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Delatio Gänsefüßchen
Alter: 34 Beiträge: 28 Wohnort: Leipzig
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10.03.2011 14:34 Narrentanz von Delatio
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„Lach!“ und „Sing!“ klimperte er verwegen daher, der kleine Narr, und protzte und gruselte, spielte und witzelte. Glucksend sah er sich um, verdutzt und kichernd, bis er sagte: „Oh man! Ihr seid wieder trüb, heute. Und ihr bleibt es heute Nacht noch!“ dabei schüttelte er ein Lachen hervor, befreite sich der anderen Leute Scham und Sorge - „Ihr seid es nicht ehrlich!“ fuhr er fort. „Nicht einmal zum Traurig-Sein seid ihr frei.“ und er sprang dabei von einem Fuß zum anderen.
Er war ein guter Spieler, ein Scharlatan und gewitzter Lügner, der Klimpernde. Es erschien' mir Unrecht, also fragte ich ihn: „Aber ist nicht aller Menschen Leid ungewiss?“ und überlegte dann kurz - „Es gibt doch großes und kleines Leid. Und Sorge und Not. Der eine vergaß den Schuh, die nächste ihr Pferd. Ja, einer vergaß seinen Kopf! Nun wandelt er umher, ganz verloren.“
Und der Narr lächelte und sprang aufs Neue: „Ihr vergesst alle eure Köpfe, ihr Könige mit euren Schuhen und Pferden!“ - „Ihr seid nicht ehrlich genug zu euch selber. Und auch nicht frei, so trauert ihr um eure Krone. Dass ihr traurig sein müsst, und nicht wollt!“ und da machte er einen größeren Sprung: „Das ist euer Vergehen, dass ihr nicht wollt. Ihr Könige!“.
Und ich wollte den Mund öffnen, um ihm zu widersprechen, doch da floh er bereits vor meiner Scham und Sorge.
Weitere Werke von Delatio:
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Stimmgabel Papiertiger
Beiträge: 4370 Wohnort: vor allem da
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11.03.2011 18:41
von Stimmgabel
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Hi Delatio,
Deine lebendige, tanzende Sprache, im Wechsel von Erzählung und direkter Rede gefällt mir hier sehr
Fast ganz, und doch!
Denn inhaltlich erschließen sich mir einige Bindungen/Zusammenhänge überhaupt nicht - an manchen Stellen auch zu ausführlich - vielleicht?
Denke mir mal – hier gehts vielleicht um Das Thema: echauffierte Sorgen der Oberen und sich selbst Beweihräuchernden, ach wie schlimm ist’s doch / und der sich gegenüberstellenden Narrenstimme,
die damals, wie auch heute reden darf,
und so grausam offen – wäre er nicht der offen ernannte Narr.
Was sich mir hier nicht erschließt:
-----------------------------------------------------------------------
Wieso haben die sogenannten Könige(Egomanen) eine Scham? / ihre extravaganten Sorgen – Ja / aber sicher keine Scham in ihrem Hanseln !!!
Wieso taucht als LI plötzlich ein „ich“ auf / ist es eine neutrale Person – und für wen spricht sie nun, für die Könige oder für wen??? /zumindest sicher nicht für den einfachen Menschen!
Müsste es hier nicht diese unbenannten „Selbsternannten“ sein?
Auch verstehe ich nicht den Folge-Zusammenhang der beiden direkten Reden
(diese Bindung von „nicht traurig sein können“ und „aller Leid ist ungewiss“ ???) :
(1) /
„Ihr seid es nicht ehrlich“, fuhr er fort.
„Nicht einmal zum Traurig-Sein seid ihr frei“,
(2) /
„Aber ist nicht aller Menschen Leid ungewiss?“...und, und, usw..... / <= wieso „ungewiss“ ? – ja doch gerade „gewiss“ in deren Worte-Jammerei!!
Dann verstehe ich nicht das textliche Verbleiben in dem (sagen wir) Mittelalterlichen Bild – denn dort bleibend, wäre mir der inhaltliche Biss zu lahm – einzig eine pure Narren-Seins-Beschreibung seiner Funktion....
Beim Einlesen spürte ich für mich immer mehr diesen Drang/diesen kleinen Klimax, dass irgendwann ein unterschwelliger Sprung in das Heute passiert – passierte leider nicht : -((((
Delatio,
habe mal für mich rumgekrittelt – mal so, dass ich es fokussiert verstehe : -)) / und auch eine andere Formatierung....
Narrentanz
„Lach!“ und „Sing!“
klimperte er verwegen daher, der kleine Narr, und protzte und gruselte, spielte und witzelte. Glucksend sah er sich um, verdutzt und kichernd, bis er sagte:
„Oh man! Ihr seid wieder trüb, heute. Und ihr bleibt es heute Nacht auch.“
Dabei schüttelte er ein Lachen hervor und schlüpfte durch der Leute Gram und Sorgen hindurch.
„Ihr seid es nicht - ehrlich“, fuhr er fort,
„Nicht einmal zum Traurig-Sein seid ihr – frei“, und er sprang dabei von einem Fuß zum anderen.
Er war ein guter Spieler, Jonglierer, ein Scharlatan und gewitzter Lügner und gaben ihm den Titel ’Der Klimperer’.
Ereifert fragten sie ihn:
„Nicht ehrlich?
aber, ist nicht uns Menschen das ewige Leid angeboren!“ dann irritiert und - „Es gibt doch Leid. Und Sorge und Not. Der eine vergaß den Schuh, die nächste ihr Pferd. Ja, einer verlor seine Liebe. Nun wandelt er umher, ganz verloren, als habe er keinen Kopf mehr.“
Der Narr lächelte und tänzelte aufs Neue:
„Ihr vergesst alle eure Köpfe, ihr selbsternannten Könige mit euren Schuhen und Pferden. Und Liebe?“ - „Ihr seid gestutzte Vögel, gefangen in eurem Spiegelbild, und die Gitterstäbe sind eure eigenen Lügen und Ängste
um eure Rubine Krone.
Er machte einen größeren Sprung. „Ist das Leid? Oh Ja! Das ist euer Leid, das ihr nicht wollt. Ihr Herren Könige.“
„Lach!“ und „Sing!“ klimperte er wieder. „Ein Prosit Euch, Ihr Herren – aus dem Kelch Eurer leisen Tränen“.
Drehte sich um, auf seinen flinken Beinen, hörte noch ihr tosendes Schreien und umarmenden Widerspruch – wars Applaus? doch seine Zeit drängte. Für den nächsten Auftritt, auf einem anderen Maskenball der honoren Käfige mit ihren goldenen Stäben.
Noch war Karnevall, bald Fastenzeit ..., für manche immer.
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Delatio – so ließ ich mich inspirieren von Deinem Text, mal so hineingefallen und ausgelaufen – hat mir echt Freude bereitet
Bin mal gespannt auf Deine Gedanken zu meinen Verständnis-Problemen....,
und wieder einen lieben Gruß, Stimmgabel
--
_________________ Gabel im Mund / nicht so hastig... |
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Hardy-Kern Kopfloser
Alter: 74 Beiträge: 4832 Wohnort: Deutschland
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24.03.2011 20:13
von Hardy-Kern
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Das gefällt mir gut. Hast die Narrenkönige dieser Welt voll erwischt.
Musst du unbedingt weiter ausbauen, weil viel mehr drin steckt.
Hardy
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Delatio Gänsefüßchen
Alter: 34 Beiträge: 28 Wohnort: Leipzig
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27.03.2011 01:46
von Delatio
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Danke für eure Antworten. :)
Stimmabel. Ich leg' viel Wert auf deine Kritik - Ich erinnere mich bei dir immer an das "Chamäleon"-Gedicht. Ich werd' 'mal versuchen, deine Fragen zu beantworten:
Warum haben die Könige eine Scham?
Das erschließt sich mir persönlich sofort. Meistens ist es so, dass gerade aufeblasensten jede Menge Schamgefühl haben, das sie aber immer verstecken wollen. Ihnen ist fast alles peinlich, das Selbstbewusstsein ist nahezu im Keller - Deswegen der viele Neid und das Geschwätz. Ihre eigene Scham ist also ein fester Bestandteil ihrer Sorgen.
Wieso das 'Ich'?
Der Leser ist hier selbst Teil der Geschichte. Das rührt daher, dass man auch mit gesundem Verstand gerne in die Falle tappt, die der Narr hier entdeckt.
'Ungewiss?'
"Unermesslich groß", "furchtbar", "unser aller Leid ist das Größte". Es geht um die Überschätzung eigener Leiden.
Im Mittelalter?
Nach all den Jahren hat sich daran oft nicht viel geändert. Als Leser in dieser Zeit zu bleiben, hilft vielleicht, den eigenen Sprung ins Hier-Und-Jetzt zu schaffen. Würde man die Geschichte am Ende auflösen, wäre die Tragödie aufgelöst - Was ja nicht der Fall ist.
Deine Umsetzung ließ mich ein wenig schmunzeln. Einerseits freue ich mich sehr darüber, da es mir deine Auffassung der Kurzgeschichte fantasievoll herüberbringt, andererseits würde ich niemals die eine durch die andere ersetzen. ;)
============
Hardy, danke dafür. :) Da könnte man auf jeden Fall noch mehr herausholen. Vielleicht aber eher in einer Kurzgeschichten-Reihe, in der der Narr an verschiedenen Situationen auftritt.
Na denn.. Weiter mit der Weltgeschichte.
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