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Raffaele
Schneckenpost
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Beiträge: 11



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Beitrag14.08.2021 15:59
Schönschrift
von Raffaele
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Schönschrift

Iwan Iwanowitsch hatte die dunklen Augen seines neapolitanischen Vaters geerbt. 1928 bereiste dieser als Teil einer Abordnung des Partito Comunista Italiano die Sowjetunion. Er kehrte zurück zum Golfo di Napoli ohne je zu erfahren, dass er im fernen Moskau einen Sohn gezeugt hatte.

Der vaterlos aufwachsende Iwan Iwanowitsch war ein verschlossenes und wortkarges Kind. Schon als Baby weinte er kaum und machte seiner alleinerziehenden Mutter auch sonst nur wenig Sorgen. Während der Schulzeit fiel er ausser wegen seine dunklen Augen und seinem krausen, schwarzen Kopfhaar kaum gross auf. Seine schulischen Leistungen entsprachen dem Durchschnitt. Klein und schmächtig wie er war konnte er sich kräftemässig nicht gegen seine Schulkameraden behaupten und ging allen Konfrontationen tunlichst aus dem Weg. Das einzige Fach, in dem er brillierte, war der Schönschreib-Unterricht. Seine Schrift hatte nichts kindlich Ungelenkes an sich, sondern zeichnete sich schon von Anfang an durch eine Ebenmässigkeit aus, die wie gedruckt wirkte. Die Zeilen in seinem unlinierten Schulheft waren dermassen geometrisch angeordnet als folge seine Schreibhand unsichtbaren Hilfslinien. Seine Schrift war das Einzige, wofür ihn seine Lehrer je lobten und so verwunderte es nicht, dass er alles daran setzte, dieses Talent weiter zu vervollkommnen. Da Papier zu Hause Mangelware war, benutzte er dazu die Rückseite von alten Rechnungen und Quittungen oder das grobe zerknitterte Packpapier, mit dem im Lebensmittelgeschäft Käse oder Brot eingewickelt wurde. Seine Mutter liebte es, wenn sie abends nach der Arbeit in der Motorenfabrik nach Hause kam und ihn gebeugt über ein Blatt Papier am Küchentisch sitzend vorfand, wo er die wenigen Bücher, die sie besassen, immer wieder von Neuem kopierte. Dabei war es Iwan egal, ob die Texte, die er abschrieb, ihn interessierten oder nicht oder ob er deren Inhalt überhaupt verstand - sein ganzes Augenmerk galt einzig und allein dem Schreibakt an sich; dem akkuraten Setzen von einem Buchstaben neben dem anderen, so stramm und tadellos wie die vorbeimarschierenden Truppen an der Parade anlässlich des Jahrestages der Grossen Revolution. Und da das zur Verfügung stehende Papier rar war, begann er seine Buchstaben immer kleiner und kleiner zu zeichnen. Mit der Zeit entwickelte er den besonderen Ehrgeiz seine Handschrift immer weiter schrumpfen zu lassen, ohne dadurch aber die Leserlichkeit zu beeinträchtigen. Bald brauchte man ein Vergrösserungsglas, um seine Miniaturschrift überhaupt lesen zu können. Aber dies war freilich nur ein Spleen, eine Fingerübung, der er in seiner Freizeit frönte.

Wie nicht anders zu erwarten war, nahm Iwan nach der Schule eine Stelle als Kopist in einer der renommiertesten und grössten Anwaltskanzleien der Stadt an. Tag für Tag stand er an seinem Stehpult und kopierte Urkunden, Beglaubigungen und Gerichtsakten.  Zwar war er nicht der schnellste Kopist im Büro, aber die Anwälte rissen sich darum, ihre Arbeiten von Iwan Iwanowitsch kopiert zu haben. Er verdiente gut und bald konnten seine Mutter und er in eine grössere Wohnung ziehen, wo er erstmals im Leben ein eigenes Zimmer hatte, dessen ganzer stolz ein riesiger, aus zweiter Hand erworbener, Sekretär mit unzähligen Schubladen war. Dort war es auch, wo er nach getaner Arbeit seine Abende verbrachte. Immer weiter daran arbeitend, seine Schrift so winzig werden zu lassen, als wolle er sie schlussendlich zum Verschwinden bringen. Ganze Wälzer von Dostojewskij und Tolstoi schrumpften unter seinen geschickten Händen auf ein paar wenige eng engbeschriebene Blätter Papier.

Dann kam ihm eines Tages eine Idee, die so tollkühn und verrückt war, dass allein der Gedanke daran ihn vor Angst als auch Tatendrang erschauern liess: Lenins gesammelte Werke auf der Rückseite einer einzigen Zehn-Kopeken-Briefmarke … Er wusste, dass dieses unerhörte Unterfangen den Höhepunkt seines Schaffens darstellen würde. Er besorgte sich eine gebrauchte Gesamtausgabe von Lenins Schriften. Und eines Abends im August, nahm er an seinem Sekretär Platz, öffnete eine der zahlreichen Schubladen und entnahm ihr mit vor Aufregung zitternden Fingern eine neue, unfrankierte Zehn-Kopeken-Briefmarke. Ein ganzes Arsenal an scharfgespitzten Bleistiften lag bereits erwartungsvoll vor ihm aufgereiht und in die Schreibtischlampe mit dem verstellbaren Hals hatte er eine Hundert Watt Birne eingesetzt. Zudem band er sich eine Batterie betriebene Leuchte um die Stirn, ähnlich wie Mienenarbeiter in Kohlebergwerken sie trugen. Unter sein rechtes Auge klemmte er sich ein Uhrmacher-Okular. Die Arbeit an seinem Unterfangen konnte beginnen …

Und die Arbeit dauerte … sie dauerte ganze fünf Jahre. Fünf Jahre, die er nach getaner Arbeit in der Anwaltskanzlei über seine Briefmarke gebückt verbrachte, sorgfältig und minutiös einen Buchstaben neben den anderen setzend, jeder so winzig und klein, dass kein Vergrösserungsglas mehr taugte und man ein Mikroskop benötigte, um die Schrift zu entziffern. Als er Anfang des Sommers 1937 den letzten Schlusspunkt setzte - ein Punkt, neben dem jeder Fliegenschiss so riesig wie das Uralgebirge erschienen wäre - blieb er lange reglos sitzen. Er wusste, dass er ein Meisterwerk vollbracht hatte.

Im Oktober war der zwanzigste Jahrestag der Oktoberrevolution und in Moskau wie im Rest des Landes bereitete man sich jetzt schon auf die Feierlichkeiten vor, die sämtliche vorhergehende Festlichkeiten übertreffen und in den Schatten stellen würden. Iwan Iwanowitsch fand, dass dies der geziemende Rahmen wäre, sein Meisterwerk der Welt zu präsentieren. Fünf Jahre lang hatte ausser seiner Mutter niemand von seinem Projekt gewusst. Jetzt beantragte er erstmals seit seiner Anstellung in der Anwaltskanzlei einen Termin beim Geschäftsführer, von dem man wusste, dass er über Verbindungen bis in den Kreml verfügte. Der alte Mann war zuerst skeptisch, aber nachdem er die Briefmarke von seinen Experten hatte begutachten lassen, die allesamt von einer einmaligen menschlichen Leistung sprachen - einer hatte sogar vom achten Weltwunder gesprochen - setzte er sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Schalter und Hebel in Gang und erreichte das schier Unmögliche: Iwan Iwanowitsch höchstpersönlich würde am Tag der Feierlichkeiten die Briefmarke an Stalin überreichen …

Je näher der grosse Tag rückte, umso emsiger und fieberhaft liefen überall die letzten Vorbereitungen. Tante Iwonka, die ansonsten auf dem Land lebte, hatte sich für einige Tage bei Iwan Iwanowitsch und dessen Mutter einquartiert, weil sie unbedingt einmal in ihrem Leben die Militärparade sehen wollte. Und seine Mutter hatte Drillichstoff besorgt, um Iwan einen dem Anlass gemässen Anzug zu schneidern. Während Iwan Iwanowitsch stocksteif auf einem Holzschemel stand und in den verführerischsten Zukunftsgedanken schwelgte, kniete seine Mutter mit zwischen die Lippen gepressten Stecknadeln zu seinen Füssen und machte sich am Saum seiner neuen Hose zu schaffen. Wo würde man die Briefmarke anschliessend ausstellen, fragte sich Iwan. Im Kreml selbst oder vielleicht doch besser in der Eremitage in Leningrad? Die Besucher würden Schlange stehen, wie im Louvre vor dem Gemälde der Mona Lisa, nur um einen Blick auf seine Briefmarke zu werfen …

Das Knarzen der Wohnungstür riss ihn aus seinen Tagträumen. Tante Iwonka kam von draussen. „Diese vielen Treppen bringen mich noch um“, stöhnte sie kurzatmig. Dann schlurfte sie zur Mitte des Raums, stemmte ihre groben  Bäuerinnenhände in die Hüften und betrachtete selbstgefällig den Anblick, den Mutter und Sohn ihr boten. „Fesch siehste aus, Iwan Iwanowitsch …“, konstatierte sie stolz. „Wenn dich jetzt nur die alte Wawrinka so sehen könnte … Sie war ja so in dich vernarrt als du noch ein Baby warst … “

Mutter und Sohn wussten, wie gerne das Tantchen in Erinnerung schwelgte und warfen sich heimlich ein verschmitztes Lächeln zu.

„Eben habe ich einen Brief an die Wawrinka eingeworfen“, fuhr die Tante fort. „Sie wäre ja zu gerne mitgekommen, um einmal Onkelchen Stalin zu Gesicht zu bekommen wie er auf der Tribüne steht und die Parade abnimmt … Aber, ach, ihre Beine, die wollen einfach nicht mehr … - Ja, ja, wir werden alle älter“, sinnierte sie resigniert. „Bis zum Abendessen ist ja noch ein Weilchen, da leg ich noch kurz hin …“. Damit begann sie Richtung Schlafzimmer zu gehen. Blieb dann aber nochmals stehen und wandte sich an Iwan: „Ach, ehe ich es noch vergesse … Ich hatte grad keine Briefmarke zur Hand, also habe ich die genommen, die auf deinem Schreibtisch rumlag. Du brauchtest sie doch nicht, Iwan, oder? …“

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Ralphie
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Beitrag14.08.2021 16:03

von Ralphie
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Wie kann Iwan einen neapolitanischen Vater haben, wenn sein Mittelname Iwanowitsch lautet?
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Thomas74
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Beitrag14.08.2021 16:17

von Thomas74
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Wenn sein Vater auch Iwan heißt? Giuseppowisch klänge etwas gewöhnungsbedürftig...

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Ralphie
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Beitrag14.08.2021 16:21

von Ralphie
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Und es ist auch etwas gewöhnungsbedürftig, dass ein Itraliener einen russischen Vornamen hat.
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Bananenfischin
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Beitrag14.08.2021 18:03

von Bananenfischin
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Ralphie hat Folgendes geschrieben:
Und es ist auch etwas gewöhnungsbedürftig, dass ein Itraliener einen russischen Vornamen hat.


Er ist ja kein Italiener, sondern sein Vater war einer, aber die Mutter hat das Kind allein großgezogen und den Vater vermutlich verheimlicht. Iwanowitsch wird sich daher vielleicht - da kenne ich mich jetzt nicht aus - vom Namen ihres Vaters ableiten. Raffaele weiß es sicher genau.

Zum Text: Lieber Raffaele, an deinem Text möchte ich nichts aussetzen, ich habe ihn sehr gern gelesen. Sprache und Aufbau wirken altmodisch, aber das passt hier ja wunderbar zum Inhalt und ist auch sehr gelungen. Deine Hauptfigur habe ich sofort ins Herz geschlossen und bin ihr sehr gern gefolgt. Zwei, drei Kleinigkeiten sind mir beim Lesen aufgefallen, aber die sind vernachlässigbar.
Wenn ich etwas kritisieren sollte, dann wäre es der Schluss. Wie soll ich sagen? Alles davor finde ich zu liebevoll und detailliert ausgearbeitet, um an diese Pointe verschwendet zu werden, die auch zu einem schlichten Witz gepasst hätte. Oder vielleicht sage ich es besser so: Ich würde Iwan sehr gern noch weiter durchs Leben folgen. Dann wiederum wäre es nicht falsch, dem Helden einen Stein in den Weg zu legen. Würde mich nicht wundern, er finge noch einmal neu und/oder mit einer noch größeren Herausforderung an. smile

Liebe Grüße
Bananenfischin


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Thomas74
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Beitrag14.08.2021 18:35

von Thomas74
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Doch, das 2. ist der Vatersname, - itsch kennzeichnet das.

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Beitrag14.08.2021 18:54

von Bananenfischin
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Thomas74 hat Folgendes geschrieben:
Doch, das 2. ist der Vatersname, - itsch kennzeichnet das.

Ja. Aber kann es nicht sein, dass es eine Ausnahmeregelung bei "vaterlosen" Kindern gibt? Dass dann also z. B. der Vater der Mutter "einspringt"? Oder vielleicht auch ganz anders. Bin gespannt, was Raffaele dazu weiß.


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Ralphie
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Beitrag14.08.2021 19:14

von Ralphie
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Es kann natürlich sein, dass in Russland Kinder, deren Väter man nicht kennt, automatisch mit Zweitnamen "Iwanowitsch" heißen, aber das müsste recherchiert werden.
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Thomas74
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Beitrag14.08.2021 19:48

von Thomas74
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Ich hab die Frage an meine russischen Kollegen weitergeleitet.

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Thomas74
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Beitrag14.08.2021 20:46

von Thomas74
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Ist kein Vater bekannt, legt die Mutter den "Vatersnamen" fest.
Aussage eines gebürtigen Russen.


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Ralphie
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Beitrag15.08.2021 04:33

von Ralphie
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So hieß die letzte Zarin von Russland Alexandra Feodorowna, obwohl ihr Vater Ludwig hieß ...
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Pickman
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Beitrag15.08.2021 09:21

von Pickman
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Guten Morgen, Raffaele,

dann wollen wir mal.

Den Inhalt des Textes und den Namen des Protas haben andere Kollegen schon kommentiert. Ich werde mal sehen, was ich sonst noch finde.

Interpunktion - Bei einigen Nebensätzen fehlen die Kommas, die sie von den Hauptsätzen abtrennen.

"... fiel ... kaum gross auf" - Der Partikel "kaum" ist unnötig.

"Fach ... Schönschreib-Unterricht" - Kategorienfehler. Ein Unterricht ist kein Fach. Das wäre in diesem Falle Schönschreiben.

"Zeilen ... geometrisch angeordnet" - Du meinst "gleichmäßig" oder "regelmäßig" oder? Geometrisch angeordnet wären sie auch als Dreieck oder als Pentagramm.

Große Revolution - Das Wort überrascht. Du meinst wahrscheinlich die Oktoberrevolution. "Große Revolution" würde dann passen, wenn es sich um eine kindliche Erzählstimme handelte, aber darauf deutet nichts hin.

"Ein ganzes Arsenal an scharfgespitzten Bleistiften lag bereits erwartungsvoll vor ihm aufgereiht und in die Schreibtischlampe mit dem verstellbaren Hals hatte er eine Hundert Watt Birne eingesetzt." - "Bereit" kann gestrichen werden. "Erwartungsvolle" Bleistifte - wirklich? "Hundert-Watt-Birne" mit Bindestrichen!

"Die Arbeit an seinem Unterfangen konnte beginnen" - "An seinem Unterfangen" kann gestrichen werden.

"..." - In den meisten Fällen reicht ein einfacher Punkt.

"stöhnte sie kurzatmig" - "stöhnte sie" reicht.

"Onkelchen Stalin" - Korrekt wäre "Väterchen Stalin"

Schluss für jetzt. Später mehr.

Cheers

Pickman


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Ralphie
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Beitrag15.08.2021 10:00

von Ralphie
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Man kann auch Hundertwattbirne schreiben.
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Pickman
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Beitrag15.08.2021 11:42

von Pickman
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Heiter gehts weiter.

"... konstatierte sie stolz" - Wenn Du das Adverb nicht brauchst, streiche es. Wenn Du es brauchst, formuliere so um, dass Du es nicht brauchst, und streiche es danach.

"... warfen sich heimlich ein verschmitztes Lächeln zu." - Siehe oben. Außerdem würde ich versuchen, das Substantiv durch eine Formulierung, die ohne Substantiv auskommt, zu ersetzen. Und schließlich - aber das ist eine persönliche Abneigung - kann ich die Wörter "verschmitzt" und "schmunzeln" nicht ausstehen.

Trotz meiner Nörgeleien finde ich Deinen Text gut lesbar, verständlich, schlüssig, atmosphärisch dicht. Es geschieht eher selten, dass ich einen ins Forum gestellten Text bis zum Ende durchlese.

Cheers

Pickman


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Rübenach
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Beiträge: 2832



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Beitrag15.08.2021 12:08

von Rübenach
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1928 wurde Iwan Iwanowitsch gezeugt.
1937 hat er nicht nur seine Ausbildung beendet und mehrere Jahre als Kopist gearbeitet, sondern seine Schönschreibkunst so perfektioniert, dass er den kompletten Lenin auf der Rückseite einer Briefmarke schreiben kann?

Ein echtes Wunderkind.


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Ralphie
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Beitrag15.08.2021 12:31

von Ralphie
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Wahrlich!

 Shocked
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Raffaele
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Beiträge: 11



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Beitrag15.08.2021 15:54

von Raffaele
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Hallo, zusammen!

Ein herzliches Dankeschön, dass ihr euch die Mühe genommen habt meinen Text zu lesen und zu kommentieren. Das freut mich sehr!

Habe mir, ehrlich gesagt, beim Namen des Protagonisten nicht so viele Gedanken gemacht - sorry … Auch dass ihr mich auf die zeitlichen Ungereimtheiten in der Geschichte hinweist bin ich froh. Manche Sachen sind mir beim Schreiben einfach lästig … - das Nachforschen und Überprüfen zum Beispiel. So habe ich zum Beispiel keine Ahnung, wie teuer ein Brief zu jener Zeit war. Wirklich zehn Kopeken? Oder dreissig? Ehrlich gesagt ist mir das auch egal, weil das Kleinigkeiten sind, die man leicht im Nachhinein korrigieren kann. Wenn ich im Schreibfluss bin möchte ich mich nicht mit solchen Details abgeben. Aber ihr habt natürlich Recht, wenn die Geschichte ein steht, sollte man solche Sachen schon recherchieren.

Ich hatte mal einen Deutschlehrer, der mir allen ernstes sagte, ich solle keine Detektiv-Geschichten schreiben weil … - weil ich das Wort „Detektiv“ falsch geschrieben hatte … Very Happy

Liebe Grüsse

Raffaele
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Raffaele
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Beiträge: 11



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Beitrag15.08.2021 16:12

von Raffaele
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Hallo, Pickman

Deine Anmerkungen zum Text sind für mich Gold Wert und ich schätze es, wie aufmerksam du meinen Text gelesen hast. Mit deinen Ausführungen kann ich was anfangen und mich verbessern. Es ist genau diese (deine) Art von Kritik, die einem die Augen öffnet und weiterhilft.

Dass dir der Held der Geschichte sympathisch war, hat mich mehr als alles andere gefreut. Ich dachte immer, es müsse die Geschichte, der Plot es sein, der den Leser bei der Stange hält, bis ich kürzlich was von Palahniuk las, wo er sagte, es seien die Figuren einer Geschichte und nicht die Handlung, welche den Leser wirklich interessieren. Der Schluss meiner Geschichte, den du zu Recht kritisierst, zeigt, dass ich noch zu sehr glaube, man müsse den Leser mit unerwarteten Wendungen ködern und fesseln.

Jedenfalls vielen Dank für die Zeit und Mühe, die du dir genommen hast.

Liebe Grüsse

Raffaele
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Pickman
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Beiträge: 2305
Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare


Beitrag15.08.2021 16:23

von Pickman
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Es war mir ein Vergnügen, und Dein Text war es wert.

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Hirata
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Beiträge: 12
Wohnort: Bayern


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Beitrag29.08.2021 19:26

von Hirata
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Hallo Raffaele,

deine Geschichte hat anfangs meine Neugier geweckt, wie du Iwan beschrieben hast.

Das besondere an Iwan ist sein Talent im Schön-Schreiben.  Du hast einen interessante Person geschaffen.
 Mitten in der Geschichte hab ich den Faden verloren bzw. ich habe es als etwas langatmig empfunden. . Du beschreibst  sehr viel und ich hätte noch gern z.B. durch wörtliche Rede mit erlebt, wie Iwan oder die anderen Personen deiner Geschichte sich äußern (wie sie etwas sagen und was sie sagen).
Hier wäre Potenzial gewesen, die Geschichte lebendiger zu gestalten.  

Der Schluss ist überraschend.  Möglich wäre auch gewesen, dass Iwan die Briefmarke sucht und sie nicht findet (was die Spannung nochmal erhöht hätte).  
 


Liebe Grüße

Hirata
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Raffaele
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Beiträge: 11



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Beitrag31.08.2021 14:56

von Raffaele
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Hallo, Hirata

vielen Dank für deinen Kommentar! Das mit der direkten Rede werde ich versuchen, mir zu Herz zu nehmen. Und dass du in der Mitte der Geschichte den Faden oder das Interesse verloren hast ist für mich besonders hilfreich und zeigt mir, wo ich mich verbessern kann. Dieses direkte Feedback hier im Forum ist eine grosse Hilfe. Ohne wusste ich überhaupt nicht, wo ich ansetzen müsste, um mit dem Schreiben weiter zu kommen. Also vielen herzlichen Dank.

Liebe Grüsse

Raffaele
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