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Das bewegte Leben des Ignaz Blum

 
 
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Autor Nachricht
lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3913
Wohnort: wien



Beitrag14.01.2010 14:18

von lupus
Antworten mit Zitat

So, Nihil, jetzt zu dir.

es wird lang, sehr lang. Einige Punkte hab ich bei den anderen schon geschrieben, aber ich schreib sie einfach noch einmal, weil ich nicht weiß, ob du den Thread noch verfolgst.

zum einen: deinen Vorsatz, möglichst sreng zu beurteilen, habe ich ja schon per PN (noch vor der Beknntgabe des Ergebnisses) explizit begrüßt. Tatsächlich finde ich nämlich, dass bisweilen einzelne Texte zu sehr mit Samthandschuhen behandelt werden, und das weniger in dem Wettbewerb, als ganz allgemein. dafür 8 Federn  

zum zweiten: die Tatsache, dass du dir ganz offensichtlich Zeit genommen hast, um intensiv zu rezensieren (am ausführlichsten von allen) verdient Dank und Respekt. auch dafür 8 Federn

schließlich: die Art und Weise wie du das gemacht hast stößt mir auf wie Heringsalat. Hier geht es nicht um die federnanzahl die du vergeben hast, denn die war konsequent nieder. Nicht das 'nieder' zählt, sondern das 'konsequent'. dafür noch 5 federn.
Der bisweilen nicht nur im Inhalt scharfe Ton, sondern deine ungebührlichen Schlussfolgerungen (und das bezieht sich nicht nur auf meinen Text) mit einem unsachlichen - bisweilen rüpelhaft anmutenden - Unterton, machen den heringsalat zu einem vergammelten Heringsalat. Ich versuch meine Antwort möglichst sachlich im Inhalt und im Ton (manchmal auch ein bisserl förmlich) zu halten, damit die Pferde nicht mit mir durchgehen. Aber: ich nehme an, deine Rezension, war eine Einladung zum Konter (wie du ja auch in der PN andeutest).

Solche Aussagen:
Zitat:
Zitat:
Mir scheint, dass der Autor ein vages Ziel vor Augen hatte und dieses, koste es, was es wolle, erreichen wollte.

sind zwar völlig aus der Luft gegriffen - und ich werde im Laufe der Replik noch darauf zurückkommen - mögen ja noch durchgehen. In Kombination mit
Zitat:
Zitat:
Abenteuerlich, was hier zusammengeschrieben wurde.


sind sie dann schon fast beleidigend, zumal die Begründungen mE völlig unbedacht und v.a. technisch unsauber daher kommen.

Nihil hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Abenteuerlich, was hier zusammengeschrieben wurde. Die zugrunde liegende Idee, dass eine alte Dame Morde begeht, um größeren Realismus in ihre Bücher zu bringen, finde ich reizvoll - aber die Umsetzung ist, so leid es mir tut, haarsträubend. Mir scheint, dass der Autor ein vages Ziel vor Augen hatte und dieses, koste es, was es wolle, erreichen wollte. Da wechseln Charakterzüge in zwei Sätzen drastisch - und zwar mehrmals - und Schocker, die viel zu plakativ und vorausschaubar sind, sollen die Geschichte beleben. Das Ende der Geschichte ist durch den Wust der vorangehenden Handlung der Höhepunkt der Verwirrung.  


dieser Absatz etwa strotzt vor unbegründeten Aussagen, weshalb ich mir erlaube, dir ein paar Fragen zu stellen:

wo wechseln Charakterzüge? bei wem?
ich finde in diesem Text keinen einzigen Schocker(!) außer natürlich den Mord. Wo dieser plakativ vorgetragen wird und vor allem an welcher stelle er vorhersehbar sein soll, bleibt mir ein Rätsel. Vllt möchtest du dieses Rätsel ja aufklären.
In wie ferne die vorangehenden Handlungen chaotisch oder verwirrend wären, würde mich auch wahninnig interessieren. Wenn der nachfoldende Ansatz deinerseits eine Erklärung sein sollte



Nihil hat Folgendes geschrieben:

Zuerst gefiel mir die Geschichte ganz gut, auch wenn gleich zu Beginn ein motivatorisches Problem auftaucht: Dass eine alte Dame einen Fremden für einen Immobilienmakler hält und es deshalb zu einem Besuch oder Gespräch kommt, finde ich als Idee nett. Leider hat "Ignaz", wie er sich selbst nennt, seinen wahren Namen erfährt man ja nicht, nicht den geringsten Anlass, überhaupt auf diese Frau einzugehen. Er will sie nicht ausnutzen, er will ihr keinen Gefallen tun, weil er denkt, dass sie einsam ist, er ist nicht ihr verschollen geglaubter Enkel. Sein einziger Grund ist dümmlich-hörige Resignation nach dem Motto: Seufz, wenn sie mich für einen Makler hält, werde ich ihn wohl spielen müssen.


zunächst einmal zum Technischen:
In Kurzgeschichten und kurzen Erzählungen geht es nicht um die Darstellung der Handlungsmotive. Insbesondere dann nicht, wenn es sich um skurille Geschichten handelt, denn entweder (a) die Nicht-Erwähnung der Motive oder (b) die Erwähnung ungewöhnlicher Motive mach die skurillität aus. Technisch also wären beide Ansätze nicht nur völlig in Ordnung, sondern auch tehnisch sauber. Diese Prämisse hätte ein Rezensent bei der Beurteilung eines Textes zu beachten, wenn er denn schon motivatorische Probleme orten wollte. Insofern ist deine Kritik technisch unsauber.

Noch unsauberer finde ich die Tatsache, dass du ganz offensichtlich nicht genau gelesen hast, denn es werden Motive genannt:

Zitat:
Er verstand selbst nicht, weshalb er seine Meinung änderte, erklärte sich aber dazu bereit, ihr einen Besuch abzustatten. Zugegeben, etwas neugierig war er schon und auf seltsame Weise erinnerte ihn diese widerspenstige Hilflosigkeit etwas an seine Mutter. Und schließlich: Sie bettelte geradezu darum, dass er sich in einen Immobilienmakler verwandeln möge.


hier zeigt sich, dass du sogar mehrere Male einfach nicht gelesen hast.
Erstens werden Motive genannt: Neugier und die Erinnerung an seine Mutter, was als Charakterisierung des Prota durchaus dienlich ist. Zum anderen: das Betteln der alten Dame. Bei genauem Lesen wäre dir das Wort betteln sicherlich aufgefallen. Wenn jemand nach etwas bettelt und man erfüllt diesen Wunsch, ist es ein Gefallen. Außerdem: selbst der Non-Event eines Motives:

Zitat:
Er verstand selbst nicht, weshalb  ...


ist als Motiv gültig. Das Nicht-Wissen über seine eigenen Motive ist ein menschlicher Grundzug. Zumal in Kombination mit den vorigen Gründen sich eine durchaus stimmige, realitätsnahe Charakterisierung des Prota ergibt, nämlich, dass es sich um einen Menschen handelt, der von allen möglichen Gedanken getrieben ist, ohne klare Linie, als jemand, der sich von den jeweiligen Gegebenheiten treiben läßt, womit auch deine weiteren Motivationslücken ad absurdum geführt wären. ich geh' aber noch weiter darauf ein.

jetzt besteht natürlich die Möglichkeit, dass dir diese Motive nicht zugänglich sind (die explizit genannte Neugier etwa oder jemandem einen gefallen zu tun, einfach nur weil die Erinnerung an die Mutter wach werden). dann allerdings wäre eben das der Kritikpunkt, nicht aber technische Unsauberkeit oder der Mangel an Motivation des Prota.

Die Möglichkeit, dass dir nicht bewußt war, dass Kuges bisweilen auf die Darstellung der Motivation verzichten (dürfen!) schließe ich aus.

Zitat:
Wenn sich daraus dann eine interessante, weniger reißerische Geschichte entwickelt hätte, hätte ich aber darüber hinweg gesehen.


nun, reißerisch ist ein dehnbarer Begriff. Ich für meinen Teil sehe an der Geschichte nix Reißerisches. Wenn dir Mord qua Mord als reißerisch vorkommt, dann wäre das der Kritikpunkt (wie ihn etwa BlueNote erwähnt hat).

Zitat:
Aber mit dem Wissen, dass Frau Wagenknecht einen Immobilienmakler herklingeln wollte, um einen Mord zu begehen, ist diese Szene vollkommen absurd. Denn warum sollte sie sich verwählen? Das macht doch gar keinen Sinn. Ich verstehe auch nicht, warum dann nicht einfach ein richtiger Immobilienmakler genommen wurde. Durch die Verwechslung gewinnt die Geschichte doch nichts, im Gegenteil.


Du schreibst ganz richtig:
Zitat:
Ich verstehe auch nicht


ich weiß nicht wie du dir das Leben eines Maklers vorstellst. Nun, das Läuft folgendermaßen ab:
Anruf --> Termin --> bekanntgabe im Büro (selbst wenn's der Chef ist).

Die schwierigkeiten, die sich für Frau Wagenknecht ergeben liegen auf der HAnd, würde ein echter Makler nicht von einem Termin zurückkehren. Logisch konsequent kann / darf (!) die Wagenknecht keinen echten Makler anrufen, will sie vermeiden, dass innert 5 Minuten die Polizei vor ihrer Tür steht. Eben aus diesem Grund stellt sie auch diese Frage:
Zitat:
„Sie haben doch eine Lebensversicherung, junger Mann?“ „Für Ihre Frau, falls ihnen etwas zustoßen sollte?“

Eine Falle, in die Ignaz Blum reintappst.

Die Motivation der Wagenknecht bleibt in der TAt explizit unerwähnt. Dafür aber gilt, was ich oben geschrieben habe. Außerdem läßt sich in der Folge erahnen (und das reicht für eine KuGe), dass es sich dabei ganz einfach um den Inhalt ihres Buches handelt. Wenn nun Frau Wagenknecht den Ermordeten einen Makler sein lassen will, nun dann ist es eben so. Bei jedem anderen Beruf wäre sie mit den nämlichen Problemen konfrontiert.

daraus ergibt sich logisch schlüssig: sie hat sich nicht verwählt.  zwei Möglichkeiten stehen offen: entweder sie hat recherchiert und weiß wen sie anruft oder sie versucht es auf gut Glück. Beides möglich, die Erwähnung dieser Möglichkeiten aus zweit Gründen völlig unmöglch:
zum einen wäre es inhaltlich (bei genauem Lesen leicht erkennbar) redundant, außerdem schreibt die Geschichte aus der Sicht des Ignaz Blum (konsequent durchgezogen - zumindest wurde ein entsprechender Fehler von niemandem erwähnt - eindimensional auktorial), die Darstellung der Gedanken oder bisherigen Handlungen der Wagenknecht ein Bruch in der Perspektive.
Zitat:
Die fehlende Motivation für Handlung, Dialoge und Gedanken ist das größte Problem des Textes. Es nervt, wenn ein Logikloch sich an das nächste knüpft und der Autor anscheinend so gedankenlos war, sie nicht zu stopfen, sondern nur seine Geschichte beenden wollte.


naja, Nihil, die von dir (bis jetzt!) erkannten Logiklöcher hast du selbst gegraben und sind mE Folge einer schlampgen Lesart oder aber einer Einstellung geschuldet, die da lautet: Strenge um der Strenge Willen.

Anyways, weiter im Text.

Zitat:
Das geht damit weiter, dass Ignaz zufällig ein Regal umstößt, aus dem zufällig einige Bücher fallen, unter denen sich zufällig das Notizbuch der Wagenknecht befindet, dass Ignaz nicht mehr ganz rechtzeitig warnt. Prompt taucht die gute Doro auch schon auf und präsentiert die Pistole auf dem Silbertablett. Jetzt geht es erst richtig los:


diesen Punkt kann ich nicht nachvollziehen: vielleicht willst du mir erklären, was du gegen Zufälle hast, wobei Zufall ja gar nicht wirklich paßt. aus der Beschreibung des Wohnzimmers (insbesondere der Pflanzen) sollte (hier könnte in der Tat etws schief gegangen sein) sich klipp und klar ergeben, dass der Raum angerammelt ist. Und dann ist das Umstoßen eines Regals kein Zufall.

Zitat:
Dorothea hält es natürlich nicht für nötig, Ignaz zu erklären, warum sie ihn töten will. Sie bedroht ihn noch nicht einmal konkret, weil sie die Pistole zu diesem Zeitpunkt gar nicht in der Hand hält. Und Ignaz nimmt die Situation einfach so hin, denkt nicht daran, dass er die alte Dame wahrscheinlich sogar überwältigen könnte. Anstatt zu fragen, was das soll, ob sie ihn jetzt umbringen werde, Ausflüchte zu erfinden, versuchen zu beschwichtigen, fährt er fort, vom Hausbesuch zu reden. Und dann gehen sie tatsächlich auch noch! In aller Ruhe schwärmt Dorothea von ihrem Haus,


dieses, dein Ansinnen, ich hätte doch die Doro erklären lassen sollen, was und warum sie es vorhat ist an Absurdität nicht zu übertreffen (o.k., das war jetzt unsachlich).

Nehmen wir an, Ignaz hätte das Buch nicht gefunden: wie sollte Doro ihr 'Experiment' durchziehen, wenn sie den Sinn verraten würde?

Aber Ignaz hat das buch gefunden, also: jeder der den Text gelesen hat, hat auch erkannt, worum es der Doro geht, nämlich sich ein realistisches Bild zu zeichnen für ihren Roman. Wenn nun der Leser erkannt hat worum es geht, wäre es zum einen logisch völlig abwägig, davon auszugehen, Ignaz hätte es nicht erkannt, zumal seine Reaktion eben das nahe legt. Alles andere, als davon auszugehen, dass auch Doro das weiß, jedes weitere Wort darüber wäre technisch mehr als unsauber, weil zum einen wäre es inhallich redundant zum anderen sehr unfreundlich dem Leser gegenüber, der das ja schon weiß. Eine sache, die jedem hier eingetrichtert wird, soll auf einmal eine logische und technische Unsauberkeit sein? Strenge der Strenge willen?

Du meinst Ignaz hätte Ausflüchte suchen sollen, beschwichtigen. Mit dem Beschwichtigen hast du möglicherweise recht. Auch immer und immer wieder hier im Forum vorgebetet und das völlig zu Recht: Bilder entstehen durch Dialoge und Handlungen. Und genau das passiert. Nur, das Ignaz einen Weg sucht zu beschwichtigen, der dir nicht paßt. Warum? Weil du es anders geacht hättest? Nun, du bist nicht Ignaz. das Motiv des Ignaz wird klipp und klar genannt:

Zitat:
„Aber, Frau Dorothea,“ – ob er auf diese Weise eine Beziehung herstellen konnte? –

und
Zitat:
Besitz. Ja, Besitz klang gut, triumphierte er innerlich, das klang wichtig. Zeit gewinnen!


taktische Beschwichtigungsversuche
1) Beziehung herstellen
2) Die Doro wichtig erscheinen lassen
strategischer Beschwichtigungsversuch
3) Zeit gewinnen
4) das daraus resultierende Verhalten (der Weg durchs Haus, wie sonst sollte er Zeit gewinnen?)

Beschwichtigungsversuche ohne vorherige Beziehung ohne Zeit führen ins Leere. Jeder Polizeiverhandler wird dir das bestätigen. Hier iste es eine intuitive HAndlung. Wieder eine selbstgegrabene Logiklücke.

Zitat:
während sich in Ignaz völlig unvermittelt der Gedanke regt, sich zum Komplizen Dorotheas aufzuschwingen. Warum sollte er ihr Komplize sein? Welchen Coup sollten sie denn zusammen durchziehen? Sie hat ihn doch erst vor fünf Minuten mit dem Leben bedroht! Grr, das ist wahnsinniges Verhalten der Charaktere. Das Grande Finale folgt aber dann, wenn Ignaz es sich erneut anders überlegt und Dorothea nun doch niederschlägt, was in seiner maklerischen Genauigkeit natürlich zum Tode führt.


in der Tat:
Zitat:
das ist wahnsinniges Verhalten der Charaktere


einen anderen NAmen anzunehmen ist wahnsinnig
den Inhalt eines Romanes realistisch vorzuspielen ist wahnsinnig
Mord ist wahnsinnig

Nihil, welche formentheoretisch fundierte Vorschrift hast du im Kopf, wenn du implizit behauptest, irre Handlungen hätten nichts in einer KuGe zu suchen?

Es gibt aber schließlich auch viele arten und Weisen, wie sich Wahnsinn manifestiert, was aber für diese Geschichte völlig unerheblich ist. Es handelt sich nicht um eine wisenschaftliche Abhandlung über etwaige Formen des Wahnsinns. Es ist eine skurille Geschichte. es gibt Geschichten über Leute, die eine Reise durch die USA auf einer LKW-Achse durchführen (wahnsinnig?) es gibt Geschichten über Leute, die gründen eine Mondpartei und gewinnen den Präsidentschaftswahlkampf. (wahnsinnig?), über Leute, die lassen einfach den Wasserhahn aufgedreht, bis das ganze HAus und die NAchbarschaft unterschwemmt ist (wahnsinnig?). Klar, wahnsinnig. So what?

Das ist dir bewußt, weshalb mir deine Kritik schwammig bleibt und nicht nachvollziehbar.

Zur Komplizenschaft:
Ignaz wird nicht Komplize eines großen Coups, sondern seines eigenen Mordes. Die Alte lullt ihn ein, sie sucht und findet seine Sympathie. Motiv? Ihr Experiment doch noch zu Ende zu bringen. Sie zieht ihn in ihr Leben, erzählt über sich und den Bleibtreu. Er reagiert so, wie sie sich das vorstellt.  (warum ihr das gelingt? siehe Charakterisierung zu beginn)
Das sollte alles völlig klar sein, zumal diese Erzählungen mit der MAklerschaft des Ignaz nicht zu tun haben. Es ist nicht Bestandteil eines Maklergespräches sich über die Familiengeschichte zu unterhalten. Dass eine Familiengeschichte nicht in 5(!) Minuten abgehandelt ist, ist auch klar.

In der Tat überlegt er es sich anders, wie sollte es auch anders funktionieren. Es ist die logische Konsequenz aus seiner Komplizenschaft. Auch ihm ist klar, dass es nicht zum Komplizen seiner eigenen Mörderin werden kann, weshalb ihm nur bleibt, Doro zu ermorden. Die Ausflüchte in das Notwehrargument gehen - auch für Ignaz klar - ins Leere. Es handelt sih nicht um Notwehr, sondern um Mord, denn wie du richtig erkennst: er schlägt sie nicht nur nieder. Er erschlägt sie.
Opfer --> komplize am eigenen Mord --> Mord an Doro. Ein Entwicklungsprozess. Skurill, irre, aber das hatten wir ja schon.

Zitat:
Ich will ja niemanden persönlich beleidigen, aber an dieser Stelle wusste ich nicht mehr, was ich noch sagen sollte. Natürlich findet Ignaz noch den vermissten Bleibtreu unter der Erde (warum hat sie den überhaupt getötet?),


ach was, ich bin nicht beleidigt. du hast einfach nicht genau gelesen:
Das erste Buch der Doro hieß 'Heckenrosengarten'. Bleibtreu ist unter Heckenrosen begraben (gewesen).
Das zweite Buch sollte 'Azaleengarten' heißen und genau unter diesen Azaleen hätte die Leiche des Ignaz liegen sollen.
Daraus wird klar, (1) dass sie schon einmal gemordet hat und (2) warum: auch ihr erstes Buch wollte (hat?) sie realistisch 'ausprobiert'.

Zitat:
fläzt sich in seinem plötzlichen Zynismus anschließend gemütlich ins Wohnzimmer, als wäre der Nachmittag ganz normal verlaufen, und lächelt, als er den Kriminalroman von Doro liest.


zum Lächeln:
bei genauem Lesen wäre dir der Bezug zum Eingangszitat aufgefallen. Dieses Eingangszitat - als Leitfaden auch für Ignaz - wird vondiesem einfach umgedeutet, ins Absurde, ins Irre.
siehe @Bluenote

Zitat:
Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es am Ende wirklich Ignaz ist, der das Buch in Händen hält. Kurz habe ich überlegt, ob es nicht vielleicht doch Bleibtreu ist, der sich einfach nur in eine Geschichte Dorotheas vertieft hat.


die oben erwähnten Blumen  - Heckenrosen/Azaleen - machen das eigentlich klar.

Zitat:
Denn du schreibst:
1) Es wurde dunkel in der Goethestraße. (Dort wo Ignaz eigentlich nich wohnt.)


1) man kann wo sein, ohne dort zu wohnen
2) in seinemVerständnis, nach der Annahme der INdentität des Bleibtreu wohnt IGnaz jetzt da

Zitat:
2) allabendlicher Spaziergang (klingt nach Routine)

ja des Bleibtreu, was er wohl aus den Erzählungen der Doro weiß

Zitat:
3) wie Dorothea immer gerne sagte (als hätte er sie jahrelang gekannt)


wieder die Erzählungen der Doro

eine genaue Erwähnung der Inhalte der Erzählungen ist überflüssig, es ergibt sich logisch

Zitat:
4) Ignaz wird plötzlich Bleibtreu genannt. (nur weil er seinen Bademantel trägt?)

Ignaz wird nicht Bleibtreu genannt. In konsequenter Weiterführung der Perspektive, handelt es sich natürlich um das verständnis des Ignaz. Er erkennt in sich den Bleibtreu, also ist er Bleibtreu.

Es kann aber nicht sein, dass Bleibtreu nur von Ignaz, dem falschen Makler, liest, weil er ja die Schatulle in Händen hält, die er gerade erst ausgegraben hat! Hier hast du mich und wahrscheinlich viele andere Leser in Verwirrung zurück gelassen. [/quote]

Zitat:
Die Textvorgabe wurde durch die Maklerthematik passend eingebaut. Lediglich die Wortwiederholung von tatsächlich ist störend. Außerdem gehst du nicht darauf ein, dass das zweite, also das eigentliche tatsächlich, eine Unsicherheit nahelegt, ob Dorothea wirklich bei der Stadtbücherei wohnt. Die Stadtbücherei wird allerdings überhaupt nicht erwähnt.


Zitat:
wohne in der Goethe Straße 24, nahe bei der Bibliothek.


der ungenauen Lesart geschuldet?
zu tatsächlich: siehe meine erste Antwort

Zitat:
Was ich jedoch kritisieren möchte, ist die Metaphorik, die häufig zu dick aufträgt und ins Manieristische übergeht. So etwa die "Lebensautobahn", der Geruch von "moderndem Wald im Frühling" (modern Wälder nicht eher im Herbst?), der aasige Blumentopfgeruch, der "Säurepfeile ins Herz schießt" (sich von diesem Geruch bedroht zu fühlen, ist eine ungeheure Übertreibung). Mir sind die Bilder erstens zu viel (ein ganzer Absatz, nach dem Ignaz das Buch gefunden hat) und zweitens zu bemüht.


o.k. DAS akzeptier ich. Ist naturgemäß Geschmackssache, aber, ja, damit kann ich leben. Auch wenn deine Begründungen nicht ganz hinahauen. Ein Wald modert am intensivsten im Frühjahr, wenn die Temperaturen wieder steigen und die ersten Schwammerln aus dem Boden schießen.

Es geht nicht darum, ob man sich bedroht fühlt, sondern wie Ignaz den Geruch wahrnimmt, aber egal. Wie gesagt: akzeptiert.

Zitat:
Der Vergleich der Bierflaschen mit Panflöten hat mir aber gut gefallen. ein Schreibstil ist trotzdem nicht schlecht,


na, immerhin.

So jetzt noch etwas:
ich glaub keinesfalls, dass der Text perfekt ist. Wie auch? Hab ja ich geschrieben. Aber: deine Logikfehler sind keine, deine Motivationslücken sind keine und vieles von dem was du schreibst ist möglicherweise auf nachlässiges Lesen zurückzuführen.
Der vorwurf, ich hätte diesen Text nicht geplant oder durchdacht oder ihn einfach nur so hingewurschtelt, um zum Ende zu kommen, hat mich schon getroffen.   Crying or Very sad   Crying or Very sad
Also, nix für ungut, wenn du antworten willst, kannst dir gern Zeit lassen, wenn nicht, macht das gar nix.
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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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Nihil
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Beitrag14.01.2010 19:14

von Nihil
Antworten mit Zitat

Hey lupus!

Klar will (und muss) ich auf deine Argumente noch einmal antworten. Ich möchte nicht streiten, weil ich dich mag, allerdings möchte ich gleich darauf hinweisen, dass deine Stellungnahme an meiner Meinung nicht viel geändert hat. Was zum Beispiel das ungenaue Lesen angeht - den Schuh ziehe ich mir nur bei der Todesursache von Bleibtreu an. Dass sie ihn ebenfalls umgebracht hat, um größeren Realismus in ihre Bücher zu bringen, hätte mir auffallen müssen. Zu allen anderen Punkten äußere ich mich nochmal.

Allgemein zum Ton: Wenn ich über die Strenge geschlagen habe, möchte ich mich dafür entschuldigen. Allerdings habe ich auch bei den Texten, wo ich rücksichtsloser formuliert habe, auch geschrieben, dass es mir nicht um Beleidigung oder bloßes Fertigmachen geht, so auch bei dir. Ich bin ein Mensch, den wenig zufrieden stellen kann und ich empfinde solche Wertungen ziemlich stark. Im Zug habe ich einmal ein Buch an einen Fremden weiter verschenkt, weil es mir einfach zu schlecht war und ich es nicht weiterlesen wollte. Hätte er es nicht angenommen, wäre es zum Fenster raus geflogen. Auf der anderen Seite sind die raren Sachen (Bücher, Filme, Musik, Videospiele), die mir wirklich gut gefallen, das Nonplusultra und ich kann mich stundenlang mit ihnen beschäftigen, auch wenn ich jedes Detail auswendig kenne. Im Laufe des Wettbewerbs fand ich zehn Geschichten unterdurchschnittlich und zwei gut. Deswegen, das muss jetzt als Rechtfertigung herhalten, war ich bei jeder neuen Geschichte, die (in meinen Augen) Ungereimtheiten oder andere Schwächen aufgewiesen hat, umso zerknirschter. Irgendwann war ich an einem Punkt, wo ich mir gewisse Bemerkungen nicht mehr verkneifen konnte.
Zitat:
Hier geht es nicht um die federnanzahl die du vergeben hast, denn die war konsequent nieder. Nicht das 'nieder' zählt, sondern das 'konsequent'.

Hättest du dich also weniger geärgert, wenn dein Text als einziger unter den 15 von mir niedrig bewertet worden wäre?

Jetzt konkret zum Text. Häufig berufst du dich auf die Kurzgeschichte als Erzählform, um eine, zumindest von mir so gesehene, Schwäche zu rechtfertigen.
Zitat:
In Kurzgeschichten und kurzen Erzählungen geht es nicht um die Darstellung der Handlungsmotive. Insbesondere dann nicht, wenn es sich um skurille Geschichten handelt, denn entweder (a) die Nicht-Erwähnung der Motive oder (b) die Erwähnung ungewöhnlicher Motive mach die skurillität aus. Technisch also wären beide Ansätze nicht nur völlig in Ordnung, sondern auch tehnisch sauber. Diese Prämisse hätte ein Rezensent bei der Beurteilung eines Textes zu beachten, wenn er denn schon motivatorische Probleme orten wollte. Insofern ist deine Kritik technisch unsauber.

Zugrunde zu legen, dass man die "skurrile Kurzgeschichte" als eigenständige Textform, denn so stellst du sie hier dar,  kennen sollte, reicht mir als Begründung nicht aus. Es gibt für Kurzgeschichten keine allgemeingültige Definition, wie sie auszusehen hat, außer vielleicht zwischen 1 - 20 Seiten Länge. In der Schule wird häufig nur von unvermitteltem Einstieg und abruptem Ende gesprochen. In Otto Schumanns "Handwerk des Schreibens" gibt es eine strengere: Jede Handlung, jeder kleine Nebensatz muss sinnvoll und notwendig sein. Wenn sich jemand hinter dem Ohr kratzt, muss selbst das später wichtig werden (sinngemäßes Zitat). Um deine Geschichte als Beispiel zu nehmen: Der schlechte Geschmack der Wagenknecht hätte nach dieser Definition nicht einfach im Raum stehen bleiben dürfen. Das ist aber zum einen eine Bagatelle und zum anderen ein nettes Detail, deswegen wäre es mir nicht eingefallen, das zu kritisieren. Weiterhin spricht Schumann von einer "vorbereiteten Überraschung". Das heißt, der Leser soll am Ende denken: Natürlich musste es so kommen! Warum ist mir das nicht eingefallen? So etwas gibt es hier auch nicht und dennoch halte ich diese Erzählung für eine Kurzgeschichte. Aber die Rechtfertigung der fehlenden Motive durch eine angeblich handfeste Definition einer Textsorte, ist mir zu wenig.

Zitat:
Nihil, welche formentheoretisch fundierte Vorschrift hast du im Kopf, wenn du implizit behauptest, irre Handlungen hätten nichts in einer KuGe zu suchen?

Zur formentheoretisch fundierten Vorschrift siehe oben. Gegen irre Handlungen habe ich nichts, Alogius' Geschichte ist noch viel wahnsinniger als deine. Die hat mir allerdings gut gefallen, da von vornherein klar war, dass der Protagonist einen Knacks haben müsste (Die Pünktlichkeitsneurose, die Tiergestalten, die Paranoia). Bei deiner Geschichte wirken die wahnsinnigen Handlungen (auf mich) wie Ausflüchte oder Versuche, die Geschichte spannender zu machen. Die zweite neue Identität des Ignaz zum Beispiel. Um eine Identität eines fremden Menschen anzunehmen, braucht es mehr als seinen Bademantel und ein paar spärliche Informationen über ihn zu besitzen. Zumal er seine alte Identität ja auch erst einmal ablegen müsste. Er erhofft sich keine Einstellung des Gerichtsverfahrens, da er ja im Geheimen hofft, sich mit "Notwehr" rausreden zu können. Das macht diese Wendung in meinen Augen sinnlos.

Zitat:
Erstens werden Motive genannt: Neugier und die Erinnerung an seine Mutter, was als Charakterisierung des Prota durchaus dienlich ist. Zum anderen: das Betteln der alten Dame. Bei genauem Lesen wäre dir das Wort betteln sicherlich aufgefallen. Wenn jemand nach etwas bettelt und man erfüllt diesen Wunsch, ist es ein Gefallen.
[...]
Das Nicht-Wissen über seine eigenen Motive ist ein menschlicher Grundzug.

Den Gefallen als solchen habe ich mit der naiven Hörigkeit umschrieben. Er folgt ihrem indirekten "Befehl", sich als Makler bei ihr vorzustellen, ohne einen Grund dafür zu haben. Mir gefällt dieser Charakterzug nicht, er scheint mir nicht stimmig. Eben weil er nicht alltäglich ist und einer weiteren Erklärung bedürft hätte. Denn einen Gefallen tut man einem Menschen, den man gern hat. Ich gehe einfach davon aus, dass 95% der Menschen den Hörer trotz allen Bettelns wieder auf die Gabel gelegt hätten. Da sind wir aber wieder bei der Skurrilität und drehen uns im Kreis.

Daran schließt sich an:
Zitat:
Die schwierigkeiten, die sich für Frau Wagenknecht ergeben liegen auf der HAnd, würde ein echter Makler nicht von einem Termin zurückkehren. Logisch konsequent kann / darf (!) die Wagenknecht keinen echten Makler anrufen, will sie vermeiden, dass innert 5 Minuten die Polizei vor ihrer Tür steht.

Ein Makler würde aber sicherlich auch Besuchstermine so zusammen legen, dass er Zeit und  Sprit spart, also nicht für 20 Minuten in die Stadtmitte fährt, dann wieder zum Büro, wieder in die Stadtmitte. Dementsprechend wäre er schon länger weg. Es ist aber gut möglich, dass sein Verschwinden dennoch eher auffallen würde, als das eines Nicht-Maklers. Jedoch anzunehmen, dass niemand Ignaz vermissen wird, nur weil er keine Frau hat, finde ich nicht nachvollziehbar. Sicherlich hat er auch Freunde, vielleicht wohnen sogar seine Eltern im gleichen Stadtteil. Es ist also nur ein Spiel auf Zeit und ob die Differenz da so viel Freiraum gibt, dass Frau Wagenknecht jeglichen Verdacht von sich weisen könnte?

Zitat:
ich finde in diesem Text keinen einzigen Schocker(!) außer natürlich den Mord. Wo dieser plakativ vorgetragen wird und vor allem an welcher stelle er vorhersehbar sein soll, bleibt mir ein Rätsel. Vllt möchtest du dieses Rätsel ja aufklären.

Unter einem Schocker verstehe ich nicht zwangsläufig eine brutale Handlung. Schocker sind für mich: Dorotheas Notizbuch mit ihrem Plan, die Pistole auf dem Silbertablett, der plötzliche Mord, die Knochen von Bleibtreu.
In den ersten Punkt spielt meine Kritik mit dem Zufall hinein. Du hast zwar beschrieben, dass Dorotheas Zimmer chaotisch ist. Aber gibt man deswegen nicht besonders Acht? Dass es trotz dieser Beschreibung gerade das Regal mit jenem wichtigen Buch ist, dass er sich auch noch aus dem Stapel pickt, um hinein zu schauen, ist nun einmal ein großer Zufall. Vielleicht sagen manche, dass es ihnen nichts ausmacht, weil es im richtigen Leben auch so ist. Als Kunstgriff ist der Zufall aber immer die einfachste Lösung, deswegen habe ich ihn kritisiert.
In den zweiten Punkt spielt mein Wunsch nach mehr Erklärung der Absichten hinein. Doro sagt, sie holt was zu trinken, stattdessen liegt aber eine Pistole auf dem Silbertablett. Dass Ignaz und die Leser wissen, dass es ab sofort um Leben und Tod geht, ist klar gewesen. Aber Doros Verhalten gefällt mir nicht. Warum präsentiert sie ihm die Pistole? Warum verrät sie damit ihren Plan und vereitelt ihn sich damit eigentlich selbst? Doro kann nicht wissen, dass Ignaz durch das Buch aufgeklärt wurde, sie hätte ihre Rolle als naives Hausmütterchen weiterspielen müssen. Ich habe das auch plakativ genannt. Eben weil die Pistole auf dem berühmten Silberteller präsentiert wurde. Das soll beim Leser Spannung erzeugen. Aber warum hält sie dann die Pistole nicht gleich in der Hand? Ich verstehe zwar, dass Ignaz geschockt ist, aber er hätte doch auch das Silbertablett umwerfen oder nach der Waffe greifen können. Den Wunsch, eine Beziehung aufzubauen, erklärst du ja auch als intuitiv richtige Handlungsmöglichkeit.
Zum Mord komme ich gleich. Und an dem Knochenfund fand ich so wie BlueNote die hunderten Knochen übertrieben. Das klingt nach einem Massengrab, denn wer nimmt schon die fünfzig kleinen Knöchelchen im Fuß als solche dar? Außerdem wird da eher ein vollständiges Skelett liegen als ein loser Haufen.

Hier mache ich erst einmal Schluss. Der zweite Teil folgt nach dem Abendbrot.
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Beitrag14.01.2010 19:40

von Nihil
Antworten mit Zitat

Zitat:
Zur Komplizenschaft:
Ignaz wird nicht Komplize eines großen Coups, sondern seines eigenen Mordes. Die Alte lullt ihn ein, sie sucht und findet seine Sympathie. Motiv? Ihr Experiment doch noch zu Ende zu bringen

Das kann mich leider nicht überzeugen. Ignaz ist begeistert von der Idee, Komplize an seinem eigenen Mord zu sein? Ich beiße mir wirklich auf die Zunge, um nicht nochmal die Wörter zu benutzen, die ich in meiner Rezension gebraucht habe... Sollte Ignaz sich nicht um sein Leben fürchten? Wie kann er sich von ein paar Geschichten aus ihrem Leben einlullen lassen? Warum nimmt er einfach hin, für sie zu sterben, für eine vollkommen fremde Frau? Hier spielt wieder die naive Hörigkeit herein. Der einzige Grund, der zutreffen kann, ist, dass er so wenig Selbstbewusstsein hat, dass er alles mitmacht, was das Leben von ihm verlangt. Und das finde ich, ähnlich wie den Zufall, als Kunstgriff zu schwach.

Zitat:
Opfer --> komplize am eigenen Mord --> Mord an Doro. Ein Entwicklungsprozess.

Darin sehe ich keine logische Kausalkette. Für mich war diese Fortführung ein Grund, von wechselnden Charakterzügen zu sprechen. Erst ist Ignaz der ihr ergebene Diener, der nur zu gerne bei allem mitmacht, was Dorothea mit ihm vorhat. Dann jedoch wird er plötzlich zum kaltblütigen Mörder. Denn warum muss er auch noch fünf- bis sechsmal zuschlagen? Nach einem Hieb wäre die Dame in die Knie gegangen und er hätte fliehen können. Danach geht er aber nicht zur Polizei, sondern nimmt die Identität des angeblich verschollenen Mannes an und wird damit zu einer Figur, die anscheinend souverän mit dem Leben spielt, sich etwas traut und etwas schafft, was sonst kaum jemandem gelingen würde. Das beißt sich mit seiner Charakterisierung in den ersten Zeilen des Textes.

Zur Routine am Ende:
Sowohl der Grund als auch die Details für die Annahme von Bleibtreus Identität bleiben im Dunkeln. Dass er anscheinend innerhalb eines Abends das komplette Buch gelesen und auf Bleibtreus Macken und Gewohnheiten hin analysiert hat, halte ich für unwahrscheinlich. Aber du weist ja leider nicht einmal darauf hin, dass er die Informationen aus eben diesem Buch hat. Ein kurzer erklärender Satz wäre da doch nicht so schlimm gewesen, oder?

Zitat:
Ignaz wird nicht Bleibtreu genannt. In konsequenter Weiterführung der Perspektive, handelt es sich natürlich um das verständnis des Ignaz. Er erkennt in sich den Bleibtreu, also ist er Bleibtreu.

Was soll denn bitte heißen "Er erkennt in sich den Bleibtreu."? Vom Erzähler, auf dessen Wort sich der Leser verlassen können muss, wird er nun einmal Bleibtreu genannt, ohne nähere Erläuterung.

Zur Einbindung der Textstelle / der Bibliothek:
Hier hätte ich mich klarer ausdrücken müssen. Was ich meinte, war, dass die Bibliothek in der Geschichte keine Rolle spielt. Sie wohnt eben dort, weil in der Vorgabe von einer Bibliothek die Rede war. Etwas mehr hätte ich mir schon gewünscht. Zumal die Sache mit dem anscheinend überlesenen "tatsächlich" bleibt. Ignaz hätte keinen Grund, zu glauben, dass die Dame nicht in der Goethestraße 24 wohnt.


Das wars soweit. Ich glaube zwar, dass jeder von uns beiden weiterhin an seiner Meinung festhalten wird, aber kommentarlos wollte ich deine Kritik an meiner Kritik auch nicht lassen. :)

Schönen Abend noch!
- Nihil
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag15.01.2010 12:37

von Alogius
Antworten mit Zitat

Moin lupus,

wie angekündigt eine kleine Begründung bzw. Darstellung. Auf Deinen (interessanten) Disput mit Nihil gehe ich nicht ein, das sei einfach mal Euer Ding. Falls ich davon thematisch etwas streife, soll das die Diskussion nicht berühren - wenn's das tut, ja, Mensch, dann sollte es so kommen. wink

Zur Wertung vorab:
Ich hatte mir vorgenommen, relativ streng zu werden, da Wettbewerb. Haben einige wohl so gehalten; finde ich auch richtig so. Das bedeutet, dass eine 5 unter diesen Bedingungen "mehr Wert hat" als eine 5 unter gewöhnlichen Forenbedingungen.
Sprich: Ich habe gewertet, wenn ich mich recht entsinne, zwischen 3 und 8.
Dein Text gehört für mich zu den gelungenen des Wettbewerbs.

Warum?

Darum:

Ich hatte ja geschrieben, dass der Text für mich psychologisch ausreichend fundiert wäre. Das ist so, das sehe ich immer noch so. Denn gerade in einer Kurzgeschichte braucht es keine Erklärung für jede Kleinigkeit oder getroffene Entscheidung. Es reicht meiner Meinung nach die Andeutung - und das ist hier gegeben. Wie sich die Rollen tauschen, die Wendung allmählich einrückt, das halte ich durchaus für passend. Morbide, seltsam, aber nicht so befremdlich, dass ich da nach mehr Erklärung verlangt hätte. Halte ich nicht für erforderlich!

Die Pointe, dass Ignaz quasi seinen eigenen Mord als "Mitwisser" oder Komplize mitgestaltet, dass die nette Dame ihr Werk vollenden möchte, ist krank. Das meine ich nicht negativ. Denn ich meine schon, dass der Text durch eine gewisse Ironie weiß, damit umzugehen. Zwar mögen die genauen Motive nicht beleuchtet sein, aber, wie gesagt, sie sind aus meiner Sicht nicht weiter nötig. Soll ja keine Novelle oder gar ein Roman werden.

Was hat mich abgehalten, höher zu werten?
Dass es Geschichten auf ähnlichem Niveau gab, die mir auch gut gefallen haben. Hier war ich vielleicht entscheidungsschwach. wink
Mir ist ohnehin aufgefallen, dass es im Wettbewerb eine große Lücke gab zwischen "gut" und "weniger gut".

Unter Non-Wettbewerbsbedingungen hätte ich mit 7 oder 8 gewertet. Sicher könnte man einiges feilen und ausführen, doch abgesehen davon ist der Text gut wie er ist.

Lg

Tom


_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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lupus
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Alter: 56
Beiträge: 3913
Wohnort: wien



Beitrag15.01.2010 13:49

von lupus
Antworten mit Zitat

Hi Nihil,

jösas, hoffe doch, dass du meine Antwort nicht als Streitlust aufgefasst hast, wär mir ausnehmend unangenehm. mag dich nämlich eh auch Wink  Wink

Deine Begründungen nehme ich zu Kenntniss, kann aber einfach beim besten Willen nix anfangen damit, da dein Pochen auf Logik sich mit meinem Verständnis einer KuGe dieser Art einfach zu sehr spießt. zumal dein Logik-Ansatz eigentlich sehr subjektiv ist. Nur als Beispiel, dein argument, wenn ein Zimmer angerammelt ist, paßt man besser auf und schmeißt nix um. Wenn dem so wäre, würd also nach deiner auffassung nie etwas in einem angerammelten Zimmer umgestoßen werden.

Also entweder hab ich das mit der Erzählperspektive noch immer nicht - und zwar im Grundsatz - behirnt und entsprechend falsch umgesetzt, oder aber du erkennst sie nicht. Das bezieht sich etwa auch auf die 'hunderte' (wobei das jetzt wirklich ein völlig unnötiger 'Stret'-punkt is, die hunderte kommen einfach raus. ) Es geht - exemplarisch - darum, dass Ignaz sie als einen riesigen Haufen wahrnimmt. Außerdem sind sie der Größe nach sortiert, also auch schön erkennbar.

Ignaz hat die kenntnisse über Bleibtreu nicht aus dem Buch. Geht ja vom Ablauf her gar nicht, sondern von den Erzählungen der Doro während des Rundganges.

zu der Befederung: der Punkt ist. Wettbewerb gegessen, jetzt geht's ums dazulernen, ums Verbessern.

Is aber wurscht, ehrlich.

danke jedenfalls, dass du noch einmal darauf eingegangen bist.

so, ich glaub jetzt haben wir das durch,
gibt ja noch andere Texte, die bearbeitet werden wollen, hier

gblgl


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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Hardy-Kern
Kopfloser

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Beitrag16.01.2010 16:24

von Hardy-Kern
Antworten mit Zitat

Hallo Wolfgang, habe deine Kritik sehr wohl vernommen. Ich habe die Geschichte gelesen, habe sie bewertet und das wars. Hätte sie mir nicht gefallen, 7 Federn wären nicht gewachsen. Hatte einfach nicht die Zeit alles
zu bewerten, geschweige zu rezensieren.

Wenn ich ein böser Junge wäre, würde ich das heute korrigieren und nur einen Punkt für die Telnahme geben, weil du mich mal in einer meiner Geschichte ausgebremst hattest. Du weißt schon wo.
Ist aber nicht meine Art. Nehme an, du weißt wo ich hin will.

Wenn Nihil seine Bewertung anders sieht, ist das doch in Ordnung. Deshalb muss man nicht streiten, habe auch nur 2 Hände und viel Arbeit nebenbei um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Jeder schreibt so gut er kann, wie's bewertet wird, ist dann nicht mehr seine Sache.

Hardy
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lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3913
Wohnort: wien



Beitrag16.01.2010 16:30

von lupus
Antworten mit Zitat

Hardy, Hardy,

hast dich in letzter Zeit zu viel mit Eisenbahnen beschäftigt? Ich versteh nur Bahnhof.

was für ne Kritik?
ausgebremst? Hä?
streiten?

man wird ja wohl auch noch Kritik kritisieren und hinterfragen dürfen. Wo samma denn?

 Question  Question  Question  Question

l


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lg Wolfgang

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Fao
wie Vendetta

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Beitrag16.01.2010 16:36

von Fao
Antworten mit Zitat

@lupus

Entschuldige, dass ich mich erst jetzt melde, aber wenn man mich falsch ausschreibt kann man ja nichts anderes erwarten  Razz

lupus hat Folgendes geschrieben:
Tao, was die variation der Satzlänge betrifft:

Natürlich hab ich den Text auch (mehrmals) laut gelesen, mir wäre aber die von dir angesprochene Monotonie nicht aufgefallen. Selbst wenn ich jetzt den Text noch einmal auf satzlänge überfliege, find ich sie nicht, die monotonie. Vielleicht - wenn du einmal die zeit findest - willst du mir genauer sagen, weshalb du meinst, die Satzlänge wäre nicht ausreichend variiert.


Ich habe doch nie etwas von Monotonie behauptet. Ich meinte lediglich, dass mich die langen Sätze etwas gestört haben. Muss beim Gedankenlesen nicht so sein, aber beim Vorlesen war es manchmal so.

Übrigens kann es sein, dass ich momentan sehr pingelig bin, bezüglich Satzlänge. Weil ich mich durch mehrere Schreibratgeber gelesen habe, und dort werden einem ja die kurzen Sätze regelrecht eingetrichtert. Da ich, leicht zu sehr komplizierten Sätzen geneigt habe, habe ich in letzter Zeit wie ein Schießhund drauf aufgepasst, dass es mir nicht passiert. Dadurch springen mir aber leider etwas längere Satzstrukturen gleich ins Auge Rolling Eyes

lg
Fao


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Begrüßt gerechte Kritik. Ihr erkennt sie leicht. Sie bestätigt euch in einem Zweifel, der an euch nagt. Von Kritik, die euer Gewissen nicht anerkennt, lasst euch nicht rühren.
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Hardy-Kern
Kopfloser

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Beitrag16.01.2010 22:28

von Hardy-Kern
Antworten mit Zitat

Wolfgang, Wolfgang, die Eisenbahn fährt nach wie vor, trotz des Schnees und der Kälte. Habe versucht die Stelle zu finden, zu der du geschrieben hast, dass du nicht weiter lesen wirst und auch nicht kommentierst.
Habe sie nicht gefunden, war aber so.

Ist auch kein Problem, wollte eigentlich auch nur sagen, dass wir (nehme mich nicht aus!!!) mit unseren Bemerkungen manchmal etwas zurückhaltender sein sollten.

So, ich gehe jetzt mit irgendeinem Manifest unter dem Arm beten und morgen werde ich in meiner Parteiversammlung, mit Frühschoppen, ein Referat halten Buch  smile extra  

Hardy
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