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Was darf ein Mann heutzutage noch? Wie kann er die Initiative ergreifen, ohne übergriffig zu sein?

 
 
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WSK
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Beitrag27.12.2022 00:04
Was darf ein Mann heutzutage noch? Wie kann er die Initiative ergreifen, ohne übergriffig zu sein?
von WSK
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Irgendwann gibt es bei jedem Roman-Paar die erste Berührung oder den ersten Kuss. Ein sehr hilfreicher Testleser weist mich bei solchen Szenen immer darauf hin, wenn meine männlichen Love Interests sich übergriffig verhalten. (Beispiel: Sie führen ein romantisches Gespräch und er streichelt dabei spontan ihre Wange.) Dieses Problem habe ich bisher gelöst, indem alle meine ersten Berührungen und ersten Küsse aktiv von Frauen initiiert werden, woraufhin der Typ dann "nur" mitmacht. Aber das ist keine Dauerlösung.

Dass die Frau ihn auffordert "Berühr mich bitte", scheint mir ebenso unromantisch, wie wenn er vorher nachfragt, ob er sie anfassen darf.
Natürlich kann die Frau mit Blicken/Gesten zeigen, dass sie berührt werden will, oder sie kann eine Berührung in ihren Gedanken toll finden. In meinen Szenen hat das aber nicht gereicht, die Männer wirkten trotzdem übergriffig.

In der Realität kommt es mir eher so vor, als gäbe es sogar eine gesellschaftliche Erwartung, dass der Mann bei einem Kuss den ersten Schritt geht. Viele Frauen erwarten dies bei einem Date vom Mann oder sind gar zu schüchtern, um es selbst zu tun. Ich würde bei einem Reallife-Date ehrlich gesagt auch immer warten, bis der Mann den ersten Schritt tut.

An alle, die Liebesszenen schreiben:
Ab welchem Punkt ist ein Mann für euch übergriffig?
Darf ein Mann eine Frau anfassen, wenn er glaubt, es wird ihr gefallen?
Wer ergreift bei euren Kuss-Szenen häufiger die Initiative? Er oder sie?
Wie könnte man SEINE Initiative darstellen, damit er nicht übergriffig wirkt?
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anuphti
Geschlecht:weiblichTrostkeks

Alter: 58
Beiträge: 4320
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Beitrag27.12.2022 00:38

von anuphti
Antworten mit Zitat

Hallo WSK,

grundsätzlich finde ich können beide Geschlechter übergriffig wirken, also nicht nur Männer.

Ich halte mich an die Treppentheorie, bei der immer abwechselnd die nächste Stufe genommen werden muss. Und wenn jemand nicht wartet, bis der Andere die nächste Stufe hochgestiegen ist, dann ist es übergriffig. Und die Reaktion ist dann normalerweise auch wieder der Versuch, auf Abstand zu gehen.

Ausnahmen sind Situationen, die eine plötzliche Verringerung des körperlichen Abstandes hervorrufen durch Schwerkraft (Sturz) oder Fliehkraft (in Fahrzeugen) oder ähnlichem (Sport wie Judo/Ringen oder Kampf/Flucht, da gelten anderere Regeln. Da werden durch äußere Umstände mehrere Treppenstufen übersprungen, was zu einer Beschleunigung in der amourösen Entwicklung führen kann.

Zu der Frage, darf ein Mann eine Frau anfassen: jein.
Er darf ihr seine Hand "auffordernd" hinhalten, dass sie ihre Hand in seine legt, wenn sie will. (Darf sie natürlich auch). Nicht umsonst beginnt vieles mit Handkontakt, Händchenhalten etc.

Küsse:
Reihenfolge beachten: Handküsse, Fingerspitzen, Handgelenk, Stirn, Wangen, Nase, Mund

Wenn er sie unaufgefordert berührt oder küsst (außer zur kulturell üblichen Begrüßung) ist er übergriffig.

Berührungen an erogenen Zonen vor dem ersten Kuss gehen gar nicht.

Berührungen mit Hilfsmitteln (mit Löffel/Essstäbchen, Bleistift whatever antippen) Kleidungsstücke wie Schal oder Jacke dem anderen umlegen wirken symbolisch als Berührung, aber nicht übergriffig.

Auch unbeabsichtigte Berührungen, z.B weil sich jemand im Schlaf umdreht sind eine "unschuldige"Möglichkeit.

Anyway, uferloses Thema lol


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Pronomen: sie/ihr

Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)

You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach)
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WSK
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 34
Beiträge: 1821
Wohnort: Rinteln
DSFo-Sponsor


Beitrag27.12.2022 01:16

von WSK
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für deine höchst fundierte Antwort. Daumen hoch
Was schreibst du eigentlich so? Auch Liebesromane?

anuphti hat Folgendes geschrieben:
grundsätzlich finde ich können beide Geschlechter übergriffig wirken, also nicht nur Männer.

Klar, aber bei Frauen wird obviously viel mehr toleriert. Aus demselben Grund, warum es als weniger schlimm angesehen wird, wenn eine Frau einen Mann ohrfeigt, wie umgekehrt wenn er ihr eine zimmert.

Was meine Testleser so feedbacken, bestätigt das. Einfach mal seine schönen Brustmuskeln befummeln und ihn gegen ein Regal drücken, kein Problem. Bei 'nem Kerl wird schon bei viel weniger kritisiert, dass er grabbelt.
(Finde ich aber okay und richtig, die Gesellschaft betrachtet die Geschlechter nun mal nicht gleich)

anuphti hat Folgendes geschrieben:
Ich halte mich an die Treppentheorie, bei der immer abwechselnd die nächste Stufe genommen werden muss. Und wenn jemand nicht wartet, bis der Andere die nächste Stufe hochgestiegen ist, dann ist es übergriffig. Und die Reaktion ist dann normalerweise auch wieder der Versuch, auf Abstand zu gehen.

Zu der Frage, darf ein Mann eine Frau anfassen: jein.
Er darf ihr seine Hand "auffordernd" hinhalten, dass sie ihre Hand in seine legt, wenn sie will. (Darf sie natürlich auch). Nicht umsonst beginnt vieles mit Handkontakt, Händchenhalten etc.

Küsse:
Reihenfolge beachten: Handküsse, Fingerspitzen, Handgelenk, Stirn, Wangen, Nase, Mund

Wow, das hältst du echt so ein? Also gibt es bei dir immer erst eine Berührung an der Hand, und wenn sie erwidert wurde, machst du am Arm weiter usw?

Bei Küssen hab ich IMMER am Mund oder an den Wangen begonnen, nie bei Handküssen oder so.

Ich denke mal, wenn man es so strikt einhält, wirkt es sicherlich nicht übergriffig. Allerdings kann ich mich spontan an keinen LiRo erinnern, wo sie zuerst ihre Stirnen oder Nasen geküsst hätten ...
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V.K.B.
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Beitrag27.12.2022 02:06

von V.K.B.
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Ich glaub, du machst dir da zu viele Gedanken. Übergriffig ist, was die andere Person als übergriffig wahrnimmt. Passiert das nicht, ist es nicht schlimm. Die Kunst ist wohl nur, das richtig einzuschätzen, aber wenn man(n) das schafft, sollte es auch in einem Roman kein Problem darstellen. Oder besonders dort, weil du als Autorin ja die Reaktion festlegst.

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Taranisa
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Beitrag27.12.2022 09:45

von Taranisa
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Ich bin auch anuphtis Meinung. Wobei: Beim Schlafen durchs Umdrehen unabsichtlich berühren? So dicht kommt mir in einer solchen Situation nur mein Mann, und der darf mich jederzeit anfassen. Selbst wenn z.B. eine Wandergruppe im Zelt übernachtet, wird doch -denke ich- Abstand gehalten.
Beidseits muss auf die Signale geachtet werden. Geschieht alles im beiderseitigen Einverständnis, ist es in Ordnung.
Im viktorianischen England war es so, dass ein Mann eine Frau nur ansprechen durfte, nachdem sie ihn angesprochen und so signalisiert hatte, dass sie damit einverstanden war.


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Caliban
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Beitrag27.12.2022 09:53

von Caliban
Antworten mit Zitat

Hängt vom Genre / Subgenre und den damit verbundenen Erwartungen der Leserinnen ab.
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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 55
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Beitrag27.12.2022 10:02

von Taranisa
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Caliban hat Folgendes geschrieben:
Hängt vom Genre / Subgenre und den damit verbundenen Erwartungen der Leserinnen ab.

Hm, ja, es soll sogar welche geben, die übergriffige Machos als sexy ansehen. Ich würde einem solchen "sonstwohin" treten.


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Canyamel
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Beitrag27.12.2022 10:12

von Canyamel
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Ich würde diese Punkte dazu benutzen, die Liebespartner zu charakterisieren.  Wie viel Initiative jemand hat, ist ebenso eine Frage des Charakters, wie die Bereitschaft, sich in einer intimen (gewaltfreien) Situation unaufgefordert anfassen zu lassen. Die ganzen innoffiziellen Regeln und Erwartungen, von "Der Mann macht den ersten Schritt" bis zu "Jede unaufgeforderte Berührung ist übergriffig" sind mir zu klischeebeschwert und entsprechen auch nicht der Realität. Menschen verhalten sich nie fehlerfrei, gerade auch nicht beim Daten. In jeder Liebesbeziehung kommt es zu Missverständnissen, egal wie rosarot der Himmel leuchten mag. Solche Probleme machen ein Liebespaar in einer Romance Novel erst authentisch. Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Liebeszene lesen möchte, in der sich beide Partner völlig "im Gleichschritt" aufeinander zubewegen. Ich sehe da die Gefahr, dass schnell die Spannung verloren geht.

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Tetz
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Beitrag27.12.2022 10:23

von Tetz
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WSK hat Folgendes geschrieben:
Was meine Testleser so feedbacken, bestätigt das. Einfach mal seine schönen Brustmuskeln befummeln und ihn gegen ein Regal drücken, kein Problem. Bei 'nem Kerl wird schon bei viel weniger kritisiert, dass er grabbelt.
(Finde ich aber okay und richtig, die Gesellschaft betrachtet die Geschlechter nun mal nicht gleich)


Ich war für Gleichzeitigkeit! ^^

Aber grundsätzlich finde ich ein kleines "Darf ich?" nicht störend. Oder jemand macht den halben Weg und der andere überbrückt den Rest.
Also im Prinzip das, was anuphti bereits gesagt hat: Actio-Reactio. Gegenseitiges Annähern in kleinen Schritten.


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Gast







Beitrag27.12.2022 12:27

von Gast
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@WSK schrieb: " Titel: Was darf ein Mann heutzutage noch? Wie kann er die Initiative ergreifen, ohne übergriffig zu sein?"


Ich finde die Frage seltsam. Wir schreiben Geschichten. Und die müssen nicht "politisch korrekt sein".
Wir beschreiben Menschen. Und die müssen sich nicht "politisch korrekt" verhalten.
Weil sie das im normalen Leben auch nicht tun.
Was eine Frau als "übergriffig" empfindet, ist eine Frage Ihres Alters, ihrer Kultur, ihrer Erziehung, der sozialen Normen, ihres Bildungsstandes, Alkoholpegels, des persönlichen Empfindens ... dieser Frau und der allgemein geltenden Anstandsregeln.
Was ein Mann als "Initiative ergreifen" empfindet, ist ebenfalls eine Frage seines Alters, Bildungsstandes, seiner Kultur, der sozialen Normen, seines Bildungsstandes, Alkoholpegels, des persönlichen Empfindens ... dieses Mannes und der allgemein geltenden Anstandsregeln.
Und jede Frau kann, soll und muss das kommunizieren, wenn sie die Initiative eines Mannes als übergriffig empfindet.
Und jeder Mann kann, soll und muss das Kommunizierte einer Frau achten und respektieren - sonst verhält er sich übergriffig.
Wo ist das Problem?
Wenn Du schilderst, wie Dein Mr. Anta/Prota die Initiative ergreift und wie Deine Mss/Mrs Anta/Prota das beantwortet, ist doch alles gut - so wie es eben ist.
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Tetz
Geschlecht:weiblichEselsohr

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Wohnort: Saarland


Beitrag27.12.2022 12:39

von Tetz
Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich finde die Frage seltsam. Wir schreiben Geschichten. Und die müssen nicht "politisch korrekt sein".
Wir beschreiben Menschen. Und die müssen sich nicht "politisch korrekt" verhalten.


Das Problem ist, dass in vielen Büchern toxisches/übergriffiges Verhalten normalisiert wird und ich denke, WSK will das gerne vermeiden. Und da ist eben die Frage, wo die Grenzen dafür sind.


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Gast







Beitrag27.12.2022 13:10

von Gast
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@Tetz schrieb:
"Das Problem ist, dass in vielen Büchern toxisches/übergriffiges Verhalten normalisiert wird und ich denke, WSK will das gerne vermeiden."

Ein solches Vermeidungsverhalten kann beim Schreiben vielleicht nicht das Richtige sein. Das Kinderbuch "Pippi Langstrumpf" ist nicht deshalb so erfolgreich geworden, weil die Protagonistin von der Autorin "politisch korrekt" angelegt wurde. Das Gegenteil ist der Fall.
Ich bin keine Spezialistin für Liebesromane, aber um eine erotische oder sexuelle Spannung zwischen den Akteuren aufzubauen, braucht es doch genau diese Spannung: Macho meets Emanze, unerfahrener Bengel trifft Milf (Mrs. Robertson), Mauerblümchen schmachtet Chef (oder Mr. Grey) an ... und einem "toxischen" Mann würde ich eine "toxische" Frau, also eine bis zur schmerzgrenze leidensfähige Masochistin zur Seite stellen, wenn es mir um das Erzählen "toxischer" Beziehungen ginge.
Für mich als Autorin stellt sich weniger die Frage: Wie stelle ich meine Figuren in ihrem Verhalten möglichst "politisch korrekt" dar? Das wäre völlig realitätsfremd, sondern: WAS will ich erzählen?
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Murnockerl
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Beitrag27.12.2022 13:25

von Murnockerl
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Zitat:
Für mich als Autorin stellt sich weniger die Frage: Wie stelle ich meine Figuren in ihrem Verhalten möglichst "politisch korrekt" dar? Das wäre völlig realitätsfremd, sondern: WAS will ich erzählen?


Ich denke nicht, dass es darum geht, "politisch korrektes" Verhalten darstellen zu wollen, sondern eher, realistisches. Das alte Klischee, dass ein "Nein" der Frau bloß bedeutet, dass man(n) sich noch mehr anstrengen und noch aggressiver um sie werben muss, wurde jahrzehntelang von zahllosen Liebesromanen und -filmen reproduziert, auch wenn in der Realität vielleicht, hoch geschätzt, eine von 100 Frauen sich tatsächlich wünscht, dass der abgelehnte Kandidat ihr weiter nachsteigt. Solche falschen (und ja, durchaus auch real problematischen) Darstellungen vermeiden zu wollen, finde ich mehr als nachvollziehbar und vernünftig.

Außerdem kann die Frage ja nicht nur dazu dienen, ein Vorzeigepärchen darzustellen, sondern auch, toxische und übergriffige Personen und die Reaktion ihrer "Opfer" darauf realistisch zu zeichnen.
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Caliban
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Beitrag27.12.2022 14:01

von Caliban
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Zitat:
Ich denke nicht, dass es darum geht, "politisch korrektes" Verhalten darstellen zu wollen, sondern eher, realistisches.


Niemand will in einem Liebesroman oder einer Romance 100% Realismus vorgesetzt bekommen. Alltagsflucht und so.
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Willebroer
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Beitrag27.12.2022 16:23

von Willebroer
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Caliban hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich denke nicht, dass es darum geht, "politisch korrektes" Verhalten darstellen zu wollen, sondern eher, realistisches.


Niemand will in einem Liebesroman oder einer Romance 100% Realismus vorgesetzt bekommen. Alltagsflucht und so.


Von 100% war aber wohl nicht die Rede, oder?
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Caliban
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Beitrag27.12.2022 16:28

von Caliban
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Wohl nicht, macht aber auch keinen Unterschied. Wichtiger wäre es, sich Gedanken darüber zu machen, was die Leserinnen der jeweiligen Subgenres erwarten und nicht, die eigenen Ansichten auf alle umzulegen.
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Willebroer
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Wohnort: OWL


Beitrag27.12.2022 16:36

von Willebroer
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Dann sollten wir uns nicht einmischen, sondern "die Leserinnen" entscheiden lassen.
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anderswolf
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Beiträge: 1069



Beitrag27.12.2022 16:36

von anderswolf
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Die Frage nach dem WAS ist natürlich die wichtigste. Was will ich erzählen, wenn ich eine Geschichte schreibe. Zu dem "Was will ich schreiben" gehört aber auch immer: WIE liest das Publikum? Wie wird das gelesen, was ich schreibe? Und wie sehr beeinflusst die Art, wie ich schreibe, das Erzählte, das ich schreibe?

Ich beobachte bei mir selbst eine größere Bewusstheit für den Umgang von Menschen miteinander. Das funktioniert nicht immer so, dass ich besser oder bewusster mit anderen Menschen umgehe, aber ich registriere doch schneller als früher, wenn bestimmte Interaktionen nicht auf Augenhöhe oder mit dem angebrachten Respekt voreinander geschehen. Und das stelle ich nicht nur in persönlichen Interaktionen fest, sondern gerade eben auch in literarischen oder filmisch erzählten Geschichten, wo ich ja keine andere Aufgabe habe als zu beobachten. Und wenn ich in Geschichten übergriffiges Verhalten wahrnehme, frage ich mich spontan, ob das Absicht ist (also bspw. der Charakterisierung dient) oder nur Desinteresse/Ignoranz d. Autorys.

Ich vermute (und das auch noch komplett unfundiert), dass das nicht nur mir so geht, und dass eben auch anderen Menschen auffällt, wie komplett unmodern sich heterosexuelle Beziehungen in älteren literarischen/filmischen Medien anfühlen (ich schreibe bewusst "heterosexuell", weil homosexuelle Beziehungen einerseits in früheren Zeiten entweder nicht stattgefunden oder komplett daneben dargestellt wurden, weil aber andererseits in homosexuellen Beziehungen nicht immer auch noch das ohnehin gesellschaftlich komplett verunglückte Mann-Frau-Gefälle Pate für jede Interaktion zwischen zwei agierenden Personen steht). Die scheinbar starke Frau, die sich dem übermenschlichen Charme des Protagonisten letztlich doch nicht erwehren kann ... die Jugend hätte das bis vor Kurzem noch cringe genannt. Beim Bergdoktor oder auf dem Traumschiff findet das aber wahrscheinlich immer noch ungebremst so statt.

Dass das anders geht, zeigen moderne Medien, die von jungen Menschen verfasst werden. In "Heartstopper" (wo, zugegeben, eine gleichgeschlechtliche Romanze dargestellt wird) fragt der eine den anderen, ob der andere sich vorstellen könnte, den einen zu küssen. Da wird eine Einladung ausgesprochen und (Spoiler) angenommen.

In einer anderen Geschichte (deren Name mir aber eben nicht einfällt, was ich doof finde), sagt A zu B: "Ich würde dich gerne küssen." B sagt: "Das fände ich schön." Und dann haben sie sich geküsst.

Consentabfrage, die nicht hölzern lautet: "Ist es ok, wenn ich dich küsse." - "Ja, ich gebe hiermit mein Einverständnis für womöglich speichelbehafteten Lippenkontakt."

Natürlich lässt sich eine romantische/erotische Begegnung auch anders beschreiben, ganz ohne verbale Consentabfrage. Soll es dann nicht übergriffig wirken, würde ich mich anuphti anschließen: es ist eine Frage der gemeinschaftlichen Eskalation. Und wenn eine Stufe nicht mitgegangen wird von der einen Seite, sollte sich die andere daran halten, ansonsten wirkt es eben übergriffig.

Und das wird ja auch in aktueller Literatur behandelt/beschrieben. Ohne die Reihe gelesen zu haben, würde ich annehmen, dass 50 Shades nicht gerade eine Geschichte über Consent ist, sondern wohl mindestens partiell eher das Gegenteil (würde mich freuen, wenn ich mich irrte). Und Geschichten wie 50 Shades haben ja auch ihr Publikum. Es gibt aber genügend Menschen, die eher anderes lesen wollen. Und wenn sich in einer Geschichte nebenbei respektvoller Umgang miteinander normalisieren lässt, ist das doch auch schön.
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Pickman
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Beitrag27.12.2022 16:38

von Pickman
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Liebe Wohlstandskrankheit,

das ist mal ein schöner Faden, den Du da angefangen hast! love Ich schwelge in Erinnerungen und schweige. Cool

Ich mag auch die meisten Beiträge. Nach Lektüre der Fragestellung hatte ich ein übles Gemetzel befürchtet.

Liebe Grüße

Pickman


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Taranisa
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Beitrag27.12.2022 16:38

von Taranisa
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Unabhängig vom Genre -finde ich- sollte klar sein: Was ist ethisch / moralisch in Ordnung, was nicht. Nicht, dass jemand meint, weil es irgendwo als verherrlichend bzw. "die wollen das" dargestellt wird, er könne so auch im realen Leben handeln. Solchen Irrglauben, der noch immer existiert, sollten wir nicht unterstützen, ganz im Gegenteil, wir haben in Romanen die Chance, Dinge zurechtzurücken. Und zwar ohne den erhobenen Zeigefinger.

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Levo
Klammeraffe
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Beiträge: 870



L
Beitrag27.12.2022 16:50

von Levo
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Vorab, ich unterscheide für das Verhalten nicht, ob es von einer männlichen oder weiblichen Figur kommt.
Ab welchem Punkt ist ein Mann für euch übergriffig?
Wenn es keinen Hinweis gab, dass Mann oder Frau es möchte, dass ihre Wohlfühl- bzw Intimdistanz unterschritten wird.
Darf ein Mann eine Frau anfassen, wenn er glaubt, es wird ihr gefallen?
Ein Körperkontakt sollte nicht aus dem Blauen heraus kommen, das ist ein Spiel von Nähe und Distanz, und erst wenn beide mitspielen, kann ein physischer Kontakt zustandekommen. Ein Typ, der einer fremden Frau gleich ins Gesicht greift (um ihr ein Strähnchen hinter die Ohren zu streichen), sollte sicher sein, dass sie das möchte - und sich nicht wundern, wenn nicht. Übergriffigkeiten beginnen schon weit vor einem Kuss.
Wer ergreift bei euren Kuss-Szenen häufiger die Initiative? Er oder sie?
Es ist, wie oben schon gesagt, ein Tanz aus Nähe und Distanz. Es schaukelt sich auf, positiv rückgekoppelt und verstärkt.
Wie könnte man SEINE Initiative darstellen, damit er nicht übergriffig wirkt?
Worin besteht denn das "Initiative" ergreifen? Es ist doch letztlich ein gegenseitiges Interesse.
Wenn ich eine erotische Begegnung schildern will, wo beide auf einen Quickie aus sind und danach nur noch Bye-bye ansteht, dann könnten die auch klipp und klar aussprechen, was sie wollen. Da kämen dann alternativ oder zusätzlich "aggressivere" Signale zum Tragen. Begehrliches Anstarren, Lippen lecken, offenkundige Bereitsschaft, zu berühren und berührt zu werden (sie legt ihre Hand so, dass er sie leicht berühren kann; und dann läuft es halt schnell ab, ggf sogar ohne Küssen).
Bei Turteltäubchen geht das alles viel subtiler ab. Kein Anstieren, kein verbales oder mit den Augen Ausziehen, sondern flirten, ohne dass beide gleich vor sexueller Erregung kaum noch denken können. Und letztlich macht Figur A klar, was Figur B darf/soll und umgekehrt. Ob in Worten, Gesten, Mimik, Taten, hängt von der jeweiligen Figur ab.
In toxischen Beziehungen kannst Du schreiben, wie Du es willst; da spielt der Wunsch eines nicht gleichberechtigt wahrgenommenen "Partners" keine Rolle (auch, wenn sie sich gegenseitig nicht gleichberechtigt betrachten).
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Gast







Beitrag27.12.2022 18:08

von Gast
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Taranisa hat Folgendes geschrieben:
Unabhängig vom Genre -finde ich- sollte klar sein: Was ist ethisch / moralisch in Ordnung, was nicht. Nicht, dass jemand meint, weil es irgendwo als verherrlichend bzw. "die wollen das" dargestellt wird, er könne so auch im realen Leben handeln. Solchen Irrglauben, der noch immer existiert, sollten wir nicht unterstützen, ganz im Gegenteil, wir haben in Romanen die Chance, Dinge zurechtzurücken. Und zwar ohne den erhobenen Zeigefinger.

Da habe ich ein ganz anderes Verständnis. Ich betrachte es beim fiktionalen Schreiben keinesfalls als meine Aufgabe klarzustellen, was ethisch-moralisch in Ordnung ist und was nicht. Ich will schreibend den Leser auch nicht von seinem (vermuteten) Irrglauben abbringen oder irgendwas zurechtrücken. Ich schreibe nicht für Kinder, sondern für mündige Leser, denen ich zutraue, das Geschriebene ethisch-moralisch selbst einzuordnen, wenn sie das Bedürfnis empfinden.
Ich mag übrigens auch keinen Haltungsjournalismus, der ziemlich um sich greift und bei dem die ethisch-moralische Bewertung gleich mitgeliefert wird. Informiert mich - möglichst objektiv - über die Fakten, und überlasst den Rest bitte mir.
LG
DLurie
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