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johann_esau Gast
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11.04.2006 10:37 [KGe] Zwischen Folter und Sehnsucht von johann_esau
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Hier ein Beitrag, mit dem ich an einem Literaturwettbewerb für die Sek II teilnehmen möchte:
Ich saß wie jeden Tag in diesem Raum auf einem harten Holzstuhl und hatte nur einen Wunsch: Morgen nicht wieder hier zu sitzen. Ich hasste die anderen Menschen, mit denen ich zwar viel Zeit verbrachte aber an deren Leben ich nicht teilhaben durfte. Sie waren viele Stunden am Tag um mich herum, aber ich gehörte nicht dazu, ich war nicht einer von ihnen. Keiner von den glücklichen und lebensfrohen, jungen Menschen in diesem Raum mochte mich. Das hatten sie mir nicht gesagt, aber ich wusste es, denn ich bekam von niemandem Aufmerksamkeit, niemand fragte wie es mir ginge oder ob alles klar sei. Das wurden nur die anderen gefragt, die, denen es immer gut ging und bei denen immer alles klar war. Aber ich, ein Mensch, der einsam, unglücklich und wahrscheinlich auch unnützt war, wurde nie gefragt. Ich hätte es ihnen sofort gesagt, ich hätte es ihnen ins Gesicht geschrien, hätte in ihre verdutzten Gesichter geschrien, dass es mir schlecht ginge und dass bei gar nichts klar sei. Bestimmt hätte ich Tränen in den Augen und alle würden peinlich berührt weggucken, alle würden mich bedauern und in der nächsten Pause über mich reden, aber niemand würde zu mir kommen, niemand würde seinen Arm um meine Schultern legen und einfach nur da sein. Alle würden sie mich am nächsten Tag vergessen haben und mich weiter ignorieren, nicht wissend, dass sie mich damit töteten. Aber dass passierte nicht. Ich wurde nicht gefragt, wie es mir ginge oder ob bei mir alles klar sei, ich wurde einfach nicht beachtet. Ich spürte, was es heißt, wie Luft behandelt zu werden. Wenn ich plötlich nicht mehr auf diesem steinharten Holzstuhl säße, würde es wahrscheinlich niemand bemerken. Wenn ich am nächsten Tag nicht mehr da sein würde, wenn ich in der Nacht das tun würde, was ich seit Monaten und Jahren vorhatte, würde es keinen Unterschied machen. Die Menschen in diesem Raum, der für mich zur Folterkammer geworden war, würden meine Abwesenheit gar nicht bemerken und damit meinen leblosen, an einem dicken, schwarzen Ast hängenden Körper, sowie meine bis in den Tod ignorierte Seele weiterfoltern.
Aber ich saß am nächsten Tag doch wieder in der kalten Folterkammer auf dem steinharten Holzstuhl. Ich hatte es wieder nicht getan, warum wusste ich nicht. Aber ich saß wieder da, mitten unter jungen, lebensfrohen Menschen und all diese glücklichen Menschen um mich herum machten mich wahnsinnig. Ich wollte auch lachen können, wollte auch Freude empfinden, aber niemand gab mir einen Grund dazu.
Ich erkannte, dass viele der "glücklichen" Menschen in dem Raum nicht immer wirklich glücklich waren, sondern oft nur so taten als wären sie es. Sie machten Witzte und lachten und bemerkten oft gar nicht, dass sie damit etwas verbergen wollten. Sie waren glücklich um nicht nachdenken zu müssen. Aber das wollte ich auch nicht. Ich hatte die Hoffnung nicht verloren, irgendetwas zu finden, das wirklich glücklich macht, etwas, was den Menschen nicht belügt, sondern ihn liebt. Ich denke, die Hoffnung auf diese Illusion hielt mich von dem schwarzen Baum in unserem verlassenen Garten ab. Tief in mir hatte ich die Sicherheit, ich würde dieses Etwas irgendwan finden, was auch immer es ist.
Ich gehe immer noch zur Folterkammer und ich werde nicht aufhören nach diesem Etwas zu suchen, denn ich werde mir immer sicherer, dass es da ist. Ich bin sicher, es gibt auch Menschen auf der Welt, die es schon gefunden haben. Wenn sie es mir doch zeigen würden, wenn sie sich doch nicht alle verstecken würden und ich auch mal Grund bekäme, zu lachen.
Na los, ihr könnt ihn ganz auseinander nehmen. Ich bin kritikfähig.
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Gast
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11.04.2006 11:18
von Gast
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huhu
80 -Schreibstil
80 -Grammatik/Rechtschreibung
90 -Charaktäre
80 -Stimmung/Atmosphäre
70 -Spannung (gleiches für Horror, etc)
85 -Gesamtnote
also, ich konnte mich absolut in die person hinei versetzten, in ihre gedanken und gefühle. Ich find dass du das verdammt gut geschrieben hast!
Schreibst du aus erfahrung, wenn nein, wüsst ich gern wie du das so getreu schildern konntest!
Nur eine Sache würde ich ändern:
Zitat: | Ich hätte es ihnen sofort gesagt, ich hätte es ihnen ins Gesicht geschrien, hätte in ihre verdutzten Gesichter geschrien, dass es mir schlecht ginge und dass bei gar nichts klar sei |
die wortweiderhohlung von geschrien und gesichter passt meiner meinung nach nicht so, vllt eher sowas:
Ich hätte es ihnen sofort gesagt, ich hätte es in ihnen ins Gesicht, in ihre verdutzten Mienen geschrien,...
naja auch nur ein vorschlag^^ hoffe du kannst was damit anfangen
gruß Izual
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johann_esau Gast
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11.04.2006 15:56
von johann_esau
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danke für den Hinweis. Genau die Stelle fand ich sehr gelungen , aber gut zu wissen, wie das ankommt.
Nein, ich schreibe nicht aus Erfahrung. Ich meine, naturlich bin auch ich, wie wahrscheinlich jeder schon einmal, von anderen ausgeschlossen worden. Aber nicht so krass und ich habe auch noch nie Selbstmordgedanken gehabt. Ich kenne aber Leute, denen es ungefähr so geht. Habe versucht mich in so eine Situation hineinzuversetzten.
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