Das geblendete Volk

[Adlerjunges]

Das geblendete Volk

Die Gäste tanzen zur Musik
wie Puppen an einem Strang.
Sie lachen falsch und trinken Wein
aus vergoldeten Kelchen.

Grinsende Diener schenken,
auf Geheiß des Regenten,
eifrig weiter nach.
Die Gäste trinken genüsslich.

Die Musik wird lauter,
der Takt wird ein anderer,
von den Gästen gänzlich unbemerkt.
Sie summen mit, kennen den Text nicht.

Die Luft bekommt einen bitt'ren Geschmack.
Ein Schluck aus dem Kelch
vertreibt ihn bisweilen.
Das Atmen fällt schwerer.

Ein paar Gäste verlassen den Saal.
Auf verständnislose Blicke
folgt bloß Achselzucken.
Ein Lächeln umspielt des Regenten Gesicht.

Das letzte Glas schmeckt anders als sonst,
wird dennoch schnell heruntergespült
und alle tanzen denselben Tanz.
Ein Zucken, ein Fallen.




Anmerkung: Ich bin mit dem Titel noch nicht wirklich zufrieden, nur will mir leider kein besserer einfallen. Vorschläge sind also durchaus erwünscht.

[adelbo]

Die "Puppen des Regenten"  fände ich gut.

Oder "Hampelvolk"

Mehr zu dem Gedicht werde ich den nächsten Tagen schreiben. Die Idee finde ich schon mal prima.

LG
adelbo

[Adlerjunges]

"Puppen des Regenten" geht auf jeden Fall schonmal deutlich mehr in die Richtung von dem, was ich ausdrücken möchte. Danke für den Vorschlag!

[Gast]

Hallo Adlerjunges,

damit kann ich mich nicht recht anfreunden. Ich glaube, das liegt daran, dass das Geschehen auf der Bildebene überhaupt keine Eigenständigkeit hat, sondern wirklich mit jedem Wort ausdrückt "Eigentlich soll das heißen"... Und dann kann man das "Eigentlich" doch auch direkt sagen? Zumal die sprachliche Gestaltung zwar ordentlich ist, aber doch nicht so herausragend, dass man ihretwegen im/am Text bleiben würde.

Gruß,

Soleatus

(Ach ja, Überschrift: Was auch immer, aber fett und unterstrichen sieht doof aus.)

[M.J.H.]

Hallo, Adlerjunges.

Ich kann hier einen Ansatz erahnen, der mir durchaus sympathisch ist. Erahnen, nur, weil dieser Ansatz in die ein oder andere auf mich eher befremdlich wirkende Wendung gepackt ist. Das ist aber vermute ich, mein persönlicher Geschmack! Was mir aber schwer fällt ist die eigentliche Intention herauszulesen. Wäre nett, wenn du mir in diesem Bezug hilfst!

[Adlerjunges]

Hallo ihr beiden,

@Soleatus:
Was den beschriebenen Effekt angeht, hast du wohl recht. Jede Zeile hat gleichsam noch eine andere Bedeutung, die natürlich auch durchaus herausgelesen werden soll. Dass dieser Effekt zu offensichtlich ist, kann ich mir durchaus vorstellen. Auch deine Anregungen zur Sprache kann ich nachvollziehen.
Um dem gerecht zu werden, wäre wohl eine Generalüberholung des ganzen Gedichts notwendig. Ich werde mir diesbezüglich vielleicht mal über eine zweite Version Gedanken machen.

@M.J.H.:
Erst einmal Danke für dein Interesse! Es geht im wesentlichen darum, dass vielen Menschen gar nicht bewusst wird, was mit bestimmten Beschlüssen, Aussagen und anderen Handlungen der Regenten des jeweiligen Landes (da gibt es wohl querbeet keine Ausnahmen), tatsächlich gemeint ist, bzw. bezweckt werden soll. Sie nehmen es einfach hin, ohne sich wirklich Gedanken darüber zu machen, geschweigedenn zu protestieren, o. Ä. . Die ersten beiden Strophen beziehen sich auf ebendieses "falsche Spiel" (vergoldete Kelche), die Handlanger, die es unterstützen (Kellner) und die Bereitwilligkeit des Volkes, sich dem zu fügen (trinken genüsslich).
Auch wenn die Zeichen eindeutiger werden, fast schon nicht mehr zu ignorieren sind, werden sie nicht bemerkt (der Takt wird ein anderer, von den Gästen gänzlich unbemerkt) oder es wird ihnen trotzdem keine Bedeutung beigemessen( Ein Schluck aus dem Kelch vertreibt ihn bisweilen.). Auch Protestanten und Aussteiger werden ignoriert (siehe 5. Strophe). Der Schluss ist die fatale Konsequenz, wenn nichts geschieht, also niemand einschreitet. Selbstverständlich ist dies zumindest für heutige Maßtäbe bewusst überspitzt formuliert, wenn man an Fälle wie das dritte Reich, China und andere Extremfälle der damaligen und heutigen Zeit denkt, relativiert sich diese Übertreibung jedoch wieder recht schnell. Mit diesem Hintergrund als Schlüssel ist es, wie bereits oben erwähnt, recht leicht, jede Zeile des Gedichts auf das Thema zu beziehen, was vielleicht auch ein Kritikpunkt ist. Ich hoffe, ich konnte dir bezüglich deiner Schwierigkeiten etwas weiterhelfen? Oder war deine Frage nach der Intention doch einer anderen Natur?

Grüße,
Adlerjunges

[M.J.H.]

Nein, genau so war die Frage gemeint. Danke für's Erklären!