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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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30.06.2010 08:18 NOVEMBERMORGEN von The Brain
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NOVEMBERMORGEN
So oft hatte ich es mir gewünscht! Sanft streichst du mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Unsere Blicke versinken im Rausch der Gefühle. Deine Hände gleiten zart über meine Haut. Deine Liebkosungen lassen mich erschauern. Feuchte Küsse bringen mich zum Beben.
Dein Atem geht Stoßweise. Haucht mir deine Melodie ins Ohr.
Ein leichtes Winseln. Meine Wangen feucht von deiner rauen Zunge. Winseln? Raue Zunge?
Ich öffne die Augen und sehe schemenhaft die Konturen deines aufgeregt hin und her springenden Körpers. Warm und weich dein zotteliges schwarzes Fell über mir.
„Shiva“ stöhne ich. „Was ist denn los mit dir?“
Langsam finde ich zurück in die Realität. Ich versuche die Dunkelheit zu durchdringen. Es muss noch sehr früh sein. Warum ist der Hund nur so außer sich?
Es ist unglaublich warm. Die Luft beißt. Schlagartig sind meine Gedanken klar. Nichts wie raus hier. Schwarzer Rauch wabert über mir. Fenster aufreißen? Nein! Schön am Boden bleiben. Nur nicht tief einatmen. Ich taste mich auf allen Vieren zur Tür. Versuche so wenig als möglich Luft in mich zu saugen. Richte mich halb auf, um die Türklinke zu erreichen. Mittlerweile umgibt mich eine dichte, undurchdringliche Wand. Die Tür klemmt ein wenig. Ein kleiner Ruck und ich bin in Sicherheit.
Hustend sitze ich auf der Treppe. Hinter mir dringt ein dünner roter Lichtschein aus dem Haus, flackernd, sich immer neue Nahrung suchend lodern die Flammen.
Shiva? Wo ist Shiva?
Ich renne zurück. Robbe auf dem Bauch liegend zur Tür. Rufe deinen Namen. Wieder und wieder.
Versuche in der Finsternis nach dir zu tasten.
„Shiva!“ der Qualm erstickt meine Stimme.
In der Ferne höre ich Sirenen. Langsam näher kommend. Die Augen brennen, trotzdem ich sie geschlossen halte. Ich würde sowieso nichts sehen.
Ich presse meine Hand vor den Mund. Das bellende Krächzen lässt sich dennoch nicht unterdrücken.
Schritte hinter mir.
„Um Gottes Willen! Was machen sie denn da?“
Irgend jemand zieht mich an den Füßen nach hinten. Hilft mir auf die Beine. Hüllt mich in eine Decke. Schiebt mich sanft in Richtung eines Rettungswagens. Man packt mich auf eine Trage. presst mir eine Maske aufs Gesicht. Das Atmen schmerzt und lindert zugleich. Durch die halb geöffnete Tür sehe ich Feuerwehrmänner hektisch ihre Arbeit verrichten.
„Wir bringen sie jetzt erst einmal ins Krankenhaus!“, der besorgte Sanitäter breitet fürsorglich die Decke über mich.
Mit aufgerissenen Augen starre ich ihn an. Versuche mich aufzurichten.
„Wo ist Shiva? Wo ist mein Hund?“
Sanft drückt er mich zurück.
„Jetzt müssen wir uns erst einmal um sie kümmern!“ sagt er leise, aber bestimmt.
„Erst muss ich wissen, was mit meinem Hund ist! Shiva, sie, sie hat mir das Leben gerettet! Wenn sie mich nicht geweckt hätte.....“
Mit einem Ruck richte ich mich auf. Merke das Taumeln in meinen Sinnen. Der Sanitäter setzt sich neben mich, nimmt mich stützend in die Arme.
Leise und beruhigend spricht er auf mich ein. Versucht Trost zu spenden. Er nimmt sich Zeit. Ich bin ihm dankbar. Fühle mich geborgen. Die Minuten verrinnen. Hektische Schritte, laute Rufe, sie werden weniger, verklingen. Die Feuerwehrmänner haben ihre Arbeit getan.
Ich nehme die Atemmaske ab. Rutsche von der Pritsche. Der Sanitäter lässt mich gewähren.
Ich betrete das Zimmer, oder besser das, was von ihm übrig ist. Auf dem Boden ein Umriss in der schwarzen Asche. Die Feuerwehr hat mir deinen Anblick erspart. Schnell verwische ich mit dem Fuß die Spuren. Eine Hand legt sich auf meine Schulter.
„Kommen sie, wir gehen!“ Beim Umdrehen sehe ich Tränen in seinen Augenwinkeln.
Weitere Werke von The Brain:
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Chouette Leseratte
Alter: 58 Beiträge: 178 Wohnort: alte Eiche im Klövensteen
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30.06.2010 18:51
von Chouette
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Hallo Inkognito,
ich finde die Geschichte nahezu druckreif. Allerdings: der Titel passt so gar nicht zu dem, was folgt. Als ich nach dem Titel den ersten Absatz gelesen habe, wäre ich fast ausgestiegen, weil ich dachte, mich erwartet irgendeine kitschige Liebesgeschichte. Welch ein Irrtum - der Rest ist unglaublich spannend und gut erzählt. Und zu diesem Rest passt auch der erste Absatz sehr gut. Aber den Titel würde ich ändern.
Ansonsten habe ich mich nur gefragt, warum sich Deine Prota so schnell vom Sanitäter von ihrem Vorhaben abbringen bzw. beruhigen ließ - war ihr zu schwindelig, oder hat der etwas bestimmtes zu ihr gesagt? Oder blieb in ihr doch noch eine Restbangigkeit zurück? Hier hättest du vielleicht noch den Konflikt der Prota heraus arbeiten können.
Zwei Kleinigkeiten:
Zitat: | Die Augen brennen, trotzdem ich sie geschlossen halte. |
Ist formal zwar richtig, klingt für mich aber umständlich. Vielleicht lieber:
"obwohl ich sie geschlossen halte."
Zitat: | Shiva, sie, sie hat mir das Leben gerettet! |
Ich denke, mit dem wiederholten "sie" wolltest du ein Stottern oder Zögern der Sprecherin zum Ausdruck bringen, aber so liest es sich merkwürdig. Vielleicht besser:
Shiva, sie ... sie hat mir das Leben gerettet!
Aber wie gesagt: abgesehen davon finde ich den Text vollendet druckreif.
Viele Grüße,
Chouette
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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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01.07.2010 12:22
von The Brain
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Liebe Chouette,
WOW! Welch ein Lob! Danke!!!!!
Det Titel ist lediglich ein "Arbeitstitel", da ich die Geschichte in etwas Längeres einbetten möchte. Dass er derart "störend" sein könnte, hätte ich nicht gedacht.
Überlege mir vielleicht besser doch noch was anderes ...., aber jetzt ist er ja schon so gepostet ...
Zitat: | Ansonsten habe ich mich nur gefragt, warum sich Deine Prota so schnell vom Sanitäter von ihrem Vorhaben abbringen bzw. beruhigen ließ - war ihr zu schwindelig, oder hat der etwas bestimmtes zu ihr gesagt? Oder blieb in ihr doch noch eine Restbangigkeit zurück? Hier hättest du vielleicht noch den Konflikt der Prota heraus arbeiten können |
Ich wollte den Leser hier nicht mit zu vielen Erklärungen erschlagen. Es ist eine Mischung aus Ohnmacht, Verzweiflung, Angst, Schmerz, körperlicher Unfähigkeit,..... Das überlasse ich der Fantasie des Lesers....
Zitat: | Zitat:
Die Augen brennen, trotzdem ich sie geschlossen halte. |
obwohl - ja natürlich!
und Pünktchen füge ich auch noch ein ....
Lieben Dank!
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*Gast* Klammeraffe
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Beiträge: 504 Wohnort: Rheinland-Pfalz
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* 01.07.2010 15:44 Re: NOVEMBERMORGEN von *Gast*
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Hallo Inko,
so ganz mag ich mich Chouette in ihrem Urteil nicht anschließen. Zum "druckreif" fehlt mir doch noch einiges. Der Sprachgebrauch scheint ziemlich sicher zu sein, der Stil sauber. Was mich am meisten stört, ist die häufige "Du-Anrede" an den Hund. Zum einen vermittelt es mir zu Beginn einen verwirrenden Eindruck, von wem denn eigentlich geträumt wird, was auch durch Formulierungen wie "feuchte Küsse", "raue Zunge" und ähnliches unterstrichen wird. Zum anderen wechselt die Anrede zwischendrin zu "der Hund", was in meinen Augen die eindeutig bessere Wahl für den Text wäre, zumindest, wenn die Traumsequenz zu Beginn bleiben soll.
Vielleicht kannst Du ja mit den Anmerkungen etwas anfangen:
Inkognito hat Folgendes geschrieben: |
...
Feuchte Küsse bringen mich zum Beben. (In Verbindung mit dem folgenden Absatz führte das bei mir zu Verwirrungen hinsichtlich des Traumpartners, davon ab empfinde ich die Formulierung eher als klischeehaft, die Worte vermitteln keine Atmosphäre.)
Dein Atem geht Stoßweise (stoßweise). Haucht mir deine Melodie ins Ohr. (vermittelt nicht unbedingt eine erotische Stimmung)
Ein leichtes Winseln. Meine Wangen feucht von deiner rauen Zunge. (Willst Du wirklich die Vorstellung festigen, dass er/sie von dem Hund träumt? das passierte bei mir durch "deiner rauen Zunge", die ich einem Menschen nicht zuordnen würde.)Winseln? Raue Zunge?
Ich öffne die Augen und sehe schemenhaft die Konturen deines (auch hier die direkte Andrede, statt zum Beispiel "Shivas hin und her springenden ...") aufgeregt hin und her springenden Körpers. Warm und weich dein zotteliges schwarzes Fell über mir.
„Shiva“ stöhne ich. „Was ist denn los mit dir?“
Langsam finde ich zurück in die Realität. Ich versuche die Dunkelheit zu durchdringen. Es muss noch sehr früh sein. Warum ist der Hund (wirkt viel klarer) nur so außer sich?
...
Versuche so wenig als (so wenig wie - oder gleich: "so flach wie möglich zu atmen") möglich Luft in mich zu saugen. Richte mich halb auf, um die Türklinke zu erreichen. Mittlerweile umgibt mich eine dichte, undurchdringliche Wand. Die Tür klemmt ein wenig (ein wenig? Diese Einschränkung macht niemand, der sich in Panik und Lebensgefahr befindet.). Ein kleiner (dasselbe wie eben) Ruck und ich bin in Sicherheit.
Hustend sitze ich auf der Treppe. Hinter mir dringt ein dünner roter Lichtschein aus dem Haus, flackernd, sich immer neue Nahrung suchend (Komma) lodern die Flammen.
Shiva? Wo ist Shiva?
Ich renne zurück. Robbe auf dem Bauch liegend zur Tür. Rufe deinen (besser wäre: ihren) Namen. |
Lieben Gruß
Sabine
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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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01.07.2010 18:46
von The Brain
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Liebe Sabine - Danke für die Kritik!
erotische Träume sind meist nur Fragmente .... aus diesem Grund wurde hier auch keine romantische Schilderung in den Mittelpunkt gerückt.
Die Prota träumt von einem Mann - baut die Realität, also die Aktionen des Hundes zunächst in ihr Traumbild ein, um dann zu erkennen ....
Zitat: | Ein leichtes Winseln. Meine Wangen feucht von deiner rauen Zunge. Winseln? Raue Zunge? |
Hier schwappt die Traumwelt über zur Realität .... , weil hier das Bild nicht mehr passt. Die Prota erkennt, dass etwas nicht stimmt, daß sich ihr Traum mit dem realen Geschehen vermischt ....
Zitat: | Versuche so wenig als (so wenig wie - oder gleich: "so flach wie möglich zu atmen") möglich Luft in mich zu saugen. |
... habe hier den Begriff saugen gewählt, da so besser der Konflikt zum Ausdruck kommt, eigentlich gierig atmen zu wollen, es aber nicht zu dürfen ....
Zitat: | Die Tür klemmt ein wenig (ein wenig? Diese Einschränkung macht niemand, der sich in Panik und Lebensgefahr befindet.). Ein kleiner (dasselbe wie eben) Ruck und ich bin in Sicherheit. |
Bist du dir da sicher? Du glaubst gar nicht, wie nüchtern und banal man in grenzwertigen Situationen denken kann ....
Das mit der Anrede an den Hund, muss ich noch mal gründlich überdenken ....
Vielen Dank für deine Anregungen! Werde sie alle nochmals prüfen und
schauen, was ich daraus mache ...
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sali Eselsohr
Alter: 35 Beiträge: 313
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02.07.2010 05:13
von sali
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Hey Unbekannt,
Mir gefällt die Geschichte ganz gut.
Zitat: | Zitat:
Die Tür klemmt ein wenig (ein wenig? Diese Einschränkung macht niemand, der sich in Panik und Lebensgefahr befindet.). Ein kleiner (dasselbe wie eben) Ruck und ich bin in Sicherheit.
Bist du dir da sicher? Du glaubst gar nicht, wie nüchtern und banal man in grenzwertigen Situationen denken kann .... |
Hier muss ich Sabine recht geben. Ich glaube in der Situation ist es ihm völlig egal ob die Tür klemmt und wenn ja, wie stark. Das einzige was zählt ist rauskommen, da wird er instinktiv beim ersten Versuch die Tür versuchen mit allerkraft zu öffnen und sie nicht erst versuchen aufzustupsen.
lg
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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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02.07.2010 11:21
von The Brain
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Danke, lieber Salival,
Wenn es sich dann wirklich zum Stolperstein entwickelt ....
Zitat: | Die Tür klemmt. Ein Ruck und ich bin in Sicherheit. |
So besser?
Liebe Grüße
Inko
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sali Eselsohr
Alter: 35 Beiträge: 313
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02.07.2010 11:28
von sali
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Ja
sonst ginge auch sowas in der Art:
"Die Tür klemmt. Ein Ruck. Schnell raus hier."
lg
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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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03.07.2010 12:09
von The Brain
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.... jetzt bin ich mal hinter Sibi hergeschlichen ....
wollte das auch mal ausprobieren, mit dem anonym posten ...
Interessant!
Liebe Grüße
The Brain
_________________ Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz
(Laotse)
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Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.
***********
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