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Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert das sanfte der wildtaube


 
 
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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



P
Beitrag13.02.2011 00:24
das sanfte der wildtaube
von Perry
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das sanfte der wildtaube


sie wohnt in der baumkrone hinterm haus
da ist das nest windgeschützt das geäst
dicht genug um blicke abzuhalten

an kalten tagen steht sie wie gulliver
unter den sperlingen pickt nach streu
futter ignoriert störenfriede wie immer

ist sie friedlich wie es ihrer art geziemt
trauert geduldig dem gefährten nach
dessen federn verstreut im schnee liegen

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Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag13.02.2011 22:49

von Mardii
Antworten mit Zitat

Hallo Perry,

fast fugenlos windet sich der Text durch die Verse. Die fehlenden Satzzeichen lassen das Leserauge über die Zeilen gleiten, wie ein Windhauch übers Geäst. Auch die Kleinschreibung unterstreicht den Eindruck eines lauen Luftzugs, der das Gefieder der Wildtaube streift. Da kommt denn ihre traurige Geschichte unvermittelt daher: so beschleunigt fliegen die Leseraugen über die Zeilen, dass sie erst beim Lesen des Schlussverses innehalten und mit einem Zwinkern und Augenwischen verstehen. Zurück zum Anfang, nochmals gelesen, stocken sie hier

Zitat:
an kalten tagen steht sie wie gulliver


verstehen beim Weiterflug dieses

Zitat:
unter den sperlingen pickt nach streu
futter ignoriert störenfriede wie immer


und klappen nach diesem
Zitat:

dessen federn verstreut im schnee liegen


die Lider zu.

Sehr schöner Text!

Gruß von Mardii


_________________
`bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully
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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



P
Beitrag13.02.2011 23:59
Hallo Mardii,
von Perry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

schön, dass du dich von dieser kleinen Taubengeschichte mitnehmen hast lassen, steht sie doch für Verhaltensweisen, die so manchem Menschen auch gut zu Gesicht stehen würden, denn leider gibt es immer noch Unterdrückung von Schwachen und Vergeltung (Zahn um Zahn) statt Aufarbeitung.
LG
Perry
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Jocelyn
Bernsteinzimmer

Alter: 59
Beiträge: 2251
Wohnort: Königstein im Taunus
Das Silberne Fahrrad Ei 1



Beitrag14.02.2011 10:27
Re: Hallo Mardii,
von Jocelyn
Antworten mit Zitat

Perry hat Folgendes geschrieben:
schön, dass du dich von dieser kleinen Taubengeschichte mitnehmen hast lassen, steht sie doch für Verhaltensweisen, die so manchem Menschen auch gut zu Gesicht stehen würden, denn leider gibt es immer noch Unterdrückung von Schwachen und Vergeltung (Zahn um Zahn) statt Aufarbeitung.
LG
Perry

Die Stimmung des Gedichts war für mich eine andere. Ich habe das Verhalten der Wildtaube als eine grausame Teilnahmslosigkeit interpretiert. Sie will ihre Ruhe, sie will Futter, und lässt die Spuren von gestrandeten Gefährten links liegen. Damit arbeitet sie noch lange nichts auf.
Du hältst deshalb hier mit gelungener Leichtigkeit den wesentlichen Unterschied zwischen manchem Tier und den Menschen fest. Diesen Tieren fehlt - nur nach unseren durchschnittlichen Möglichkeiten der Beobachtung - das Mitgefühl. Gefühle sind nun einmal auch "negativ", das ist so.

Mir hat dein dichterischer Moment aber gut gefallen.


_________________
If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)

Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)

"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
(Voltaire)
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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



P
Beitrag14.02.2011 16:28
Hallo Jocelyn,
von Perry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

das Beobachtete ist hier "neutral", Wertungen entstehen erst durch die Reflexion am eigenen Empfinden.
Danke für deine Sicht und LG
Perry
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag15.02.2011 00:43

von Nihil
Antworten mit Zitat

Hallo Perry.

Ich mag Sprache vor allem wegen ihres Klangs und mag es deshalb auch, wenn sie auf sich aufmerksam macht. Bei der zweiten Zeile habe ich deshalb aufgehorcht:
Zitat:
da ist das nest
windgeschützt
das geäst

Mit dem Binnenreim, den Zäsuren vor und nach „windgeschützt“ und seinen perkussiven Konsonanten ist das für mich der stärkste Teil des Gedichts. Alles andere finde ich in Ordnung, aber nicht hervorstechend.

Ich habe ebenfalls eher Emotionslosigkeit und Desinteresse herausgelesen. Das „Sanfte“ an der Wildtaube war für mich daher auch Ironie. Geduldig trauern klingt sehr stoisch. Man weiß schon, dass die Trauer nicht ewig halten wird und wartet daher einfach ab, bis sie von selbst verschwindet, möglichst ohne sich groß um sie zu kümmern. Ihr Nest ist vor Blicken geschützt, sie ist eine Eigenbrötlerin, die sich nicht um andere kümmert, nur das eigene Vorsichhinleben im Sinn hat. Als Naturbild verstehe ich das nicht, sondern als Abziehbild für einen bestimmten Menschentypus. Inhaltlich, finde ich, ist das eine interessante Idee mit Potenzial.

Solltest du allerdings wirklich ein Stimmungsbild und das „Sanfte“ einzufangen gesucht haben, finde ich das Gedicht misslungen. Die Interpretationsweise oben könnte dagegen noch etwas stärker ausgebaut werden.

Tschau,
Nihil
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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



P
Beitrag15.02.2011 16:26
Hallo Nihil,
von Perry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

freut mich, dass dir das Klangspiel in der ersten Strophe gefallen hat, weil mir dieses Stilmittel durchaus wichtig ist.
Was die Intention des Autors betrifft, sehe ich diese für den Leser als zweitrangig an, deshalb halte ich die Folgerung wenn dann "misslungen" nicht für relevant.
Die übertragene Aussage ist immer auch subjektiv geprägt, deshalb kann der Autor sie sowieso nicht steuern. Mit der Gegenüberstellung von "sanft und wild" ist die Auslegung ja auch bewusst offen gehalten und ich will sie nicht in eine Richtung lenken, auch wenn für mich Wildtauben die "sanften Riesen" der Vogelwelt sind.
LG
Perry
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Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag16.02.2011 02:42

von Mardii
Antworten mit Zitat

Eine „übertragene Aussage“ geht mir für meine eigene Textrezeption schon viel zu weit. Rein sprachlich hatte er die Wirkung des Beobachters und seiner Wahrnehmung eines Hinterhofgeschehens auf mich. Die Interpretation, das Verhalten der Taube auf menschliches übertragen zu sehen, geht mir schon zu weit. Das ist mir zu einfach, eins zu eins.

_________________
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Ridickully
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Perry
Geschlecht:männlichExposéadler
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Alter: 71
Beiträge: 2509



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Beitrag17.02.2011 12:03
Hallo Mardii,
von Perry
pdf-Datei Antworten mit Zitat

man kann, muss aber keine übertragene Aussage herauslesen.
Danke für deine Sicht und LG
Perry
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