreien des Babys und das Schweigen Maries stanzten sich in sein Trommelfell.
Das empfand ich zuerst unlogisch, aber als psychologische Metapher ist es richtig gut

Du schreibst:
Zitat:
Wenn er bloß geschaut hätte, wenn er bloß gedacht hätte, dann wäre er umgekehrt. Spätestens als er den Schrein passierte, von dem aus der Heiland am Kreuz über ihn richtete, wäre er umgekehrt. Doch er tat es nicht und gelangte ans Ziel.


Er wollte nicht dorthin aber es war sein Ziel. Ein beabsichtigter Widerspruch?
Ich denke: Ja. Sein Unterbewusstsein, Gott, Schicksal - irgendetwas trieb ihn zur Konfrontation mit seinem Ahnen. Aber ist es nicht nur ein weiteres Verdrängen der Eigenverantwortung, wenn er sich auf seine Vater beruft? Quasi als Rechtfertigung für sein Handeln.
So genau löst Du es nicht auf. Der Erzähler enthält sich der Wertung. Das stelle ich mir, als Autor,  schwierig vor.

Kritisch sehe ich, dass ein ziemlich breitgelatschtes Psycho-Klischee aufgegriffen wird. Aber ich weiß, dass es durchaus häufig zutrifft. Und Du hast das Thema elegant verarbeitet.

Einige stilistische "Unschönheiten" stören den Gesamteindruck nicht.

Kommst Du aus der Schweiz? Wink

Grüße
Martin


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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

Alter: 41
Beiträge: 2942
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Beitrag12.03.2014 09:56

von Klemens_Fitte
Antworten mit Zitat

Hallo,

ich kann mich Martin da nur anschließen. Das ist vielleicht nicht unbedingt neu, aber sehr gut auf den Punkt geschrieben. Bei diesem Satz

Zitat:
„Ich kann es bezahlen, ich kann das alles bezahlen.“


hatte ich sofort ein ganz klares Bild dieser Situation und dieses Menschen vor Augen. Der Text glänzt immer an den Stellen, an denen die Erklärungen und Entschuldigungen längst hintenübergefallen sind und sich nur noch der aufs Existenzielle reduzierte Mensch dasitzt.

Ob es diese Passagen so gebraucht hätte, weiß ich nicht:

Zitat:
Der Schlag sollte sein Ziel nie erreichen. Der Gorilla fing den Angriff ab, nicht ohne eine gewisse Anmut für einen Mann dieser Statur. Das Gerangel war ebenso schnell vorbei, wie es begonnen hatte. Fred lag am Boden in einer Lache Blut. Seine Nase war gebrochen, das Atmen schien ihm unmöglich; die Rippen waren zu einem Epizentrum dumpfen Schmerzes geworden, als wäre er in eine Müllpresse geraten. Der Gorilla trat nach.

Zitat:
Wenn er bloß geschaut hätte, wenn er bloß gedacht hätte, dann wäre er umgekehrt. Spätestens als er den Schrein passierte, von dem aus der Heiland am Kreuz über ihn richtete, wäre er umgekehrt. Doch er tat es nicht und gelangte ans Ziel.


Die vielen kurzen Absätze lassen den Text m.E. unnötig zerfasert wirken; ich denke, man könnte da vieles zusammennehmen, ohne den Erzählfluss zu stören.

Übrigens war meine erste Assoziation nicht 'Schweiz', sondern 'Österreich', warum auch immer.

Gruß,
Klemens
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lilaluna
Gänsefüßchen
L


Beiträge: 35



L
Beitrag12.03.2014 10:39

von lilaluna
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Hallo timcbaoth,

da ist Dir ein schrecklich schönes Stimmungsbild gelungen, dessen Betrachter einen ebenso genauen wie mitleidlosen Blick hat. Wirklich sehr gut! Dass die Hintergründe die übichen sind, spielt überhsaupt keine Rolle. Die Kunst besteht darin, die Dinge so zu benennen, wie Du es hier gemacht hast.

Kleine Anmerkung am Rande:
Zitat:
Während man Fred aus der Bar schleifte, erinnerte er sich, wie er Stunden zuvor von den beiden Gendarmen aus seinem eigenen Haus geschmissen worden war. ‚Dein Freund und Helfer‘, hatte er gedacht. Das Schreien des Babys und das Schweigen Maries hatten sich in sein Trommelfell gestanzt. Er wollte um Entschuldigung bitten, wie er es immer tat, doch selbst er wusste, wie lächerlich das war. ‚Alles für’n Arsch‘, hatte er gedacht.
Es ist eine Rückblende, und du solltest das Plusquamperfekt einigermaßen durchhalten, sonst streicht‘s dir der Herr Oberlehrer oder der Lektor an.

Ansonsten erkenne ich keine stilistischen Schwächen. Von einer "Zerfaserung" des Textes durch seine Absätze kann  gar keine Rede sein. Sie sind logisch und dienen wohltuend der Klarheit.

Den Satz
Zitat:
Der Hund, der einen solchen Haufen produzierte, war nicht zu beneiden.
würde ich mir sparen oder ändern, denn er enthält die Wertung eines „lyrischen Dritten“ und führt eine Ebene ein, die es in der Geschichte nicht gibt.

Auch den letzten Satz der Geschichte würde ich nochmal überdenken. Dass Fred seinen Vater nicht liebte, ist längst hinreichend klar. Ich würde ihn ganz streichen und das Ende offen lassen. Erde zu Erde, Asche zu Asche!

Liebe Grüße

lilaluna
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timcbaoth
Leseratte


Beiträge: 114



Beitrag12.03.2014 10:43

von timcbaoth
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Hallo,

Danke für eure Kommentare. Ich werde sie mir später noch genauer ansehen, denn ich muss gleich wieder arbeiten. Es freut mich jedenfalls, dass der Text seine Wirkung zu erzielen scheint.

Ihr habt beide recht: Ich komme aus Österreich und lebe schon seit einigen Jahren in der Schweiz. Laughing

Jetzt würde mich interessieren, was genau mich verraten hat. Wink


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Jack Burns
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 54
Beiträge: 1443



Beitrag12.03.2014 14:32

von Jack Burns
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Na "die Gendarmen" naürlich!

 Laughing


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timcbaoth
Leseratte


Beiträge: 114



Beitrag12.03.2014 21:16

von timcbaoth
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Lilaluna

Danke für deine Anmerkungen! Es freut mich, dass der Text dir gefällt.

Zitat:
Kleine Anmerkung am Rande:

Zitat:
Während man Fred aus der Bar schleifte, erinnerte er sich, wie er Stunden zuvor von den beiden Gendarmen aus seinem eigenen Haus geschmissen worden war. ‚Dein Freund und Helfer‘, hatte er gedacht. Das Schreien des Babys und das Schweigen Maries hatten sich in sein Trommelfell gestanzt. Er wollte um Entschuldigung bitten, wie er es immer tat, doch selbst er wusste, wie lächerlich das war. ‚Alles für’n Arsch‘, hatte er gedacht.

Es ist eine Rückblende, und du solltest das Plusquamperfekt einigermaßen durchhalten, sonst streicht‘s dir der Herr Oberlehrer oder der Lektor an.


Mir ist schon bewusst, dass das grammatikalisch korrekt im Plusquamperfekt stehen müsste. Ich glaube aber gelesen zu haben, dass man bei Rückblenden, nach der Einleitung, ins Präteritum wechseln sollte, weil das PQP die Leser zum Stolpern bringt.

Allerdings ist diese Episode so kurz, dass es wahrscheinlich nicht schlimm wäre, das PQP durchzuziehen - da könntest du recht haben.

Zitat:
Den Satz
Zitat:

Der Hund, der einen solchen Haufen produzierte, war nicht zu beneiden.

würde ich mir sparen oder ändern, denn er enthält die Wertung eines „lyrischen Dritten“ und führt eine Ebene ein, die es in der Geschichte nicht gibt.


Mit dem Satz musste ich selbst einige Zeit ringen. Dein Kommentar bringt meine Bedenken auf den Punkt. Vielen Dank!

@Jack Burns: Achso, die Gendarmen. Ich habe beim Schreiben überlegt, sie durch bundesdeutsche Polizisten zu ersetzen, fand aber Gendarme irgendwie passender. In Österreich war das die Polizei am Land. In der Schweiz ist der Begriff, soweit ich weiß, ungeläufig. Wink


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Constantine
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Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag03.04.2014 13:56

von Constantine
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Hallo timcbaoth,

ich finde deine Geschichte sehr gelungen. Sie ist fein beobachtet und liest sich flüssig.

Mir sind beim Lesen einige Kleinigkeiten aufgefallen:

Zitat:
Der Schlag sollte sein Ziel nie erreichen. Der Gorilla fing den Angriff ab, nicht ohne eine gewisse Anmut für einen Mann dieser Statur. Das Gerangel war ebenso schnell vorbei, wie es begonnen hatte. Fred lag am Boden in einer Lache Blut. Seine Nase war gebrochen, das Atmen schien ihm unmöglich; die Rippen waren zu einem Epizentrum dumpfen Schmerzes geworden, als wäre er in eine Müllpresse geraten. Der Gorilla trat nach.

Für mich bist du hier nicht richtig nah an Fred, sondern kommt mir vor, als wäre es von einem Beobachter geschildert. Ich denke, das lässt sich noch etwas direkter aus Fred Sicht formulieren und spürbarer für ihn.


Zitat:
Während man Fred aus der Bar schleifte, erinnerte er sich, wie er Stunden zuvor von den beiden Gendarmen aus seinem eigenen Haus geschmissen worden war. ‚Dein Freund und Helfer‘, dachte er. Das Schreien des Babys und das Schweigen Maries stanzten sich in sein Trommelfell. Er wollte um Entschuldigung bitten, wie er es immer tat, doch selbst er wusste, wie lächerlich das war. ‚Alles für’n Arsch‘, dachte er.

Auf die beiden "dachte er" kannst du mMn verzichten, weil du aus der Sicht Freds erzählst und es klar isr, dass das seine Gedanken sind.

Zitat:
Die Kirchglocken schlugen zwölf. Er setzte einen Schritt vor den anderen, wankte dabei – einmal nach links, dann wieder nach rechts. Wohin er sich schleppte, wusste er nicht. <-- doch, er weiß, wohin er geht, denn im nächsten Abschnitt erreicht er, wie du erwähnst, sein Ziel. Den Friedhof. Ich würde diesen Satz weglassen oder andeuten, dass er noch etwas erledigen muss. Seine Augen waren geschwollen, das Blickfeld verschwommen. Wie in Trance ging er weiter.

Vielleicht besser: Mit geschwollenen Augen und verschwommenen Blickfeld tastete er sich voran.



Zitat:
Wenn er bloß geschaut hätte, wenn er bloß gedacht hätte, dann wäre er umgekehrt. Spätestens als er den Schrein passierte, von dem aus der Heiland am Kreuz über ihn richtete, wäre er umgekehrt. Doch er tat es nicht und gelangte ans Ziel. Er war am Friedhof. Das Grab vor ihm war verwahrlost und trug keinen Schmuck. Am Gedenkstein stand ‚Herbert Gruber, geliebter Ehemann und liebender Vater’.

Ich würde die Sache deterministischer angehen, ihn gezielter zu seiner Nemesis bringen. Die Idee mit dem Heiland am Kreuz finde ich gut und würde ich versuchen zu behalten, aber die Sache mit dem "wenn" und "umkehren" würde ich weglassen. Er ist angetrunken und frustriert genug, dass er sich einem Geist der Vergangenheit stellen möchte.

Zitat:
Die Trance verging, das Bewusstsein kam zurück. Die Wut machte Tränen Platz.

Eher:Benommenheit.
Ansonsten lesen sich diese beiden Sätze erneut sehr fern von Fred. Ich denke mit hier kannst du auch direkter formulieren und die Inhalte miteinander verknüpfen: z.B. Sein Bewusstsein löste die Wut auf und er weinte.


Gute Geschichte. Gerne gelesen.

LG,
Constantine
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lilli.vostry
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Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag05.04.2014 15:22
aw:dasAndenkenderAhnen
von lilli.vostry
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Hallo Timcbaoth,

ich hab Deine Geschichte - der Titel machte mich neugierig - mit gemischten Gefühlen gelsen.
Auffallend zunächst der naiv-märchenhafte Erzählton, das Ganze wirkt wenig real auf mich, mehr wie ein Albtraum des "guten Fred", wie er beschrieben wird, aber gar nicht ist...
Es schwankt etwas unschlüssig zwischen ernst und augenzwinkernd, erzählenden und kommentierenden Passagen wie der Abschnitt, wo Fred vor der Kenipr "ganz pragmatisch entsorgt" wird.
Etwas seltsam finde ich auch den Zeilenfall aller zwei Sätze,  der den Lesefluss bremst... Wirkt sprunghaft, auseinander gerissen vielleicht auf den Zustand von Fred auch bezogen in der äußeren Form.

Die Figur des Fred ist für mein Empfinden zu einseitig dargestellt als im Leben Gescheiterter, der seinen Kummer besäuft und auswegloser Mensch...
Man erfährt zu wenig über ihn, der Hinweis auf den schlagenden Vater ist mir zu wenig. Nicht jeder, der eine schwere Kindheit hatte, wird deshalb zum Verbrecher oder Schläger.
Den Satz: er zeige seine Gefühle/Liebe zu Marie mit dem Handrücken, lässt tief blicken, ist sarkastisch fast zynisch, wird aber nicht näher ausgeführt.
Auch der Vergleich mit dem Hundehaufen erhellt nichts, klingt eher bemüht originell.
Die Worte "Polizei" und "Gendarmen" tauchen auf, sollte ein Begriff gewählt werden.

Naheging mir die Szene Freds am Grab des Vaters, vor dem er immer noch auf die Knie geht, aber endlich seine Wut herauslässt, zeigt was er von ihm hält, aber nicht mehr die Kraft findet aufzustehen, kann oder will nicht mehr weitergehen, sucht das nächstliegende bequeme Bett -  aus Erde - ein schmerzlich-schönes Bild. fällt neben dem gehassten Vater ins Grab und schließt die Augen - vor sich und dem Leben.

Viele Grüße,
Lilli


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timcbaoth
Leseratte


Beiträge: 114



Beitrag26.04.2014 00:22

von timcbaoth
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Hallo und danke euch beiden für euren Kommentar!

Bitte verzeiht mir, dass ich so lange keine Reaktion gezeigt habe, aber ich habe in letzter Zeit recht viel zu tun.

Ich werde bei der Überarbeitung eure Meinungen sicher berücksichtigen und kann gar nicht genug für eure Hilfe danken. Smile


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