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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Allgemeines rund um die Schriftstellerei -> Diskussionen zu Genre und Zielgruppe
Zu anspruchsvolles Schreiben

 
 
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LeoModest
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 37
Beiträge: 142
Wohnort: Travemünde


Beitrag01.04.2014 15:53

von LeoModest
Antworten mit Zitat

Merlinor,

ich finde, dass die Popularität (also Verkaufszahlen) durchaus als Maßstab für das Geschmacksempfinden der Leserschaft gelten kann. So war dieser Satz gemeint.

Ansonsten gab's hier bisher auch nicht wirklich eine Genre-Diskussion, oder? Vielmehr kristallisierte sich eben diese Frage nach der Qualität durch. Dein Einwand mit den anderen Ansprüchen an Genres lasse ich aber gelten, da hast du Recht. Ob das aber die Qualitätsfrage überwindet, weiß ich nicht so recht...
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Riccie
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 62
Beiträge: 402
Wohnort: Katzenkorb und Wolke 777


Beitrag01.04.2014 15:57

von Riccie
Antworten mit Zitat

Danke Merlinor,

ganz speziell für diesen Absatz:

Zitat:
Ein gut gemachtes Werk der Unterhaltungsliteratur muss völlig anderen Ansprüchen genügen, als ein gut gemachtes Werk der sogenannten E-Literatur.
Leider ist dem deutschen Feuilleton diese Einsicht schon vor langer Zeit abhandengekommen und so hält sich hierzulande hartnäckig das Gerücht, eine Unterscheidung zwischen „guter“ und „schlechter“ Literatur sei nicht zuletzt genreabhängig.

Das aber halte ich für einen kulturellen Irrweg.


_________________
Wer nie aneckt, hat weder Ecken noch Kanten.
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scopie
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 152



Beitrag01.04.2014 16:09

von scopie
Antworten mit Zitat

Hallo Leo,

nein, entsprechende Gütekriterien kann es meines Erachtens nicht geben. Gut und schlecht, das sind subjektive Bewertungen. Man könnte sich höchstens auf ein Bewertungssystem einigen, aber auch dann wären Richtig und Falsch ja nur innerhalb dieses Systems definiert und nicht allgemeingültig. So unterscheiden sich auch moralische Wertesysteme. Was richtig ist, würde so mancher wohl gern festlegen. Aber letztendlich ist das objektiv nicht möglich.

Grüße
scopie
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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

Alter: 41
Beiträge: 2943
Wohnort: zuckerstudio waldbrunn


Beitrag01.04.2014 16:40

von Klemens_Fitte
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hwg hat Folgendes geschrieben:
@ Klemens_Fitte: Erspare mit bitte, alle die von mir kritisierten Bemerkungen herauszufiltern. Ihre Anzahl in den verschiedenen
Rubriken ist einfach zu hoch.


Dann habe ich dich falsch verstanden, denn ich dachte, das "hier" in diesem Satz
Zitat:
Würde es nach Meinung vieler hier vertretenen Kommentatoren gehen
würde sich auf diesen Thread beziehen. Tut es nicht, okay. Wenn es aber um pauschale Aussagen geht, dann sehe ich da nicht wirklich eine Diskussion - Fazit: Ich habe nichts beizutragen und bin raus. Das Wesentliche haben schlauere Leute als ich schon gesagt, da verweise ich auf die Kommentare von Fjodor und Merlinor.

Gruß,
Klemens
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hwg
Geschlecht:männlichSchreiberling

Alter: 80
Beiträge: 498
Wohnort: A 8786 Rottenmann


Beitrag02.04.2014 13:07

von hwg
Antworten mit Zitat

Hallo Klemens,

beim - oft zu raschen - Tippen kann es meinerseits manchmal schon
zu unzulänglichen Formulierungen kommen. Ich hoffe aber, dass bei
Dir deswegen keine Missstimmung aufgekommen ist, ein Missver-
ständnis genügt ja. Laughing

Kollegialen Gruß aus der Steiermark!
Hans
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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

Alter: 41
Beiträge: 2943
Wohnort: zuckerstudio waldbrunn


Beitrag02.04.2014 13:20

von Klemens_Fitte
Antworten mit Zitat

Hallo hwg,

nein, missgestimmt war ich nicht, eher verwirrt. Vielleicht bin ich noch nicht lange genug hier oder immer in den falschen (oder eher, in diesem Fall, richtigen) Bereichen unterwegs, aber ich schätze es gerade an diesem Forum - im Vergleich zu anderen 'Literaturforen', on- oder offline - dass sich die Geringschätzung von sogenannter U-Literatur hier sehr in Grenzen hält. Da herrscht anderswo ein sehr viel rauerer und arroganterer Ton.
Und auch in diesem Faden, wo es ja Gelegenheit gäbe, einmal auf das vermeintlich hohe Ross zu steigen, sehe ich sehr viel Akzeptanz und Verständnis auf beiden Seiten.

Allerdings sehe ich ja auch an den Kommentaren von Riccie oder zwima, dass du anscheinend einen wichtigen Punkt angesprochen hast. Und wenn sich der Frust darüber, dass das eigene Schaffen aus irgendwelchem Dünkel heraus herabgestuft oder belächelt wird, hier mal Luft machen kann - dann finde ich das auch okay; auch wenn ich entsprechende Angriffe in der Richtung, wie gesagt, hier nicht finden konnte. Kann gut seih, dass sich da anderswo schon etwas angestaut hatte - das möchte ich natürlich nicht in Zweifel ziehen.

Einen kollegialen Gruß zurück,
Klemens
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Babella
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 890

Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag05.04.2014 18:57

von Babella
Antworten mit Zitat

Riccie hat Folgendes geschrieben:
Aber vor allem nervt es, wenn sich Literaten, die noch nie eine Zeile veröffentlicht haben, zu Höherem und zur Kritik über andere berufen fühlen.

Sorry, ich will keinen auf den ... treten, aber das muss mal raus.

Auch dieses "ich schreibe für mich", glaube ich keinem. Es sei denn es ist ein Tagebuch.


Aber weißt du, wenn man, wie ich, weiß, dass man von seiner Schreiberei nicht leben will, kann und wird, und man wird dann in Schreibseminaren, die man besucht, weil man sich weiterentwickeln will, in eine bestimmte, gerade moderne Richtung gezwängt, das nervt eben auch!

Ich habe immer viel "für mich" geschrieben. Ich habe auch manchmal Texte geschrieben, die ich später zur Hand nahm und dachte: Ja. So will ich schreiben. Genau so. Und wenn so was keiner lesen will, dann halt nicht, denn *wenn* ich schreibe, dann so. Und nicht wie Hera Lind.

Und mir geht es eben auch so, dass ich lange, verschachtelte Sätze z. B. bei Proust sehr, sehr genieße, und dass manche Krimis derart von der Stange kommen, dass sie mich anöden. Es gibt auch gute und schlechte Unterhaltung. Und "gut" und "schlecht" entscheidet sich nicht an Verkaufszahlen.

Und nein, ich kriege diese Konfektionsware nicht hin. Oder sagen wir so: Ich werde nie erfahren, ob ich es hingekriegt hätte, wenn ich von Anfang an in die kommerzielle Richtung gestrebt und geschrieben hätte.

Ich kann deinen Ärger gut verstehen. Aber ich kann LeoModest auch verstehen. Ich *will* manchmal gar nicht, dass das Lesen mir leicht fällt, ich *will* gefordert werden. Und ich will mir nicht vorschreiben lassen, wie ich selbst schreibe.

Und zum Bügeln schaue ich die Lindenstraße und bin froh, dass es Leute gibt, die diese Art von Unterhaltung machen. Ich weiß ja, dass auch das ein hohes Maß an Professionalität erfordert.
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zwima
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 640
Wohnort: Reihenhausidyll


Beitrag05.04.2014 21:15

von zwima
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Babella hat Folgendes geschrieben:


 Es gibt auch gute und schlechte Unterhaltung. Und "gut" und "schlecht" entscheidet sich nicht an Verkaufszahlen.


Und genau das ist doch das Problem, an der ganzen Diskussion. Woran ist deiner Meinung nach "gut" und "schlecht" bemessbar. Beides sind Worte, die eine Wertung implizieren. Und um etwas zu "bewerten" braucht es messbare Einheiten.

Persönlicher Geschmack entzieht sich messbaren Bewertungskriterien. Verkaufzahlen MÖGEN eine Einheit sein, mithilfe derer etwas messbar wird, das sonst auf bloßen Geschmack hinausläuft. Nachaltigkeit mag ein anderes Kriterium sein. Welche Autoren halten sich länger, als ein, zwei Jahre im Geschäft?

Anhand welcher Kriterien machst du fest, dass das, was du als gut EMPFINDEST, tatsächlich BESSER ist, als das, was Lieschen Müller als gut empfindet.

Als Autor empfinde ich mich in erster Linie als ein Dienstleister des Lesers. Und das gilt sowohl im Brotjob, als auch beim belletristischen Schreiben. Aber um zu wissen, wie ich meine Leser gut unterhalten kann, muss ich wissen, was sie erwarten. In verschiedenen Genres sind die Erwartungen unterschiedlich, aber sie sind nicht ehrbarer in dem einen oder anderen und auch nicht "besser" oder "schlechter". Und niemand der sich nicht schon mal damit auseinandergesetzt hat, sich von liebgewonnen Formulierungen, Figuren, oder Plot-Wendungen getrennt zu haben, kann wissen, was für eine Genugtuung es ist, wenn man dann nach langem Grübeln und vergossenem Herzblut doch geschafft hat ein Kompromiss zu finden, mit dem alle Seiten leben können.


_________________
HarperCollins:
Winterglück am Meer, Nordlichtträume am Fjord, Sommerzauber am Fjord, Winterküsse unterm Nordstern, Lichter, die vom Himmel fallen, Lichterzauber in Whispering Heights (2024), AT Van (2025)

Piper:
Späte Ernte, AT Moor

Lübbe:
Everything-for-youo-Trilogie, Unter-Haien-Dilogie
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LeoModest
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 37
Beiträge: 142
Wohnort: Travemünde


Beitrag05.04.2014 21:33

von LeoModest
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zwima hat Folgendes geschrieben:


Anhand welcher Kriterien machst du fest, dass das, was du als gut EMPFINDEST, tatsächlich BESSER ist, als das, was Lieschen Müller als gut empfindet.


Natürlich gibt es keine klare Kriterienliste, die allumfassend und objektiv Qualität beurteilen kann. Dennoch würde ich behaupten, dass es Leute gibt, die eben in der Lage sind, Qualitätsurteile zu fällen und die hätten meiner Meinung nach drei Eigenschaften: sie haben a) viel, b) vielseitig und c) aufmerksam gelesen. Wer sich wirklich mit Literatur beschäftigt hat, kann Qualität anständig beurteilen und sich das Urteil erlauben, dass dieses Buch wirklich besser ist als ein anderes.
Das Gleiche gilt letztlich für alle Dinge. Wer nur einmal in der Oper war, kann die Sängerin toll finden, aber die Qualität nicht wirklich beurteilen. Wer dagegen dutzende Male dort war, kann ein differenzierteres Urteil fällen.
Wer nur beiläufig hin und wieder ein Glas Wein trinkt, kann auch keine Qualität beurteilen - wer sich jedoch mit der Weinkunde befasst hat, kann sagen, dass dieser eine höhere Qualität besitzt als ein anderer: auch wenn viele Leute den Pinot Grigio für fünf Euro prima finden, heißt das nicht, dass kein Önologe ein abfälliges Urteil diesbezüglich äußern darf.

Und so sehe ich es eben auch in der Literatur. Es gibt qualifizierte Leute dafür und weniger qualifizierte. Hier im Forum kann ich jedoch niemanden diesbezüglich einschätzen, aber in meinem Privatleben gibt es eine Menge Leute, auf deren literarische Meinung ich wenig gebe, weil sie nur sehr oberflächlich und beiläufig lesen. Das soll auch gar nicht abfällig sein, aber ich kann mir bei Wein ja auch keine wertvolle Meinung sagen, auch wenn ich eigentlich meine, dass Rießling doch ganz nett schmeckt...
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scopie
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 152



Beitrag05.04.2014 22:21

von scopie
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Kunst kann nicht gut oder schlecht sein, man kann sie nur gut oder schlecht finden. Daran wird kein "Kunst-Sommelier" oder -kritiker etwas ändern. Ebensowenig wird ein Wein-Sommelier dafür sorgen können, dass ich Wein überhaupt mag. Da können die "Experten" bestimmen, was sie wollen - Wenn es nicht meinen Geschmack trifft, hat ihr Urteil für mich keine Bedeutung. Und wenn es ihn trifft, fühle ich mich einfach nur in meinem Urteil bestätigt, mehr nicht.

Warum ist es dir wichtig, dass jemand festlegen darf, was gut oder anspruchsvoll ist und was nicht?
Was ist an Meinungsvielfalt und "Geschmäcker sind verschieden" auszusetzen?
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LeoModest
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 37
Beiträge: 142
Wohnort: Travemünde


Beitrag05.04.2014 22:43

von LeoModest
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scopie hat Folgendes geschrieben:
Kunst kann nicht gut oder schlecht sein, man kann sie nur gut oder schlecht finden.

Warum ist es dir wichtig, dass jemand festlegen darf, was gut oder anspruchsvoll ist und was nicht?
Was ist an Meinungsvielfalt und "Geschmäcker sind verschieden" auszusetzen?



Darf ich folgendes Beispiel nehmen: ich bin ein grässlicher Maler, habe null Talent und male wie ein 12-jähriger. Würde ich aber ein bisschen besser malen können und es immerhin hinbekommen, ein Bild von einem Gebirge zu malen, wo eine gewisse Dreidimensionalität zu erkennen ist - und nun jemand sagt, dass dieses Bild gleichwertig mit Picasso ist. Picasso mag er nämlich nicht, da sind die Oberschenkel mal blau und mal grün, da sind die Formen so sonderbar, die Farben so grotesk: ihm gefällt ein schönes Landschaftsbild doch viel besser. Also bin ich Picasso ebenbürtig, weil es eben keine schlechte Kunst gibt?

Das ist für mich albern. Und selbst wenn meine Mama findet, dass ich besser schreibe als Dostojewski (den sie nicht besonders mag), so ist das in meinen Augen keine wertvolle Geschmacksaussage: sondern Blödsinn.

Hierbei will ich dir keinen Blödsinn unterstellen. Ich will dich auch keineswegs angreifen. Aber ich meine eben dennoch, dass nicht jedes Geschreibsel gleichwertig ist, dass es sehr wohl gute und schlechte Kunst gibt.

Geschmäcker sind ja gut und prima, alles hat auch seine Existenzberechtigung, gerne: aber ich halte halt die Qualitätsfrage doch für relevant und wichtig.

Nichts für ungut

Leo
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scopie
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 152



Beitrag05.04.2014 23:03

von scopie
Antworten mit Zitat

Ich wollte nicht so viele Fragen stellen, weil ausführliches Hinterfragen schnell einen Touch von der Pistole auf der Brust bekommt. Aber ich stelle die Fragen jetzt etwas ausführlicher, damit du vielleicht verstehst, was ich meinte:
Warum ist dir eine Festlegung wichtig? Wer legt im vorigen Schritt fest, wem dieses Recht, über die Güte zu entscheiden, zugesprochen werden kann? Warum sollten viele Menschen die Meinung von "Experten" anerkennen? Für welchen Zweck? Wem bringt das etwas? Und was bringt es?

Zitat:
Also bin ich Picasso ebenbürtig, weil es eben keine schlechte Kunst gibt?

Nein. Wenn keine Bewertung möglich ist, kannst du auch niemandem ebenbürtig, überlegen oder unterlegen sein. Das war meine Aussage.

Edit (aus Versehen zu schnell abgeschickt):
Gegen eine persönliche Wertung habe ich nichts, jeder hat ja einen bestimmten Geschmack. Aber du würdest dir doch nicht von einem "Expertenteam" vorschreiben lassen, Erika Mustermann als Autorin zu vergöttern, obwohl du ihre Werke für den letzten Schund hältst. Und damit stoße ich unweigerlich auf die oben gestellten Fragen.
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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

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Wohnort: zuckerstudio waldbrunn


Beitrag05.04.2014 23:08

von Klemens_Fitte
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Hallo Leo,

jetzt muss ich doch kurz etwas anfügen, obwohl ich hier eigentlich die Füße stillhalten wollte. Ich glaube zu wissen, worum es dir geht. Und ich glaube auch, dass es eine Qualität gibt, etwas, das ein Kunstwerk zu einem Kunstwerk macht, das sich dem subjektivem Geschmacksempfinden entzieht. Ich würde sogar noch weiter gehen: Es braucht nicht einmal die Einschätzung eines Experten - diese Werke könnten theoretisch für immer in einer Schublade liegen und unrezipiert bleiben, sie wären trotzdem etwas, das sich auf einem ganz eigenen Qualitätsniveau befindet.

Aber: Die Frage der Qualität ist m.E. eine wichtige, aber auch eine, die man eben nicht beantworten kann. Natürlich kann man Kriterien aufstellen, aber die sind letztlich ebenso subjektiv gefärbt.

Ob du Geschreibsel, einen gut geschriebenen Text oder ein echtes Kunstwerk geschaffen hast, diese Frage wird dir niemand beantworten können. Aber darauf kommt es doch auch nicht an - sondern nur auf das Werk; denn das wird uns und unsere Geschmacksdiskussion im besten Fall ohnehin überleben.

Ich bin mir bewusst, dass es sich bei diesem etwas konfusen Erklärungsversuch nicht um eine diskussionswürdige Argumentation handelt. Sieh es eher als mein Credo, von dem ich nicht lassen kann.

Gruß,
Klemens

Edit: scopie war schneller. In vielen Punkten stimme ich ihr zu.
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Babella
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Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag05.04.2014 23:28

von Babella
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Stephen King hat mal so was gesagt wie: "Ich bin ein Salamischreiber. Ich versuche, gute Salami zu machen, aber Salami ist nun mal Salami."

Nachdem ich jetzt auch sein Buch "Das Leben und das Schreiben" gelesen habe, verstehe ich noch ein bisschen besser, was er meint. Er ist unglaublich belesen. Und er ist sehr, sehr erfolgreich. Aber das macht ihn nicht zu einem Goethe, und das weiß er auch. Er macht Unterhaltungsliteratur. Sie macht Spaß. Aber man kann sie nun mal mit einem Bergengruen (liegt gerade auf meinem Nachttisch) nicht vergleichen - andere Liga halt. Man vergleicht auch nicht McDonalds mit einem Vier-Sterne-Restaurant, sinnlos, das.

Ich wundere mich, dass man daran zweifeln kann und dass man einfach alle Ansprüche an Qualität mit einem "kann einem gefallen oder auch nicht" vom Tisch wischen kann.

Ich lese viele Gedichte, aber nie welche von Goethe. Ich finde sie immer zu belehrend. Aber ich weiß sehr wohl, dass er ein genialer Dichter war, und dass mein Geschmack nicht maßgeblich ist für das, was er alles geleistet hat.
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Pütchen
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Beitrag06.04.2014 04:59

von Pütchen
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Handwerkliche Schwächen sind einigermaßen gut nachweisbar (doch selbst bei Perspektive fangen die Geister schon an, sich zu scheiden Laughing )

Manchmal habe ich, sowohl bei Kunst als auch bei Literatur, den Eindruck, dass es umso hochwertiger beurteilt wird, umso weniger die Leute wirklich verstehen, was gemeint ist. Sobald der Intellekt überfordert wird, muss es ja gut sein, weil der andere hat bestimmt was auf dem Kasten, was ich (der Leser, Kunstbetrachter) mit meinem schlichten Geist einfach nicht nachvollziehen kann^^

Und manchmal habe ich auch den Eindruck, dass oft auf die gehört wird, die sich über die Ignoranten, die ja keine Ahnung haben, erheben und am lautesten schreien und am heftigsten kritisieren - die werden in der Szene als "die wahren Kritiker" anerkannt. Wer hört schon auf jemanden, der schlicht sagt: "Hey, Wahnsinns-Buch, hab nicht gepennt heute Nacht"?

Für mich gibt es auch gigantische Autoren, die mit Worten malen können, dass ich eine Gänsehaut bekomme. Für mich hat aber auch ein Unterhaltungsautor, der es schafft, seinen Leser von der ersten bis zur letzten Seite aufgrund der Handlung zu fesseln, dass man nicht schlafen kann, weil man unbedingt wissen will, wie es weitergeht, meine größte Hochachtung verdient. Und oft schließt eines das andere gar nicht aus.

My five cent ... Very Happy


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"Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken."
(Isaac Newton, 1642-1726)

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LeoModest
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Beiträge: 142
Wohnort: Travemünde


Beitrag06.04.2014 11:19

von LeoModest
Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

ich habe nicht den Eindruck, dass du mir die Pistole auf die Brust setzt, scopie! Ich hoffe, der gegenteilige Eindruck entsteht auch nicht. Ich finde die Diskussion nämlich anregend und bisher argumentiert jeder auch fair und ohne persönlich zu werden.

Zum Thema bzw. zu deinen Fragen:

Zitat:
Warum ist dir eine Festlegung wichtig?


Natürlich könnte ich es einfach gewisse Aussagen einfach stehen lassen und mich anderen Dingen widmen, aber was mir am Herzen liegt, ist dies: eine differenzierte Sichtweise. In meinen Augen gibt es überall im Leben Qualitätsunterschiede, die man benennen kann. Dass Picasso besser malt als ich, ist für mich unbestritten. Dass Dostojewski besser schreibt als ich, ist für mich unbestritten. Hier einfach zu sagen, dass es keine Qualität gibt und es nur nach dem Geschmack geht, ist für mich nicht differenziert genug.

Zitat:
Wer legt im vorigen Schritt fest, wem dieses Recht, über die Güte zu entscheiden, zugesprochen werden kann?


Hier schlage ich keine Kommission von Literaturexperten vor, sondern nenne das, was ich oben bereits genannt habe: Leute, die a) viel, b) vielseitig und c) aufmerksam gelesen haben.

Um bei meinem Opernbeispiel von oben zurück zu kehren: ich liebe die Oper, habe hunderte CDs und war dutzende Male in der Oper. Ich würde mir attestieren, besser als der Durchschnittsbürger die Qualität von Sängern beurteilen zu können, eben wei ich den 'Lohengrin' in elf Versionen habe und mich damit lange beschäftigt habe. Zeitgleich gibt es die Leute, die doppelt so alt sind wie ich (wie die meisten in den Opernhäuesern) und seit Jahrzehnten so intensiv Opern hören wie ich - und sich demnach ein nuanciertes Urteil erlauben können. Bin ich also neben einem Operndebütanten, der den Tenor toll findet, vertraue ich eher meiner Meinung. Sitze ich neben dem einen Kerl, den ich in London kennen lernte und der seit 50 Jahren jede Woche drei mal in die Oper geht und er meint, dass diese Sängerin nicht so toll ist, dann hätte ich vor dieser Entscheidung Respekt.
Und dito eben bei der Literatur. Wenn der eine Kumpel von mir, der in den letzten fünf Jahren vier Bücher gelesen hat, meine Novelle prima findet, bilde ich mir wenig darauf ein. Sagt aber eine meiner guten Freundinnen, die in Germanistik promoviert, dass die Novelle schlecht ist, dann werde ich mich hinterfragen. Und umgedreht, der Kumpel mag's nicht, die Freundin findet's toll: dann glaube ich auch ihr und bin guter Dinge, anständige Literatur verfasst zu haben.
Schließlich will ich anführen, dass ich den 'vorigen Schritt' gar nicht erkenne: es ist fließend, aber es gibt Leute, die eher eine hörenswerte Meinung haben als andere.

Warum sollten viele Menschen die Meinung von "Experten" anerkennen? Für welchen Zweck? Wem bringt das etwas? Und was bringt es?

Ich will ja nicht, dass jemand all seine Bücher wegschmeißt, weil ich sie für mäßig halte oder meine Germanistikfreundin sie als Schund bezeichnet. Ich will nicht, dass die Bücher verboten werden oder die Leute umerzogen werden. Was ich aber will, habe ich weiter oben genannt: eine differenzierte Sichtweise.
Mich nervt es beispielsweise auch, wenn Leute, die nie in der Oper waren, sagen, dass Musicalsänger genauso gut singen wie Opernsänger. Das ist für mich kompletter Unfug, weil die Ausbildung eine komplett andere ist. Musicalsänger haben je ein Drittel Tanz, Gesang und Schauspiel; Opernsänger üben quasi nur den Gesang. Erstere singen mit Mikrophon, Letztere füllen riesige Säle nur mit ihrer Stimme gegen ein gewaltiges Orchester. Opernsänger können oft nicht schauspielern, ja - aber singen können sie besser. Und alle Musicals, wo ich sah, hatten Sänger, die niemals eine Opernrolle ausfüllen könnten. Und wenn Leute dann behaupten, dass Musicalsänger genauso gut sind, dann nervt mich das, weil es undifferenziert (und meistens ignorant ist). Das heißt nicht, dass ich Musical hasse, ihnen die Existenz abspreche, aber keiner, der sich je mit Gesang beschäftigt hat, würde sagen, dass ein Musicalstar stimmlich einer Netrebko oder Dessay nahekommt. Man kann gerne Musicals anschauen, aber die undifferenzierte Meinung stört mich eben.
Ditto eben auch Literatur.

Aber du würdest dir doch nicht von einem "Expertenteam" vorschreiben lassen, Erika Mustermann als Autorin zu vergöttern, obwohl du ihre Werke für den letzten Schund hältst.

Wie gesagt, ich will keine Kommission einsetzen, die die Wahrheit ermittelt und die dann durchsetzt. Niemand soll gesagt bekommen, wer vergöttert wird. Aber: ich habe kein Problem damit, von Experten gesagt zu bekommen, dass dieses Buch, das ich mag, keine große Literatur ist.
Früher mochte ich eine Zeitlang mal Wikinerromane. Ich mochte das Pathos, der stolze, loyale Held, der niemals aufgab und immer weiterkämpfte. Ich mochte, wie die Schwerter auf die Schilder schepperten und wie Odin angerufen wurde: prima Sache, ich fand's toll. Aber ich habe dabei schon gemerkt, dass das ziemlich einfältig ist und nach fünf Wikingerromanen bringt der sechste auch nichts mehr Neues. Die Feststellung dessen ändert nichts daran, dass ich es nett fand, diese Romane zu lesen: aber für große Literatur halte ich sie dennoch nicht.

Anekdote am Rande: ich stritt mal mit meiner netten Mitbewohnerin über Murakami, den ich absolut grässlich finde. Eine ähnliche Diskussion wie hier entwickelte sich und sie war ziemlich böse auf mich. Sie empfahl mir dann ein Buch von Leonie Swann: 'Garou - Schafthriller', wollte wissen, was ich davon hielt. Ich habe es gelesen und fand es richtig prima. Ich stieg von meinem hohen Ross hinunter und fand's amüsant und lustig. Aber: große Literatur war es für mich nicht. Es war originell, nett, heiter, aber nach einmaligem Lesen hatte ich auch genug - wogegen ich die 'Buddenbrooks' noch zig mal lesen könnte.

Weißt du, was ich meine? Die Differenzierung, die ich vorschlage, bedeutet nicht, dass ich abschließende Wahrheiten will, die jeder befolgen muss. Aber zu sagen, dass man Literaturqualität nicht zu unterscheiden vermag, finde ich eben zu kurz gegriffen!

Beste Grüße

Leo
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G.T.
Geschlecht:männlichKlammeraffe
G

Alter: 38
Beiträge: 674



G
Beitrag06.04.2014 12:46

von G.T.
Antworten mit Zitat

Als Opernfan und Germanist muss ich mich mal einmischen. Rolling Eyes

Zitat:
Zeitgleich gibt es die Leute, die doppelt so alt sind wie ich (wie die meisten in den Opernhäuesern) und seit Jahrzehnten so intensiv Opern hören wie ich - und sich demnach ein nuanciertes Urteil erlauben können. Bin ich also neben einem Operndebütanten, der den Tenor toll findet, vertraue ich eher meiner Meinung. Sitze ich neben dem einen Kerl, den ich in London kennen lernte und der seit 50 Jahren jede Woche drei mal in die Oper geht und er meint, dass diese Sängerin nicht so toll ist, dann hätte ich vor dieser Entscheidung Respekt.


Das kann man ja auch genau umgekehrt sehen. Nämlich so, dass der "Experte" schon so genau hinhört, dass er zum Erbsenzähler wird und vielleicht den Gesamteindruck verpasst. Keine Sorge, hab ich schon oft genug erlebt.
Auch bei Sängern gibt es, wie in jeder Kunst, unterschiedliche Faktoren. Es gibt das Handwerk, es gibt aber auch den Ausdruck und die persönliche Note. Es gibt erstklassige Sänger, die mich einfach kalt lassen, und mittelmäßige Sänger, die etwas berühren. Die singen jetzt beide dieselbe Arie, und der gebildete Herr beugt sich zu mir rüber und flüstert mir eindringlich ins Ohr, welcher der besser ausgebildete, der kunstvollere Sänger sei. Das ändert an meinem persönlichen Eindruck rein gar nichts. (Nebenbei: Ich würde mir nie z.B. eine Operncd kaufen, weil mir ein vermeintlich Gebildeter dazu rät. Ich würde sie mir anhören. Genauso wie es pure Dummheit ist, auf Bestsellerlisten zu vertrauen oder auf Ratschläge aus dem Feuilleton, selbst wenn ein Professor sie geschriebe hat. Das können Anstöße sein, etwas anzugucken, aber sie ersetzen das eigene Urteil nicht.)
Es ist eben nicht so einfach, dass ein Experte zwangsläufig einen besseren Ratschlag gibt.
Jemand, der Oper nicht leiden kann, sich aber in eine solche setzt, weil es angesagt ist, auf den würde ich auch nicht hören. Jemand, der aber zum ersten Mal in einer Oper sitzt, das gerne tut und sich mitreißen lässt - wieso sollte dessen Urteil weniger gelten, als das des Alten?
Ich finde hier weniger die Erfahrung, sondern die Motivation ausschlaggebend. Auch jemand, der relativ wenig liest, kann, wenn er aufmerksam und bewusst Literatur sich zu Gemüte führt, ein reifes Urteil darüber ablegen. Auch wer selten in die Oper geht kann gute Tipps geben.
Und wer dauernd in die Oper geht und dutzendweise Bücher liest, kann trotzdem ein mieser Ratgeber sein, wenn er es nur tut, um einem gutbürgerlichen Ideal zu entsprechen. Das halte ich für ausschlaggebender, die Motivation dazu, sich mit Kunst zu beschäftigen, nicht die Masse, in der man das tut.
Wer nie in der Oper war, aber über Opern- und Musicalsänger spekuliert, fällt aus diesem Muster völlig raus.

Den Diskurs um Literaturqualität finde ich spannend und interessant, aber auch nicht so einfach zu lösen, wie du es versuchst, Leo. Wie viele Schriftsteller wurden zu Lebzeiten verkannt oder wurden zu Lebzeiten anerkannt, postum aber dem Schund zugeordnet? Was Qualität ist hat nunmal auch mit Paradigmen zu tun, die sich laufend ändern können.

Und als Germanist: Hahaha!!! Germanisten sollten besser über Literatur urteilen können, als Hänschen auf der Straße? Das wäre ja zu schön!
In der Germanistik gibt es, wie überall, einfach nur Moden, denen gefolgt wird. Das Urteil eines Germanisten ist ihm in vielen Fällen, so wie allen anderen Menschen auch, durch seine Dozenten anerzogen worden. Traurig, ist aber so. Und Germanisten haben nicht zuletzt gerne auch ein gerüttelt Maß Überheblichkeit gegenüber der Literatur gerade der Gegenwart.
Ich kenne viele Nicht-Germanisten, mit denen ich besser und auf einem höheren Niveau über Literatur reden kann, als mit so manch anderen Germanisten.

P.S.: Eine Frage noch: Du hast eine Novelle geschrieben, dein Freund findet sie gut, eine Germanistin findet sie auch gut, eine weitere Germanistin findet sie schlecht. Was glaubst du nun? Fragst du als nächstes, wer von beiden über welches Thema promoviert hat?
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LeoModest
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Alter: 37
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Wohnort: Travemünde


Beitrag06.04.2014 14:19

von LeoModest
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Hallo G.T.,

danke für deinen lesenswerten Beitrag. Du argumentierst sehr ausgewogen und überzeugend. Ein wenig deiner Gelassenheit würde mir gut tun.

Ich glaube aber, dass wir gar nicht so weit von einander entfernt sind. Ich selber bin Politikwissenschaftler und nenne hier mal den Zusatz 'ceteris paribus', der bei uns oft gebraucht wird: wenn alles andere gleich und konstant ist, dann gilt dies oder jenes. So wünchte ich mir, dass auch meine Aussage aufgenommen wird.

Ich will, wie gesagt, nicht hörig sein, wenn ein Germanist dies oder jenes sagt. Auch ein alteingesessener Opernsänger ist nicht immer die beste Referenz: ich kenne einen alten Wagnerianer, der schlicht behauptet, dass seit etwa 1960 der Wagnergesang nur noch furchtbar ist und gar nichts mehr Anständiges kommt (von den skandalösen Inszenierungen à la Chereau ganz abgesehen!). Da kann man auch nicht alles direkt glauben und als Wahrheit ansehen.

Aber: Ich war mal in Atlanta mit sieben, acht Kommilitonen in der Oper, die allesamt nicht mehr als zwei, drei mal in der Oper waren. Und die fanden den Tenor alle super - und mir gefiel er halt überhaupt nicht. Ich schimpfte nicht über seine Adagio-Passagen oder das nicht getroffene C (weil ich das nicht einschätzen kann), aber er sang einfach ziemlich mäßig. Und in diese Richtung geht eben mein Argument.

Dein Einwand des erfrischten Hörers finde ich gut. Ich meine, es war Mann, der auch darauf hinwies, dass das ungestörte, ehrliche, unvoreingenomme Hören auch viel Wert besitzt. Das will ich nicht bestreiten, aber das Gegenteil ist dann halt auch nicht wahr: dass nur die Kenntnislosen gute Anmerkungen geben können. Dies sagst du aber auch gar nicht, G.T., und daher danke ich dir einfach für den guten Hinweis, dass die allzu expertenhafte Beurteilung auch gewisse Nachteile hat.

Zum Thema deines Berufsstandes:

Ich meine, ich hätte den Ausdruck Germanist auch gar nicht gebraucht, sondern dieses viel/vielseitig/aufmerksam-Diktum vorgelegt. Und daran würde ich auch nicht rütteln, wiewohl natürlich Germanisten tendenziell in diese Schublade zu stecken sind. Dass es hierbei dann auch Selbststilisierung, Dogmen, Moden gibt, ist natürlich richtig.
Ich kenne selber auch wenige Germanisten. Einer meiner besten Gesprächspartner hinsichtlich Literatur und Oper ist übrigens ein Maler, der sowohl Literatur als auch Oper ähnlich betrachtet wie ich. Das erste nicht aus der germanistischen Perspektive, Letzteres nicht aus der Mozarteum-Perspektive: sondern offen, begeistert, kenntnisreich. Und seine Meinungen finde ich stets sehr spannend, vielleicht auch weil er nicht in die von dir kritisierte Schublade passt.

Zitat:

Eine Frage noch: Du hast eine Novelle geschrieben, dein Freund findet sie gut, eine Germanistin findet sie auch gut, eine weitere Germanistin findet sie schlecht. Was glaubst du nun? Fragst du als nächstes, wer von beiden über welches Thema promoviert hat?


Das ist ja jetzt schon fast polemisch, G.T. Smile Ceteris paribus, will ich wieder sagen. Es gibt eben Menschen in meinem Umfeld, auf deren Meinung ich Wert lege. Der Nicht-Germanist von oben, eine Germanistin, von der ich sehr viel halte usw. Bei anderen lege ich eben weniger Wert auf ihre Meinung, weil ich sie nicht für prädestiniert halte, ein gutes Urteil abzugeben.
(Beim Fußball war's übrigens genauso: da war mir die Meinung vom Teamkapitän oder Trainer wichtiger als die von meiner Mama, die fand, dass ich immer großartig spielte... Wink

Beste Grüße und danke noch mal für deinen erfreulichen Kommentar

Leo
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zwima
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Beitrag06.04.2014 14:40

von zwima
Antworten mit Zitat

Babella hat Folgendes geschrieben:
Er ist unglaublich belesen. Und er ist sehr, sehr erfolgreich. Aber das macht ihn nicht zu einem Goethe, und das weiß er auch. Er macht Unterhaltungsliteratur. Sie macht Spaß. Aber man kann sie nun mal mit einem Bergengruen (liegt gerade auf meinem Nachttisch) nicht vergleichen - andere Liga halt.


Sehr spannend finde ich ja immer, wenn ausgerechnet Goethe in solchen Diskussionen herangezogen wird. Goethe war zu seiner Zeit Popliterat. Seine Bücher strotzen vor Themen, die wir gemeinhin der Unterhaltungsliteratur zuschreiben. Das, was ihn mMn vor allem von einem Stephen King unterscheidet ist die Epoche, aus der er kommt. Gleiches gilt für Shakespeare und Austen.

Und auch der Burger - Novelle-Cuisine-Vergleich hinkt. Es gibt Sterneköche, die Burger zubereiten, die in nichts jeder anderen Sterneküche nachstehen. Die auf hochwertiges Fleisch achten und punktgenaue ZUbereitung. Die nur ausgewählte Rohstoffe verarbeiten und auch einen stinknormalen Burger zu einem Fest für die Geschmacksnerven machen.


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Murmel
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Beitrag06.04.2014 15:36

von Murmel
Antworten mit Zitat

Was ist denn Qualität?

Qualität ist, wenn die vereinbarte Erwartung des Kunden immer, sofort und fehlerfrei erfüllt wird.

Das ist die "offizielle" Definition der Qualität. Ich habe mich im Zuge meiner Karriere mit Qualitätsmanagement einige Jahre beschäftigen dürfen. Damit ist auch klar, dass der Begriff was ist ein Qualitätsprodukt wandelbar und subjektiv ist. Und vom Betrachter abhängig.

Beauty lies in the eye of the beholder.

Da nun eine Firma nicht eine Million verschiedener Antworten auf ihre Million verschiedener Kunden haben kann, definiert sie Zielgruppen und Mehrheiten. Hat sie eine Zielgruppe definiert und deren Wünsche erfahren, kann sie beginnen, ein passendes Produkt zu entwickeln.

Der eine erwartet einen Burger, der einmal wie immer schmeckt, superbillig ist und ihm sofort serviert wird. Das ist seine momentane, aus seiner derzeit gültigen Lebenssituation Definition einer Qualitätsanforderung an einen Burger.
Der nächste will nur frische Produkte, Köstlichkeit und Preis spielt keine Rolle.
Beide Anforderungen sind gleich gültig und wenn sie erfüllt werden, ist die Welt des Kunden in Ordnung.

Genauso ist das mit Literatur. Was LeoModest für Qualität hält, muss nicht zwangsläufig Zwimas sein und auch nicht Murmels. Wer gerne Heftchenromane lesen will und sie ihm geben, was er erwartet, dann hat für ihn der Heftchenroman Qualität. Wer meint, er brauche Denkanstöße und Zeitgeist in der Literatur wird seine Qualität in anderen Büchern finden.

Who am I to judge?, hat der Papst gesagt. Eines der besten Aussprüche bisher.


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Riccie
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Beitrag06.04.2014 16:16

von Riccie
Antworten mit Zitat

Zwima schrieb unter anderem ...

Zitat:
Sehr spannend finde ich ja immer, wenn ausgerechnet Goethe in solchen Diskussionen herangezogen wird. Goethe war zu seiner Zeit Popliterat. Seine Bücher strotzen vor Themen, die wir gemeinhin der Unterhaltungsliteratur zuschreiben. Das, was ihn mMn vor allem von einem Stephen King unterscheidet ist die Epoche, aus der er kommt. Gleiches gilt für Shakespeare und Austen.


Das ist der Punkt. Wer sich heute noch an Goethe ausrichtet, um über Qualität zu urteilen, kann nur daneben liegen - in der Zeit.

Die Sprache hat sich verändert, das Leben ist ein anderes als zu Goethes Zeiten. Was damals als Unterhaltung galt, wird heute zur Kunst erhoben. Mit welchem Maßstab gemessen? Weil Goethes verquere Sprache nicht mehr von allen gemocht und verstanden wird?

Sorry, das ist genau der Maßstab, der mich immer nach oben auf die berühmte Palme bringt.

Genau wie die fruchtlose Diskussionen und Vergleiche zwischen Bildern und Geschriebenem. Das funktioniert für mich nicht.

Ein Bild ist entweder ein Abbild von irgendwas oder eine Interpretation, die ganz anderen Kriterien genügen muss, als Geschriebenes.

Schreibe ist immer auch Vermittlung von Inhalten, von Geschichten, von Wissen, von Gedanken - sie muss wesentlich präziser sein, um verstanden zu werden, als ein Gemälde, das auch einfach nur ästhetisch sein darf.

Ich habe mal einen klugen Satz gehört, den ich gerne zitiere:
Sprache ist immer eine Brücke von Mensch zu Mensch, das womit wir uns verständigen.

Wenn diese Brücke aber nur bruchstückhaft gebaut, oder mit allzu vielen Fallen bestückt ist, funktioniert sie nicht.

Und so manche alte Brücke, die funktionierte vor 100 oder 200 Jahren, ist aber heute allenfalls noch als nettes antikes Bauwerk in der Landschaft vorhanden. Betreten kann man sie oft nicht mehr.


_________________
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preusse
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Wohnort: Bayern


Beitrag06.04.2014 16:35

von preusse
Antworten mit Zitat

Doch was gut und solide gebaut wurde, hat nicht selten seit den Zeiten der Römer Bestand, und über ihre Brücken kann man heute noch gehen, sowie Ovid, Homer etc. lesen. Buch
Der eine schrieb u.a. Erotik, der andere Abenteuerliteratur. lol


_________________
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