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Warum ist es kein adäquates Stilmittel den Leser anzusprechen?

 
 
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gruen
Geschlecht:männlichLeseratte
G

Alter: 35
Beiträge: 133



G
Beitrag14.09.2015 08:50
Warum ist es kein adäquates Stilmittel den Leser anzusprechen?
von gruen
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,

ich hatte vor wenigen Wochen eine neue Idee für ein Buch. Die erste Grundfassung des ersten Kapitels beinhaltete, dass ich den Leser direkt ansprach.

"Kennt ihr das? Ihr steht auf, geht duschen, putzt euch die Zähne, zieht euch an, der Wecker klingelt, ihr steht auf..."

"Oh ich wette das wusstet ihr noch nicht. Alle Menschen hassen Streuner."


So oder in der Art.

Grundsätzlich war es den Lesern unangenehm direkt angesprochen zu werden. Es gefiel ihnen schlicht nicht.



Meine Überlegung allerdings (und damit der Grund warum ich es überhaupt ausprobiert hatte) war, dass der Leser Teil der Geschichte werden könnte, oder sich zumindest dazugehörig fühlen könnte.


Ist voll nach hinten losgegangen lol2.

Warum denkt ihr ist es kein schönes Stilmittel den Leser anzusprechen?
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Rübenach
Geschlecht:männlichExposéadler
R


Beiträge: 2832



R
Beitrag14.09.2015 09:08

von Rübenach
Antworten mit Zitat

Italo Calvino hat Folgendes geschrieben:
Du schickst dich an, den neuen Roman Wenn ein Reisender in einer Winternacht von Italo Calvino zu lesen. Entspanne dich. Sammle dich. Schieb jeden anderen Gedanken beiseite. Laß deine Umwelt im ungewissen verschwimmen.


So beginnt der Roman Wenn ein Reisender in einer Winternacht von Italo Calvino.

Du siehst, so etwas kann funktionieren.


_________________
"Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams
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G.T.
Geschlecht:männlichKlammeraffe
G

Alter: 38
Beiträge: 674



G
Beitrag14.09.2015 09:30

von G.T.
Antworten mit Zitat

Das ist wohl ein problematisches Stilmittel, das man richtig einsetzen muss.
Deine Beispiele haben ich jetzt auch eher abgeschreckt.
Zitat:
"Kennt ihr das? Ihr steht auf, geht duschen, putzt euch die Zähne, zieht euch an, der Wecker klingelt, ihr steht auf..."

"Oh ich wette das wusstet ihr noch nicht. Alle Menschen hassen Streuner."

In beiden Fällen wird mir als Leser etwas "unterstellt". In dem einen Fall meint der Erzähler (wenn er auch eine rhetorische Frage vorausschickt), meinen Tagesablauf zu kennen - der in meinem Falle zum Beispiel nicht so glattgebügelt aussieht. Ich müsste auf die Frage also schon mit "Nein" antworten, und dadurch entsteht eine Distanz zum Erzähler, der so tut, als würde er meinen Tagesablauf kennen.
Im zweiten Beispiel wird mir unterstellt, dass ich etwas noch nicht kenne. Im Folgenden dann eine komische Behauptung. Auch das stößt mich ab, denn der Erzähler wirkt überheblich, indem er ein Nichtwissen bei mir voraussetzt und mich dann "belehrt".
Das klingt jetzt vielleicht abgehoben, weil dein Text ja - denke ich mal - witzig sein soll, aber trotzdem kommen durch diese Formulierungen eben Distanzierungen ins Spiel. Der Erzähler rückt in eine Allmachtsposition und unterstellt einfach wild dem Leser irgendwelche Dinge, die dieser angeblich tut oder weiß oder nicht weiß.

Rübenachs Beispiel dann ist ein schöner Kontrast dazu:
Zitat:
Du schickst dich an, den neuen Roman Wenn ein Reisender in einer Winternacht von Italo Calvino zu lesen. Entspanne dich. Sammle dich. Schieb jeden anderen Gedanken beiseite. Laß deine Umwelt im ungewissen verschwimmen.

Da wird dem Leser nichts unterstellt, es wird ihm nicht gesagt, was er weiß oder nicht weiß, sondern er wird "an der Hand genommen". Er kriegt Handlungsanweisungen, denen er sich einfach hingeben kann. Wenn da stünde
Zitat:
Du hast sicher noch nicht den neuen Roman Wenn ein Reisender in einer Winternacht von Italo Calvino gelesen. Du weißt das bestimmt nicht, aber dabei kannst du deine Gedanken wunderbar zur Seite schieben.

Dann fände ich den Text wieder abstoßend, weil er mir Wissen oder Nichtwissen unterstellen würde.

Also, mein Tipp wäre: Wenn du den Leser direkt ansprichst, mach es behutsamer, nimm ihn an der Hand, aber sag ihm nicht "das und das tust du immer" oder "das und das weißt du", sondern führe ihn. "Du stehst auf" kannst du schreiben, aber ohne dem Leser zu unterstellen, dass er das ja genauso jeden Morgen macht. Wenn du den Leser zum Teil einer Geschichte machst, machst du ihn zu einer fiktiven Figur, er darf sich selber in eine Rolle hineindenken (bei Calvino darf der Leser zum Beispiel spielen "ein Leser" zu sein, aber es wird nicht so getan, als wisse der Erzähler alles über das Leseverhalten des tatsächlichen Lesers) - aber unterstelle ihm keine Rolle. Lass das alles ein Spiel sein.
"Du gehst ... du tust ... du fühlst ..." (auch das wohldosiert, denn damit kann man's leicht übertreiben)
Aber nicht: "Ich wette, du wusstest nicht, aber ..." "Das und das machst du sicher jeden Morgen ..."

Ich zumindest möchte als Leser nicht privat angesprochen werden, sondern nur im meiner "Rolle" als Leser.

Edit: Ich finde die Du-Anrede sinnvoller als die Ihr-Anrede. Denn Romane werden gemeinhin privat im Stillen gelesen, da will ich nicht Teil einer imaginierten Masse sein, auch das schafft Distanz zwischen Erzähler und seiner imaginierten großen Leserschaft - er spricht viele Menschen an, aber nur einer liest das Buch jeweils.
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Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1735



Beitrag14.09.2015 10:21

von Stefanie
Antworten mit Zitat

Es gibt berühmte Bücher, in denen der Leser direkt angesprochen wird.
Denk nur an Moby Dick oder den Schimmelreiter.
Aber dort wird der Leser in einer Erzählsituation angesprochen.
Die Dinge sind geschehen und der überlebende Walfänger bzw der Reisende, der die Ereignisse miterlebt hat, kann entspannt berichten.

Bei deiner Geschichte wird der Erzähler sozusagen während der Handlung mitgenommen.
Das wirkt so ähnlich wie Schauspieler in Filmen, die den Zuschauer direkt ansprechen. Gelegentlich funktioniert das, aber meist ist es eher nervig.

Der Leser ist ja nicht da und die Vorstellung, dass da jemand rumläuft und quasi Selbstgespräche mit unbekanntem Publikum führt, finde ich eher irritierend.
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

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Beiträge: 4299

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
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Beitrag14.09.2015 12:26

von hobbes
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off-topic @gruen: Magst du vielleicht mal einen Mod fragen, ob er dir das überflüssige "e" aus dem Fadentitel entsorgt?
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sleepless_lives
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Beitrag14.09.2015 12:31

von sleepless_lives
Antworten mit Zitat

hobbes hat Folgendes geschrieben:
off-topic @gruen: Magst du vielleicht mal einen Mod fragen, ob er dir das überflüssige "e" aus dem Fadentitel entsorgt?

Schon entfernt.


_________________
Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

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Bawali
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 80
Beiträge: 538
Wohnort: Wettingen, Schweiz


Beitrag14.09.2015 12:33

von Bawali
Antworten mit Zitat

hobbes hat Folgendes geschrieben:
off-topic @gruen: Magst du vielleicht mal einen Mod fragen, ob er dir das überflüssige "e" aus dem Fadentitel entsorgt?

Warum denn? Es geht doch hier um einen aussergewöhnlichen Stil. Embarassed

edit: Schade. Der fixe Aussie hat schon zugeschlagen.


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nebenfluss
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Beitrag14.09.2015 12:36

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Du meinst einen außergewöhnlichen Stil?

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Bawali
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 80
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Wohnort: Wettingen, Schweiz


Beitrag14.09.2015 12:53

von Bawali
Antworten mit Zitat

nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Du meinst einen außergewöhnlichen Stil?

Hast ja recht. Dieses verflixte Scharfe-S ist für mich als nicht außergewöhnlicher Schweizer, immer wieder ein Stolperstein.


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gruen
Geschlecht:männlichLeseratte
G

Alter: 35
Beiträge: 133



G
Beitrag14.09.2015 12:57

von gruen
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Sorry, hab den Schreibfehler nicht bemerkt. (Weiß immer noch nicht wo denn jetzt das "e" zu viel war lol2)
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Sue Rovia
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 30
Beiträge: 586
Wohnort: Metronom
Das bronzene Floß Silbernes Licht


Beitrag14.09.2015 13:48

von Sue Rovia
Antworten mit Zitat

Im Stiel der ohne Stil war
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