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nasigoreng Gänsefüßchen
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Beiträge: 30 Wohnort: Großstadt
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N 13.08.2023 12:00 Reden wie ein Buch von nasigoreng
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Neue Version »
Reden wie Buch
Ich stehe mit anderen Werken im Bücherregal meines neuerlichen Besitzers. Vielleicht habe ich sieben Siegel, eventuell bin ich eines der offenen. Jeder Lesende hat schließlich seine ganz eigene Sichtweise, persönliche Erfahrungen, Phantasien und Empfindungen. So gäbe es auf diese Frage wohl unerschöpflich viele Sichtweisen.
Mein Erinnerungsvermögen reicht gerade aus, um sagen zu können, wann ich gedruckt wurde. Über meinen Verfasser weiß ich nicht sonderlich viel außer seinem Namen und dass er teils Tag und Nacht an mir und meinen Inhalt arbeitete und feilte. Nicht selten hielt er seine Fingerspitzen an Stirn und Schläfen gepresst, während er unruhig durch die Wohnung lief, hin und her, rastlos.
Man kann sich das vorstellen wie bei einem Mozart, einem Haydn, einem Beethoven als Schüler beider, wie er abends komponierend mit Kerzen am Flügel das siebente Notenblatt zerreißt ... irgendwo in einer kleinen Kammer in Wien sich die weiße Langhaar- Lockenperücke mit dem vielleicht samtig schwarzen Bändchen um den Zopf vom Schädel zerrt, um seine Kreativität zu befreien. Von einem Schädel, von dem das Haar schon ab Mitte Zwanzig den Kopf wie welkes Blattwerk den Baum verlassen hat.
Verzweifelt hätte ein Buchautor das Manuskript seinerzeit zu mehreren Verlagen gesandt, sich selbst unschlüssig, ob nun die endgültige Version vorläge.
Das ist sozusagen mein Blick in die Vorvergangenheit, und ich denke, eigene meiner Mitbücher vermögen ihre Entwicklung ebenso zu erinnern. Was mir Sorgen macht, ist die spätere Vergangenheit, oder die jüngere? Weil ich sie nicht erinnere. Wer nahm mich das erste Mal zur Hand – wer schlug mich als erster auf? Durch wie viele Hände bin ich seither gereicht worden?
Ich stehe also im Regal, zwischen andere Bücher gequetscht, mein Einband ist an den Ecken eingedrückt, viele Seiten wurden mit 'Eselsohren' versehen – oder es ist einfach passiert. Einige Textstellen wurden markiert, auf etlichen Seiten wurden Fußnoten angebracht.
Ich erinnere mich an die Milde der Sonnenstrahlen und dass ich schon mehrfach aufgeblättert auf einem Tisch oder im Gras lag, der Wind meine Seiten flattern ließ, ein wenig Regen mein Papier tränkte. Und wie ich dann rasch geschnappt und schützend in einen Rucksack zwischen feuchte Badesachen gestopft wurde.
Allerdings habe ich mittlerweile zu viel Zeit im Dunkel verbracht, in Kisten, in Kellern, in Containern. Als Stütze wackliger Schränke sogar fungierte ich. Manchmal wäre mir lieber gewesen, ich wäre endlich einfach vermüllt worden, zerrissen, geschreddert oder verbrannt.
Blättert heutzutage jemand in mir, riecht er leichten kellerüblichen Moder. Auf dem speckigen ledernen Lesezeichen, das zwischen Hauptteil und Epilog klebt, steht in eingepressten Lettern mein Titel: 'Mea culpa'. Es mag Jemanden gegeben haben, der sich dadurch angesprochen fühlte.
Weitere Werke von nasigoreng:
_________________ Geist ist geil. |
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anuphti Trostkeks
Alter: 58 Beiträge: 4320 Wohnort: Isarstrand
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13.08.2023 12:20
von anuphti
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Sehr schön, lange genug gewartet, so dass Du das kleine e noch einfügen konntest. (Für den Fall, dass jemand schon kommentiert hat, kannst Du jederzeit noch eine Bitte an die Moderatoren schicken, die können auch bei kommentierten Texten noch korrigieren), es gibt nichts schlimmeres als Tippfehler in der Überschrift.
Zum Text:
Hallo nasigoreng (wittere ich einen Korea Fan?),
herzlich willkommen im DSFo!
Ich mag Deinen Text und habe ihn mit großem Vergnügen gelesen.
nasigoreng hat Folgendes geschrieben: | Das ist sozusagen mein Blick in die Vorvergangenheit, und ich denke, eigene einige (?) meiner Mitbücher vermögen ihre Entwicklung ebenso zu erinnern. |
Meine Lieblingsstelle:
nasigoreng hat Folgendes geschrieben: | Blättert heutzutage jemand in mir, riecht er leichten kellerüblichen Moder. |
Jetzt weiß ich zum ersten Mal, was und wie meine Bücher so denken und fühlen! Und werde mich vielleicht etwas liebvoller um sie kümmern.
Sehr gerne gelesen und gekonnt erzählt!
Liebe Grüße
Nuff
_________________ Pronomen: sie/ihr
Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)
You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach) |
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nasigoreng Gänsefüßchen
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Beiträge: 30 Wohnort: Großstadt
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anuphti Trostkeks
Alter: 58 Beiträge: 4320 Wohnort: Isarstrand
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13.08.2023 13:36
von anuphti
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nasigoreng hat Folgendes geschrieben: | Vielen Dank, anuphti, dass Du meinen ersten Beitrag gelesen und kommentiert hast, und ganz besonderen Dank dafür, dass Du meinen dann doch noch verbliebenen Tippfehler angezeigt hast:
Das werde ich sofort ändern!
achso ... geht gar nicht, hmm.
Danke und einen angenehmen Tag Dir!
N. |
Kopier den gesamten Text, ändere die Stelle, die Du ändern willst, und poste sie in der nächsten Antwort und klick dann vor dem Absenden unter dem Textfeld "Neue Version" an.
Dann hast Du die korrigierte Version in diesem Faden stehen.
Ich weiß, das ist alles ein wenig kompliziert, aber Du wirst sehen, das geht bald aus dem ff.
Und wenn Du Fragen hast, wie irgendetwas funktioniert, einfach melden!
Liebe Grüße
Nuff
_________________ Pronomen: sie/ihr
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nasigoreng Gänsefüßchen
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Beiträge: 30 Wohnort: Großstadt
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N 13.08.2023 13:47 Reden wie ein Buch von nasigoreng
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Reden wie Buch
Ich stehe mit anderen Werken im Bücherregal meines neuerlichen Besitzers. Vielleicht habe ich sieben Siegel, eventuell bin ich eines der offenen. Jeder Lesende hat schließlich seine ganz eigene Sichtweise, persönliche Erfahrungen, Phantasien und Empfindungen. So gäbe es auf diese Frage wohl unerschöpflich viele Sichtweisen.
Mein Erinnerungsvermögen reicht gerade aus, um sagen zu können, wann ich gedruckt wurde. Über meinen Verfasser weiß ich nicht sonderlich viel außer seinem Namen und dass er teils Tag und Nacht an mir und meinen Inhalt arbeitete und feilte. Nicht selten hielt er seine Fingerspitzen an Stirn und Schläfen gepresst, während er unruhig durch die Wohnung lief, hin und her, rastlos.
Man kann sich das vorstellen wie bei einem Mozart, einem Haydn, einem Beethoven als Schüler beider, wie er abends komponierend mit Kerzen am Flügel das siebente Notenblatt zerreißt ... irgendwo in einer kleinen Kammer in Wien sich die weiße Langhaar- Lockenperücke mit dem vielleicht samtig schwarzen Bändchen um den Zopf vom Schädel zerrt, um seine Kreativität zu befreien. Von einem Schädel, von dem das Haar schon ab Mitte Zwanzig den Kopf wie welkes Blattwerk den Baum verlassen hat.
Verzweifelt hätte ein Buchautor das Manuskript seinerzeit zu mehreren Verlagen gesandt, sich selbst unschlüssig, ob nun die endgültige Version vorläge.
Das ist sozusagen mein Blick in die Vorvergangenheit, und ich denke, einige meiner Mitbücher vermögen ihre Entwicklung ebenso zu erinnern. Was mir Sorgen macht, ist die spätere Vergangenheit, oder die jüngere? Weil ich sie nicht erinnere. Wer nahm mich das erste Mal zur Hand – wer schlug mich als erster auf? Durch wie viele Hände bin ich seither gereicht worden?
Ich stehe also im Regal, zwischen andere Bücher gequetscht, mein Einband ist an den Ecken eingedrückt, viele Seiten wurden mit 'Eselsohren' versehen – oder es ist einfach passiert. Einige Textstellen wurden markiert, auf etlichen Seiten wurden Fußnoten angebracht.
Ich erinnere mich an die Milde der Sonnenstrahlen und dass ich schon mehrfach aufgeblättert auf einem Tisch oder im Gras lag, der Wind meine Seiten flattern ließ, ein wenig Regen mein Papier tränkte. Und wie ich dann rasch geschnappt und schützend in einen Rucksack zwischen feuchte Badesachen gestopft wurde.
Allerdings habe ich mittlerweile zu viel Zeit im Dunkel verbracht, in Kisten, in Kellern, in Containern. Als Stütze wackliger Schränke sogar fungierte ich. Manchmal wäre mir lieber gewesen, ich wäre endlich einfach vermüllt worden, zerrissen, geschreddert oder verbrannt.
Blättert heutzutage jemand in mir, riecht er leichten kellerüblichen Moder. Auf dem speckigen ledernen Lesezeichen, das zwischen Hauptteil und Epilog klebt, steht in eingepressten Lettern mein Titel: 'Mea culpa'. Es mag Jemanden gegeben haben, der sich dadurch angesprochen fühlte.
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abentroth Eselsohr
Beiträge: 257
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13.08.2023 16:10 Re: Reden wie ein Buch von abentroth
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nasigoreng hat Folgendes geschrieben: | wie ein Buch |
Ein spannender Blickwinkel. Den Weg vom begehrten Objekt der Leselust zum im dunklen Keller begrabenen Resteposten hast Du gelungen geschildert. Du hast mich als Leser besonders dadurch mitgenommen, weil Du diesen Weg anhand verschiedener Stationen verdeutlichst. Das gefiel mir besonders.
nasigoreng hat Folgendes geschrieben: | Ich erinnere mich an die Milde der Sonnenstrahlen (...) mittlerweile zu viel Zeit im Dunkel verbracht |
Die Frage nach der Schuld (an der Situation, am Schicksal des Buches?) bleibt für mich offen.
Gerne gelesen.
Gruß,
abentroth
PS - Kleinigkeiten
nasigoreng hat Folgendes geschrieben: | meines neuerlichen Besitzers |
Da bin ich gleich am Anfang gestolpert: ist das Buch bei einem neuen Besitzer oder erneut bei einem Vorbesitzer (dann wäre neuerlich richtig) gelandet?
nasigoreng hat Folgendes geschrieben: | Vielleicht habe ich sieben Siegel, eventuell bin ich eines der offenen. |
Offenen was? Siegel wohl nicht. Ich würd's ausschreiben: Bücher.
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nasigoreng Gänsefüßchen
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Beiträge: 30 Wohnort: Großstadt
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abentroth Eselsohr
Beiträge: 257
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13.08.2023 16:37
von abentroth
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nasigoreng hat Folgendes geschrieben: | Nun weiß ich nicht, ob ich auf weitere Anmerkungen warten sollte oder schon wieder ne 'Neue Version' absenden sollte ... |
Da gibt's keine Regel, aber aus dem, was ich bisher hier so gelesen habe: die Funktion wird eher selten genutzt.
Wichtig ist letzten Endes nur, ob Du aus Feedback und Kommentaren etwas für Dich und Deine Arbeit am Text mitnehmen kannst.
Gruß,
abentroth
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nasigoreng Gänsefüßchen
N
Beiträge: 30 Wohnort: Großstadt
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N 13.08.2023 16:46 Reden wie ein Buch von nasigoreng
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Reden wie ein Buch
Ich stehe mit anderen Werken im Bücherregal meines neuen Besitzers. Vielleicht habe ich sieben Siegel, eventuell bin ich eines der offenen Bücher. Jeder Lesende hat schließlich seine ganz eigene Sichtweise, persönliche Erfahrungen, Phantasien und Empfindungen. So gäbe es auf diese Frage wohl unerschöpflich viele Sichtweisen.
Mein Erinnerungsvermögen reicht gerade aus, um sagen zu können, wann ich gedruckt wurde. Über meinen Verfasser weiß ich nicht sonderlich viel außer seinem Namen und dass er teils Tag und Nacht an mir und meinen Inhalt arbeitete und feilte. Nicht selten hielt er seine Fingerspitzen an Stirn und Schläfen gepresst, während er unruhig durch die Wohnung lief, hin und her, rastlos.
Man kann sich das vorstellen wie bei einem Mozart, einem Haydn, einem Beethoven als Schüler beider, wie er abends komponierend mit Kerzen am Flügel das siebente Notenblatt zerreißt ... irgendwo in einer kleinen Kammer in Wien sich die weiße Langhaar- Lockenperücke mit dem vielleicht samtig schwarzen Bändchen um den Zopf vom Schädel zerrt, um seine Kreativität zu befreien. Von einem Schädel, von dem das Haar schon ab Mitte Zwanzig den Kopf wie welkes Blattwerk den Baum verlassen hat.
Verzweifelt hätte ein Buchautor das Manuskript seinerzeit zu mehreren Verlagen gesandt, sich selbst unschlüssig, ob nun die endgültige Version vorläge.
Das ist sozusagen mein Blick in die Vorvergangenheit, und ich denke, einige meiner Mitbücher vermögen ihre Entwicklung ebenso zu erinnern. Was mir Sorgen macht, ist die spätere Vergangenheit, oder die jüngere? Weil ich sie nicht erinnere. Wer nahm mich das erste Mal zur Hand – wer schlug mich als erster auf? Durch wie viele Hände bin ich seither gereicht worden?
Ich stehe also im Regal, zwischen andere Bücher gequetscht, mein Einband ist an den Ecken eingedrückt, viele Seiten wurden mit 'Eselsohren' versehen – oder es ist einfach passiert. Einige Textstellen wurden markiert, auf etlichen Seiten wurden Fußnoten angebracht.
Ich erinnere mich an die Milde der Sonnenstrahlen und dass ich schon mehrfach aufgeblättert auf einem Tisch oder im Gras lag, der Wind meine Seiten flattern ließ, ein wenig Regen mein Papier tränkte. Und wie ich dann rasch geschnappt und schützend in einen Rucksack zwischen feuchte Badesachen gestopft wurde.
Allerdings habe ich mittlerweile zu viel Zeit im Dunkel verbracht, in Kisten, in Kellern, in Containern. Als Stütze wackliger Schränke sogar fungierte ich. Manchmal wäre mir lieber gewesen, ich wäre endlich einfach vermüllt worden, zerrissen, geschreddert oder verbrannt.
Blättert heutzutage jemand in mir, riecht er leichten kellerüblichen Moder. Auf dem speckigen ledernen Lesezeichen, das zwischen Hauptteil und Epilog klebt, steht in eingepressten Lettern mein Titel: 'Mea culpa'. Es mag Jemanden gegeben haben, der sich dadurch angesprochen fühlte.
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