Worldbuilding

[Aerath]

Liebe Forumsmitglieder,


ich schreibe derzeit an einem etwas speziellen Buchprojekt, das man wohl dem Überbereich "Fantasy" zuordnen kann. Ich nenne es "Weltalmanach 1853. Zahlen. Daten. Fakten". Es handelt sich dabei um ein pseudowissenschaftliches Buch, in dem ich eine ganze Welt durch homodiegetische Autoren beschreiben lassen. Es gibt insgesamt mehr als 100 Staaten, Völker, Sprachen und Kulturen. Diese werden in dem Buch jeweils mit einem ausführlichen Beitrag zur Geschichte, der Politik, Verwaltung, Religion und Sprache dargestellt. Da es sich dabei um ein sehr spezielles Buch handelt, stellt sich mir die Frage, ob sich jemand vorstellen kann, so etwas zu lesen, was würdet ihr erwarten, was unbedingt lesen wollen? Ich kann natürlich gerne auch mal einige Fetzen veröffentlichen, damit man sich was darunter vorstellen kann. Das Buch enthält auch Karten, Stadtpläne usw. Als Beispiel habe ich mal eine Weltkarte angehängt.


Ich danke euch ganz herzlich im Voraus für eure Rückmeldung

[Kiara]

Ein Almanach zu einer "erfundenen Erde" quasi?
Das würde ich nur lesen, wenn mich diese Szenerie bereits durch etwas anderes total geflasht hat.
Ich fand bspw. die Herr der Ringe Filme toll und habe die Bücher ebenfalls gelesen, fand aber trotzdem das Silmarilion langweilig, wo eben die dortige Welt beschrieben wird.
Wenn, dann müsste dort auch eine "richtige Story" vorhanden sein mit Protagonist usw. Nur an einer Fantasiewelt teil zu haben, weil sie mir erklärt wird, ist mir zu wenig um dranzubleiben, ja sogar, um überhaupt Interesse zu entwickeln.

Wenn ich den Post falsch interpretiert habe an dieser Stelle bitte die Hände über die Augen legen, mit dem Kopf schütteln und seufzen.

[Rainer Prem]

Ich denke, dass viele von uns Schreibern außerhalb des Mainstreams an irgendeinem Punkt angefangen haben, die Informationen über ihre eigenen Welten zusammenzutragen und an einer Stelle zu bündeln.

Es gibt ja auch sehr viele Fan-kreierte Wikis zu irgendwelchen Story-Universen wie z.B. Star Wars oder Marvel.

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, so etwas zum Selbstzweck zu machen oder mir so ein Buch zu kaufen. Eigentlich sollte man als Schreiber ja auch immer mehr über sein Universum wissen als man seinen Lesern unter die Nase reibt.

Nur wenn eine Welt so komplex und beliebt geworden ist wie wie z.B. das Dune-Universum oder Mittelerde kann ein solches Projekt Interesse hervorrufen.

[Taranisa]

Was mir spontan einfällt: Lass eine Abenteurer- bzw. Reisegruppe die Welt erkunden, während sie versuchen, ein bestimmtes, extrem wichtiges Ziel zu erreichen. Gestalte den Plot spannend, lass deine Charaktere Schwierigkeiten überwinden, damit die Leserschaft mitfiebert.

[Maunzilla]

Das würde mich nun gar nicht interessieren. Als Hobby für einen selbst mag es vielleicht ganz reizvoll sein. Aber warum sollte das jemand lesen wollen, so ganz ohne Geschichte, Handlung und interessante Charaktere, mit denen man sich identifizieren und mitfiebern kann?

Da kann ich auch ein echtes Lehrbuch über Geographie oder Ethnographie lesen Das ist mindestens so kurzweilig und darüber hinaus auch nützlich und lehrreich.

[V.K.B.]

Funktionieren könnte es vielleicht noch als universelles Pen&Paper RPG Quellenbuch, wenn die Welt interessant und detailliert genug beschrieben ist.

Ganz vielleicht noch (aber dann müsste deine Welt copyrightfrei sein) noch als Quelle für Autoren, die ein Setting für eine Fantasygeschichte suchen. Also eine Art Fan-Fiction-Welt ohne rechtliche Probleme für den Autor bei gewünschter Veröffentlichung.

Wirklich vorstellen könnte ich mir höchstens Punkt 1, aber dann muss die Welt schon richtig toll sein. Sonst denkt sich auch ein Spielleiter lieber eine eigene aus, statt ein ganzes Buch zu lesen. Für den Autor in Punkt 2 gilt das umso mehr.

Ansonsten, nur zum Lesen – warum sollte das jemand tun? Ein Fachbuch dient dazu, sich Wissen anzueignen. Warum sollte sich jemand Wissen über etwas aneignen wollen, das nicht real und auch noch proprietär ist? Man kann mit diesem Wissen nichts anfangen (da nicht real) und es auch nicht für eigene Projekte nutzen (wenn proprietär). Somit bist du also, so leid mir das tut, irgendwie auf einem Holzweg mit dem Projekt, weil es extrem schwierig wird, Leser dafür zu finden.

Wie gesagt, einzige Möglichkeit wäre ein freies Weltenbuch (frei im Stallman'schen Sinne, nicht kostenlos) als Quelle für Spielleiter und ggf Autoren. Da die meisten Autoren und Spielleiter aber schon Welten haben, bleibt es auch dort ein Nischenprodukt.

[MarVeRiCk94]

Ich würde dir auch dazu raten, dass du am Besten erst einmal ein großes Geschehnis in deiner fiktiven Welt als Buch schreibst, musst es ja nicht gleich mit mehreren Bänden so übertreiben wie ich

Aber mit einer fiktiven Enzyklopädie anzufangen wird, so nach meiner (wenn auch äußerst laienhaften) Einschätzung, ziemlich schnell in der Masse untergehen. Der Leser hat ja absolut keinen Bezug zu deiner Welt, so viel Interessantes da auch geschehen sein kann, welch fesselnde Geschichte die hundert Staaten hatten usw., hört sich zwar alles super an - aber du kannst die wenigsten Leser damit reizen, weil sie sich von deiner Welt "distanziert" fühlen.

Stell dir das mal vor wie eine Weltraumfahrt - du bist der Steuermann deines Passagier-Raumschiffs und möchtest deinen Gästen, den Lesern, jetzt diese Welt präsentieren. Dann gucken die Passagiere beeindruckt aus den Fenstern, sehen die Welt, die Ersten sehen sich ganz schnell satt. Die nächste Gruppe Passagiere sagt: "Wow, was ist das denn? Das sieht ja interessant aus! Unglaublich, das möchte ich unbedingt mal näher betrachten!", in dem Fall die Leser, die die fesselnden Geschichten schon genug Eindruck schinden. Aber mit deiner fiktiven Enzyklopädie würdest du quasi in deinem Passagier-Raumschiff die ganze Zeit nur im Orbit um deine tolle Welt fliegen - und irgendwann vergrault es auch den letzten Interessenten, weil er nie mal die Gelegenheit hat, auf dieser Welt zu "landen", sie zu "entdecken" und zu "erleben". Du würdest quasi deinen Leser auf Distanz zu deiner Welt halten, obwohl du dir von ihm wünschst, dass er sich ihr annähert.

Hoffe, das war verständlich genug und hoffentlich hilfts

[Stoleti]

Zunächst einmal finde ich deine Idee sehr interessant, da ich mir selbst gerne Fantasywelten ausdenke. Gerne auch mit einer Geschichte zurück bis zum Schöpfungsakt. Das Silmarillion habe ich geliebt!

Allerdings würde ich entweder erstmal klein anfangen, z. B. mit einem Kontinent (der da im Nordwesten) und vielleicht von einem Volk ausgehend die Genealogie der Kultur, Religion, Sprache mit Aufspaltungen, Abspaltungen etc. beschreiben

ODER

Eine Reise durch diese Welt organisieren. Schick deinen eigenen Zweiblum oder eine Gruppe durch die Welt und lass sie Abenteuer erleben.

Kurz gesagt, der Rote Faden

[Elessaer]

Also ich habe noch nie über so etwas nachgedacht, ABER mein Interesse ist geweckt. Vielleicht wäre eine komplette Welt aber ein zu großer Brocken. Wie wäre es für den mit einer größeren Nation/Verbund (Heilige Römische Reich -> viele "Stämme" die lose zusammenhängen -> Viel Entwicklungspotential).

Würde auch gerne was dazu lesen.

[V.K.B.]

Was mir gerade noch einfällt: Mit Aufmachung und Design könntest du punkten, das ist bei deinem Projekt wahrscheinlich noch wichtiger als die Qualität des Texts. A3 Wälzer, (kunst)ledergebunden, graphisch kunstvolle tolle Karten (keine Skizze wie oben) und richtig professionelle Aufmachung, viele Abbildungen hoher Qualität und dann noch eine interessante Welt – Zu meiner Hoch-Zeit als Spielleiter (allerdings schon über 20 Jahre her) hätte ich das garantiert in keinem Laden stehengelassen. Da hätte ich damals auch gut und gerne bis zu 100 DM für ausgegeben (was heute etwa 100€ entspricht).